E_1933_Zeitung_Nr.039
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tomobil ganz wesentlich beteiligt, wie es<br />
ja auch der treibende Impuls für die letzte<br />
Periode von Hochkonjunktur war. Die<br />
Bahnen würden deshalb richtiger dem<br />
Auto einen Teil ihrer Verkehrssteigerung<br />
gutschreiben, als heute die Verkehrsabnahme<br />
dem Auto zur Last legen.<br />
Die Bevölkerungszahl und die Menge<br />
der Verbrauchsgüter sind nur wenig gestiegen.<br />
Der Personenverkehr und der<br />
Güteraustausch wurden dagegen durch<br />
das Automobil mächtig gefördert. Dabei<br />
hat das Automobil vielfach nur Zubringerdienste<br />
geleistet. Es ist also ein direkter<br />
Bundesgenosse der Bahn gewesen, was<br />
durch die Zahlen der Verkehrssteigerung<br />
in den letzten zwei Jahrzehnten bewiesen<br />
wird. Das Studium der regionalen Verteilung<br />
des Eisenbahn- und Automobilverkehrs<br />
zeigt, dass Bahn und Auto sich<br />
gleichmässig entwickelt haben in Gebieten,<br />
welche durch die Zusammenarbeit der<br />
beiden Verkehrsmittel eine Steigerung der<br />
Wirtschaftsintensität erlebten; nirgends<br />
ist aber eine Abdrosselung des einen oder<br />
des andern Verkehrsmittels durch das<br />
Übermässige Emporkommen des Konkurrenten<br />
erfolgt.<br />
Den Grund der rückläufigen Entwicklung<br />
seit 1930 wird kein vernünftiger<br />
Wirtschafter anderswo als in der allgemeinen<br />
Krise suchen. Sehr viele Fachleute<br />
werden sich eher wundern, dass die Krise<br />
sich für die Verkehrsmittel erst so spät<br />
und nicht stärker ausgewirkt hat.<br />
Die Schwächen des Eisenbahnbetriebes.<br />
Die schweizerischen Bundesbahnen werden<br />
nicht darüber erstaunt sein, wenn die<br />
Anklagen, die sie gegenüber dem Automobil<br />
erhoben haben, nicht nur durch eine<br />
Verteidigung, wie ich sie im vorhergehenden<br />
gegeben habe, abgewehrt werden, sondern<br />
wenn mit einem Gegenangriff auf<br />
die Schwächen, die sich im Eisenbahnbetrieb<br />
gezeigt haben, geantwortet wird.<br />
Unsere Kritik wird von den leitenden<br />
Organen der schweizerischen Bundesbahnen<br />
um so eher gewürdigt werden können,<br />
als die Fehler, auf die wir hinweisen müssen,<br />
nicht Fehler der heutigen Betriebsleitung,<br />
sondern der politischen Situation<br />
der Schweiz und der Verknüpfung der<br />
schweizerischen Bundesbahnen mit den<br />
Schicksalen der Demokratie und des Parlamentarismus<br />
sind. Es kann nicht energisch<br />
genug darauf hingewiesen werden,<br />
dass die Ursache der heutigen schwierigen:<br />
Lage der Staatsbahn ganz wo anders zu<br />
suchen ist, als bei der Konkurrenzierung<br />
durch das böse Automobil, das man allzu<br />
gerne für alle Schäden verantwortlieh<br />
macht.<br />
Ich habe schon erwähnt, dass mit Ausnahme<br />
der beiden letzten Krisenjahre eine<br />
ständige Steigerung des Verkehrs auf dem<br />
Netze der schweizerischen Bundesbahnen<br />
festzustellen war. Auch die Verkehrsziffern<br />
in den beiden letzten Jahren sind<br />
noch sehr gross und liegen weit über dem<br />
Durchschnitt der Verkehrsziffern der letzten<br />
20 Jahre.<br />
