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E_1933_Zeitung_Nr.002

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Bern, Freitag, 6. Janaar <strong>1933</strong> IIL Blatt der „Automobil-Revue " No. 2<br />

Frühe Ahnung im Januar<br />

K. K. Die Landschaft ist in zarten Pastellfarben<br />

auf die Fläche gekreidet. Der<br />

Himmel ist wolkenlos und nur sanft schraffiert<br />

von mullartigen Streifen. Die Sonne<br />

glüht ein elektrisches Weiss, sehr geladen,<br />

und steht in der stillen Luft scharfrandig<br />

wie eine Diskusscheibe. Die Landschaft ist<br />

vollkommen eben.<br />

Augenblicklich bewegt sich nichts ausser<br />

meinem Fahrrad. Die Gummireifen zischen<br />

monoton im pulverisierten Staub, und die<br />

6tricknadelblanken Speichen des Vorderrades<br />

verwischen sich im Schwung zu einem<br />

funkelnden Rundspiegel. Die Strasse<br />

streckt sich noch sehr weit sichtbar hin, bevor<br />

sie in sanfter Schwenkung den Wald<br />

erreicht, der sie aufnimmt.<br />

Immer kommen Bäume, links und rechts.<br />

Wie Spaliere. Hohe Kastaniengerüste mit<br />

vergabelten Ast-Arabesken, nackt und<br />

schwarz.<br />

Eine linde Verzückung wärmt mir das<br />

Blut. Ich ziehe ein paar schaukelnde<br />

Schleifen mit meinem Rad. Ich denke an<br />

Gott Meine Bogen und Kreise, die ich<br />

schwinge und runde, sind wie Anschriften<br />

p.n ihn. Schmucklos wie erste Griffelzeichen<br />

eines Kindes, aber voll Innigkeit.<br />

Ich steige vom Rad, lege es in den Strasaengraben<br />

und lehne mich an einen grossen<br />

Kilometerstein, nahe am Walde.<br />

Am hellen Horizont stemmt sich breiteaulig<br />

ein Fabrikkamin empor. Alle Landschaft<br />

flieht darauf zu. Es ist wie die Achse,<br />

'um die sie schwingt. Auf der nackten Fläche,<br />

aus der kalten Felderplatte reckt sich<br />

fleischig und leiberhaft warm der Turm.<br />

Auf den Feldern vor mir spriesst Wintersaat<br />

Die kleinen Halmbüschel stehen<br />

gTadlinig in maschenartig aneinandergereihten<br />

Furchen wie grüne Springbrunnen<br />

in Miniatur.<br />

Stille. Tiefe, tiefe Stille. Der Wald bleicht<br />

wie ein verschiessender Fuchspelz, rötlich,<br />

mit einer Neigung zu Violett Hier und da<br />

Ist seine fahle Front kupfern gefleckt von<br />

sahen Eichenblätter-Komplexen, die metallisch<br />

vertrocknet sind.<br />

Vom Walde her erschüttert ein Brummen<br />

die glasige Luft Dann rollt auf der<br />

perlgrauen Strassenschwenkung ein dunkles<br />

Auto in gelenkiger Kurve heran. Es<br />

glänzt wie der Rücken eines reinlichen Käfers.<br />

Und wie es heranbraust und die Luft<br />

um mich her in scharfkantige Scheiben zerjplittert,<br />

trocknet Fernendurst meine Seele,<br />

schwingen tausend Strassenspiralen der<br />

Wanderlust wie Saturnringe um mein<br />

klopfendes Herz.<br />

Das Auto ist vorüber. Die Sonne kulminiert<br />

So hell ist die Mittagsluft, dass die<br />

gelbroten Mauersteine des Kamins einzeln<br />

«l sehen sind. Die Felder fliessen silbern<br />

ineinander. Nur die nahen Streifen sind<br />

braune Schokoladentafeln mit eingesprenkelten<br />

Pfützen.<br />

Die Sonne glüht noch weisseres Weiss.<br />

Die Landschaft gerät in einen Spannungaxnstand.<br />

Elektrische Schwaden flirren<br />

über ihre versilberte Flächenplatte. Innen<br />

geht ein Sturm durch die Erde.<br />

Plötzlich hebt mir ein graubemantelter<br />

Kerl von hinten den Hut hoch.<br />

«Holla, Kamerad! — Nun, wie?» lacht er<br />

und zieht die Hände aus den Taschen, um<br />

sie zu massieren.<br />

Dem in Nr. 104 des « Autler-Feierabend » besprochenen<br />

