28.02.2018 Aufrufe

E_1933_Zeitung_Nr.039

E_1933_Zeitung_Nr.039

E_1933_Zeitung_Nr.039

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

tomobil ganz wesentlich beteiligt, wie es<br />

ja auch der treibende Impuls für die letzte<br />

Periode von Hochkonjunktur war. Die<br />

Bahnen würden deshalb richtiger dem<br />

Auto einen Teil ihrer Verkehrssteigerung<br />

gutschreiben, als heute die Verkehrsabnahme<br />

dem Auto zur Last legen.<br />

Die Bevölkerungszahl und die Menge<br />

der Verbrauchsgüter sind nur wenig gestiegen.<br />

Der Personenverkehr und der<br />

Güteraustausch wurden dagegen durch<br />

das Automobil mächtig gefördert. Dabei<br />

hat das Automobil vielfach nur Zubringerdienste<br />

geleistet. Es ist also ein direkter<br />

Bundesgenosse der Bahn gewesen, was<br />

durch die Zahlen der Verkehrssteigerung<br />

in den letzten zwei Jahrzehnten bewiesen<br />

wird. Das Studium der regionalen Verteilung<br />

des Eisenbahn- und Automobilverkehrs<br />

zeigt, dass Bahn und Auto sich<br />

gleichmässig entwickelt haben in Gebieten,<br />

welche durch die Zusammenarbeit der<br />

beiden Verkehrsmittel eine Steigerung der<br />

Wirtschaftsintensität erlebten; nirgends<br />

ist aber eine Abdrosselung des einen oder<br />

des andern Verkehrsmittels durch das<br />

Übermässige Emporkommen des Konkurrenten<br />

erfolgt.<br />

Den Grund der rückläufigen Entwicklung<br />

seit 1930 wird kein vernünftiger<br />

Wirtschafter anderswo als in der allgemeinen<br />

Krise suchen. Sehr viele Fachleute<br />

werden sich eher wundern, dass die Krise<br />

sich für die Verkehrsmittel erst so spät<br />

und nicht stärker ausgewirkt hat.<br />

Die Schwächen des Eisenbahnbetriebes.<br />

Die schweizerischen Bundesbahnen werden<br />

nicht darüber erstaunt sein, wenn die<br />

Anklagen, die sie gegenüber dem Automobil<br />

erhoben haben, nicht nur durch eine<br />

Verteidigung, wie ich sie im vorhergehenden<br />

gegeben habe, abgewehrt werden, sondern<br />

wenn mit einem Gegenangriff auf<br />

die Schwächen, die sich im Eisenbahnbetrieb<br />

gezeigt haben, geantwortet wird.<br />

Unsere Kritik wird von den leitenden<br />

Organen der schweizerischen Bundesbahnen<br />

um so eher gewürdigt werden können,<br />

als die Fehler, auf die wir hinweisen müssen,<br />

nicht Fehler der heutigen Betriebsleitung,<br />

sondern der politischen Situation<br />

der Schweiz und der Verknüpfung der<br />

schweizerischen Bundesbahnen mit den<br />

Schicksalen der Demokratie und des Parlamentarismus<br />

sind. Es kann nicht energisch<br />

genug darauf hingewiesen werden,<br />

dass die Ursache der heutigen schwierigen:<br />

Lage der Staatsbahn ganz wo anders zu<br />

suchen ist, als bei der Konkurrenzierung<br />

durch das böse Automobil, das man allzu<br />

gerne für alle Schäden verantwortlieh<br />

macht.<br />

Ich habe schon erwähnt, dass mit Ausnahme<br />

der beiden letzten Krisenjahre eine<br />

ständige Steigerung des Verkehrs auf dem<br />

Netze der schweizerischen Bundesbahnen<br />

festzustellen war. Auch die Verkehrsziffern<br />

in den beiden letzten Jahren sind<br />

noch sehr gross und liegen weit über dem<br />

Durchschnitt der Verkehrsziffern der letzten<br />

20 Jahre.<br />

Wenn nun die Bundesbahnen heute an<br />

das Schweizervolk gelangen mit dem Verlangen,<br />

der Bund solle eine Summe von<br />

870 Millionen Franken Bahnschulden<br />

übernehmen, so wird sich der Sehweizerbürger<br />

fragen, woher, angesichts der hohen<br />

