E_1929_Zeitung_Nr.092
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N° 92<br />
III. Blatt<br />
BERN, 25. Oktober <strong>1929</strong><br />
N° 93<br />
III. Blatt<br />
BERN, 25. Oktober <strong>1929</strong><br />
auf die diesjährige schweizer, und internationale Automobil-Rennsaison<br />
Nach einem im Badio Bern gehaltenen Vortrage von'F. A. Vitali, Sportredaktor der „Automobil-Bevue"<br />
II.<br />
Waren die aufgezählten Rennen bisher überwiegend<br />
nationalen Charakters, bringt die vom 7. bis<br />
11. August <strong>1929</strong> vom Schweizerischen Automobil-<br />
Club gemeinsam mit Deutschland. Italien und<br />
Oesterreich organisierte<br />
Alpenfahrt<br />
den Auftakt zu erstklassigem internationalem Rennsport.<br />
Diese grösste touristische Alpenprüfung führte<br />
über 2700 km, wobei in fünf Tagesetappen eine<br />
Passpyramide von total 25,000 m zu überwinden<br />
war. Gefordert wurde ein Mindestduxchschnitt von<br />
42—48 Stundenkilometer. Die einzelnen Etappen<br />
waren: von München über den Katschberg nach<br />
Villach, von Villach über den Brenner nach Meran,<br />
•von Meran durch die Felswelt der Dolomiten zurück<br />
nach Meran, von Meran über den höchsten<br />
befahrbaren Bergpass Europas, das Stilfserjoch,<br />
nach Lugano und von Lugano über den Gotthard,<br />
die Furka, den Simplon hinunter nach Villa d'Este,<br />
dem Ziel der Monsterfahrt. Das nummerisch kleine<br />
Feld der Schweizer hatte gegenüber der weitaus<br />
stärkeren Beteiligung Deutschlands, dann Italiens<br />
und Oesterreichs einen harten Stand. Die Schweizer<br />
stellen eine Ford-Equipe mit den Fahrern Willi,<br />
Messerli und Reguzzi, die in letzter Stunde durch<br />
schwärzestes Pech als Equipe aus dem Rennen geworfen<br />
wird. Von den fünf gestarteten Schweizern<br />
beenden vier die Prüfung : drei, nämlich Messerli,<br />
Reguzzi (beide Ford) und Rüedi (Lancia) erhalten<br />
den Alpenbecher, Duttlinger (von der Röbr-Equipe)<br />
die goldene Erinnerungsmedaille. Willi (Ford)<br />
bleibt in Domodossola knapp vor dem Ziele auf der<br />
Strecke. Ein Unfall hat seiner siegreichen Fahrt<br />
ein Ende bereitet. Leider artete die Alpenfahrt zu<br />
einem eigentlichen Alpenrennen aus, das mit einer<br />
Regelmässigkeitsfahrt keinen Deut mehr zu schaffen<br />
hatte. Die unnötige Raserei fand die schärfste Verurteilung<br />
unserer Sportinstanzea.<br />
Am 17. und 18. August erlebte der schweizerische<br />
Automobilsport mit dem nationalen<br />
Klausenrennen<br />
vom Samstag und den grossen Bergpreis der<br />
Schweiz am Sonntag seine grössten Tage. Die Organisation<br />
durch die Zürcher. Glarner und Urner,<br />
die Beteiligung der besten Fahrer des In- und Auslandes<br />
gestalten die Veranstaltung zum grandiosesten<br />
Bergrennen der Welt. Gross ist die Freude im<br />
ganzen Lande, wie im nationalen Rennen die<br />
Sehweizermarke Martini durch Meister Gacon zum<br />
Siege gelangt. Im internationalen Rennen erleben<br />
wir ein wundervolles Ringen. Die beste Zeit der<br />
