E_1929_Zeitung_Nr.103
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105 — <strong>1929</strong> AUTOMOBIL-REVUE<br />
nat. Ferner waren anwesend verschiedene<br />
Politiker, und man bemerkte unter andern :<br />
MM. Schrameck, Deyris, Mauger, Bedouce,<br />
Meggle, Louis Pineau, directeur general de<br />
l'Office national des combustibles liquides,<br />
Grunpet, directeur des Chemins de fer au<br />
minister© des Travaux Publies; Loubat,<br />
Q. Weil!, Brissac et les membres du Comite<br />
de l'U.Y.I.; Perony, Ameline, Crochat, Dewald,<br />
Fontaine Schoeller (Qeneve), de St-<br />
Leger, Cornu, Cochard, Biraben, Codder,<br />
Mathieu, Cardot etc. Nach einer mit grossem<br />
Beifall aufgenommenen Rede des Herrn<br />
Serre, verdankte im Namen der ausländischen<br />
Delegationen Herr Ingenieur Jonacz,<br />
Wien, als Doyen die liebenswürdige Einladung<br />
und Aufnahme.<br />
Am zweiten Tag wartete der Delegierten<br />
ein volles Mass von Arbeit. Mit Einstimmigkeit<br />
wurde nach eingehender Diskussion die<br />
Gründung der<br />
Föderation internationale des transports<br />
comraerciaux par automobiles<br />
beschlossen. Der Sitz des ständigen Bureaus<br />
wurde in Anbetracht der zentralen Lage in<br />
Paris belassen. Vorläufig werden die Geschäfte<br />
von der Union des Vehicules industriels<br />
in Paris, 9, Rue de Sueur, Paris 16,<br />
durch ihren Sekretär, Herrn Cornu, geführt.<br />
Einige Stimmen entfielen auf die Schweiz<br />
und auf Holland, blieben aber in der Minderheit.<br />
Nachdem nun mit Einmütigkeit diese<br />
internationale Vereinigung beschlossen war,<br />
wurde zur Wahl des Präsidenten geschritten.<br />
Unserm Lande wurde die grosse Ehre<br />
zu teil, dass Herr Kündig (Genf), Präsident<br />
der Aspa, unter grossem Beifall einstimmig<br />
für dieses Amt gewählt wurde.<br />
Herr Kündig verdankte die ehrenvolle<br />
Wahl und versprach sein Bestes zu tun, um<br />
das gewünschte Ziel durch Zusammenarbeit<br />
der Delegierten verschiedener Länder und<br />
Sprachen zu erreichen. Er ergriff die Gelegenheit,<br />
um auf die grossen Schwierigkeiten<br />
aufmerksam zu machen, welche die Schweiz<br />
infolge ihrer speziellen Lage an den Landesgrenzen<br />
zu überwinden hat. Er gab der<br />
Hoffnung Ausdruck, dass die demnächst beginnenden<br />
Unterhandlungen mit unsererNachbar-Republik<br />
zu einer für beide Teile befriedigenden<br />
Lösung führen werde. Wie aus den<br />
Rapporten ersichtlich, zeigen sich bei andern<br />
Ländern ebenfalls Grenzschwierigkeiten,<br />
welche zu überwinden sind, neben der Frage<br />
der Triptyks für Lastwagen und der'Führerbewilligung.<br />
Das Kapitel Konkurrenz zwischen<br />
Eisenbahn und Auto werde umgetauft<br />
werden müssen in Zusammenarbeit der beiden<br />
Betriebsarten.<br />
Zur Seite des Präsidenten stellt Frankreich<br />
den ersten Vizepräsidenten, Holland<br />
den zweiten und Spanien den dritten. Ausserdem<br />
übernimmt Frankreich das Kassierwesen.<br />
Die Präsidentschaft wechselt jedes<br />
Jahr, sodass die verschiedenen Länder im<br />
Turnus den Präsidenten stellen werden. Als<br />
offizielle Sprachen für den Verkehr im Verband<br />
gelten: Französisch, Deutsch, Englisch<br />
und Spanisch. Es ist vorgesehen, dass jedes<br />
Land wenigstens einen Delegierten besitzt und<br />
weitere je nach der Mitgliederzahl der Verbände.<br />
