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E_1930_Zeitung_Nr.087

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Bern, Dienstag 14. Oktober <strong>1930</strong> III. Blatt der „Automobil-Revue" No. 87<br />

Interview mit Henry Ford<br />

Mit den jugendlich federnden Schritten des<br />

erfolgreichen amerikaAischen Geschäftsmannes,<br />

unterstützt von den noch immer leuchtenden<br />

Augen des genialen Erfinders, schritt<br />

Henry Ford durch eine der Hauptstrassen<br />

des Oktoberfestes in München. Und hinter<br />

ihm schlich ein Reporter der «Münchener<br />

T. Z.», der Ford zu einem Interview wünschte.<br />

Die eben erwähnten Augen streiften nur<br />

flüchtig die Bierhallen, von denen er wenig<br />

hielt, denn der erfolgreiche amerikanische<br />

Geschäftsmann in ihm hatte klar erkannt,<br />

dass jede Mark, die für Alkohol — mit jenem<br />

chemischen Wort bezeichnet man drüben<br />

das Bier — verausgabt wird, zur Anschaffung<br />

eines Autos unbrauchbar geworden ist,<br />

und somit jeder Masskrug ein Hindernis für<br />

die Ausbreitung der amerikanischen Autotnobilindustrie,<br />

was gleichbedeutend mit Fortschritt<br />

der Menschheit ist, bedeutet.<br />

Mit oben genannten federnden Schritten<br />

wandte sich Henry Ford einem Luftkarussel<br />

zu, Hess niemanden seine Jahre merken und<br />

schwang sich in den hinteren Sitz. Sein Sekretär,<br />

der mit Recht vermutete, dass Herr<br />

Ford jetzt etwas Wichtiges zu diktieren halien<br />

würde, wollte den vorderen Platz besetzen.<br />

Ich — so der Reporter — schob ihn beiseite<br />

und so gelang es mir, an seiner Stelle<br />

den Platz Ford gegenüber einzunehmen. Für<br />

kühne Entschlossenheit haben alle Automotrilkönige<br />

stets Verständnis gezeigt, haben ja<br />

alle mal klein angefangen, <strong>Zeitung</strong>en ausgerufen<br />

oder Teller gewaschen. Also ruhte auch<br />

"wohlgefällig des grossen Mannes Auge auf<br />

mir und er sagte vorschriftsmässig: «Was<br />

kann ich für Sie tun?»<br />

Ich bin in der Führung amerikanischer Gespräche<br />

durch die Lektüre von Karl Mays<br />

Winnetou einigermassen erfahren und sagte<br />

'deshalb : «Hailoh, old boy!» was auf deutsch<br />

heisst: «Juchhe, alter'Knabe!» Henry Ford<br />

hatte mich sofort verstanden und erklärte :<br />

« München ist die schönste Stadt der Welt.<br />

Es hat mir hier ausnehmend gut gefallen und<br />

ich bedaure, dass ich hier nicht immer wohnen<br />

kann. Kurz und gut, schreiben Sie dasselbe,<br />

was Charly Chaplin, Douglas Fairbanks,<br />

Greta Garbo und die anderen Grossen<br />

der Menschheit jedesmal von jeder Stadt behaupten,<br />

das freut die Leute immer.»<br />

« Allright», sagte ich gewandt. Wir flogen<br />

gerade waagrecht. Henry Ford, der Automobilkönig,<br />

war so recht in seinem Element, und<br />

Freund Clochinet<br />

Frau und Herr Parlavin machten eine<br />

Reise rund um Frankreich im Automobil,<br />

Sie beeilten sich aber gar nicht. Beide<br />

waren über die Vierzig bereits hinaus,<br />

ziemlich beleibt, ziemlich asthmatisch und<br />

ziemlich träge. Sie waren auch bereits<br />

zufrieden, wenn sie täglich ungefähr<br />

30 Kilometer zurücklegten. Sie fuhren<br />

