E_1933_Zeitung_Nr.023
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Selbst Zolltarife sind nichts anderes als<br />
Steuern, da sie den Preis eines Automobils<br />
für den endgültigen Verbraucher um den<br />
jeweiligen Zollbetrag erhöhen. Ich kann wohl<br />
einsehen, dass bei fabrizierenden Nationen<br />
eine gewisse Notwendigkeit für einen vernünftigen<br />
Zollschütz besteht. Aber schliesslich<br />
gibt es nur" ungefähr sieben Nationen, bei<br />
denen man von einer bedeutenden Motorfahrzeugproduktion<br />
reden kann";<br />
Es gibt jedoch ungefähr hundert Nationen,<br />
bei denen jegliche eigene Automobilproduktion<br />
grösseren Ausmasses wirtschaftlich nicht<br />
durchführbar ist und für die ein hoher Grad<br />
der Motorisierung durch direkten Import senr<br />
wünschenswert wäre.<br />
Wenn die Automobilproduzenten der ganzen<br />
Welt ernstlich, die,Ausweitung,der. Aufnahmefähigkeit<br />
aller Völker für Automobile<br />
anstreben, dw h. sowohl zur Hebung des<br />
Lebensstandards wie auch zur Vermehrung<br />
der Staatseinkünfte, dann müssen sie zuerst<br />
Mittel und Wege finden, wie sich die Zollund<br />
Steuerabgaben in den nicht fabrizierenden<br />
Ländern herabsetzen lassen und wie in<br />
den fabrizierenden Ländern eine Herabsetzung<br />
der aufzubringenden direkten Steuerraten ermöglicht<br />
werden kann.<br />
Es sind jedoch nicht die Steuern und Zölle<br />
allein, die jeder vernunftsmässigen Wirtschaftsführung<br />
entgegenarbeiten und die Konsumentenpreise<br />
denkbar ungünstig beeinflussen.<br />
Ich denke hierbei an die Steuersysteme,<br />
die -wie die Pferdestärkensteuer und die Hubvolumensteuer<br />
Zustände herbeiführen, durch<br />
die die Konstrukteure gezwungen werden,<br />
ihre Produkte in Anpassung an die jeweiligen<br />
künstlich durch Menschenhand geschaffenen<br />
Hindernisse zu entwerfen und nicht nach den<br />
natürlichen Verkehrserfordernissen. Ich selbst<br />
bin davon überzeugt, dass nur eine Entwicklung<br />
nach natürlichen und nicht nach künstlichen<br />
Erfordernissen letzten Endes den Automobilindustrien<br />
aller Länder und allen Völkern<br />
und Regierungen die grösste Hilfe wird<br />
bringen können.<br />
Eine Wiederherstellung gesunder Wirtschaftsverhältnisse<br />
kann erfolgen, denn es<br />
spricht nichts für ein Fortdauern der augenblicklichen<br />
Depression. Ich bin aber auch fest<br />
überzeugt, dass die Automobilindustrien unserer<br />
verschiedenen Länder sehr viel zu ihrer<br />
Ueberwindung beitragen könnten.<br />
Kehren wir jedoch zu den Grundsätzen für<br />
einen Wohlstand wieder zurück* Wir müssen<br />
immer wieder die Notwendigkeit betonen, dass<br />
man der breiten Masse die Möglichkeit geben<br />
muss,'ihre Produkte zu vernünftigen Verbraucherpreisen<br />
zu kaufen, die allein einen<br />
Warenaustausch wieder aufleben lassen kann,<br />
um damit Handel und Industrie einen mächtigen<br />
Auftrieb zu geben.<br />
r •<br />
Um dieses Ziel verwirklichen zu können,<br />
dass nämlich die breite Masse wieder zu<br />
Abnehmern wird, müssen wir jeden einzelnen<br />
Punkt unserer Kosten genauestens analysieren,<br />
und zwar nicht so sehr nach Material",<br />
Arbeits-, Konstruktion?- und anderen Produktionskosten,<br />
denn hierin haben wir schon eine<br />
ganz schöne Arbeit geleistet, als vielmehr<br />
besonders unter Beachtung der künstlichen<br />
und willkürlichen Kosten, mit denen unsere<br />
Produkte nach der Fertigstellung belegt sind.<br />
Hierin haben wir versagt, ganz bestimmt, was<br />
die vielen Kostenpunkte anbetrifft, die in dem<br />