Wenn nun die Bundesbahnen heute an<br />
das Schweizervolk gelangen mit dem Verlangen,<br />
der Bund solle eine Summe von<br />
870 Millionen Franken Bahnschulden<br />
übernehmen, so wird sich der Sehweizerbürger<br />
fragen, woher, angesichts der hohen<br />
Verkehrsziffern, eigentlich das Loch<br />
in der Rechnung der schweizerischen Bundesbahnen<br />
kommt, das eine so ausserordentliche<br />
Forderung an die Volksgemeinschaft<br />
macht. Wenn in den Jahren der<br />
Hochkonjunktur 1928 und 1929 trotz übermässig<br />
grossen Verkehrsziffern nur ein<br />
sehr bescheidener Ueberschuss erzielt werden<br />
konnte, der nicht einmal zu angemessenen<br />
Rückstellungen, Amortisationen und<br />
Speisungen der Sozialkassen reichte, dann<br />
inuss die tiefere Ursache für die schlechte<br />
Lage der schweizerischen Bundesbahnen<br />
wohl an einem andern Ort gesucht werden.<br />
Dieser Ort ist nicht die Einnahmen-,<br />
sondern die Ausgabenseite der Bundesbahnrechnung.<br />
Die Personalausgaben betrugen im Mittel<br />
der Jahre 1903—1905 50,8 Millionen<br />
Franken und im Mittel der Jahre 1928—<br />
1930 221 Millionen Franken, oder pro Angestellten<br />
1903—1905 = 1912 Franken und<br />
1928—1930 = 6547 Franken. Es ergibt sich<br />
also seit 1903—1905 eine Vermehrung um<br />
242,4 Prozent pro Kopf. Bei Beurteilung<br />
dieser Durchschnittszahlen darf nicht vergessen<br />
werden, dass die Besoldungen der<br />
höhern Beamten der Bundesbahnen, verglichen<br />
mit den in der Privatwirtschaft<br />
üblichen Ansätzen, als niedrig zu bezeichnen<br />
sind, wogegen das Einkommen der<br />
untern Kategorien von Bundesbahnbeamten<br />
volle 50 Prozent höher steht als das<br />
Einkommen der Arbeiter gleichartiger<br />
Tätigkeit in. der Privatindustrie.<br />
Bei einer Erhöhung der Besoldungen des<br />
Bahnpersonals von 1913 auf 1930 um 90%<br />
wie bei der Metall- und Maschinenindustrie<br />
würden die Personalaussraben pro<br />
Kopf im Jahre 1930 = 5164 Franken betragen.<br />
Das würde bei einem Personalbestand<br />
von 34300 Personen im Jahre 1930<br />
eine Gesamtsumme von 177 Millionen Fr.<br />
ausgemacht haben. In Wirklichkeit aber<br />
wurden 223 Millionen Fr. ausgegeben. Die<br />
Differenz von 46 Millionen Fr. würde reichen,<br />
um die Verzinsung des Kapitals von<br />
870 Millionen Fr., die heute der Bund übernehmen<br />
soll, vorzunehmen und dazu noch<br />
weitere Millionen für die längst notwendigen<br />
Taxermässigungen freizumachen.<br />
Heute wird es tatsächlich nicht möglich<br />
sein, mit einem Ruck die Ausgaben für das<br />
Personal um so beträchtliche Summen zu<br />
kürzen. Es rächt sich nun, dass die Besoldungsregelung<br />
des Bundesbahnpersonals<br />
mit der Besoldungsregelung des gesamten<br />
Bundespersonals zusammengekoppelt wurde<br />
und dass alle die politischen Einflüsse,<br />
denen das Parlament so leicht zugänglich<br />
ist, bei der Festsetzung der Saläre für einen<br />
technischen Betrieb mitsprechen. Muss es<br />
einen Wirtschafter nicht merkwürdig berühren,<br />
wenn heute der Gehalt eines Weichenwärters<br />
nicht verändert werden kann,<br />
ohne dass gleichzeitig der Gehalt eines<br />