Sportwagen fährt gegen schärfste Konkurrenz der<br />
Deutsche Graf von Kalnein auf Bugatti. Den Spejsialpreis<br />
.als bester Scbweizeriahrejf der Kategorie<br />
gewinnt Kessler, Zürich, auf AJfa.Rpmeö. feei äfen-<br />
JctollelK<br />
Rennwagen finden wir die grossen Kanonen am<br />
Starte. Der Vollblut-Franzose Chiron auf Bugatti<br />
wiederholt seine Rekordfahrt von 1927 und wird,<br />
nachdem er den von Rosenberger auf Mercedes aufgestellten<br />
RekoTd in souveräner Weise erledigt hat,<br />
zum zweiten Male Bergmeister der Schweiz. Rosenberger<br />
auf Mercedes ist durch einen Unfall handycapiert.<br />
Ganz knapp hinter dem Franzosen setzt<br />
sich der deutsche Bergmeister Stuck mit seinem<br />
kompressorlosen Austro-Daimler. Auch er bricht<br />
dem alten Rekord das Genick. Das Rennen ist für<br />
den sieggewohnten Stuber ein schwarzer Tag. Nach<br />
teuflischer Fahrt strandet er in der letzten Kurve<br />
vor dem Ziel. Der Kühler ist zerrissen. Langsam<br />
rollt sein Bugatti durchs Ziel. Zum erstenmal als<br />
Besiegter! Noch acht Tage vorher hatte er am Freiburger<br />
Rekordtag in Deutschland einen gewaltigen<br />
Triumph gefeiert.<br />
Den Abschluss der schweizerischen Saison <strong>1929</strong><br />
bildete die<br />
St. Moritzer Automobilwoche,<br />
ein Versuch, aber ein voller Erfolg. Neben der<br />
Sternfahrt, der Geschicklichkeitsprüfung und der<br />
Schönheitskonkurrenz standen zwei ausgesprochene<br />
Rennveranstaltungen: das Kilometer-Lance auf der<br />
Shellstrasse Samaden—Punt Muraigl und das Bernina-Rennen.<br />
Das Flachrennen ist ein grosser Tag<br />
für Mercedes-Benz . Der deutschen Marke fällt der<br />
Sieg in allen drei Kategorien zu. Zettritz gewinnt<br />
bei den Tourenwagen, Momberger bei den Sportwagen<br />
und Rosenberger bei den Rennwagen. Die<br />
beste Damenzeit erzielt die Zürcher Sportlerin Frau<br />
Merz, ebenfalls auf Mercedes-Benz. Das Bernina-<br />
Rennen war zweifellos die gefährlichste und schärfste<br />
Bergprüfung des Jahres. In der grandiosen Gebirgswelt<br />
der Bernina erleben wir ein aufregendes<br />
Ringen um Sieg und Preis. Den «Königspreis» gewinnt<br />
Stuck auf Austro-Daimler. er fährt auf Leben<br />
und Tod. Gegen ihn bleibt auch die Tollkühnheit<br />
und Fahrkunst eines Stubers, der mit einem<br />
neuen Bugatti-Wagen startet, erfolglos. Aber der<br />
Berner erzielt gegen schärfste Konkurrenz einen<br />
sicheren zweiten Platz im Gesamtklassement. Der<br />
Klausensieger Chiron rennt gegen eine Mauer und<br />
Streckt die Waffen. Rosenberger wird Dritter. Bei<br />
den Sportwagen siegt einmal mehr der kleine Momberger<br />
auf Mercedes-Benz. Die Tourenwagen-Kategorie<br />
wird eine Beute des famosen italienischen<br />
Rennfahrers Strazza auf Lancia. Hier, wie am<br />
Lance, gewinnt Meister Giger auf Martini seine<br />
Klasse.<br />
Mit dem Bernina-Rennen ist die schweizerische<br />
Meisterschaft <strong>1929</strong> abgeschlossen. Folgende Fahrer<br />
werden zum Champion ihrer Kategorie ernannt:<br />
Giger, Zürich, auf Martini bei den Tourenwagen,<br />