Augenblick, wo das Automobil die Fabrik<br />
verlässt, entstehen und trotzdem den Preis<br />
für den Käufer mitbestimmen. Ich will damit<br />
nicht sagen, dass die Verteilungskosten zu<br />
hoch wären, sondern dass gewisse, nicht so<br />
augenscheinliche Ausgaben, die durch Steuern<br />
und einschränkende Vorschriften entstehen,<br />
Die Offiziellen des Salons bewundern das «Idol <strong>1933</strong>». Von links nach rechts die Herren: Schulthess, Bundespräsident; Baezner, Mitglied dos Organisationskomitees;<br />
Marchand, Präsident des Organisationskomitees des Salons; Goy, Mitglied des Organisationskomitees; Gxetenoud, Generalsekretär<br />
des Salons; Maurer, Mitglied des Organisätionskomitees; Hoffer, Mitglied des Organisaüonskomitees;Decrauzat, Präsident der Nationalen Sportkommi»-<br />
sion des A. C. S.<br />
(Zeichn. Freres Beui.)<br />
jetzt mitsprechen und die endgültigen Kosten<br />
in einer Weise überlasten, dass die den Massenverkauf<br />
unterbinden. Unsere Aufgabe ist<br />
keineswegs hoffnungslos, aber sie erfordert<br />
eine Einheitsfront sämtlicher Kraftverkehrskreise,<br />
um der Oeffentlichkeit und den Behörden<br />
verständlich zu machen, dass das<br />
augenblickliche System das Daniederliegen<br />
unserer Wirtschaft verstärkt. Mit der allgemeinen<br />
Erleuchtung über die Gründe muss<br />
notwendigerweise, wenn wir es mit grösstem<br />
Nachdruck durchführen, die notwendige und<br />
wünschenswerte Heilung kommen.<br />
Dieser Entschluss ist nicht nur für uns, die<br />
wir direkt mit der Automobilindustrie verbunden<br />
sind, wichtig, sondern für die Millionen<br />
von Motorfahrzeugbesitzern, die auch<br />
in Zukunft ihre Existenz durch Betrieb, Anwendung<br />
und ändere Einsetzung des Kraftverkehrs<br />
sichern wollen.<br />
Für die Regierungen aller Länder ist es<br />
äusserst wichtig, dass alle in der Kraftverkehrsindustrie<br />
tätigen Arbeiter auch fernerhin<br />
gutbezahlte Arbeit finden, wenn sie zu.<br />
den Staatseinkünften beitragen sollen, genau<br />
so, wie die 33 Millionen von Automobilisten<br />
auch in Zukunft weitgehendst das Motorfahrzeug<br />
beibehalten müssen, wenn die Geldbeutel<br />
der Behörden und Regierungen auch weiterhin<br />
mit Staatseinkünften gefüllt werden sollen»<br />
Jeder Geschäftsmann weiss, dass "man<br />
dann, wenn man den Gewinnprözenfsäfz eines<br />
bestimmten Artikels erhöht, nie die Sicherheit<br />
hat, dass dieser Gewinn auf dem Markt zu<br />
erzielen ist und damit sein Gesamtnutzen<br />
erhöht werden kann. Tatsächlich, lernt er<br />
durch Erfahrung, dass in den allermeisten<br />
Fällen die Erhöhung seines Verdienstes durch<br />
eine Verminderung seiner endgültigen Gewinne<br />
pro Einheit zu erzielen ist, da hierdurch<br />
die Aufnahmefähige^ und damit sein Absatz<br />
grösser wird. .Dies ist eine Entdeckung, die<br />
unsere Freunde in der Regierung anscheinend<br />
noch machen müssen. Wie es scheint, begehen<br />
sie noch, immer weiter den gleichen<br />
tragischen Fehler, indem sie zur Deckung<br />
ihrer Ausgaben neue Deckungsmittel suchen.!<br />
Zum Unglück — für unsere Industrie —<br />
steht das Automobil auf der Liste für Steuererhöhungen<br />
an der ersten Stelle. Die erhöhten<br />
Raten haben schön lange Gültigkeit, aber die<br />
Steuereinnehmer wollen scheinbar die Tatsache<br />
übergehen, dass diese erhöhten Steuern<br />
Jahr für Jahr weniger Steuereinkünfte einbringen.<br />
So entstand eine verhängnisvolle<br />
AUTOMOBIL-REVUE<br />
UM. SCHUtfHEJJ BAEZNER MARCHAWD GOY CRETENOUD MAURER<br />
