E_1928_Zeitung_Nr.045
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18 ÄlTTOMOBTL-RFVUE<br />
<strong>1928</strong> — NO 44<br />
standegekommene Brücke. Eine auf Fernverkehr<br />
tendierende Eisenbahnpolitik raubte<br />
von 1850 an den Strassen ihre alte Bedeutung<br />
und degradierte sie zu Ortskommunikationen.<br />
Die Erstellung des Traces Turgi-<br />
Waldshut verwirklichte alte Träume, während<br />
merkwürdigerweise die Rheintalstrecke<br />
Koblenz-Stein noch einige Dezennien auf<br />
sich warten Hess. Die rapide Zunahme des<br />
Auto- und Motorradverkehrs, des privaten<br />
und S. B. B.-Camionsdienstes hat in bezug<br />
auf die Verkehrswege bereits eine neue Situation<br />
geschaffen und den Strassen wieder<br />
ihre ursprüngliche Bevorzugung eingeräumt.<br />
Aber sie bedürfen zu ihrer vollen Auswirkung<br />
entsprechender Flussübergänge. Koblenz,<br />
das in Anpassung an die frühern Verkehrsverhältnisse<br />
seltsamerweise 2 Eisenbahnbrücken,<br />
aber keine Viadukte besitzt, steht<br />
heute im Kreuzfeuer der internen und zentrifugalen<br />
wirtschaftlichen Strömungen. Es<br />
lehnt sich momentan an die finanzstarke<br />
Schwarzwaldstadt um so lieber an, als es<br />
auch finanziell durch eine Rheinbrücke weniger<br />
belastet würde. In schweizerischen<br />
Automobilkreisen sind dem Projekt ebenfalls<br />
vereinzelte Freunde des Hotzenwades erstanden.<br />
An der Aare verspricht man sich<br />
ausserdem vermehrten Absatz der landwirtschaftlichen<br />
Produkte.<br />
Demgegenüber kämpft man seit langem im<br />
Fricktal und in Zurzach für einen besseren<br />
Kontakt der zwei aargauischen Rheinbezirke<br />
über eine Aarebrücke. Diesem Gedanken<br />
gab die bekannte Volksversammlung am Auffahrtstage<br />
im Solbad Laufenburg energischen<br />
und warmen Ausdruck. Ein durchaus objektives<br />
und überzeugendes Referat von Be-kosten namhafte Gebühren zu leisten, wie geschlossen werden. Der Bau ist durchaus<br />
dies schon immer Praxis war. Mit Recht kein Luxus, sondern stellt verkehrstechnisch<br />
wurde auch betont, dass man in den Auto^ eine dringende Entlastung der engen Korn-<br />
dar.<br />
mobilistenkreisen der Ostschweiz und spe-hausbrückziell<br />
Basels kaum den Standpunkt jener Kollegen<br />
aus Baden und Zürich teile, die an<br />
Morgen für Morgen, wenn der Alltag die<br />
einer privaten Besprechung in Koblenz zugunsten<br />
der Rheinbrücke votierten. Eine oU<br />
fizielle Aufklärung in dieser Richtung wäre<br />
im Interesse der Sache erwünscht.<br />
zirksaintmann Stäubte klärte die Sachlage<br />
zugunsten des Aareübergangs ab, wogegen<br />
die nicht gerade glückliche Opposition eines<br />
Kontingents aus Koblenz nicht aufkommen<br />
konnte. Erfreulicherweise waren auch aus<br />
Zurzach mehrere Befürworter' der vaterländischen<br />
Auffassung erschienen, die Beseitigung<br />
bisheriger Schranken habe einer Ableitung<br />
des Verkehrs ins Ausland voranzugehen.<br />
Selbst von einem badischen Bürgermeister<br />
wurde diese Selbstverständlichkeit<br />
gewürdigt und damit angedeutet, dass<br />
Waldshuts Interessen sich nicht etwa mit denjenigen<br />
am untern Rhein decken. Hinsichtlich<br />
der Finanzierung ist man der Meinung,<br />
die Bewilligung der elektrischen Stromausfuhr<br />
würde auf die Inangriffnahme der Kraftwerke<br />
im untern Aargau befruchtend wirken<br />
und diese selbst hätten an die Brückenbau-<br />
Die Berner Lorrainebrücke.<br />
(Hierzu obenstehender Plan).<br />
Seit Beginn des Jahres wimmelt es an<br />
den beiden Aareböschungen von eifrigen<br />
Arbeitern. Wie wir schon früher berichteten,<br />
soll in der Bundeshauptstadt das bisher<br />
vollständig als Waisenkind behandelte Lorraine-Quartier<br />
durch eine breite Strassenbrücke<br />
dem Pulsschlag der innern Stadt an-<br />