Das Bureau ist beauftragt, sofort die<br />
Statuten zu entwerfen und auf kürzestem<br />
Wege die notwendige Organisation der internationalen<br />
Vereinigung durchzuführen. Ueber<br />
die einzelnen Programmpunkte wurde<br />
auf Antrag des jeweiligen Referenten Resolutionen<br />
gefasst, welche später mit den Sitzungspfotokollen<br />
publiziert werden.<br />
Ein gemeinsames Bankett vereinigte nochmals-<br />
die Delegierten vor ihrer Abreise und<br />
es kam allgemein zum Ausdruck, dass der<br />
Gedankenaustausch und die internationale<br />
Zusammenarbeit für die Besitzer von Lastwagen<br />
in den verschiedenen Ländern und<br />
speziell in den Grenzgebieten von grossem<br />
Vorteil sein wird. H.<br />
SPOItTLIC<br />
Die Forme! für den Grand Prix des A.Cr.<br />
1930 bleibt nach einem Beschluss der Sportkommission<br />
des Automobilclubs von Frankreich<br />
in ihren Grundzügen gleich wie <strong>1929</strong>,<br />
d. h. eine Verbrauchsformel, die für 100 km<br />
ein Brennstoffmenge von 14 kg vorsieht. Die<br />
Mischung des Brennstoffes soll zu 70 Teilen<br />
aus Touren-Benzin und zu 30 Teilen aus<br />
Benzol bestehen. Um den Fahrern das Training<br />
zu erfeichtern, wird die Zusammensetzung<br />
der Benzolmenge, die für das Rennen<br />
ausgeteilt wird, genau bekanntgegeben werden.<br />
Das Minimalgewicht ist pro Wagen auf<br />
900 kg festgesetzt, das obligatorische Reserverad<br />
inbegriffen. Die zweiplätzige Karosserie<br />
soll auf Sitzhöhe mindestens einen Meter<br />
breit sein, bei einer Höhe von minimum<br />
25 cm. Das neue Reglement kommt demnächst<br />
heraus<br />
Um das zukünftige<br />
Automobilgesetz.<br />
Zwei Stellungnahmen.<br />
Das Komitee der Strassenverkehrsliga nahm in<br />
seiner Sitzung vom letzten Freitag in Bern Stellung<br />
zu dem Bericht der aus den Herren Dr. v. Stürler,<br />
Monteil und Dr. Guhler bestehenden Sonderkommission.<br />
die mit der Beantwortung des Fragebogens<br />
von Bundesrat Häberlin betraut worden war. Die<br />
vorliegende Arbeit wächst weit über eine formelle<br />
Antwort hinaus und stellt in ihrer Art einen Gesetzesentwurf<br />
für sich dar. Wir werden auf den<br />
Entwurf der Spesialkommission. zu dem die Generalversammlung<br />
am 18. Dezember in Bern Stellung<br />
nehmen wird, auf Grund des Vortrages von Herrn<br />
Dr. v. Stürler im Schosse der Sektion Bern des<br />
A. C. S. in der nächsten Nummer eingehend zurückkommen.<br />
Der Touringclub, ,<br />
welcher, ohne der Strassenverkehrsliga bis zur<br />
Stunde seine Demission eingereicht zu haben, die<br />
Beantwortung des bundesrätlichen Fragebogens als<br />
seine private Angelegenheit betrachtet, hat durch<br />
sein Generalsekretariat einen Entwurf ausarbeiten<br />
lassen, der allen Sektionen zur Begutachtung und<br />
Ergänzung zugesandt worden ist. Während die<br />
Antworten der westschweizerischen Sektionen in<br />
Genf bereits vorliegen, wird die an der Zusammenkunft<br />
der deutschschweizerischen Sektionen vom 17.<br />
November ausgearbeitete Kollektivantwort am 10.<br />
Dezember in Genf eintreffen. Der Verwaltungsrat<br />
des T. C. S. will die definitive Antwort am 21. Dezember<br />
unterzeichnen und dem Bundesrate zukommen<br />
lassen.<br />
•+•<br />
Der Diskussionsabend der Zürcher<br />
Abstinentenverbände in Zürich<br />
über die Frage der alkoholisierten Autolenker und<br />