Zahl von nicht ausbalancierten Budgets, neue<br />
Steuererhöhungen, Enttäuschungen über den<br />
tatsächlichen Steuereingang, weitere Erhöhungen<br />
und immer so weiter, bis die ganze Angelegenheit<br />
lächerlich wurde.<br />
Wir haben wirklich eine gewaltige Arbeit<br />
zu leisten; wenn wir unseren Freunden in der<br />
Regierung diese Situation deutlich vor Augen<br />
führen wollen, die doch für einen Geschäftsmann,<br />
der daran gewöhnt ist, den Tatsachen<br />
ins Auge zu sehen, so selbstverständlich ist.<br />
Ganz bestimmt verdient unsere Automobilindustrie,<br />
die so viel zum wirtschaftlichen<br />
Wohlstand des Landes beitragen kann, eine<br />
fairere Behandlung im Hinblick auf die<br />
Steuern, denn es ist ja augenscheinlich, dass<br />
die Interessen der Regierung und der Industrie<br />
die gleichen sind.<br />
Wenn wir uns selber, der Regierung und<br />
der Oeffentlichkeit, überall diesen notwendigen<br />
Zusammenhang zwischen niedrigen<br />
Verbraucherpreisen und niedrigen Steuern als<br />
Grundlage jeder industriellen und kommerziellen<br />
Aktivität vor Augen führen, werden<br />
wir bald erkennen, dass die Aufgabe zur<br />
Hebung der Prosperität wirklich eine Aufgabe<br />
ist, die ein erfolgreiches und glückliches<br />
Gelingen erhoffen lässt.»<br />
den<br />
cKt<br />
Wer trägt die Schadenshaftung<br />
bei der Probefahrt?<br />
(Aus dem Bandesgericht.)<br />
Im Frühling 1930 verkaufte die Automobilfabrik<br />
Martini einem Rennfahrer einen schon<br />
gebrauchten Martini-Rennwagen um 10 500<br />
Franken. Nach Abschluss der Saison Hess<br />
er den Wagen bei der Fabrik revidieren und<br />
nach Abschluss der Reparaturen unternahmen<br />
der Besitzer des Wagens und ein Mechaniker<br />
der Fabrik eine Probefahrt auf der Strecke<br />
Larideron—Lignieres, wobei der Mechaniker<br />
am Steuer sass. Auf der Fahrt fing der<br />
Wagen an zu brennen und das Feuer konnte<br />
nicht gelöscht werden, da der Tank mit einem<br />
hochexplosiven Gemisch von Alkohol, Benzol<br />
und Olivenöl gefüllt war.<br />
Der Eigentümer des Wagens, der von einer<br />
Versicherungsgesellschaft 6000 Fr. erhielt,<br />
klagte gegen die Fabrik auf 7500 Fr. Schadenersatz.<br />
Sowohl das Neuenburger Kantonsgericht<br />
als das Bundesgericht haben die Klage<br />
abgewiesen und die Widerklage der Fabrik<br />
1953 - N°»<br />
DECRAVZAJ<br />
auf Zahlung von 620 Fr. für die ausgeführten<br />
Arbeiten geschützt.<br />
Der Verlust des durch den Brand völlig<br />
zerstörten Wagens ist nicht auf ein Verschulden<br />
der Fabrik oder ihres Personals zurückzuführen.<br />
Die Ursache des Brandes ist nicht<br />
einwandfrei festgestellt, doch besteht die Vermutung,<br />
es habe sich ein Ventil festgeklemmt,<br />
worauf eine Flamme den Vergaser entzündet<br />
habe. Der besonders gefährliche Brennstoff,<br />
ist aber auf Weisung des Wageneigentümers<br />
eingefüllt worden, und wenn der Kläger behauptet,<br />
man hätte Wolldecken und einen<br />
Löschapparat auf die Probefahrt mitnehmen<br />
sollen, so ist ihm entgegenzuhalten, dass der<br />
Mechaniker nicht mit einer Verstopfung eines<br />
Ventils habe zu rechnen brauchen, wenn dies<br />
auch bei Martini-Wagen zuweilen vorkam.<br />
Eine Probefahrt auf ansteigender Strasse aber<br />
war nach Abschluss der Revisionsarbeiten<br />
nötig. Der Schaden ist somit nicht auf ein<br />
Verschulden, sondern auf Zufall zurückzuführen.<br />
Die Uebergabe des Wagens an die Fabrik<br />
zur Revision und Instandstellung bedeutete<br />
den Abschluss eines Werkvertrages, und das<br />