vorsichtig und andächtig, ohne in der<br />

Landschaft weiter Umschau zu halten.<br />

Sobald sie sich an einem schönen Orte einfanden,<br />

sogte Frau Parlavin lakonisch:<br />

«Hier ist es gar nicht hässlich...»<br />

«Hm... nein, gar nicht, gar nicht...»<br />

entgegnete Herr Parlavin. «Wir werden<br />

uns eine Ansichtskarte mit diesem Anblick<br />

suchen müssen.»<br />

In jedem Städtchen kauften sie sich<br />

Ansichtskarten. Das ersparte ihnen die<br />

Umschau während der Fahrt. Beide waren<br />

sehr auf eine gute Küche bedacht.<br />

Darüber hinaus war aber ihre wichtigste<br />

tägliche Sorge, ein bequemes Nachtlager<br />

und ein gutes und nicht teures Mittagessen<br />

zu finden.<br />

Wenn sie in die Stadt hineinfuhren,<br />

betrachtete Herr Parlavin eingehend alle<br />

mit der Bescheidenheit des wahrhaft bedeutenden<br />

Menschen sagte er leichthin : «Ich<br />

habe zu Hause auch so ein Fahrgeschäft. ><br />

« Oh, oh », sagte ich erschüttert ob solcher<br />

Zurückhaltung.<br />

«Sie haben recht», meinte da der bestbekannte<br />

Mann Amerikas, «wir sollten mehr<br />

Obst essen. Das laufende Band...»<br />

Jetzt würde etwas sehr Aufschlussreiches<br />

aus seinem Munde gekommen sein, aber da<br />

war die Fahrt und das Interview zu Ende.<br />

Federnden Schrittes und klaren Kopfes<br />

verschwand Henry Ford im Trubel der<br />

Menge.<br />

Gasthöfe, an denen sie vorbeikamen. Von<br />

Zeit zu Zeit sagte er zu seiner Gattin:<br />

«Hier sieht alles zu neu aus, aussen ist<br />

alles schick und drinnen vergiften sie<br />

sicher ihre Gäste...»<br />

Oder:<br />

«Hier ist es zu schmutzig. Schau doch,<br />

wie unsauber die Vorhänge sind. Ich<br />

stelle mir vor, wie es in der Küche aussehen<br />

muss.»<br />

Aber wenn ein kleines Provinzhotel das<br />

bescheidene und solide Aussehen eines<br />

Gasthofes aus der «guten alten Zeit»<br />

hatte, wenn irgendeine «goldene Gans»<br />

oder ein «schwarzer Schwan» mit ihren<br />

Flügeln über den vom Alter geschwärzten<br />

Mauern standen, geriet Herr Parlavin<br />

geradezu in Ekstase :<br />

«Hier wird uns wohl sein! Hier treffen<br />

wir auf ein ordentliches Lokal ohne neuzeitlichen<br />

Nepp. Du wirst sehen, wie sie<br />

uns hier bewirten werden. Das Wasser<br />

läuft mir bereits im Munde zusammen!»<br />

Frau Parlavin hatte sich ihrerseits eine<br />

witzige Methode den Gasthofbesitzern gegenüber<br />

ausgedacht. Wenn sie sich irgendwo<br />

aufhielten, rief sie den Wirt sofort<br />

zu sich und erklärte ihm mit ungemein-freundlichem<br />

Lächeln:<br />

«Ihr Hotel ist uns von Ihrem guten,<br />

alten Stammgast, Herrn Clochinet, empfohlen<br />

worden. Wir nehmen an, dass Sie<br />

ihm keine Schande machen und uns wie<br />

ihn persönlich aufnehmen werden.»<br />

Der Wirt fuhr sich über die Stirn und<br />

bemühte sich — vergeblich — sich an<br />

jenen Herrn Clochinet zu erinnern. Und<br />

da keiner zugeben wollte, dass er Herrn<br />

Clochinet nicht kenne, sagte sogar häufig<br />

dieser oder jener:<br />

«Ah, Herr Clochinet... Dieser grosse,<br />

starke, brünette Herr mit dem Bart?...»<br />

Oder:<br />

«Dieser hagere, blonde Herr mit dem<br />

kleinen Schnurrbärtchen und dem Zwikker?...»<br />