Bundesrichters ebenfalls geändert wird?<br />
Die Leitung der schweizerischen Bundesbahnen<br />
wird mit Recht sagen, dass sie für<br />
diese unglücklichen Verhältnisse nicht verantwortlich<br />
ist. Sie wird aber auch zugeben<br />
müssen, dass diese unglücklichen<br />
Verhältnisse in ganz besonderm Masse für<br />
die schlechte Lage der schweizerischen<br />
Bundesbahnen verantwortlich sind und<br />
nicht die Konkurrenz des Automobils.<br />
Eine ähnliche übermässige Steigerung<br />
der Belastung der Bundesbahnrechnung<br />
auf der Ausgabenseite bringt auch der<br />
Zinsen- und Tilgungsdienst der Bundesbahnschuld.<br />
Das Anlagekapital stieg von<br />
940 Millionen Fr. im Jahre 1903 auf 2 Milliarden<br />
590 Millionen Fr. im Jahre 1930,<br />
der Betrag, der für Zins und Tilgung jährlich<br />
aufgebracht werden muss; von 41,4<br />
Millionen Fr. auf 120,6 Millionen Fr. Somit<br />
stieg die Aufwendung für Zins und<br />
Tilgung um 113,1%, während die Aufwendungen<br />
für das Personal in der gleichen<br />
Zeitperiode sich um 129,3% erhöhten. Bei<br />
Beurteilung dieser Prozentsätze muss man<br />
sich daran erinnern, dass zur Einsparung<br />
von Personal trotz der 48-Stundenwoche<br />
eine Verbesserung der technischen Einrichtungen<br />
in gewissen Grenzen rationell<br />
war und dass die Elektrifikation einen wesentlichen<br />
Teil der erhöhten Kapitalinvestition<br />
ausmacht. Die trotzdem übermässige<br />
Steigerung der Kapitalinvestition ist<br />
um so bedenklicher, als die grosse Kapitalintensität<br />
der Eisenbahnwirtschaft eine<br />
grosse Konjunkturempfindlichkeit des Eisenbahnbetriebs<br />
im Gefolge hat.<br />
Im Automobilbetrieb entspricht der Wert<br />
der jährlichen Transportleistung ungefähr<br />
der Höhe der Anlagekosten, und zwar von<br />
Automobil und Garage zusammen. Der Umsatz<br />
beträgt also 100% der Kapitalinvestition,<br />
wogegen z. B. im Jahre 1930, in welchem<br />
die Bundesbahnen noch kein grosses<br />
Defizit aufwiesen, ihre Transporteinnahmen<br />
nur etwa 15% des investierten Kapitals<br />
erreichten. Die ganze Eisenbahnpolitik<br />
der Schweiz scheint in den letzten Jahrzehnten<br />
vom Gedanken beherrscht gewesen<br />
zu sein, Ausgaben nach dem Willen des<br />
Personals, des Parlaments und einzelner<br />
Landesgegenden zu machen und die Einnahmen<br />
diesen Ausgaben anzupassen. Das<br />
Schicksal hat es eine Zeitlang gut gemeint<br />
mit den Bahnen und hat ihre Einnahmen<br />
parallel zu den Ausgaben steigen lassen.<br />
Nun ist die Harmonie der Linien durch<br />
die Krise gestört worden.<br />
Heute wird dem Schweizervolk für die<br />
verfehlte Politik der letzten 20 Jahre und<br />
für die Verkennung der kaufmännischen<br />
Grundsätze eine Rechnung in der Höhe<br />
von 870 Millionen Franken präsentiert.<br />
Im Bericht der Generaldirektion über<br />
die Finanzlage der Bundesbahnen vom 7,<br />
Februar dieses Jahres und namentlich in<br />
der Broschüre von Professor Saitzew wird<br />
auf die Lasten hingewiesen, welche die<br />
schweizerischen Bahnen aus staatswirtschaftlichen,<br />
militärischen und sozialpolitischen<br />