Pbligationenrecht regelt in Art. 376 die rechtlichen<br />
Folgen eines Unterganges des Werkes<br />
wie folgt: «Geht das Werk vor seiner Uebergabe<br />
durch Zufall zugrunde, so kann der<br />
Unternehmer weder Lohn für seine Arbeit<br />
noch Vergütung seiner Auslagen verlangen*<br />
ausser wenn der Besteller sich mit der Annahme<br />
im Verzug befindet. — Der Verlust<br />
des zugrunde gegangenen Stoffes trifft in<br />
diesem Falle den Teil, der ihn geliefert hatl<br />
— Ist das Werk wegen eines Mangels des<br />
vom.Besteller gelieferten Stoffes... zugrunde<br />
gegangen, so kann der Unternehmer, wenfl<br />
er den Besteller auf diese Gefahren rechtzeitig"<br />
aufmerksam gemacht hat, die Vef-*<br />
gütung der bereits geleisteten Arbeit und der .„<br />
im Lohn nicht eingeschlossenen Auslagen...<br />
verlangen.» Als Werk im Sinne dieser Bestimmungen<br />
ist die vom Besteller gewünschte<br />
Instandstellung des Wagens zu betrachten<br />
und der Wagen selber war der hiezu vom<br />
Besteller gelieferte Stoff. Die Zerstörung<br />
durch Feuer ist auf einen Fehler des Wagens<br />
zurückzuführen, der den Parteien nicht be*<br />
kannt war, also auf einen Mangel des vom<br />
Besteller gelieferten Stoffes. Infolgedessen<br />
hat der Kläger den Schaden selber zu tragen*<br />
Wp.<br />
zu werten,und zu sichten, dem unbeteiligten<br />
Interessierten bleibt es vorbehalten, sich auch<br />
noch für andere Dinge als Zylinder und<br />
Steuerpferde zu begeistern. Da sieht man<br />
wundervolle, grosse, schwere Wagen, spiegelnd<br />
in vornehmen Lacken, in denen man<br />
sich am ehesten einen arbeitsüberladenen<br />
Direktor vorstellen kann, der, etwas müde<br />
und von leichten Kopfschmerzen geplagt, sich<br />
in die Polster lehnt. Da sind Fahrzeuge, bei<br />
denen man sich unwillkürlich ein junges Paar<br />
denken muss, das in ihm eine Fahrt in die<br />
blaue Seligkeit hinein antritt. Wieder von<br />
anderen strömt eine Atmosphäre aus, dass<br />
man nichts anderes als eine gute Bürgersfamilie<br />
in ihnen sehen kann, die zum Sonntagnachmittagsbummel<br />
ausfahren. Man findet<br />
auch jene schnittigen Wagen, um deren Volant<br />
sich wohl dann eine zarte Damenhand legen<br />
wird; diesen sind die buntesten Farben eigen.<br />
Es gibt am Salon auch Fahrzeuge zu sehen,<br />
deren Irisassen nur Sportleute sein können,<br />
die Zigarette schmissig in den linken Mündwinkel<br />
geklebt, die Stirne schwach in Falten<br />
gezogen: das sind die unsagbar rassig ger<br />
bauten Sportwagen, von denen marr fast sagen<br />
möchte, sie besitzen Nerven.^<br />
-<br />
Kein Fahrzeug, das sich nicht in tadellosem<br />
Zustand präsentierte, wie auf dem Servierbrett<br />
hingereicht. Die Wagen sind, auch rein<br />
ram modern geschulten ästhetischen Sinn<br />
:<br />
aus gesagt, so schön, dass man sie gerade<br />
auf die Kommode zu Hause stellen möchte.<br />
In ihrer Vollendung sind sie so ausserordent-t<br />
lieh, dass man beinahe das Gefühl hat, sie<br />
gehörten nicht auf die Strasse, weil sie dort<br />
nur beschmutzt und entwertet würden.<br />
Es gibt beim Salon wie immer noch andere,<br />
zusätzliche Dinge zu sehen, die nur in einem<br />
indirekten Zusammenhang mit den Autos<br />
stehen. Etwa jene lebensgrosse männliche<br />
Puppe, die den beschauenden Besucher plötzlich<br />
mit merkwürdiger Stimme anredet und<br />
sich mit ihm unterhält. Auf der Galerie blüht<br />
die Phantasie tippiger als unten; wer Lust<br />
hat, Kann sogar interessante Filmepisoden von<br />
grossen Rennen ansehen. Unten herrscht eine<br />