ihre Gefahr für den Strassenverkehr. war eine unmittelbare<br />
Folge der beiden Verkehrsunfälle, welche<br />
sich in Zürich vor ca. 10 Tagen ereigneten und die<br />
auch in weiten Automobilistenkreisen schärfste<br />
Verurteilung finden. So fanden sich denn zu dieser<br />
Kundgebung nicht nur überzeugte Abstinenten,<br />
sondern auch zahlreiche Automobilisten ein, welche<br />
das Problem ebenso interessiert, wenn auch nicht<br />
im nämlichen ideologischen Zusammenhang wie die<br />
ersteren. deren Propaganda jede Forin des Alkoholkonsums<br />
bekämpft.<br />
Die Bedenken der Automobilisten, es handle sich<br />
um eine ganz einseitige Stellungnahme der Abstinenz,<br />
wurden gleich durch das Eröffnungsvotum<br />
des Tagespräsidenten zerstreut, der erklärte, dass<br />
es sich um eine sachliche Kundgebung handeln<br />
solle, welche nicht verallgemeinern wolle undvaucb<br />
nicht gegen den Automobilisten; sondern-gegen den<br />
Alkohol Stellung nehme. Es gelte vorab durch die<br />
Versammlung die Behörden auf die Bewegung im<br />
Volke aufmerksam zu machen und sie daran zu erinnern,<br />
dass schon in den heutigen gesetzlichen Bestimmungen<br />
die Grundlagen vorhanden sind, um<br />
Fahrzeuglenkex, welche durch übermässigen Alkoholgenuss<br />
ein Unglück heraufbeschwören, entsprechend<br />
zur Rechenschaft zu ziehen und damit der<br />
zunehmenden Gefährdung des Strassenverkehrs<br />
durch alkoholisierte Fahrer Einhalt zu tun.<br />
In Herrn Ing. Schwarz. Chef der kantonalen<br />
Automobilkontrolle, fanden die Veranstalter einen<br />
berufenen Referenten, der aus einer 25jährigen Erfahrung<br />
heraus über die Rolle des Alkohols in Verkehrsunfällen<br />
berichten konnte und seine Ausführungen<br />
durch eine Reihe von instruktiven Beispielen<br />
illustrierte. Die nachteilige Wirkung des Alkohols<br />
auf den Fahrer beginnt nicht erst im Stadium der<br />
eigentlichen Trunkenheit, sondern sie äussert sich<br />
— und das ist viel gefährlicher — schon nach dem<br />
Konsum geringerer Mengen. -Je nach der Konstitution<br />
und Gewöhnung einer Person, wird die<br />
Fahrtüchtigkeit kürzere oder längere Zeit nach jedem<br />
Alkoholgenuss ungünstig beeinflusst. Der<br />
schwer Betrunkene kommt für die Lenkung eines<br />
Wagens in der Regel nicht mehr in Frage oder wird<br />
daran gehindert, so dass er als Gefahrenmoment eigentlich<br />
ausscheidet. Dagegen zeigen sich bei den<br />
verschiedenen Stadien von der durch Alkohol angeregten<br />
Fröhlichkeit bis zum eigentlichen Rausche<br />
die verminderten Fahreigenschaften in mancherlei<br />
Formen. Erhöhte Sorglosigkeit, herabgesetzte geistige<br />
Frische, Gedankenlosigkeit und Unaufmerksamkeit,<br />
Verkennung von Gefahren, verminderte<br />
Reaktionsfähigkeit wirken auf den Fahrer ein. ohne<br />
dass immer rein äusserlich auch eine Veränderung<br />
bei diesem festzustellen wäre. Wie sehr eine geschwächte<br />
Reaktionsmöglichkeit die Unfallgefahr<br />
erhöht, ist wohl leicht zu erkennen, wenn bedacht<br />
wird, dass bei einem Stundenmittel von 30 km 8 m<br />
und bei e'nem Tempo von 50 km schon 13 m zurückgelegt<br />
werden, bis narr die Reaktion erfolgt, auf<br />
Grund welcher erst der gefasste Entsehluss ausgeführt<br />
wird.<br />
Trotzdem der Vortragende die eminente Gefahr<br />
des Alkohols für den Automobilisten vollkommen<br />