Gründen auf sich nehmen mussten.<br />
Es wird geschätzt, welche Summen<br />
diese Leistungen im Laufe des Jahres<br />
ausmachten, und es wird dem Automobil<br />
vorgehalten, dass es von allen diesen Leistungen<br />
frei sei. In diesem Zusammenhang<br />
muss daran erinnert werden, dass die<br />
Bundesbahnen durch Steuerfreiheit und<br />
durch Vorteile in der Kapitalbeschaffung<br />
infolge der Garantie des Bundes namhafte<br />
Kompensationen erhalten haben. Es wird<br />
sich niemals darum handeln dürfen, auch<br />
noch das Auto in den durch die unbezahlten<br />
Leistungen der Bahn bedingten Cir-<br />
AUTOMOBIL-REVUE, <strong>1933</strong> - N°39<br />
vorgeschlagene Schutzmauer von 550 m<br />
Länge und 1,30 m Höhe gebaut werden soll<br />
oder ob die Anlegung eines Schutzwalles von<br />
Zementsäcken genüge. Die Angelegenheit<br />
soll noch genauer studiert werden. Im<br />
Schosse des provisorischen Komitees wurde<br />
der berechtigte Gedanke laut, wenn irgendfremden<br />
Leistungen und die vollständige<br />
Rückvergütung der Kriegslasten geschehen<br />
kann. Das Auto aber muss gerade im<br />
Interesse der Volkswirtschaft von Bindungen<br />
verschont bleiben, welche seinem Wesen<br />
Gewalt antun würden.<br />
Ich glaube, dass Sie mit mir einig sind,<br />
wenn ich erkläre, dass der schweizerischen<br />
Volkswirtschaft nicht dadurch geholfen<br />
werden kann, dass die unerfreuliche<br />
Rechnung der schweizerischen Bundesbahnen<br />
durch Vernichtung desjenigen<br />
Verkehrsmittels ins Gleichgewicht gebracht<br />
wird, das die Transportverhältnisse<br />
in der Schweiz verbessern und ausgleichen<br />
kann, sondern dadurch, dass die<br />
schweizerischen Bundesbahnen gehalten<br />
werden, die Ausgabenseite ihrer Rechnung<br />
nach Kräften zu senken und zu diesem<br />
Zwecke auch das neue Verkehrsmittel,<br />
das Automobil, nach Möglichkeit beizuziehen.<br />
Neben der momentanen Erleichterung,<br />
die der ungenügende Lohnabbau um 7J'a<br />
Prozent den Bundesbahnen bringen<br />
könnte, wird aber eine dauernde Korrektur<br />
nicht zu umgehen sein, die dadurch<br />
zu schaffen, ist, dass die Organisation der<br />
schweizerischen Bundesbahnen, einschliesslich<br />
der Gehaltsregelung den politischen<br />
Einflüssen in Zukunft entzogen wird.<br />
Jedenfalls wäre es verfehlt, auf das<br />
Ansuchen der Bundesbahnleitung, eine<br />
Schuld von 870 Millionen durch den Bund<br />
übernehmen zu lassen, einzutreten, bevor<br />
von seiten der Bahn genügend Garantien<br />
für die Reorganisation und die vernünftige<br />
Zusammenarbeit mit dem Automobil<br />
gegeben werden.<br />
Beim heutigen Stand der Technik kann<br />
es sich einzig darum handeln, ein<br />
System für die Verkehrsteilung zwischen<br />
Bahn und Auto<br />
herauszufinden und praktisch durchzuführen,<br />
das der Wirtschaft durch eine rationelle<br />
Gestaltung der Transportmöglichkeiten<br />
den gröesten Dienst leistet. Ich<br />
komme deshalb nach dem eher negativen<br />
Teil meiner Ausführungen, zur dankbareren<br />
Aufgabe, Ihnen von einem aufbauenden<br />
Projekt zu sprechen. Wirtschaftlich<br />