Frau Parlavin unterbrach ihn sofort:<br />

«Ganz recht, ja, ja! Derselbe... Unser<br />

alter Freund... Er hat uns Ihre Küche<br />

und den Keller ungemein gelobt... Billig<br />

und gut, vortrefflich...»<br />

Dem Wirt konnte es natürlich nur äusserst<br />

angenehm sein, dass sein Ruf so<br />

weite Kreise zog. Deshalb bemühte sich<br />

auch jeder, die Freunde seines «alten<br />

Stammgastes Clochinet» sowohl hinsichtlich<br />

der Qualität des Essens wie auch der<br />

keineswegs übermässigen Preise zufriedenzustellen.<br />

F E U I L L E T O N<br />

Die blaue Wand<br />

Von Richard Washbarn Child.<br />

Autorisierte Uebersetzung aus dem Amerikanischen<br />

von Lise Landau. (Engelhorns Romanbibliothek.)<br />

(Fortsetzung aus dem Hauptblatt.)<br />

Sein Besuch gab mir jedenfalls zu denken?<br />

nnd als ich am Abend bei Tische bediente,<br />

an Stelle des Hausmädchens, das seinen Ausgang<br />

hatte, da stiegen zum erstenmal so etwas<br />

wie Zweifel gegen meine Herrin in mir<br />

auf. Sie war mir immer wie ein Engel vom<br />

Himmel erschienen; und als ich da hinter<br />

ihrem Stuhl stand und auf die schönen Schultern,<br />

auf die weissen Arme und auf ihr<br />

schimmerndes, volles Harr herabblickte, da<br />

wollte es mir nicht in den Sinn, dass sie irgend<br />

welche Heimlichkeiten hatte, die sie bisher<br />

mit Schlangenschlauheit vor ihrem Manne<br />

verborgen gehalten hatte. Er tat mir leid.<br />

Und in dem Augenblick, da ich zum erstenmal<br />

an ihr zweifelte, stieg ein Mitgefühl für<br />

ihn in mir auf. Ich war bereit zu vergessen<br />

— entschuldigen Sie — dass ich ihn und seine<br />

kalte Art und Weise nie gemocht hatte, bereit,<br />

ihm zu vergeben, dass er mich einst mit<br />

rauhen Händen angepackt hatte. Meine<br />

Herrin hatte es nicht für gut befunden, mir<br />

etwas anzuvertrauen und hatte sich so misstrauisch<br />

gegen mich gezeigt, als hielte sie<br />

mich für fähig, ihr was Schlechtes anzutun.<br />

Sie hatte meine Fragen überhört und mich in<br />

meine Schranken zurückgewiesen. Ich denke,<br />

es war bloss menschlich, dass sich mein Mitgefühl<br />

von ihr abwandte und sich mit dem<br />

Manne zu beschäftigen begann, der ihr am<br />

Tische gegenübersass, ohne eine Ahnung von<br />

den sonderbaren und vielleicht furchtbaren<br />

Dingen, die drohend über seinem Heim<br />

schwebten. Immer gleich freundlich und geduldig<br />

war er, und auch, das darf ich wohl<br />

sagen, — bitte zu verzeihen! auch ohne eine<br />

Spur von Schuld.<br />

Und während ich da ab und zu ging, fasste<br />

ich den Entschluss, meinem Herrn alles zu<br />

sagen,, was mir selbst bekannt war. Es schien<br />

mir der beste und sicherste Plan; ich hätte<br />

ihn ausgeführt, wenn Mr. Estabrook einen<br />

Tag länger im Hause geblieben wäre<br />

Ich begriff nicht, weshalb er ging.<br />

Mrs. Estabrook hatte mir nur gesagt, sie<br />

hätte ihn gebeten fortzugehen, und er sei gegangen.<br />

Die Wohnungstür hatte sich an jenem<br />

Morgen kaum hinter ihm geschlossen,<br />

als sie ihr Zimmer aufriegelte und mich hin-<br />

DER PLAKATMANN<br />

macht sich so seine Gedanken: Wieder klebt ein<br />

neues Plakat und zwingt jedermann, daran zu denken,<br />