Verkehrsziffern, eigentlich das Loch<br />

in der Rechnung der schweizerischen Bundesbahnen<br />

kommt, das eine so ausserordentliche<br />

Forderung an die Volksgemeinschaft<br />

macht. Wenn in den Jahren der<br />

Hochkonjunktur 1928 und 1929 trotz übermässig<br />

grossen Verkehrsziffern nur ein<br />

sehr bescheidener Ueberschuss erzielt werden<br />

konnte, der nicht einmal zu angemessenen<br />

Rückstellungen, Amortisationen und<br />

Speisungen der Sozialkassen reichte, dann<br />

inuss die tiefere Ursache für die schlechte<br />

Lage der schweizerischen Bundesbahnen<br />

wohl an einem andern Ort gesucht werden.<br />

Dieser Ort ist nicht die Einnahmen-,<br />

sondern die Ausgabenseite der Bundesbahnrechnung.<br />

Die Personalausgaben betrugen im Mittel<br />

der Jahre 1903—1905 50,8 Millionen<br />

Franken und im Mittel der Jahre 1928—<br />

1930 221 Millionen Franken, oder pro Angestellten<br />

1903—1905 = 1912 Franken und<br />

1928—1930 = 6547 Franken. Es ergibt sich<br />

also seit 1903—1905 eine Vermehrung um<br />

242,4 Prozent pro Kopf. Bei Beurteilung<br />

dieser Durchschnittszahlen darf nicht vergessen<br />

werden, dass die Besoldungen der<br />

höhern Beamten der Bundesbahnen, verglichen<br />

mit den in der Privatwirtschaft<br />

üblichen Ansätzen, als niedrig zu bezeichnen<br />

sind, wogegen das Einkommen der<br />

untern Kategorien von Bundesbahnbeamten<br />

volle 50 Prozent höher steht als das<br />

Einkommen der Arbeiter gleichartiger<br />

Tätigkeit in. der Privatindustrie.<br />

Bei einer Erhöhung der Besoldungen des<br />

Bahnpersonals von 1913 auf 1930 um 90%<br />

wie bei der Metall- und Maschinenindustrie<br />

würden die Personalaussraben pro<br />

Kopf im Jahre 1930 = 5164 Franken betragen.<br />

Das würde bei einem Personalbestand<br />

von 34300 Personen im Jahre 1930<br />

eine Gesamtsumme von 177 Millionen Fr.<br />

ausgemacht haben. In Wirklichkeit aber<br />

wurden 223 Millionen Fr. ausgegeben. Die<br />

Differenz von 46 Millionen Fr. würde reichen,<br />

um die Verzinsung des Kapitals von<br />

870 Millionen Fr., die heute der Bund übernehmen<br />

soll, vorzunehmen und dazu noch<br />

weitere Millionen für die längst notwendigen<br />

Taxermässigungen freizumachen.<br />

Heute wird es tatsächlich nicht möglich<br />

sein, mit einem Ruck die Ausgaben für das<br />

Personal um so beträchtliche Summen zu<br />

kürzen. Es rächt sich nun, dass die Besoldungsregelung<br />

des Bundesbahnpersonals<br />

mit der Besoldungsregelung des gesamten<br />

Bundespersonals zusammengekoppelt wurde<br />

und dass alle die politischen Einflüsse,<br />

denen das Parlament so leicht zugänglich<br />

ist, bei der Festsetzung der Saläre für einen<br />

technischen Betrieb mitsprechen. Muss es<br />

einen Wirtschafter nicht merkwürdig berühren,<br />

wenn heute der Gehalt eines Weichenwärters<br />

nicht verändert werden kann,<br />

ohne dass gleichzeitig der Gehalt eines<br />

Bundesrichters ebenfalls geändert wird?<br />

Die Leitung der schweizerischen Bundesbahnen<br />

wird mit Recht sagen, dass sie für<br />

diese unglücklichen Verhältnisse nicht verantwortlich<br />

ist. Sie wird aber auch zugeben<br />

müssen, dass diese unglücklichen<br />

Verhältnisse in ganz besonderm Masse für<br />

die schlechte Lage der schweizerischen<br />

Bundesbahnen verantwortlich sind und<br />

nicht die Konkurrenz des Automobils.<br />

Eine ähnliche übermässige Steigerung<br />

der Belastung der Bundesbahnrechnung<br />

