E_1929_Zeitung_Nr.103
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16 929 — N ( 103<br />
frau beim Tee-Eingiessen zu beobachten,<br />
heisst einen Blick tun in die Kultur ihrer<br />
Persönlichkeit. Darum ist der Five o clock<br />
für das Leben einer Dame ein Geheimnis, in<br />
•das einzudringen eine hohe Kunst ist. Rom<br />
Landau schreibt irgendwo in einer Teeplauderei<br />
über englische Teas :<br />
Es gibt Tea der feinen Leute und Tea der<br />
weniger feinen Leute. Ersterer heisst China<br />
Tea, und man muss mehrere Löffel von ihm<br />
in die Kanne tun, damit er die tiefe Bordeauxfarbe<br />
erlangt, in der man ihn zu trinken<br />
liebt. Der andere heisst India Tea, und<br />
ein halber Löffel bewerkstelligt die gewünschte<br />
Metamorphose. Da «China» aber<br />
auch sonst viel teurer ist, so ist aller Grund<br />
vorhanden, dass er von feinen Leuten getrunken<br />
werde. Dienstboten begnügen sich<br />
mit billigerem «Inda». Wenn die Herrschaften<br />
aber eine Tasse wirklich guten Teas zu<br />
trinken wünschen, dann bitten sie ihre<br />
Dienstboten im geheimen, eine Tasse von<br />
deren Tea trinken zu- dürfen. Natürlich erfordern<br />
China sowohl als auch India eine<br />
Mengs Zugaben: vor allem Milch, gleichsam<br />
eine Nebengöttin der Hauptgöttin Tea. Dann:<br />
heisses Gebäck, halbsüsse Kuchensemmeln<br />
mit Butter und, aus dem Ofen kommend, in<br />
verführerischer Hitze serviert, Scones aus<br />
Hefeteig, Buns mit Rosinen, Crumpets und<br />
Muffins, deren Butter an den Fingern herunterfliesst.<br />
Auch Sandwiches gibt es : aus<br />
papierdünnem Weissbrot mit Gurkenscheiheii,<br />
oder Schwarzbrot mit Jam. Und<br />
«Fruit Cakes» mit Rosinen und Mandeln,<br />
kleine «Sponge Cakes» oder sonstige Ueberraschungen,<br />
die zu eines jeden Hauses Repertoire<br />
gehören.<br />
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In der Jn'serid sohen wir uns all« ziemlich ähnlich.<br />
Grössc und Gestalt sind oft zum Verwechseln srlcich.<br />
Glücklicherweise aber ändert sich das, je mehr wir<br />
heranwachsen, so dass auf diese<br />
Weise die Natur die Absurdität unserer Jugend<br />
korrigiert. (The Humorist.)<br />
mann war gerade unabkömmlich und konnte<br />
erst nach einigen Wochen zu seiner jungen<br />
Frau reisen. Auf der Fahrt erfuhr er aber<br />
so viel Ungünstiges über den Charakter seiner<br />
Frau, dass er es vorzog, das vereinbarte<br />
Stelldichein zu versäumen. Telephonisch be-<br />
Tiachrichtigte er seine Frau davon, dass er<br />
eine Scheidungsklage angestrengt habe.<br />
Wenn man telephouisch heiratet.<br />
Zwei junge Leute in Texas haben vor einigen<br />
_ Monaten den Mut aufgebracht, sich<br />
per Telephon durch einen Geistlichen vermählen<br />
zu lassen, trotzdem sie 2000 Meilen<br />
voneinander entfernt waren. Der junge Ehe-<br />
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Von Hugo Pifil.<br />
In den Strassen der Pressbuxgcr Altstadt<br />
herrschte noch die tiefe Sülle des Sonntagmorgens,<br />
als unser Kraftwagen die interessanten schmalen<br />
Gas.->en langsam durchfuhr. Nur da und dort<br />
eilte ein Tourist zum Bahnhofe; die Fenster waren<br />
verhängt, die «Kraxelhuber», wie man die Bewohner<br />
der freundlichen Donaustadt scherzweise nennt,<br />
schliefen noch. Bald erreichten wir die mächtige<br />
Strombrücke und rollten rasch zwischen dem Gitterwerk<br />
hindurch, um am andern Ufer einen Augenblick<br />
