E_1929_Zeitung_Nr.036
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35 - <strong>1929</strong> AUTOMOBIL-REVUE<br />
15<br />
HDBQE 9 0E OTBE<br />
DDHEITO<br />
Wir entnehmen einem bekenntnisreichen Sicher ist: die Liebe hat ihre Geheimnisse<br />
Aufsatz der Vossischen <strong>Zeitung</strong>, «Das sachliche<br />
Mädchen», folgende tiefschürfende ziehung ist eine physische Beziehung gewor-<br />
verloren. Aus einer metaphysischen Be-<br />
Stelle:<br />
den. Das nennt sich Sachlichkeit und glaubt,<br />
Noch für das Mädchen von 1928 ist die sich damit zu rechtfertigen. Man verwechselt<br />
allzu bereitwillig Sentiment und Senti-<br />
Liebe alles andere eher, als eine seelische<br />
Beziehung. Es wird behauptet, dass das erwerbstätige<br />
Mädchen zu solch zeitraubendem nicht wahr, ist doch heute die grösste Gementalität,<br />
und sentimental zu sein, das,<br />
Firlefanz keine Nerven mehr haba Aber schmacklosigkeit, die man sich leisten kann.<br />
ich bin kühn genug einzuwenden, dass mir (Was wissen die Liebenden von heute noch<br />
die ursächliche Verbindung zwischen der von Werthers Leiden.) Als man der Liebe<br />
Notwendigkeit der bürgerlichen Mädchen<br />
von heute, selbst für «Brot und saidene<br />
Strümpfe» zu sorgen, und der «Neuen Sachlichkeit»<br />
in der Liebe immer konstruiert erschienen<br />
ist, eine Verlegenheitsausrede. Die<br />
Männer haben ja immer im Beruf gestanden,<br />
aber der Gedanke, sie müssten deshalb in<br />
der Liebe sachlich sein, ist ihnen erst neuerdings<br />
gekommen. Wer die neuen Parolen<br />
ausgegeben hat, lässt sich so wenig entscheiden,<br />
wie die Frage: Sind die Männer so,<br />
wie die Frauen sie haben wollen, oder die<br />
Frauen so, wie die Männer sie haben wollen.<br />
Wer wollte so nicht ausfahren! Kleidsames JaquetkMd<br />
ans englischer Wolle, Pilzhut in der gleichen<br />
Tönung. Die kurze Jacke ist für die Autlcrin besonders<br />
praktisch.<br />
/&ÜJ<br />
Liebe ohne Seele<br />
eine Anzahl gummiliefernde Bäume und viele<br />
das Sentiment genommen hatte, war ihrwurden auch zu diesem Zwecke angezapft.<br />
Schimmer fort. Daran trägt die Frau von Der leistungsfähigste heisst Hevea, und ist<br />
heute zu mindestens 50 Prozent der Schuld. im Amazonental weit verbreitet. Die Eingeborenen<br />
schnitten in die Rinden der Bäume<br />
Ich verallgemeinere nicht. Ich verleugne<br />
nicht die tausendfältigen zarten Liebesbeziehungen,<br />
die heute blühen, wie immer. Ich<br />
wende mich nur gegen die selbstsichere<br />
Normalität, die den Girltyp und das sachliche<br />
Mädchen von heute proklamiert hat (die<br />
beide ihre Vorzüge haben, ohne auszureichen);<br />
gegen die Normalität, die heute in<br />
der Welt Parolen ausgibt, vor denen sich<br />
die Liebe verstecken zu müssen glaubt. Das Wir entnehmen dieses hübsche Bekenntnis der<br />
wohl gegenwärtig grössten und beseeltesten Schauspielerin<br />
dem beim Theater- und Filmverlag er-<br />
Girl, der Typ von gestern, das sachliche<br />
Mädchen, der Typ von heute, sie haben die schienenen Buch Stefan Lorants: «Wir vom Film»,<br />
Liebe entproblematisiert. Es wird höchste das über die Lebenswege der Filmstars berichtet.<br />
Zeit,, dass sie wieder probiematisiert wird, Man hat mich eine «Sirene» genannt<br />
geheimnisvoll wird, sentimental wird. — Dooh diese Bezeichnung ist falsch. Auf der<br />
«Dass sie keine seelische Not mehr kennt, Leinwand macht man mich dazu, im wirklichen<br />
Leben aber bin ich es nicht, schon<br />