auf der Ausgabenseite bringt auch der<br />

Zinsen- und Tilgungsdienst der Bundesbahnschuld.<br />

Das Anlagekapital stieg von<br />

940 Millionen Fr. im Jahre 1903 auf 2 Milliarden<br />

590 Millionen Fr. im Jahre 1930,<br />

der Betrag, der für Zins und Tilgung jährlich<br />

aufgebracht werden muss; von 41,4<br />

Millionen Fr. auf 120,6 Millionen Fr. Somit<br />

stieg die Aufwendung für Zins und<br />

Tilgung um 113,1%, während die Aufwendungen<br />

für das Personal in der gleichen<br />

Zeitperiode sich um 129,3% erhöhten. Bei<br />

Beurteilung dieser Prozentsätze muss man<br />

sich daran erinnern, dass zur Einsparung<br />

von Personal trotz der 48-Stundenwoche<br />

eine Verbesserung der technischen Einrichtungen<br />

in gewissen Grenzen rationell<br />

war und dass die Elektrifikation einen wesentlichen<br />

Teil der erhöhten Kapitalinvestition<br />

ausmacht. Die trotzdem übermässige<br />

Steigerung der Kapitalinvestition ist<br />

um so bedenklicher, als die grosse Kapitalintensität<br />

der Eisenbahnwirtschaft eine<br />

grosse Konjunkturempfindlichkeit des Eisenbahnbetriebs<br />

im Gefolge hat.<br />

Im Automobilbetrieb entspricht der Wert<br />

der jährlichen Transportleistung ungefähr<br />

der Höhe der Anlagekosten, und zwar von<br />

Automobil und Garage zusammen. Der Umsatz<br />

beträgt also 100% der Kapitalinvestition,<br />

wogegen z. B. im Jahre 1930, in welchem<br />

die Bundesbahnen noch kein grosses<br />

Defizit aufwiesen, ihre Transporteinnahmen<br />

nur etwa 15% des investierten Kapitals<br />

erreichten. Die ganze Eisenbahnpolitik<br />

der Schweiz scheint in den letzten Jahrzehnten<br />

vom Gedanken beherrscht gewesen<br />

zu sein, Ausgaben nach dem Willen des<br />

Personals, des Parlaments und einzelner<br />

Landesgegenden zu machen und die Einnahmen<br />

diesen Ausgaben anzupassen. Das<br />

Schicksal hat es eine Zeitlang gut gemeint<br />

mit den Bahnen und hat ihre Einnahmen<br />

parallel zu den Ausgaben steigen lassen.<br />

Nun ist die Harmonie der Linien durch<br />

die Krise gestört worden.<br />

Heute wird dem Schweizervolk für die<br />

verfehlte Politik der letzten 20 Jahre und<br />

für die Verkennung der kaufmännischen<br />

Grundsätze eine Rechnung in der Höhe<br />

von 870 Millionen Franken präsentiert.<br />

Im Bericht der Generaldirektion über<br />

die Finanzlage der Bundesbahnen vom 7,<br />

Februar dieses Jahres und namentlich in<br />

der Broschüre von Professor Saitzew wird<br />

auf die Lasten hingewiesen, welche die<br />

schweizerischen Bahnen aus staatswirtschaftlichen,<br />

militärischen und sozialpolitischen<br />

Gründen auf sich nehmen mussten.<br />

Es wird geschätzt, welche Summen<br />

diese Leistungen im Laufe des Jahres<br />

ausmachten, und es wird dem Automobil<br />

vorgehalten, dass es von allen diesen Leistungen<br />

frei sei. In diesem Zusammenhang<br />

muss daran erinnert werden, dass die<br />

Bundesbahnen durch Steuerfreiheit und<br />

durch Vorteile in der Kapitalbeschaffung<br />

infolge der Garantie des Bundes namhafte<br />

Kompensationen erhalten haben. Es wird<br />

sich niemals darum handeln dürfen, auch<br />

noch das Auto in den durch die unbezahlten<br />

Leistungen der Bahn bedingten Cir-<br />

AUTOMOBIL-REVUE, <strong>1933</strong> - N°39<br />

vorgeschlagene Schutzmauer von 550 m<br />

Länge und 1,30 m Höhe gebaut werden soll<br />

oder ob die Anlegung eines Schutzwalles von<br />

Zementsäcken genüge. Die Angelegenheit<br />

