E_1927_Zeitung_Nr.099
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16 AUTOMOBIL-REVUE <strong>1927</strong> — W 99<br />
brauchter aussehende Individuum, das noch<br />
heute zwei Drittel seines Lebens immer im<br />
Galopp ist. Selbst der in der Nähe wohnende<br />
Arbeiter hat es nicht besser, denn die Landschaft<br />
ist genau so betroffen wie der Mensch.<br />
Besonders hart zeigt sich das an den spielenden<br />
Kindern. Unterernährung, Blässe,<br />
Eiterbeulen, innere Krankheiten. Es bleibt<br />
schon eine Tatsache — hier steht ein ganzer<br />
Volks- und Landstrich unter der Ausstrahlung<br />
eines gesundheitsschädlichen Produktionsprozesses<br />
... und dass da nicht geholfen<br />
wird — durch Arbeitszeitverkürzung, durch<br />
Lohnerhöhungen, durch sonstige Vergünstigungen<br />
— ist eine Ungeheuerlichkeit.»<br />
Die Direktoren, oder soll man sagen die<br />
Diktatoren, dieses industriellen Herzogtums,<br />
um einen Ausdruck von Walther Rathenau zu<br />
gebrauchen, werden nicht wenig gebrummt<br />
haben, als sie am 4. Dezember den Bericht<br />
dieses Journalisten lasen, der als Arbeiter<br />
einmal eine Führung auf eigene Faust unternahm.<br />
Das Auto Im Kampfe gegen<br />
Verbrecher.<br />
Blättermeldungen zufolge sah sich die Polizei<br />
von Chicago, dem Eldorado des Verbrechertums,<br />
gezwungen, einen eigentlichen<br />
Krieg gegen die Banden von Verbrechern und<br />
Alkoholschmugglern zu unternehmen, die die<br />
Stadt schon seit Monaten mit ihren fast täglich<br />
vorkommenden Mordtaten und Schiessereien<br />
terrorisieren. Es wurde eine Streitkraft<br />
von 500 Detektiven aufgeboten, die in Panzerautos<br />
in der Stadt patrouillieren müssen.<br />
Sie haben Befugnis und Auftrag, die Leiter<br />
der Banden kurzerhand niederzuschiessen,<br />
wo sie sie gerade finden.<br />
Welch eine ungewöhnliche und bedenkliche<br />
Situation in Chicago nachgerade eingetreten<br />
ist, das kann man daran ermessen, dass der<br />
Chef der Geheimpolizei, William O'Conuor,<br />
mittels eines Aufrufs solche Freiwillige suchte,<br />
die in Frankreich gedient haben und in der<br />
Handhabung von Maschinengewehren Erfahrung<br />
besitzen. Und in einer Ansprache an<br />
seine 500 Mann sagte O'Connor: «Leute! Der<br />
Krieg hat begonnen. Wir müssen zeigen, dass<br />
Ordnung und Polizei und nicht eine Bande<br />
schmutziger Ratten unsere Stadt beherrschen.<br />
Es ist der Wunsch der Bevölkerung von Chicago,<br />
dass Ihr auf diese Tiere Jagd anstellt<br />
und sie erbarmungslos niedermacht. Eure'<br />
Automobile sind mit Maschinengewehren versehen,<br />
und Ihr werdet die Feinde der Ordnung<br />
gleichermassen ausgerüstet antreffen.<br />
Sorgt dafür, dass sie Euch nicht ins Gras<br />
beissen lassen. Schiesst vorher und schiesst<br />
sie tot. Wenn Ihr ein berüchtigtes Bandenmitglied<br />
totschiesst, so wartet Euer eine ansehnliche<br />
Belohnung und Beförderung. Wenn<br />
Ihr auf ein Auto stosst, in dem Banditen<br />
sitzen, so setzt ihnen nach und schiesst.<br />
Sollte ich dann an Ort und Stelle kommen,<br />
so wird meine Hoffnung in Erfüllung gegangen<br />
sein, wenn Ihr ihr Auto zusammengeschossen<br />
und alle darinsitzenden Uebe.täter<br />
getötet habt.» Und mit diesen Instruktio.ien<br />
machten sich die Detektive an die Arbeit.<br />
Eine ihrer ersten Unternehmungen war ein<br />
Einfall in die Räumlichkeiten der Chicago<br />
Candy Jobbers' Union, wobei sie 45 Gefangene<br />
machte, darunter den Leiter der Union,<br />
Albert Hoffmann, den Vizepräsidenten Henry<br />
Meisterung und den Sekretär James öenda.<br />
Einer der Banditen wurde bei einem Fluchtversuch<br />
erschossen. Durch Brandschatzur.g<br />
und Bombenanschläge brachte die Union die<br />
Händler in Zuckerwaren dazu, ihr die eigenen<br />
Produkte abzunehmen; ausserdem wurde<br />
ihnen ein Jahrestribut von sieben Millionen<br />
Dollar abgepresst.<br />
Drei andere Banditen-Unternehmungen, wo<br />