das ist ihre Not» — so schrieb (nach meiner<br />
freien Erinnerung (einmal Franz Blei ZUT aus dem einfachen Grunde, weil ich gar<br />
Problematik heutiger Jugend. Das junge keine Zeit dazu habe. Immer wieder setzt es<br />
mich in Erstaunen, zu beobachten, wie die<br />
Mädchen von morgen wird die Aufgabe<br />
haben, sich und uns wieder eine gesunde<br />
Portion seelischer Not zu schaffen.<br />
Also Reaktion? Keineswegs. Niemand<br />
wünscht sich den dumpfen, verlogenen bürgerlichen<br />
Heiratsmarkt von ehedem zurück.<br />
Dem Himmel Dank dafür, dass das bürgerliche<br />
Mädchen von heute frei entscheiden<br />
darf über das Leben, an dem es aktiv teilhat,<br />
und über seine Liebe. Nur Selbstbenung<br />
tut not, es gilt die Freiheit bewusst,<br />
verantwortungsvoll und gefühlvoll als Frau<br />
zu verwalten. Vorgestern war die bürgerliche<br />
Liebe eine geschäftliche Transaktion,<br />
gestern, nach der überaschend gekommenen<br />
Als die Spanier nach Amerika kamen,<br />
trugen die Indianer von Mexiko schon gummierte<br />
Regenmäntel. Die Eingeborenen im<br />
Amazonental machten Schuhe und Flaschen<br />
aus Gummi. Schon die ersten Forschungsreisenden<br />
nahmen Proben dieses merkwürdigen<br />
Stoffes mit nach Europa; dort machte<br />
man Bälle daraus. Erst zweihundert Jahre<br />
später fand ein Engländer, dass Bleistiftstriche<br />
mit diesem Stoff ausradiert werden<br />
können. Erst dreihundert Jahre nach der<br />
Entdeckung von Mexiko begannen Engländer<br />
Mantelstoffe zu gummieren, um sie wasserdicht<br />
zu machen. Der erste, der dies tat,<br />
hiess Mac Intosh und heute noch heisst eitie<br />
Art Gummimantel ein Macintosh. — Gummi<br />
wird aus dem Saft eines angeschnittenen<br />
Baumstammes gewonnen. In Amerika gab es<br />
jungen Amerikanerinnen in Hollywood so<br />
vieles auf einmal unternehmen können.<br />
In Europa soll es fast genau so sein. Film,<br />
Gesellschaft, Sport und Liebe, sie erledigen<br />
das alles mit einer Virtuosität zu gleicher<br />
Zeit. Ich bin nun aber aus einer Stadt in<br />
Schweden, wo das Tempo nicht so<br />
rasend ist. Auch sind die Lebensformen dort<br />
nicht so kompliziert. Meine Vorfahren waren<br />
bis hinauf in die Zeit der Wikinger:<br />
Seefahrer; Leute von einfachen Sitten, die<br />
nicht viel Worte machten, aber das Rauschen<br />
der Wellen und das Spiel des Windes<br />
in ihrem Haar liebten. Ich kann nur<br />
Emanzipation, wurde sie zu körperlicher ein Ding auf einmal tun. Dieses eine tue ich<br />
Funktion degradiert, heute sind wir beiaber von ganzem Herzen und von ganzer<br />
der sachlichen Liebesbeziehung angelangt. Seele...<br />
Morgen soll aus der fraktionellen wieder Mit 15 Jahren besuchte ich die dramatische<br />
Schule in Stockholm. Man hatte ein<br />
eine seelische, aus der sachlichen eine problematische<br />
Beziehung werden. Die Forderung<br />
an das junge Mädchen von heute ist: mir eine Rolle gegeben. Während ich in den<br />
Drama von Ibsen auf den Plan gesetzt und<br />
Der Emanzipation der Frau folge nunmehr Kulissen wartete, bemerkte ich einen Schatten<br />
im Hintergrund, der wie der Schatten<br />
die Autoemanzipation. Wie? Ich setze dem<br />
Hohngelächter meiner sachlichen Generation eines Riesen wirkte. «Das ist Mauritz Stiller,»<br />
flüsterte mir jemand von den anderen<br />
entgegen: durch Renaissance des Mädchentums,<br />
durch Problematisierung der Liebe Spielern zu. Ich nahm mir vor, alle meine<br />
, es>&V, ^r Frifhnis.<br />