Schbiblör Lauten, auf Fiat bei flfen Sportwagen,<br />
und Stuber, Bern, auf Bugatti, mit der-maximal erreichbaren<br />
Punktzahl von 400 Punkten bei den<br />
Rennwagen.<br />
Die auslandische<br />
Automobilsaison <strong>1929</strong>.<br />
Unter den ausländischen Staaten hatte<br />
Italien,<br />
das unter dem faszistischen Regime in der Förderung<br />
des Sportes eine nationale Aufgabe sieht, die<br />
weitaus erfolgreichste Automobil-Rennsaison. Am<br />
13. und 14. April gewinnt Campari auf Alfa Romeo<br />
das 1000-Meilen-Rennen, eine der grössten Strassenprüfungen.<br />
Am 5 Mai wird in Sizilien die 20.<br />
Targa Florio, das klassische und älteste Rundstreckenrennen<br />
der Welt, ausgetragen. Wie 1928<br />
führt der Franzose Divo auf Bugatti den Sieg ins<br />
Ausland. Auch die Schweiz ist an der harten Prüfung<br />
durch den Tessiner Lepori vertreten, der sich<br />
als Meister des Volants auszeichnet. Im Grossen<br />
Preis von Rom nimmt der Italiener Varzi auf Alfa<br />
Romeo Revanche an Bugatti und gestaltet das Rennen<br />
zu einem Sieg der italienischen Farben. Es<br />
folgen der Circuito von Mugello, von Montenegro,<br />
die Coppa Abruzzo und Aeerbo. Die Saison findet<br />
in dem Grossen Preis von Monza, der den Grossen<br />
Preis von Europa zu ersetzen hat, mit dem Siege<br />
Varzis- auf Alfa Romeo ihren Ausklang. Nuvolari<br />
auf Talbot wird Zweiter, Momberger auf Mercedes<br />
Dritter des grossen internationalen Austrages, der<br />
eine erneute Niederlage der amerikanischen Rennwagen<br />
in Europa bringt. (Es starteten zwei Pakkard-Gable-Wagen.)<br />
Zu erwähnen sind die erfolgreichen<br />
Rekordtage von Cremona.<br />
Frankreichs<br />
grösstes Bergrennen, La Turbie, gewinnt Stuck auf<br />
Austro-Daimler in Rekordzeit, der in dem kurz darauf<br />
stattfindenden Antibes-Rennen stürzt, jedoch<br />
ohne sich zu verletzen. Dieses Rennen wird von unserem<br />
Landsmann Lepori auf Bugatti entschieden.<br />
Den Grossen Preis von Monaco, ein Rennen durch<br />
die Gassen der Stadt, gewinnt der Engländer Williams<br />
auf Bugatti. Von den bedeutenderen Rennen<br />
hebe ich hervor: Chiron (Bugatti) siegt im Grossen<br />
Preis von Bourgogne, Simpson (Bugatti) im Grossen<br />
Preis von Lyon. Das 24-Stunden-Rennen von<br />
Le Man entscheidet die englische Bentley-Equipe:<br />
Barnato-Birkin. Der Höhepunkt der Saison ist der<br />
Grand Prix de France, den Williams auf Bugatti<br />
gewinnt. Den Grand Prix de la Marne holt sich<br />
trotz Zündungsdefekt Etancelin auf Bugatti. Mit<br />
schwacher Beteiligung beschliesst Frankreich, das<br />
seit einigen Jahren unter einer spürbaren Rennmüdigkeit<br />
leidet, mit dem Ventoux-Rennen seine-<br />
Saison. Lanciano auf Bugatti ist der Sieger. Ein<br />
Rennen von besonderem .Interesse stellt der Grand<br />
Prix Bugatti dar, an dem nur Wagen dieser Marke<br />
gestartet werden. Sieg Zanellis.<br />
Deutschlands<br />
bedeutendstes Rennen war der Grosse Preis der<br />
••dftalioneü, fleT auf deni Nürbtirerinjr zur.. Entscheidung<br />