soll noch genauer studiert werden. Im<br />

Schosse des provisorischen Komitees wurde<br />

der berechtigte Gedanke laut, wenn irgendfremden<br />

Leistungen und die vollständige<br />

Rückvergütung der Kriegslasten geschehen<br />

kann. Das Auto aber muss gerade im<br />

Interesse der Volkswirtschaft von Bindungen<br />

verschont bleiben, welche seinem Wesen<br />

Gewalt antun würden.<br />

Ich glaube, dass Sie mit mir einig sind,<br />

wenn ich erkläre, dass der schweizerischen<br />

Volkswirtschaft nicht dadurch geholfen<br />

werden kann, dass die unerfreuliche<br />

Rechnung der schweizerischen Bundesbahnen<br />

durch Vernichtung desjenigen<br />

Verkehrsmittels ins Gleichgewicht gebracht<br />

wird, das die Transportverhältnisse<br />

in der Schweiz verbessern und ausgleichen<br />

kann, sondern dadurch, dass die<br />

schweizerischen Bundesbahnen gehalten<br />

werden, die Ausgabenseite ihrer Rechnung<br />

nach Kräften zu senken und zu diesem<br />

Zwecke auch das neue Verkehrsmittel,<br />

das Automobil, nach Möglichkeit beizuziehen.<br />

Neben der momentanen Erleichterung,<br />

die der ungenügende Lohnabbau um 7J'a<br />

Prozent den Bundesbahnen bringen<br />

könnte, wird aber eine dauernde Korrektur<br />

nicht zu umgehen sein, die dadurch<br />

zu schaffen, ist, dass die Organisation der<br />

schweizerischen Bundesbahnen, einschliesslich<br />

der Gehaltsregelung den politischen<br />

Einflüssen in Zukunft entzogen wird.<br />

Jedenfalls wäre es verfehlt, auf das<br />

Ansuchen der Bundesbahnleitung, eine<br />

Schuld von 870 Millionen durch den Bund<br />

übernehmen zu lassen, einzutreten, bevor<br />

von seiten der Bahn genügend Garantien<br />

für die Reorganisation und die vernünftige<br />

Zusammenarbeit mit dem Automobil<br />

gegeben werden.<br />

Beim heutigen Stand der Technik kann<br />

es sich einzig darum handeln, ein<br />

System für die Verkehrsteilung zwischen<br />

Bahn und Auto<br />

herauszufinden und praktisch durchzuführen,<br />

das der Wirtschaft durch eine rationelle<br />

Gestaltung der Transportmöglichkeiten<br />

den gröesten Dienst leistet. Ich<br />

komme deshalb nach dem eher negativen<br />

Teil meiner Ausführungen, zur dankbareren<br />

Aufgabe, Ihnen von einem aufbauenden<br />

Projekt zu sprechen. Wirtschaftlich<br />

richtig wird eine Zusammenarbeit<br />

sein, welche auf die technischen Besonderheiten<br />

von Bahn und Auto Rücksicht<br />

nimmt. Die Eisenbahn ist das typische<br />

Verkehrsmittel für grosse Sammeltransporte,<br />

die sich auf Verkehrsachsen mit<br />

grossem Verkehr beschränken. Es ist deshalb<br />

für den Eisenbahnverkehr unrationell,<br />

wenn er zu stark verästelt wird und<br />

wenn jede abgelegene kleine Talschaft<br />

durch eine eigene Eisenbahnlinie bedient<br />

wird.<br />

Das hohe Gewicht der Eisenbahnzüge<br />

und der geringe Reibungskoeffizient von<br />

Eisen auf Eisen bedingen eine geringe<br />

Steigfähigkeit der Schienenfahrzeuge. Es<br />

sind deshalb zur Ueberwindung von Höhendifferenzen<br />

sehr komplizierte und<br />

teure Anlagen notwendig.<br />

Das Automobil besitzt die Eigenart, bei<br />

wenig Eigengewicht eine grosse Motorleistung<br />

zur Fortbewegung zur Verfügung zu haben.<br />

Es hat gegenüber der Bahn hauptsächlich infolge<br />

des fünfmal grösseren Reibungskoeffizienten<br />

von Gummi auf Strassenbelag gegenüber<br />

Eisen auf Eisen den Vorteil der raschen<br />

Beschleunigung, der grossen Steigfähigkeit<br />