Kraft in die kleine Rolle hineinzulegen.<br />
Der Ursprung der Gummimäntel<br />
Am nächsten Tag wurde ich zu ihm ins<br />
Bureau gerufen, und er machte mich zur<br />
Hauptdarstellenn in «Gösta Berling». Seitdem<br />
ging unser Lebensweg zusammen. Wir<br />
filmten in Schweden, dann in Berlin. Ich<br />
spielte in dem Stück «Die freudlose Gasse»<br />
neben der Nielsen. Dann fuhren wir nach<br />
ein und fingen den ausfliessenden Saft auf,<br />
der wie Milch aussieht. Im Lager entfachten<br />
sie ein rauchendes Feuer; eine breite Schaufel<br />
wurde in die Gummimilch getaucht, ein<br />
Teil davon blieb auf der Schaufel kleben, die<br />
dann in den Rauch gehalten und fleissig herumgedreht<br />
wurde, bis die Milch gerann. Die<br />
Schaufei wurde dann wieder eingetaucht und<br />
über das Feuer gehalten und eine zweite<br />
Schicht legte sich fest um die erste. Schliesslich<br />
entstand so auf der Schaufel ein grosser<br />
Gummiklumpen. Er wurde abgelöst und<br />
war handelsfertig. Dieses nannte man wilden<br />
Gummi. Er ist nicht so gut wie der<br />
nach wissenschaftlichen Methoden hergestellte<br />
Gummi. Diesen nennt man Plantagengummi,<br />
und er ist es, der nun den Gummimarkt<br />
allgemein beherrscht. Jene mexikanischen<br />
Unternehmer trugen zwar Gummimäntel,<br />
aber von der Gummiindustrie, die auf ihr<br />
merkwürdiges Harz aufgebaut wurde, Hessen<br />
sie sich nichts träumen.<br />
Ich bin eine kühle Natur!<br />
Von Greta Garbo.<br />
Amerika. Und aus der blonden, gutmütigen<br />
Greta Garbo wurde ein «Vamp»...<br />
Ich spiele nie. Nie werde ich vor der<br />
Filmkamera zum Bewusstsein meiner Aktion<br />
kommen. Ich decke mich also unbedingt<br />
mit meiner Rolle. Dennoch handle<br />
ich aber in diesem «Trance»-Zustand anders,<br />
als ich es im realen Leben tun würde.<br />
Ich bin absolut nicht leidenschaftlich im<br />
Leben. Man hat mir sogar oft gesagt, dass<br />
ich eine aussergewöhnlich kühle Frau bin<br />
— wie ja alle Nordländerinnen. Ich muss<br />
mich aber nicht dazu zwingen, so zu sein,<br />
wie ich im Film bin — es ist kein Spiel<br />
und keine Ueberwindung notwendig. Ich<br />
bin ja eine Frau, und wer kennt sich bei<br />
Frauen aus?<br />
Vielleicht spiele ich, wenn ich lebe? Sicher<br />
ist aber, dass ich lebe, wenn ich<br />
spiele...!<br />
Als ich mit John Gilbert zusammen in<br />
dem Film «Es war» filmte, hatten wir eins<br />
Liebesszene, in der wir zusammen hinknieten.<br />
Nachdem ich meine Augen in die sei-<<br />
nen versenkt hatte, verschmolz die Musik,<br />
die man spielte, mit dem Rauschen der<br />
Brandung zu einem Ganzen, und ich sah!<br />
in seinen dunklen Augen, die in die meinen<br />
blickten, einen Ausdruck, der wie ein<br />
herrliches hohes Lied das Zischen der Jupiterlampen<br />
übertönte. Ich vergass alles<br />
um mich herum. Die Erregung überwältigte<br />
mich. Der Regisseur sagte mir später,<br />
es seien die besten Liebesszenen, die er ^Q<br />
gedreht habe. Aber alles, was ich davon irf<br />
Erinnerung behielt, ist, dass ich, während<br />
ich sie spielte, vollkommen in ihnen aufging.<br />
Ich kann nur ein Ding zu einer gegebenen<br />
Zeit tun, so war es immer. Ich glaube<br />
nicht, dass ich lieben und zu gleicher Zeit<br />
im Film spielen kann.<br />
'Vielleicht werde ich es aber doch noch<br />
lernen, Verschiedenes auf einmal zu tun.<br />
Ich bin erst fünfundzwanzig Jahre alt. Man<br />
kann nie wissen...<br />
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