ausgezeichneten Werke «Alfred<br />

Wegeners letzte Grönlandtahrt» entnehmen<br />

wir mit freundlicher Erlaubnis des F. A.<br />

Brockhaus-Verlages, Leipzig, den folgenden Abschnitt,<br />

der zeigt, mit welchen Schwierigkeiten<br />

die deutschen Nordpolforscher zu kämpfen hatten:<br />

Nachdem wir in unserem Propellerschlitten<br />

« Eisbär » mehrere Stunden gefahren<br />

waren, kehrten wir um und versuchten<br />

auf gut Glück, wenigstens wieder<br />

unser Zelt beim Depot < Start > zu erreichen.<br />

Allerdings waren die Aussichten dazu<br />

bei diesem Wetter nicht gerade glänzend,<br />

zumal wir keine Ahnung hatten,<br />

wo wir bei der Umkehr waren. Wir vertrauten<br />

wieder unserm Kompass und.<br />

steuerten danach heimwärts. Trotz der<br />

gänzlich fehlenden Sicht stiessen wir<br />

nach einigen Irrfahrten wieder auf unser<br />

Zelt.<br />

Damit war unser erster Ausflug beendet.<br />

Unsere gesamte Last hatten wir wieder<br />

zurückgebracht. Ausser dem Verlust<br />

verschiedener Kannen Benzin, die wir auf<br />

unserer Fahrt verbraucht hatten, und<br />

ausser einigen weiteren unsere Begeisterung<br />

dämpfenden Erfahrungen hatten wir<br />

nichts zu buchen.<br />

Am 2. September klart« das Wetter auf.<br />

Sofort machten wir einen Vorstoss, um<br />

den Anschluss an die Route bei km 25 zu<br />

finden. Mit unserem zweiten Motorschlitten<br />

«Schneespatz» fuhren Wegener, Kelbl,<br />

Kraus und ich los. Wegener stand im<br />

Lastraum und peilte nach den Bandbergen<br />

die Richtung. Es wurde ein wundervolles<br />

Erlebnis. Eine weiche Schneedecke<br />

lag jetzt auf dem Inlandeis, so dass der<br />

Schlitten wie auf Daunen daherschaukelte.<br />

Die ausgezeichnete Sieht Hess uns<br />

das Depot bei km 25 und damit den Anschluss<br />

an den markierten Weg finden.<br />

Mit Hilfe eines dort schnell aufgegriffenen<br />

Paketes mit Fahnen steckten wir auf<br />

der Rückfahrt den Weg bis zu unserem<br />

Zelt aus.<br />

So kurz die Fahrt auch war, ihr Eindruck<br />

auf uns war überwältigend. Nun<br />

wussten wir, wie es ging, wenn Petrus<br />

wollte! Klare Sicht, kein Gegenwind und<br />

gute Bahn, Herz, was begehrst du mehr!!<br />

Selbst die Steigungen hatten uns nichts<br />

anhaben können, unsere Schlitten nahmen<br />

sie mit Schwung.<br />

Unsere Freude sollte aber nicht lange<br />

dauern. Schon am selben Abend tobte<br />

wieder der Sturm über das Inlandeis;<br />

übermannshohes Schneefegen Hess uns<br />

«Schon auf den Sohlen?» frage ich erstaunt<br />

den Landstreicher.<br />

Er kneift ein Auge zu und deutet südwärts:<br />

«Luzern-Gotthard-Lugano-Tessin!»<br />

Und unterirdisch geht wieder der Sturm<br />

durch die Erde.<br />

Im Motorschlitten durch Grönland<br />

Von Kurt Schif.<br />

nicht mehr die Hand vor den Augen<br />

sehen.<br />

Der Versuch, am nächsten Tag trotz dieses<br />

fürchterlichen Wetters eine Fahrt mit<br />

Last auszuführen, scheiterte. Nach wenigen<br />

Kilometern blieb der « Schneespatz »<br />

am Hange stecken und konnte nur mit<br />

Mühe wieder flottgemacht werden.<br />

Endlich, am 5. September, glückte die<br />

erste grössere Reise. Zwar waren die<br />

Wetter Verhältnisse immer noch reichlich<br />

schlecht— wir hatten wieder Gegenwind<br />

und Schneefegen —, aber wir kamen wenigstens<br />

vorwärts. Bei 50 km Randabstand<br />

krebsten wir die Hänge im Fussgängertempo,<br />

immer « kreuzend », hoch. Das andauernde<br />

Schneefegen, das mit dem Gegenwind<br />

unmittelbar auf uns zukam, gab<br />

dem Inlandeis den Anschein, als ob dessen<br />