dass nun der Herbst mit Nebel, kaltem Wind<br />

und Wetter da ist. Sogar mich fängt es zu frieren<br />

an, der ich doch gar nicht empfindlich bin....<br />

Es wird schon richtig sein, wenn PKZ durch sein<br />

Plakat sagt: Es wird kälter, kleide dich wärmer!<br />

PKZ-Vesfon-Anzöge. Fr,60-70-bis 190-<br />

PKZ-Misaison-Mäntel Fr. 58.- bis 190.-<br />

PKZ-Wintermäntel . Fr.60-70- bis 190-<br />

BURGER-KEHL&CO<br />

Basel, Bern, Blei, Davos-Platz, Geneve,<br />

Lausanne, Lugano, Luzern, Neuchätel,<br />

St. Gallen, Winterthur, Zürich 1 u. Zürich 4<br />

emnef. Nie im-Leben werde ich den Anblick<br />

ihres Gesichts vergessen, wie es in dem<br />

Augenblick aussah. Sie sass in dem grossen<br />

Lehnstuhl, der mit dem bunten Cretonne bezogen<br />

ist, und ihr Gesicht war so weiss wie<br />

eine frisch gewaschene Serviette. Es war so<br />

weiss, dass es nicht lebendig aussah, sondern<br />

eher wie das Gesicht einer Erscheinung, die<br />

auf einen Augenblick kommt, verweilt und<br />

beim kleinsten Luftzug wieder verschwindet.<br />

Ihre Hände lagen auf den Armlehnen, gerad<br />

wie die Hände der ägyptischen Könige aus<br />

Alabaster, die man in den Museen zu sehen<br />

bekommt. Sie hätte die Königin eines grossen<br />

Reiches aus dem Altertum sein können,<br />

gerad als ob sie eben von den Fenstern ihres<br />

Palastes auf das Dröhnen der Schlacht gehört<br />

und den Rückzug ihrer Truppen gesehen und<br />

sich einen kleinen feinen Dolch in die Brust<br />

gestossen hätte, damit man sie nicht lebendig<br />

gefangen nimmt. Sie sah so schön aus, dass<br />

es mir ins Herz schnitt — so schön und so<br />

furchtbar!<br />

«Margaret!» sagte sie langsam und schwer<br />

zu mir, «Margaret!»<br />

«Mein kleines Mädchen!» schrie ich auf, all<br />

die vergangenen Jahre vergessend. Und ich<br />

fiel neben ihr auf die Kniee.<br />

«Still! Still!» sagte sie, «ich brauche deine<br />

Hilfe. Es ist eine verzweifelte Sache. Aber<br />

du musst ruhig bleiben.»<br />

«Was soll ich tun?» fragte ich.<br />

«Was ich dir sagen werde,» antwortete sie,<br />

ihre Augen fest auf mich gerichtet. «Schicke<br />

all die andern aus dem Haus — aber, ehe sie<br />

gehen, sollen sie mir das Zimmer hier ausräumen<br />

— alle Möbel und Teppiche und Bilder.<br />

Die Jalousieen sollen überall heruntergelassen<br />

werden und die Türen verriegelt.<br />

Drei Wochen lang soll mir niemand über die<br />

Schwelle kommen. Die ganze Zeit über sollst<br />

du hier bleiben — in diesem Hause. Mein<br />

Mann wird während der Zeit nicht zurückkommen,<br />

und allen andern sollst du sagen,<br />

dass er fort ist und dass ich auch fort bin —<br />

oder krank — oder, was dir sonst am besten<br />

scheint. Du sollst niemals an meine verschlossene<br />

Tür kommen, wenn ich nicht nach<br />

dir rufe.»<br />

«Aber, Mrs. Estabrook! rief ich mit zitternden<br />

Lippen.<br />

«Warte,» sagte sie und in ihren Augen war<br />

ein Blick, der mir wie ein Messer durch und<br />

durch ging. «Komm jeden Morgen an meine<br />

Tür. Bringe mir ein Glas Milch. Klopf an.<br />

Wenn ich nicht antworte, lass die Tür aufbrechen!<br />

Das ist alles! Hast du verstanden?»

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