richtig wird eine Zusammenarbeit<br />
sein, welche auf die technischen Besonderheiten<br />
von Bahn und Auto Rücksicht<br />
nimmt. Die Eisenbahn ist das typische<br />
Verkehrsmittel für grosse Sammeltransporte,<br />
die sich auf Verkehrsachsen mit<br />
grossem Verkehr beschränken. Es ist deshalb<br />
für den Eisenbahnverkehr unrationell,<br />
wenn er zu stark verästelt wird und<br />
wenn jede abgelegene kleine Talschaft<br />
durch eine eigene Eisenbahnlinie bedient<br />
wird.<br />
Das hohe Gewicht der Eisenbahnzüge<br />
und der geringe Reibungskoeffizient von<br />
Eisen auf Eisen bedingen eine geringe<br />
Steigfähigkeit der Schienenfahrzeuge. Es<br />
sind deshalb zur Ueberwindung von Höhendifferenzen<br />
sehr komplizierte und<br />
teure Anlagen notwendig.<br />
Das Automobil besitzt die Eigenart, bei<br />
wenig Eigengewicht eine grosse Motorleistung<br />
zur Fortbewegung zur Verfügung zu haben.<br />
Es hat gegenüber der Bahn hauptsächlich infolge<br />
des fünfmal grösseren Reibungskoeffizienten<br />
von Gummi auf Strassenbelag gegenüber<br />
Eisen auf Eisen den Vorteil der raschen<br />
Beschleunigung, der grossen Steigfähigkeit<br />
und der leichten Bremsung.<br />
Eine richtige Verkehrsteilüng lässt sich<br />
natürlich nicht ohne einen gewissen Zwang<br />
durchführen. Die einzig richtige Lösung des<br />
Problems Eisenbahn und Auto ist diejenige,<br />
welche der Volkswirtschaft den grössten<br />
Nutzen bringt. Dabei kann heute leider noch<br />
nicht einzig und allein darauf ausgegangen<br />
werden, für jede Transportleistung das wirtschaftlichste<br />
Verkehrsmittel anzuwenden. Die<br />
grossen Leistungen, welche die Eisenbahn für<br />
die Entwicklung der Wirtschaft vollbracht<br />
hat und ganz besonders die riesigen Summen<br />
Volksvermögens, die in den Bahnen investiert<br />
wurden, müssen heute noch berücksichtigt<br />
werden. Mit Naturgewalt wird sich aber das<br />
Automobil mit der Zeit den ihm zukommenden<br />
Anteil am Verkehr sichern. Es ist deshalb<br />
zu erwarten, dass nach einigen Jahrzehnten<br />
— unbeschadet, ob der Kampf zwischen<br />
Eisenbahn und Automobil fortdauert,<br />
oder ob eine Verständigung zustande kommt<br />
— die beiden Verkehrsmittel sich in die Bewältigung<br />
der Transportmengen an Personen<br />
und Gütern so teilen werden, wie es nach der<br />
speziellen Eignung eines jeden dieser Verkehrsmittel<br />
am rationellsten sein wird.<br />
In der Abwicklung des Personenverkehrs<br />
spielt das Automobil heute eine so gewaltige<br />
Rolle, dass nicht mehr daran gedacht wird,<br />
das Rad der Entwicklung nach rückwärts zu<br />
drehen. Das Problem Eisenbahn und Auto<br />
wird seit geraumer Zeit in der Schweiz nur<br />
noch als Problem Gütertransport per Eisenbahn<br />
oder per Lastwagen diskutiert. Mit dieser<br />
Beschränkung besteht das Problem in<br />
allen zivilisierten Ländern, und der Kampf<br />
zwischen den beiden Verkehrsmitteln ist<br />
culus vitiosus hineinzuziehen; Dagegen<br />
wird geprüft werden müssen, von welchen<br />
Leistungen die Bahn einerseits befreit<br />
werden kann und mit welchen Beträgen<br />
bei einer Kapitalsanierung anderseits die<br />