Oberfläche in rasender Bewegung<br />

wäre, und täuschte uns in der Führerkabine<br />

eine « Affenfahrt » »der Schlitten<br />

vor. Wir schwammen förmlich in dem<br />

weissen Chaos, aus dem von Zeit zu Zeit<br />

die schwarzen Fähnchen der Wegmarkierung<br />

auftauchten und wieder verschwanden.<br />

Da wir weder Himmel noch Boden<br />

sahen, merkten wir nur an den Stössen,<br />

die wir beim Ueberfahren der harten<br />

Schneewehen bekamen, dass wir auf dem<br />

Boden fuhren.<br />

Von km 50 ab wurde es besser. Das Gelände<br />

wurde flacher, so dass wir geradeaus<br />

Richtung Osten fahren konnten. Nach<br />

sechseinhalb Stunden Fahrzeit war unser<br />

Benzintank leer. Wir waren bei km 85 angekommen.<br />

Dort deponierten wir unsere<br />

Last, die hauptsächlich aus Benzin bestand,<br />

tankten von unserem Vorrat und<br />

traten wieder die Heimreise an. Mit leeren<br />

Schlitten, den Wind im Rücken und<br />

bergab hatten wir leichte Fahrt. Leider<br />

konnten wir diese günstigen Verhältnisse<br />

nicht so ausnutzen, wie wir es gewünscht<br />

hätten, da die Unebenheiten des Geländes<br />

so gross waren, dass im allgemeinen nicht<br />

mehr als 30 > Kilometer Stundengeschwindigkeit<br />

gefahren werden konnte. Bei höheren<br />

Geschwindigkeiten bestand die Gefahr,<br />

dass das Fahrwerk der Schlitten zu<br />

Bruch ging. Nach einer herrlichen dreieinhalbstündigen<br />

Fahrt erreichten wir am<br />

selben Abend wieder unser Zelt beim Depot<br />

« Start».<br />

Die Erfahrungen, die wir auf dieser<br />

Reise gesammelt hatten, waren ausschlaggebend<br />

bei der Einteilung unseres Fahrtprogramms.<br />

Abgesehen davon, dass das<br />

Wetter der vorgeschrittenen Jahreszeit<br />

entsprechend bereits grosse Schwierigkeiten<br />

mit sich brachte, hatte sich doch auch<br />

gezeigt, dass die Motoren für die im Randgebiet<br />

liegenden Steigungen und bei dem<br />

starken Gegenwind etwas zu schwach<br />

waren. Wir waren deshalb auf die Tage<br />

mit einigermassen günstigen Wetterverhältnissen<br />

und mit leidlicher Fahrbahn<br />

angewiesen. Bezüglich der Zuladung wurden<br />

unsere Erwartungen erfüllt: Wir<br />

konnten 500 Kilogramm reine Nutzlast je<br />

Schlitten befördern. Ungünstiger stand es<br />

aber mit den Geschwindigkeiten und infolgedessen<br />

mit der Reichweite. Zwar hatten<br />

wir bisher nur die besonders schlechten<br />

Verhältnisse des Randgebietes kennengelernt<br />

— jenseits dieser Zone waren die<br />

Fahrbedingungen iingleich besser —, doch<br />

genügten diese Erfahrungen, um uns von<br />

der Notwendigkeit zu überzeugen, die<br />

Strecke bis « Eismitte » zu unterteilen und<br />

auf die einzelnen Abschnitte Brennstoffdepots<br />

vorzuschieben, da unsere Tanks<br />

nur Brennstoff für sechs bis sieben Stunden<br />

Fahrzeit fassten.<br />

Und nun begannen wir zu fahren, was<br />

das Zeug hielt. Bei jedem annehmbaren<br />

Wetter brummten die Motoren, klapperten<br />

die Kufen über die Schneewehen, und die<br />

Schlitten ächzten unter ihren Lasten, dass<br />

sich die Achsen bogen. Buchstäblich zu<br />

nehmen! Die Hinterachsen beider Schlitten<br />

hatten zuletzt verzweifelte Aehnliehkeit<br />

mit einem Flitzbogen. Aber darauf<br />

konnten wir keine Rücksicht nehmen. Für<br />

uns gab es jetzt nur noch eine Parole:<br />

Last fahren, hinein nach « Eismitte >, so<br />

schnell wie möglich, ehe der Winter da<br />

ist! Wegener verliess uns wieder, er ging<br />

zurück zu Weststation, um die letzte Hundeschlittenreise<br />

dieses Jahres vorzubereiten.<br />