würdigt, so hält er doch die in der Tagespresse erhobene<br />
Forderung nach einem Alkoholverbot für<br />
Fahrzeuglenker als undurchführbar und als viel<br />
zu weit gehend. Es böte überdies absolut keine Gewähr<br />
für eine Verminderung deT Stra6senunfälle,<br />
zeigen doch die hohen Unfallziffern des trockengelegten<br />
Amerika, wie eben trotz jedem Alkoholverbot<br />
immer wieder getrunken wird. Es gibt aber andere<br />
und ebenso wirksame Mittel, die den Behörden<br />
übrigens bereits zur Verfügung stehen. Wenn die<br />
Verfehlung noch mit einer Busse wieder gut gemacht<br />
werden kann, dann soll diese wenigstens<br />
hoch genug angesetzt werden. Viel wirksamer und<br />
von den Fahrzeuglenkern gefürchtet ist der zeitweise<br />
oder vollständige Entzug der Fahrbewilligung.<br />
Er ist, richtig gehandhabt, ein ausgezeichnetes<br />
Erziehungsmittel. Freilich darf diese Strafe nicht<br />
nach ßchematischen Gesichtspunkten ausgefällt<br />
werden. Es muss immer in Berücksichigung fallen,<br />
welchen Leumund und Charakter der Fehlbare hat,<br />
ob er vorbestraft ist und einen Hang zum Trinken<br />
besitzt, ob er das Automobil für die Ausübung seines<br />
Berufes unbedingt benötigt, oder ob der Wagen<br />
mehr der Bequemlichkeit halber benützt wird.<br />
Die schwurgerichtlichen Fehlurteile, welche gerade<br />
in Verkehrsangoiegenbeiten gefällt worden<br />
sind, sind kaum dazu angetan zur Lösung des<br />
Problems etwas beizutragen. Neben prinzipiellen<br />
Mängeln des schwurgerichtlichen Verfahrens sind<br />
die dem Volksempfinden keineswegs entsprechenden<br />
Urteile auf die lange Zeitdauer der Untersuchung<br />
zurückzuführen. Das subjektive Urteil<br />
wird durch die Zeit beeinflusst, und je mehr Distanz<br />
von dem Unfallereignis gewonnen wird, um<br />
so mehr schmilzt auch das Schuldgefühl, viel getrunken<br />
zu haben, zusammen. Anderseits ist aber<br />
auch darauf hinzuweisen, dass die Mehrzahl der<br />
Automobilisten im Genuss von Alkohol bei Fahrten<br />
immer massiger wird. Gerade die unseligen Ereignisse,<br />
welche von alkoholisierten Fahrern verursacht<br />
worden sind, haben die gewissenhaften Automobilisten<br />
bewogen, sich immer mehr zu enthalten,<br />
um ihren guten Ruf, ihre Position nicht zu<br />
gefährden. Die heutige Paxis des Entzuges der<br />
FshrbewUligung wird viel straffer gehandhabt, als<br />
gemeinhin angenommen wird. Im Jahre 1928<br />
wurde 227 Fahrern die Bewilligung auf verschiedene<br />
Zeitdauern entzogen, und zwar in 36 Fällen<br />
wegen übermässigem Alkoholgenuss. Bis dato wurden<br />
im Jahre <strong>1929</strong> 141 Entzüge beschlossen, von denen<br />
wiederum 36 im Alkohol ihren Ursprung haben.<br />
Durch alkoholisierte Ajitomobilisten wurden<br />
1928 acht Personen getötet, dieses Jahr ist glücklicherweise<br />
noch kein Todesopfer zu beklagen.<br />
(Diese Ergebnisse, die doch bei Berücksichtigung<br />
der ständigen Zunahme an verkehrsberechtigten<br />
Fahrzeugen und fahrberechtigten Führern, sicher<br />
eine relative Abnahme der durch Alkohol verschuldeten<br />
Unfälle ergibt, zeigt übrigens deutlich genug,<br />
wie wenig man die bedauerlichen Ereignisse der<br />
letzten Zeit zu einer Verallgemeinerung gegenüber<br />
den Automobilisten verwenden darf 1 Die Red.) Die<br />
von den Behörden gegenüber angeheiterten oder<br />