su halten und das von der Morgensonne<br />
rosig gefärbte, schöne Stadtbild zu bewundern, über<br />
welchem die grosse Ruine des Königsschlosses<br />
thront. Stolz ragt der katholische Domturm über<br />
das Häusermeer empor, dessen Donaufront vor<br />
einem Jahrhundert nicht viel anders aussah als<br />
heute.<br />
Unsere Fahrt ging zuerst über die Parndorfer-<br />
Heide zum merkwürdigen Neusiedler-Soo, einem<br />
salzigen Wasserbecken, das von Zeit zu Zeit austrocknet,<br />
dann aber rasch wieder Zufluss erhält,<br />
mit dem Unmengen von Fischen und Wasservögeln<br />
zurückkehren. Wir besuchten auch den unweit gelegenen<br />
Königssee, dessen tiefes Wasser sich in<br />
fortwährender Wallung befindet. Er ist dadurch<br />
berühmt geworden, dass sich dort ein völlig wilder<br />
Knabe in den Netzen zweier Fischer verfing. Er<br />
wurde ins nahe Schloss Kapuwaar gebracht, von<br />
wo er jedoch zehn Monate später entfloh. Der Findling<br />
war sehr hässlich, hatte zwischen Fingern und<br />
Zehen kleine Schwimmhäute, sehr scharfe Zähne<br />
und fast kein Haar; die Augen glotzten wild, und<br />
der Rücken fühlte sich schuppig an. Ausser einem<br />
zischenden Pfeifen brachte er keine Töne hervor<br />
und blieb ein wildes Tier, das anfangs nur Kröten.<br />
Schlangen und Gras frass. den Fischen, die er geschickt<br />
fing, aber das Blut aussog. Am liebsten<br />
hielt er sich im Schlossteiche auf und schwamm wie<br />
ein Frosch. Auf dem Lande lief eT auf allen Vieren.<br />
Die Taufmalrikel vom Jahre 1743 verzeichnen<br />
den interessanten Fall, denn man taufte den Wilden<br />
auf den Namen Stefan.<br />
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Vororten an den Fuss des waldreichen Leithagebirges<br />
an. Weingärten schliessen sich als freundlicher<br />
Schmuck an. Ueber den altvaterischen Häusern<br />
sind Schloss- und Klosterbauten zu sehen, uud<br />
hinter Parkanlagen blickt ernst das Gebäude des<br />
einstigen kaiserlichen Kadettenhauses weit ins gesegnete<br />
Land.<br />
Unser Auto läuft nach Süden, und im Nu ist<br />
Oedenburg, das «Skarbant» der Kelten, erreicht. Ks<br />
liegt in einem flachen Kessel und kann sich eines<br />
schönen Rathausturmes rühmen. Man hört mehr<br />
Deutsch als Ungarisch und fühlt sich als Fremdling<br />
recht wohl in der einst reingermanischen Stadt,<br />
die vor 1100 Jahren von Kolonisten Odinnurch benannt<br />
wurde.<br />
In ein kleineres Städtchen, das durch seine tapfere<br />
Verteidigung gegen die Osmanen berühmt gewordene<br />
Güns, fahren wir noch im Laufe des Vormittags<br />
ein. Auch diese stille, fast ganz deutsche<br />
Stadt entbehrt noch der neuzeitlichen Fabrikanlagen<br />
und gewährt seinen Bewohnern ein behagliches<br />
Leben. Sie ist eine der Ortschaften der Heanzerei,<br />
d. i. jenes Landes längs der steirischen Grenze, das<br />
von den «Heanzen» bewohnt wird. Diese sind ein.<br />
Volksstamm, der einen eigenen Dialekt spricht und<br />
selbst nicht genau weiss. woher sein Name abzuleiten<br />
wäre. Die Bewohner benennen einander mit<br />
allerlei Scherznamen, z. B. Pumheanzen. Spicgelheanzen,<br />
Repetierheanzen; letztere wegen ihren eigentümlichen<br />
Wiederholungen von ganzen Sätzen.<br />
Die Oedenburger werden Bohnenzüchter, die Eisenstädter<br />
Taubenzüchter genannt.<br />
Unsere nächste Etappe ist Steinamanger. das<br />
altrömische Savaria. eine freundliche Stadt, in wol-<br />
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