und der leichten Bremsung.<br />

Eine richtige Verkehrsteilüng lässt sich<br />

natürlich nicht ohne einen gewissen Zwang<br />

durchführen. Die einzig richtige Lösung des<br />

Problems Eisenbahn und Auto ist diejenige,<br />

welche der Volkswirtschaft den grössten<br />

Nutzen bringt. Dabei kann heute leider noch<br />

nicht einzig und allein darauf ausgegangen<br />

werden, für jede Transportleistung das wirtschaftlichste<br />

Verkehrsmittel anzuwenden. Die<br />

grossen Leistungen, welche die Eisenbahn für<br />

die Entwicklung der Wirtschaft vollbracht<br />

hat und ganz besonders die riesigen Summen<br />

Volksvermögens, die in den Bahnen investiert<br />

wurden, müssen heute noch berücksichtigt<br />

werden. Mit Naturgewalt wird sich aber das<br />

Automobil mit der Zeit den ihm zukommenden<br />

Anteil am Verkehr sichern. Es ist deshalb<br />

zu erwarten, dass nach einigen Jahrzehnten<br />

— unbeschadet, ob der Kampf zwischen<br />

Eisenbahn und Automobil fortdauert,<br />

oder ob eine Verständigung zustande kommt<br />

— die beiden Verkehrsmittel sich in die Bewältigung<br />

der Transportmengen an Personen<br />

und Gütern so teilen werden, wie es nach der<br />

speziellen Eignung eines jeden dieser Verkehrsmittel<br />

am rationellsten sein wird.<br />

In der Abwicklung des Personenverkehrs<br />

spielt das Automobil heute eine so gewaltige<br />

Rolle, dass nicht mehr daran gedacht wird,<br />

das Rad der Entwicklung nach rückwärts zu<br />

drehen. Das Problem Eisenbahn und Auto<br />

wird seit geraumer Zeit in der Schweiz nur<br />

noch als Problem Gütertransport per Eisenbahn<br />

oder per Lastwagen diskutiert. Mit dieser<br />

Beschränkung besteht das Problem in<br />

allen zivilisierten Ländern, und der Kampf<br />

zwischen den beiden Verkehrsmitteln ist<br />

culus vitiosus hineinzuziehen; Dagegen<br />

wird geprüft werden müssen, von welchen<br />

Leistungen die Bahn einerseits befreit<br />

werden kann und mit welchen Beträgen<br />

bei einer Kapitalsanierung anderseits die<br />

Anrechnung von nicht abzulösenden bahnüberall<br />

an der Tagesordnung. Ueberall verfolgen<br />

die Eisenbahnen die Tendenz, dank<br />

ihrer wirtschaftlich überragenden Stellung<br />

und ihrer starken Verflechtung mit Staatsinteressen,<br />

den Gegner in seiner Entwicklung<br />

zu unterbinden, einerseits durch technische<br />

Restriktionen, anderseits durch immer neue<br />

fiskalische Belastungen.<br />

In der Schweiz ist man in den Beschränkungen<br />

in technischer Beziehung weiter gegangen<br />

als in andern Ländern.<br />

Die mit 1. Januar <strong>1933</strong> in Kraft getretene<br />

bundesrätliche Verordnung zum eidg. Automobilgesetz<br />

hat eine Verteuerung im schweren<br />

Lastzugtransport um 63 Prozent mit sich<br />

gebracht.<br />

Die bisherigen Verhandlungen.<br />

Die Vertreter der Eisenbahn- und der Automobilinteressen,<br />

die sich in den letzten Monaten<br />

zu Unterhandlungen über ein «Bundesgesetz<br />

zur Regelung der Beförderung von<br />

Gütern und Tieren mit Motorfahrzeugen auf<br />

öffentlichen Strassen» zusammenfanden,<br />

mussten sich vor allem vom Gedanken leiten<br />

lassen, eine Verständigung zwischen Eisenbahn<br />

und Auto in der Schweiz zu suchen, die<br />

beim Uebergang aus den heutigen Verkehrsverhältnissen<br />

in eine künftige Verkehrsteilung<br />

keine allzu grossen Erschütterungen der<br />

Volkswirtschaft mit sich bringt.<br />

Von den Bahnen wurde die Einschränkung<br />