jedesmal Maschinengewehrnester ausgehoben<br />
werden mussten, kamen nun an die Reihe. In<br />
einem dieser Häuser waren beim Eingang<br />
Maschinengewehre aufgestellt, und sie wurden<br />
von einem ganz berüchtigten Bandenchef<br />
bedient, von Capone, mit dem Beinamen «der<br />
Gekennzeichnete». Capone stand in Verbindung<br />
mit Tony Lombardo, dem Führer der<br />
Union Scillona, die Tausende von Mitgliedern<br />
zählen soll, und mit den Brüdern Ajello, die<br />
sich als Käsehändler ausgeben, in Wirklichkeit<br />
aber Alkoholschmuggler im grossen sind<br />
und in dieser Eigenschaft nicht bloss mit dem<br />
Gesetz, sondern auch mit den auf Ihrem Terrain<br />
bedrohten Berufsschmugglern auf dem<br />
Kriegsfuss leben. Capone wurde gepackt und<br />
mit einer gewissen Behutsamkeit abgeführt,<br />
nicht allein wegen der Unannehmlichkeit seiner<br />
eigenen Person, sondern auch, weil man von<br />
einem Komplott wusste, das ihn zu ermorden<br />
trachtete. Vor dem Richter erschien er von<br />
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erste Anklage wurde abgewiesen, und Capone<br />
ging in sein Geschäft zurück, in einem eigenen<br />
Panzerauto und unter strenger Bewachung.<br />
Dieser Oberherr der Unterwelt sass<br />
in seinem Wagen auf einem Drehstuhl, dessen<br />
Rückenlehne aus Panzerstahl bis über semen<br />
Kopf hinaufreichte. Dieser Stuhl ist in seinem<br />
Bureau gegenüber der Tür plaziert, aber Capone<br />
machte darauf aufmerksam, dass er<br />
auch dann noch gegen Kugeln durch die<br />
Lehne geschützt ist, wenn er den Stuhl aus<br />
der Türrichtung wegdreht.<br />
Schliesslich hat die Polizei vergangene<br />
Woche auch noch die Brüder Ajello umzingelt,<br />
die Chicago verlassen müssen, jedoch<br />
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einen Aufschub von vierzehn Tagen erhielten<br />
um ihre Angelegenheiten in Ordnung zu bringen;<br />
während dieser Frist werden sb unablässig<br />
bewacht. Am Tage nach diesem Entscheid<br />
explodierte eine Bombe in ihrem Bureau,<br />
jedoch ohne dass jemand verletzt wurde.<br />
Die Bombe war aus einem vorübersausenden<br />
Auto geworfen worden, und der Sergeant<br />
der Geheimpolizei Lynch, der Zeuge<br />
des Anschlags war,, verfolgte die Banditen in<br />
einem Panzerauto. Doch sein Wagen kam ins<br />
Rutschen und fuhr auf einen Baum auf<br />
Lynch wurde dabei tödlich verletzt dadurch,<br />
dass die Pistole eines seiner eigenen Leute<br />
sich infolge des Anpralls entlud-<br />
Ist tanzen gesund... ?<br />
Wohl kein Vergnügen zählt in der heutigen<br />
Zeit eine so begeisterte und unabsehbare Anhängerschaft<br />
wie der moderne Tanz. Ja, man<br />
spricht sogar vom Tanz als einem eigentlichen<br />
Zeitsymptom. Es ist daher äusserst<br />
interessant, in Erfahrung zu bringen, ob und<br />
nwiefern die spontane Jazzbegeisterung der<br />
esundheit schädlich ist oder nicht.<br />
Herr Dr. med. Engelen schreibt in der<br />
«Zürcher Post» darüber:<br />
Auffallend häufig hört man jetzt von Herren<br />
gesetzteren Alters, die schon die Gewohnheit<br />
annehmen, Einflüsse auf ihr geundheitliches<br />
Wohlbefinden sorgsamer zu<br />
beachten, die Beobachtung, dass nach einem<br />
Tanzabend am nächsten Tage unverkennbar<br />
das Gefühl gesteigerten Wohlbefindens sich<br />
eltend mache. Diese Beobachtung ist dann<br />
besonders auffallend, wenn trotz Kürzung<br />
der Nachtruhe und gegebenenfalls trotz<br />
Ueberschreitung des gewohnten Alkoholquanums<br />
diese Steigerung des Gefühls der Leistungsfähigkeit<br />
deutlich hervortritt.<br />
Nun ist es ja selbstverständlich, dass tüchige<br />
Bewegung gesundheitlich vorteilhafter<br />
ist als langes Stillsitzen am Schreibtisch oder<br />
am Stammtisch. Schon Sokrates hat seinen<br />
Schülern den Tanz empfohlen, damit auch<br />
der Geist leichter den Anforderungen gewachsen<br />
sei. Zu beachten aber ist, dass zur Zeit<br />