Menschenmassen zur Arbeit ruft, sieht man,<br />
wie die Neugierde ab und zu selbst die Eiligsten<br />
an die Gittermaschen der Roten<br />
BrücKe treibt, um einen Blick vom grossen<br />
Bauplatz zu erhaschen. Viel ist dabei, weiss<br />
Qott, noch nicht zu sehen und die Ingenieure,<br />
welche als Bautermin das Jahr 1930<br />
angegeben haben, werden wohl recht behalten.<br />
Gut Ding will Weile haben.<br />
Quer über der grünlichen Flut liegt auf<br />
unzähligen tiefgerammten Holzpfählen eine<br />
braune Arbeitsbrücke, die auf ihrem geduldigen<br />
Rücken zwei Rollwagengeleise trägt.<br />
In kleinen Wägelchen rollt die an den Böschungen<br />
abgegrabene Erde nach dem einen<br />
guten Steinwurf von der Eisenbahnbrücke<br />
entfernten Pflanzland. 12,000 Kubikmeter<br />
sollen insgesamt abgestochen werden. Beim<br />
Botanischen Garten konkurrenziert ein hoher<br />
Turmkran mit einem gewaltigen Erdbohrer,<br />
die Schaulust der Müssigen anzuziehen.<br />
Auch mit den Fundamentierungsarbelten<br />
ist hier ein Anfang gemacht worden*<br />
Besondere Schwierigkeiten bieten die Widerlager,<br />
die ca. 15 Meter tiefer in den Boden<br />
eingelassen werden müssen als diejenigen<br />
der Eisenbahnbrücke, weche nicht auf<br />
besten Füssen stehen sollen. Die Umstand«<br />
zwingen dazu, statt mit einer - Baggermaschine,<br />
etappenweise und unter Anwendung<br />
grösster Vorsicht zu arbeiten. Die Betonverarbeitung<br />
geht auf der Bollwerkseite<br />
vor sich, von wo aus eine riesige Rohrleitung<br />
die Zufuhr an die Bauplätze besorgt.<br />
Mitte Sommer tritt der Bau in ein interessanteres<br />
Stadium: Ein gewaltiges Leergerüst<br />
wird sich von Ufer zu Ufer spannen<br />
und einen ersten Eindruck von der prächtigen<br />
Brücke vermitteln, die in drei Bogen die<br />
Aare überspringen soll. — Die Bauarbeiten<br />
unterstehen der tüchtigen Leitung der Firma<br />
Losinger & Co. in Bern.' v.<br />
Die Aufwendungen Luzerns<br />
für den Strassenbau.<br />
Trotz sehr erheblicher ausserordentlicher Aufwendungen<br />
für den Strassenbau — die zwar zum<br />
grössten Teü aus den ordentlichen Einnahmen bestritten<br />
werden konnte — ist die ungedeckte Staatsschuld<br />
des Kantons Luzern bedeutend zurückgegangen.<br />
Die sogenannte Strassenbauschuld, für<br />
welche ein langfristiger Amortisationsplan vorgesehen<br />
ist, erfuhr eine nur bescheidene Erhöhung<br />
von rund 90,000 Franken. —<br />
'<br />
Das verhindert aber gewisse politische Kreise<br />
nicht, diese Strassenbauschuld als eine Ursache für<br />
eine event. nötige Steuererhöhung hinzustellen Für<br />
die Verzinsung dieser Schuld sind z. B. im Budget<br />
für das Jahr <strong>1928</strong> volle 80,000 Franken eingesetzt<br />
worden, sodass man für das laufende Jahr mit<br />
einem Bestand von über anderthalb Millionen<br />
rechnet.<br />
Man darf aber nicht vergessen, dass die Jahreseinnahmen,<br />
die dem Staate Luzern auf diesem Gebiete,<br />
namentlich durch die Automobilgebiihren und<br />
durch die Beteiligung am Bertzinzolf, zufliessen,<br />
einen so hohen Betrag erreichen, dass dieser bestimmt<br />
nur um ein Weniges hinter der wahren<br />
«Schuld» zurücksteht.<br />
So bedeutet der notwendige und dem Kanton<br />
volkswirtschatlich grossen Nutzen bringende Ausbau<br />
der Strassen für diesen ein gutes Geschäft: durch<br />
den steigenden Automobilverkehr wird eine selten<br />
günstige Kapitalanlage geschaffen, die dem Kanton<br />
Luzern eine ganz hübsche Rendite abwirft. Und so<br />
erscheint es sicher als ziemlich deplaziert, hier von<br />
einer... ungedeckten Schuld zu sprechen, wie das<br />
anlässlich der letzten Grossratsession von gewisser<br />
Seite.ffetan worden ist! - •> R.<br />
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