betrunkenen Führern zur Zeit angewendeten Strafmassnahmen<br />
sind nach der Auffassung des Referenten<br />
geeignet, den beabsichtigten Zweck zu erreichen.<br />
Es könnte vielleicht noch eine Verschärfung<br />
im Entzug der Bewilligungen eintreten. Mit diesen<br />
Massnahmen sind übrigens auch die Automobilverbände<br />
und alle verantwortungsbewussten Automobilisten<br />
bestimmt einig, und es ist dieser Auffassung<br />
bereits ja auch in der «A.-R.> Ausdruck verliehen<br />
worden.<br />
Wenn die Verkehrsverbände die Veranstaltung<br />
nicht offiziell unterstützten, so deshalb, weil sie einmal<br />
nicht Hand zu einer Verallgemeinerung von<br />
wenigen Einzelfällen bieten wollten. DJe Tatsache,<br />
dass der Diskussionsabend als Protestversammlung<br />
ausgeschrieben wurde, Hess nämlich kaum etwas<br />
anderes als eine einseitig orientierte Manifestation<br />
erwarten. Wir glauben aber auch zu wissen, dass<br />
gewisse Bedenken gegen die Wahl der Votantpn<br />
ebenfalls mitbestimmend waren und die dem Vortrag<br />
von Herrn Schwarz folgenden Voten von zwei<br />
Bezirksrichtern haben diese Bedenken leider auch<br />
gerechtfertigt. Herr Dr. Käppeli, der sich vorwiegend<br />
mit den technischen Fragen des polizeilichen<br />
Ermittlungsdienstes und dem Verhalten von Fussgängern<br />
und Fahrern nach einem Unfall befassto,<br />
plädierte sohlussendlich für eine Verschärfung des<br />
Führerexamens unter besonderer Berücksichtigung<br />
der allfällig vorliegenden körperlichen Gebrechen^<br />
Er glaubt zwar im Gegensatz zu seinem Kollegen.<br />
A. Wyss, dem zweiten Votanten, dass mit den bereits<br />
erwähnten Strafen auszukommen sei und es<br />
keiner neuen Bestimmungen in der Verkehrsgesetzgebung<br />
bedürfe, ist aber mit ihm in der Auffassung<br />
einig, das Bezirksgericht sei in seiner jetzigen<br />
Form ebenfalls nicht revisionsbedürftig, auf allo<br />
Fälle könne von der Bildung einer besonderen Abteilung<br />
für Verkehrssachen abgesehen werden. Die<br />
Begründung mangelte aber jeglicher Ueberzeujrungskraft,<br />
stützte sie sich doch einzig auf die Behauptung,<br />
dass das jetzige Richterkollegium 6chon so<br />
viele Verkehrsunfälle abgeurteilt habe, dass die notwendige<br />
Erfahrung nun vorliege und bei ganz komplizerten<br />
Fällen ständen ja immer gewiegte Fachexperten<br />
zur Verfügung. Zudem sei eine Spezialisierung<br />
auch aus rein<br />
sehr schwierig.<br />
administrativen Gründen<br />
Geradezu bedenklich aber war das Argument<br />
von Herrn Bezirksrichter Wyss gegen die Bildung<br />
eines Spezialgericbtes. indem er nämlich erklärte,<br />
die Automobilisten hätten es ja selbst in der Hand,<br />
die heutige Arbeitsüberlastung der ordentlichen Abteilungen<br />
des Bezirksgerichtes zu beheben : sie sollen<br />
nur vorsichtiger fahren und weniger Unfälle<br />
verursachen! Als ob der Automobilist einzig und<br />
allein für alle Unfallereignisse verantwortlich sei<br />
und es nur von seinem guten Willen, sofern dieser<br />
überhaupt vorhanden sei, abhänge, die Unfallkurvo<br />
mit einem Schlage auf den Nullpunkt hinunterzudrücken<br />
! Die dringende Notwendigkeit der Schaffung<br />
von Sondergerichten mit dem nötigen Verständnis<br />
für den modernen Verkehr hätte nicht<br />
drastischer illustriert werden können, als durch<br />
diese magere Argumentation von Vertretern des<br />