In der folgenden Zeit konnte jeder<br />

Schlitten an sieben Fahrtagen rund 800<br />

Kilometer zurücklegen. Trotzdem das<br />

Wetter in dieser Zeit nicht immer freundlich<br />

gewesen war, war es bei diesen Fahrten<br />

gelungen, unter Ausnutzung jeder<br />

Fahrgelegenheit sämtliche Brennstoffdepots<br />

für eine Reise nach «Eismitte» anzulegen<br />

und neben 1000 Kilogramm Brennstoff<br />

und Oel die für die Station «Eismitte<br />

» bestimmte Last: das Haus für die<br />

Ueberwinterung, 500 Liter Petroleum,<br />

Hausrat und Instrumente, insgesamt etwa<br />

weitere 1400 Kilogramm, nach km 200 zu<br />

bringen. Gelegentlich versuchten zwar<br />

unsere Motoren, unfreundlicherweise zu<br />

streiken. Als es ihnen zu kalt geworden<br />

war, vereisten die Brennstoffzuleitungen<br />

und die Vergaserdüsen. Auch Hessen sie<br />

sich mehrfach lange Zeit nötigen, ehe sie<br />

sich zum Anspringen bequemen konnten.<br />

Ein Oeltankbruch bei km 85 hätte leicht<br />

verhängnisvoll werden können, wenn wir<br />

den Schaden nicht noch rechtzeitig bemerkt<br />

hätten und ihn mit unsern Universalmitteln:<br />

Bindfaden, Isolierband und<br />

Draht behelfsmässig hätten abdichten<br />

können.<br />

Wir hatten auch bald gelernt, bei unsichtigem<br />

Wetter zu fahren. Der Führer<br />

Herrn Collins Abenteuer<br />

Roman von Frank* neuer.<br />

'(Fortsetzung aus dein Hauptblati)<br />

Das war richtig. Kenyon gab es seufzend<br />

zu und nahm Abschied. Seit dem Attentat<br />

gegen die Dion-Bouton-Gesellschaft Samstag,<br />

den 26., hatte die Ausgabe des falschen Geldes<br />

wie durch einen Zauberschlag aufgehört.<br />

Und seither waren drei Tage verflossen. Drei<br />

Tage! Ja, und in weiteren vieren sollte er<br />

sein Versprechen einlösen. Er raufte sein<br />

rotes Haar und war nahe daran, aus Verzweiflung<br />

über seine übereilte Prahlerei in<br />

der «Daily Mail» seine soignierten Kleider<br />

zu zerreissen. In was für eine Sache hatte<br />

er sich da gestürzt! Es war unmöglich, absurd,<br />

wider die Natur! Die grossen Fälle —<br />

die Dion-Bouton-Geschichte und die Amsterdamer<br />

Affäre — gaben keine Spur; nun wohl,<br />

es war ausserordentlich geschickt gemacht,<br />

doch immerhin möglich. Aber diese Hunderte<br />

von kleinen Fällen! Die mussten doch eine<br />

Spur hinterlassen, bestimmte Schlussfolgerungen<br />

ermöglichen, die Details mussten sich<br />

wiederholen, die Verbrecher konnten doch die<br />

Waren, die sie erstanden hatten, nicht aus<br />

der Welt schaffen. Aber die Fälle führten<br />

nicht zu einer, sie führten zu hundert Schlussfolgerungen;<br />

die Details wiederholten sich<br />

nicht, oder wenn, so nur infolge der einförmigen<br />

Phantasie der Zeugen; und die Verbrecher<br />

schienen tatsächlich sich selbst so<br />

wie ihre unehrlich erworbenen Waren fortzaubern<br />

zu können. Voll dumpfer, zorniger<br />

Wut arbeitete Kenyon an seiner einzigen<br />

übrigen Theorie weiter und sah sich mit jedem<br />

Morgen einen Tag näher seinem Ruin.<br />

Am Donnerstag, den 1. Mai, war es ein<br />

recht veränderter und demütiger Herr Kenyon,<br />

der gegen zwölf Uhr zur Scotland Yard<br />

kam, um sich nach neuen Details zu erkundigen.<br />

Mit ironischer Höflichkeit hatte sich<br />

nämlich die Detektivzentrale beeilt, Herrn<br />

Kenyon alle ihre Hilfsmittel zur Verfügung<br />

zu stellen. Voll stummer Gebete, dass die<br />

Mächte doch einen neuen Anhaltspunkt gesandt<br />

haben möchten, stellte er die gewöhnlichen<br />

Fragen an einen der Beamten, nur um<br />