der früher üblichen Drehtänze dieser gesundheitlich<br />
günstige Einfluss nicht so in Erscheinung<br />
trat, wie jetzt während der Mode der<br />
Schrittänze. Dies mag zum Teil begründet<br />
sein in allgemein hygienischen Fortschritten.<br />
Die Ventilation und Heizung sind vollkommener<br />
als früher, die Kleidung ist weitaus gesünder.<br />
Die Tanzkleidung der Damen entspricht<br />
jetzt in denkbar vollkommenster<br />
Weise den Forderungen der Gesundheits-<br />
Iehre. Die Mode der Schleppe kommt hoffentlich<br />
niemals wieder, und es scheint uns<br />
heute fast unglaublich, dass es Zeiten gegeben<br />
hat, wo die Damen sogar beim Tanz<br />
durch einen Panzer die Funktionen der Atmung<br />
behinderten. Auch die Stoffe der Herrenkleidung<br />
sind lockerer gewebt, die Unterkleidung<br />
eifert nicht mehr der Kochkiste<br />
nach, die gestärkte Hemdenbrust war ein<br />
Unfug.<br />
Aber allein hieraus ist der Wirkungsunterschied<br />
des Tanzens gegen früher nicht erklärlich.<br />
Die Art des Tanzens bedingt eine<br />
wesentlich verschiedene Beeinflussung des<br />
Körpers. Die vergangene Tanzmode bestand<br />
wesentlich aus entweder schleifend oder hüpfend<br />
ausgeführten raschen Drehbewegungen<br />
um die eigene Körperachse und um den Mittelpunkt<br />
des Saales. Nach dem Takte der<br />
Musik mussten in monotoner Aufeinanderfolge<br />
die Pas ausgeführt werden. Der jetzige<br />
Tanz bevorzugt wechselnde Schrittführungen.<br />
Die Kunst des früheren Tanzes bestand lediglich<br />
im Takthalten der Beine. Jetzt aber ist<br />
das Hauptprinzip die gute, leichte Tanzhaltung<br />
mit gelockertem, doch geradem Rücken,<br />
mit Muskelbeherrschung des ganzen Körpers.<br />
Bei dieser Hervorhebung verurteile ich natürlich<br />
die oft zu beobachtende albern und<br />
widerrechtlich wirkende Ausführung von<br />
Charlestonbewegungen mit wütend zuckenden<br />
Erschütterungen des ganzen Körpers, mit<br />
fuchtelnden Armen und Wackelbewegungen<br />
des Hauptes. Dass der Rhythmus des modernen<br />
Tanzes der Bewegungsfreude von Naturvölkern<br />
entnommen ist, muss als Vorzug anerkannt<br />
werden. Nur ist zu verlangen, dass<br />
er die primitive Ungezügeltheit und Plumpheit<br />
abgestreift hat und in Formen sich bewegt,<br />
die nicht eines zivilisierten Menschen unwürdig<br />
sind. Die früher übliche festgefügte anhaltende<br />
Drehbewegung des Körpers führte<br />
bald zu Schwindel. Die jetzt übliche, wechselnde<br />
Schrittführung ermöglicht längere<br />
Durchführung, also wechselnde und ausdauernde<br />
Muskelleistung. Der Tanz ist jetzt<br />
befreit von der Einförmigkeit in enger Folge<br />
sich wiederholender Fussbewegungen. Jeder<br />
Tanz besteht aus einer grösseren Anzahl von<br />
Figuren, die in der Aufeinanderfolge und Ausführung<br />
der Grundschritte Abwechslung gestatten.<br />
Diese Freiheit in der Anpassung an<br />
den Rhythmus der Musik, diese zulässige<br />
Möglichkeit einer gewissen Individualisierung<br />
in den Ausdrucksbewegungen des Körpers<br />
lässt nun den wohltuenden Einfluss des Rhythmus<br />
dem Körper zugute kommen.<br />
Der moderne Tanz beansprucht den ganzen<br />
Körper. Selbstverständlich aber sind<br />
ausserdem zweckmässige Tanzschritte eine<br />
vorzügliche Fussübung. Das Vorwärtsschreiten<br />
mit fast parallel gesetzten Füssen (statt<br />
Auswärtsrichtung der Fussspitzen) ist dienlich<br />
zur Betätigung von Muskeln, denen die<br />
Erhaltung des normalen Fussgewölbes obliegt.<br />
Das Fusskreuzen beim Tempo setzt<br />
kleine Fussgelenke in Tätigkeit, die im gewöhnlichen<br />
Leben arg vernachlässigt werden.<br />
Der typische Charlestonschritt stellt eine Gegenwirkung<br />
dar gegen die Schäden der Auswärtskantung<br />
des Rückfusses.<br />
Die Erörterung der gesundheitlichen Vorteile<br />
des modernen Tanzes führt zu einer<br />
Erwähnung von Verstössen gegen die Hygiene,<br />
die oft besangen werden. Es ist radi-