Bezirksgerichtes. Von den politisch etwas angefärbten<br />
Ausfällen des Herrn Wyss gegen die Automobilisten,<br />
die er vorzugsweise als Schlemmer und Veranstalter<br />
von « Porzellanfahrten » hinstellte, abgesehen,<br />
können sich die Verkehrsinteressenten sicherlich<br />
mit den von ihm weiterhin vertretenen<br />
Forderungen nach Einführung einer allgemeinen<br />
Polizeistunde, eventuell mit früherem Wirtschaftsschluss,<br />
sowie nach einer raschern Durchberatnng<br />
und Genehmigung eines eidg. Verkehrsgesetzes einverstanden<br />
erklären. Sonderbar mutet dann allerdings<br />
sein Postulat an. die Maximalgeschwindigkeiten<br />
hinunterzusetzen, denn mit dieser Massnahme,<br />
die in vielen anderen Beziehungen sich geradezu<br />
katastrophal auswirken müsste. böte doch<br />
bestimmt kaum eine Gewähr für eine Verringerung<br />
der durch Alkohol bedingten Unfälle.<br />
Es war geradezu erlösend, dass die noch folgenden<br />
Beiträge zur Diskussion, obwohl sie ausschliesslioh<br />
aus dein Lager der Abstinenten kamen, nicht<br />
diese nämliche Einseitigkeit und rückschrittliche<br />
Einstellung in Verkehrsangelegenheiten zeitigen!<br />
Welch eigenartige Auffassungen Herr Wyss auch<br />
sonst noch vertrat, möge die Tatsache illustrieren,<br />
dass er gegen die Fehlurteile des Schwurgerichtes<br />
in Verkehrssachen mit der Drohung aufrückte, das<br />
Volk könnte sich vielleicht einmal über den Entscheid<br />
der Geschworenen hinwegsetzen und sich<br />
zum Volksgerioht zusammenschliessen !<br />
Der Diskussionsabend fand seinen Niederschlag<br />
in einer ohne Opposition gefassten Resolution folgenden<br />
Inhalts, der auch die Automobilisten nichts<br />
entgegenzuhalten haben, solange nicht die wenigen<br />
Einzelfälle nun zu einer verallgemeinernden Propaganda<br />
ausgewertet werden sollen:<br />
«Die Versammlung erwartet mit aller<br />
Bestimmtheit, dass alkoholisierte Automobilführer<br />
im Rahmen der bestehenden gesetzlichen<br />
Vorschriften von den zuständigen Behörden aufs<br />
schärfste angepackt werden. Die Versammlung fordert<br />
vom Kantonsrat die rasche Revision des kantonalen<br />
Wirtschaftsgesetzes, vom Bundesrat den<br />
unverzüglichen Abschluss der Vorarbeiten über das<br />
eidgenössische Automobügesetz und dessen Behandlung<br />
in den eidgenössischen Räten noch im Jahre»<br />
1930. Sie verlangt, dass auf Grund des eidgenössischen<br />
Automobilgesetzes demjenigen Automobilführer.<br />
der in angetrunkenem Zustande Schaden<br />
anrichtet, abgesehen von dessen Bestrafung, die<br />
Fahrbewilligung auf die Dauer mindestens eines<br />
Jahres entzogen werden, und dass berauschte Automobilfahrer<br />
aus dem Verkehr ausgeschieden werden.<br />
Die Versammlung nimmt Kenntnis davon, dass<br />
sich schon im September <strong>1929</strong> unter dem Vorsitz<br />
Dr. Hercods in Lausanne ein Ausschuss gebildet<br />
hat, um die Gesetzgebung, insbesondere dae eidgenössische<br />
Automobilgesetz, im alkoholgegnerischen<br />
Sinne zu beeinflussen. Sie leiht allen Revisionsbestrebungen,<br />
welche die Bekämpfung des Alkoholismus<br />
fördern, ihre volle Unterstützung und erwartet<br />
endlich, dass an der Verwirklichung der obgenannten<br />
Postulate auch die Automobilverbände<br />
sowie die Versicherungsgesellschaften tatkräftig<br />
mitwirken.»