des Fernverkehrs mit Lastautomobilen<br />

gefordert und die Automobilinteressenten<br />

sind bereit, dieser Forderung Rechnung zu<br />

tragen, wenn dafür dem Lastwagen im Nahverkehr<br />

gewisse Kompensationen geboten<br />

und die jetzt bestehenden volkswirtschaftlich<br />

gefährlichen technischen Beschränkungen im<br />

Lastwagenbetrieb, von denen ich soeben gesprochen<br />

habe, durch eine Aenderung der<br />

Vollziehungsverordnung zum Automobilgesetz<br />

beseitigt werden.<br />

Die Konkurrenzierung der Eisenbahnen Im<br />

Fernverkehr erfolgt hauptsächlich durch gewerbsmässige<br />

Automobiltransporteure. Da<br />

der Werkverkehr, d. h. der Transport von eigenen<br />

Waren mit eigenen Fahrzeugen, im<br />

Gegensatz zum gewerbsmässigen Transport,<br />

d. h. dem Transport für Dritte gegen Bezahlung,<br />

im allgemeinen nur eine 50prozentige<br />

Auslastung erreicht, d. h. der Lastwagen die<br />

(Fortsetzung Seite 5)<br />

Si»<br />

Das Schicksal<br />

des Grossen Preises der Schweiz<br />

Der Grosse Preis der Schweiz, der ursprünglich<br />

im kommenden August hätte stattfinden<br />

sollen, ist bekanntlich kürzlich in Anbetracht<br />

der gewaltigen Vorarbeit, die zu<br />

bewältigen in nützlicher Frist nicht mehr<br />

möglich war, um ein Jahr verschoben worden.<br />

Zur Klärung der Situation und zur Anhandnahme<br />

der wartenden Aufgaben fand<br />

vergangenen Mittwoch in Bern eine neue,<br />

von Herrn Regierungsrat Bösiger einberufene<br />

Sitzung statt, an der Kanton und Stadt, der<br />

A. C. S., die leitenden Persönlichkeiten des<br />

internationalen Motorradrundstreckenrennens<br />

im Bremgartenwald, der Verkehrsverein der<br />

Stadt Bern und der bernische Hotelierverein<br />

teilnahmen. Einleitend entwarf Herr Regierungsrat<br />

Bösiger ein Bild von den bisher geleisteten<br />

Vorarbeiten; dabei betonte er aufs<br />

neue, dass sowohl Kanton wie Gemeinde dem<br />

Unternehmen eines schweizerischen Grossen<br />

Preises durchaus sympathisch gegenüber<br />

stehen. Er erwähnte nochmals die verschiedenen<br />

Vorschläge, die im Laufe der Sitzungen<br />

zur Behandlung kamen. Man wandte<br />

sich vor einiger Zeit auch an das eidg. Amt<br />

für Arbeitsbeschaffung, um eine Subvention<br />

für den Ausbau der Strasse, der zahlreichen<br />

Arbeitslosen willkommene Beschäftigung bieten<br />

könnte, zu erlangen. Es besteht begründete<br />

Hoffnung, dass dem Gesuch entsprochen<br />

wird, doch wird auf jeden Fall die Bewilligung<br />

nur dann erteilt, wenn die Arbeiten in<br />

der kritischsten Zeit, also im Winter, ausgeführt<br />

werden. Dies ist einer der wichtigsten<br />

Gründe, weshalb der Grosse Preis der<br />

Schweiz um ein Jahr verschoben werden<br />

musste. Es dürfte sich um einen Subventionsbetrag<br />

von rund 100 000 Franken handeln.<br />

Erst im Laufe der letzten Wochen hat<br />

es sich gezeigt, dass der ganze Fragenkomplex<br />

überaus gross ist und eingehende<br />

Studien notwendig sind, um einen vollen Erfolg<br />

der Veranstaltung sicherzustellen. Anfangs<br />

Oktober <strong>1933</strong> soll nun die ganze Vorarbeit<br />

abgeschlossen und die Finanzierung<br />

definitiv gelöst sein. Die voraussichtlichen<br />

Kosten für den Strassenausbau werden etwas<br />

billiger als vorgesehen zu stehen kommen.<br />

Zu diskutieren gab in der letzten Sitzung<br />

auch die Frage, ob an der Murtenstrasse eine

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!