die gewöhnliche Antwort zu erhalten: Nichts<br />

Neues, Mr. Kenyon! Und er war schon im<br />

Begriff, sich wieder zu entfernen, als der<br />

junge Beamte ihn zurückrief:<br />

«Einen Augenblick, Mr. Kenyon.» sagte er.<br />

«Vielleicht habe ich doch etwas, was Sie<br />

interessieren kann. Das heisst ich glaube<br />

nicht, dass es von Bedeutung ist. Das Kontor<br />

der London County and Westminster Bank<br />

in Holborn hat uns mitgeteilt, dass sie regelmässig<br />

Posten falscher Münzen unter dem<br />

Geld gefunden haben, das ihnen von einem<br />

ihrer Kunden eingelegt wurde, M. Adolphe<br />

Lavertisse, der ein Kuriositätengeschäft<br />

Southampron Road 138 hat. Die Bank selbst<br />

legt kein Gewicht darauf, da sie mit M. Lavertisse<br />

schon seit ein paar Jahren in Geschäftsverbindung<br />

steht und er ein ansehnliches<br />

Guthaben bei ihnen hat. Aber vielleicht<br />

kann es doch zu irgendeiner Spur führen.»<br />

«Nicht wahrscheinlich,» sagte Kenyon bitter,<br />

«in dieser verdammten Affäre führt nichts<br />

zu einer Spur. Wie lange hat dieser Lavertisse<br />

das Geschäft?»<br />

«Ich glaube, zwei Jahre.»<br />

«Nun ja, ich werde gelegentlich zu ihm<br />

hineinschauen. Guten Morgen!»<br />

Kenyon ging in womöglich noch schlechterer<br />

Laune, als er gekommen war. Pfui<br />

Teufel, war das eine Angelegenheit! Und<br />

binnen vierundzwänzig Stunden musste er<br />

über die Verbrecher im klaren sein!<br />

Ja, das sah-wahrscheinlich aus, ein rasches<br />

Ende von Mr. Kenyons Laufbahn schien so<br />

gut wie sicher. Denn die letzte Theorie, die<br />

er noch übrig hatte, versprach auch nicht<br />

viel mehr Ausbeute als die anderen. Was<br />

sollte er nun mit diesem Lavertisse machen?<br />

Er sah auf seine Uhr, die gerade zwölf<br />

zeigte, und fand es zu früh, um den Lunch<br />

zu nehmen, weshalb er zehn Minuten später<br />

aus einem in aller Eile genommenen Taxi<br />

vor M. Lavertisses Geschäft in Southampton<br />

Road ausstieg. Man konnte ja immerhin vor<br />

dem Lunch einen Blick hineinwerfen.<br />

M. Lavertisses Geschäft nahm das ganze<br />

Erdgeschoss eines alten dreistöckigen Hauses<br />

ein, und seine Auslagefenster, die künstlerisch<br />

arrangiert waren, zeigten eine bunte Sammlung<br />

aller erdenklichen Kuriositäten. Indisches<br />

Porzellan, alte Holzschnitte von Cruikshank,<br />

eine Serie Zeichnungen von Aubrey Beardsley,<br />

Kupferstiche nach Bildern von Lancret<br />

und Boucher, gehämmerte arabische Metallarbeiten,<br />

eine Serie grotesker Menüs von zehn<br />

Diners, gegeben vom Marquis von Anglesea,<br />

ein Taktstock, der Leoncavallo gehört hatte,<br />

ein Notenheft, Bizet signiert, und ein anderes,<br />

den Namen Sullivan tragend — solche Dinge<br />

füllten in wohlberechneter Unordnung das<br />

Schaufenster. Gerade über der Front war ein<br />

Anschlag angebracht, der fragte: Do you<br />

collect? und die stolze Antwort trug: Then<br />

there is nothing we cannot procure.<br />

M. Lavertisse scheint ein Mann zu sein, der<br />

seine Sache versteht, murmelte Kenyon, und<br />

trat in den Laden. Dieser war für den Augenblick<br />

leer, aber aus dem Raum daneben hörte<br />

man zwei Stimmen. Was sie sprachen, konnte<br />

Kenyon nicht unterscheiden, aber er glaubte<br />

zu merken, dass die Sprache französisch war.<br />

Die Stimmen waren energisch, aber gedämpft,<br />

und die Redenden schienen erregt zu sein.<br />

Plötzlich gelang es Kenyon, ein Wort zu<br />

unterscheiden, und es interessierte ihn, denn

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