gelangte. Das Rennen war ein grandiosea<br />
Duell Bugatti-Mercedes. Meister Chiron gelingt es<<br />
für die Niederlage Bugattis im Jahre 1928 Revanche;<br />
zu nehmen. Mit zwei ersten Plätzen geht die siegreiche<br />
französische Marke aus dem Rennen. Derf<br />
beste Mercedes-Fahrer. Momberger, wird Dritter*<br />
Der Schweizer Lepori (Bugatti) klassierte sich anl<br />
fünfter Stelle. Am Grossen Preis der Nationen starteten<br />
in einer besondern Kategorie zum ersten Maler<br />
Zweitaktwagen. Unter den deutschen Bergrenneninennen<br />
wir das Haimbergrennen, das Nerobergrennen,<br />
die beide Stuck auf Austro-Daimler gewann*<br />
das Lückendorferrennen mit dem Siege von Morgen!<br />
auf Mercedes, das Taubensuhl-Bergrennen, ebenfalls<br />
mit dem Siege Stucks, das Baden-Badener-Bergrennen<br />
mit dem Siege Caracciolas und schliesslich<br />
das Kesselbergrennen mit dem erneuten obligaten;<br />
Siege Stucks. Den Sieg Stubers um den Freiburger<br />
Bergrekord haben wir genannt. Am Gabelbach»<br />
rennen gewann Rosenberger auf Mercedes-Benz«<br />
Am Oberjoch-Bergrennen zeichneten sich die beiden]<br />
St. Galler Ford-Fahrer Häne und Müller aus. Mit<br />
dem Gaisbergrennen, das Graf Arco Zinneborg auf<br />
Mercedes-Benz gewinnt, beschliesst Deutschland<br />
seine diesjährige Rennsaison.<br />
Englands<br />
grosses Rennen des Jahres <strong>1929</strong> ist die Tourist*<br />
Trophy, die der Deutsche Caracciola auf Mercedes-<br />
Benz nach Hause fährt. Im Grossen Preis von Irland<br />
schwingt ebenfalls ein Ausländer obenaus:<br />
Iwanovsky auf Alfa-Romeo. Auch das 24-Stunden-<br />
Rennen von Brooklands wird eine Beute der italienischen<br />
Marke mit den Fahrern Ramponi und Curani.<br />
Im Goldpokal von Brooklands kann endlich<br />
ein Engländer siegen. Es ist Eyston. der aber einen!<br />
französischen Bugatti fährt. An diesem Rennen gelingt<br />
es dem grossen Rennfahrer Kay Don, einen<br />
neuen Bahnrekord aufzustellen.<br />
Das Arlbergrennen,<br />
Oesterreichs<br />
grosser Beggpreis, hat nicht stattgefunden, und der<br />
Semmering, in den man daher grösste Erwartungen,<br />
setzte, brachte einen organisatorischen Misserfolg.,<br />
Die beste Tageszeit und — wie es sich bei ihm von<br />
selbst versteht — den neuen Rekord fährt Stuck<br />
auf Austro-Daimler.<br />
Spanien<br />
nimmt seit Jahren mit seinem Grossen Preis von<br />
San Sebastian im internationalen Sportkalender<br />
einen hervorragenden Platz ein. Das grosse Rennen,<br />
an dem sich auch der Schweizer Lepori (Bugatti)<br />
beteiligte, endete mit einem Siege des Franzosen<br />
Chiron auf Bugatti. Im Grossen Preis von;<br />
Spanien muss sich Chiron auf dem Zielbande von<br />
der Alfa-Romeo-Equipe Varzi-Rigal schlagen lassen.*<br />
Einen weiteren eklatanten Sieg holt sich die ita--<br />
lienische Marke Alfa-Romeo, die sich als Spezialistin<br />
in den Dauerrennen ausgewiesen hat, im 1 24-<br />
Stunden-Rennen von<br />
Belgien.<br />
m dem die Fahrer-Equipe Benoist-Markmi di8.<br />
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