gewisse vornehme Zurückhaltung, oben feiert<br />
man einen kleinen, lustigen Jahrmarktsbetrieb,<br />
an dem man herzlich Freude hat. Kraft und<br />
Gewalt herrscht bei den Nutzfahrzeugen —<br />
Riesen an Dimensionen und Wucht.<br />
Wenn man die Wagen sich richtig angesehen<br />
hat, dann wendet sich der Blick auch<br />
auf den Menschen zu. Sie allein rechtfertigen<br />
eine Salon-Visite* Schon ein schlechtbegabter<br />
Psychologe wird aus dem Entzücken. nicht<br />
mehr herauskommen. Sie sind in zwei Heerlager<br />
geteilt: die einen zeigen, die anderen<br />
sehen. Die letzteren sind natürlich in der<br />
Ueberzahl, dabei scheiden sie sich wiederum<br />
in die beiden Kategorien der unbeteiligten<br />
und der beteiligten Interessierten. Am leichtesten<br />
hat es wohl der Bummler, der zu nichts<br />
verpflichtet ist. Ihm wird nicht wie dem<br />
eventuellen Käufer eines Wagens die Wahl<br />
zur Q'ual. Die meisten dieser Kaufwilligen<br />
betreten wohl die Ausstellung mit dem festen<br />
Vorsatz, sich zu der und der Marke zu bekennen.<br />
Aber, o schwacher Mensch, bald<br />
suchen ihn die heftigsten Anfechtungen heim,<br />
und er steht bald bei dem, bald bei jenem<br />
Stand. Da gefällt ihm dieses, da jenes. Soll<br />
er oder soll er nicht? Oft steht die begleitende<br />
Dame neben dem kauflustigen Herrn<br />
und redet tapfer mit. Ja, sehr oft hat es den<br />
Anschein, als ob die Frauen am Salon ein<br />
geheimes, aber gefürchtetes Szepter führten!<br />
Und man geht nicht ganz falsch, wenn man<br />
dem Manne, dessen Frau einige Minuten lang<br />
in einem schönen Salon-Wagen sass, für die<br />
nächsten Tage prophezeit, dass er nichts zu<br />
lachen haben wird... Viele Frauen beugen<br />
sich, lorgnettenbewehrt wie in der Oper, mit<br />
tiefster Anteilnahme über jede Einzeilheit<br />
eines Wagens, hören den Verkäufer von technischen<br />
Ausdrücken reden und diskutieren<br />
leidenschaftlich mit ihm. Solche Besucher,<br />
deren Budget seine bestimmten Grenzen hat,<br />
haben es noch relativ leicht; sie sind der<br />
Qual enthoben und entschliessen sich bald<br />
für einen ihren Verhältnissen just angepassten<br />
Wagen.<br />
Unbarmherzig umsteht die Gilde der Nichtkäufer<br />
einen solchen lebhaften .Kaufhändel;<br />
sie hat nichts zu gewinnen und nichts zu verlieren,<br />
deshalb scheut sie auch nicht in der<br />
Verteilung von Sympathie und Antipathie.<br />
Nicht anders als mit einer kleinen Rührung<br />
lassen sich dife kleinen Kinder und jungen<br />
Mädchen betrachten, die den Salon durchschlendern.<br />
Ihre Augen haben einen geradezu<br />
hungrigen Ausdruck und sie verlangen vorläufig<br />
noch nach Dingen, die für sie weiter<br />
weg sind als der Mond.<br />
Die Verkäufer haben ihre eigene Kundenpsychologie.<br />
Alle sind sie schick gekleidet,<br />
um sich in den guten Rahmen des Salons einzupassen.<br />
Mit vollendeten Bewegungen der<br />
Freundlichkeit lotsen sie ihre Opfer zu einer<br />
näheren Besprechung, dabei bieten sie alle<br />
Mittel der Redekunst auf, um sie von den<br />
Vorzügen des Wagens zu überzeugen. Kein<br />
Argument, gegen das sie nicht erfolgreich<br />
fechten könnten. Sie ajbeiten mit Prospekten,<br />
Zahlen, Namen, und sind je nach Notwendigkeit<br />
höflicher oder zurückhaltender. Wenn<br />
sie unbeschäftigt sind, lehnen sie in ihren<br />
Sesseln und betrachten das vorbeiziehende<br />
Publikum, um für sie eventuell in Betracht<br />
kommende Beschauer zu erspähen. Ein ew{ r<br />
ger Strom — so flutet es von morgens bis<br />
abends an den Ständen vorbei. bo.