Anrechnung von nicht abzulösenden bahnüberall<br />
an der Tagesordnung. Ueberall verfolgen<br />
die Eisenbahnen die Tendenz, dank<br />
ihrer wirtschaftlich überragenden Stellung<br />
und ihrer starken Verflechtung mit Staatsinteressen,<br />
den Gegner in seiner Entwicklung<br />
zu unterbinden, einerseits durch technische<br />
Restriktionen, anderseits durch immer neue<br />
fiskalische Belastungen.<br />
In der Schweiz ist man in den Beschränkungen<br />
in technischer Beziehung weiter gegangen<br />
als in andern Ländern.<br />
Die mit 1. Januar <strong>1933</strong> in Kraft getretene<br />
bundesrätliche Verordnung zum eidg. Automobilgesetz<br />
hat eine Verteuerung im schweren<br />
Lastzugtransport um 63 Prozent mit sich<br />
gebracht.<br />
Die bisherigen Verhandlungen.<br />
Die Vertreter der Eisenbahn- und der Automobilinteressen,<br />
die sich in den letzten Monaten<br />
zu Unterhandlungen über ein «Bundesgesetz<br />
zur Regelung der Beförderung von<br />
Gütern und Tieren mit Motorfahrzeugen auf<br />
öffentlichen Strassen» zusammenfanden,<br />
mussten sich vor allem vom Gedanken leiten<br />
lassen, eine Verständigung zwischen Eisenbahn<br />
und Auto in der Schweiz zu suchen, die<br />
beim Uebergang aus den heutigen Verkehrsverhältnissen<br />
in eine künftige Verkehrsteilung<br />
keine allzu grossen Erschütterungen der<br />
Volkswirtschaft mit sich bringt.<br />
Von den Bahnen wurde die Einschränkung<br />
des Fernverkehrs mit Lastautomobilen<br />
gefordert und die Automobilinteressenten<br />
sind bereit, dieser Forderung Rechnung zu<br />
tragen, wenn dafür dem Lastwagen im Nahverkehr<br />
gewisse Kompensationen geboten<br />
und die jetzt bestehenden volkswirtschaftlich<br />
gefährlichen technischen Beschränkungen im<br />
Lastwagenbetrieb, von denen ich soeben gesprochen<br />
habe, durch eine Aenderung der<br />
Vollziehungsverordnung zum Automobilgesetz<br />
beseitigt werden.<br />
Die Konkurrenzierung der Eisenbahnen Im<br />
Fernverkehr erfolgt hauptsächlich durch gewerbsmässige<br />
Automobiltransporteure. Da<br />
der Werkverkehr, d. h. der Transport von eigenen<br />
Waren mit eigenen Fahrzeugen, im<br />
Gegensatz zum gewerbsmässigen Transport,<br />
d. h. dem Transport für Dritte gegen Bezahlung,<br />
im allgemeinen nur eine 50prozentige<br />
Auslastung erreicht, d. h. der Lastwagen die<br />
(Fortsetzung Seite 5)<br />
Si»<br />
Das Schicksal<br />
des Grossen Preises der Schweiz<br />
Der Grosse Preis der Schweiz, der ursprünglich<br />
im kommenden August hätte stattfinden<br />
sollen, ist bekanntlich kürzlich in Anbetracht<br />
der gewaltigen Vorarbeit, die zu<br />
bewältigen in nützlicher Frist nicht mehr<br />
möglich war, um ein Jahr verschoben worden.<br />
Zur Klärung der Situation und zur Anhandnahme<br />
der wartenden Aufgaben fand<br />
vergangenen Mittwoch in Bern eine neue,<br />
von Herrn Regierungsrat Bösiger einberufene<br />
Sitzung statt, an der Kanton und Stadt, der<br />
A. C. S., die leitenden Persönlichkeiten des<br />
internationalen Motorradrundstreckenrennens<br />
im Bremgartenwald, der Verkehrsverein der<br />
Stadt Bern und der bernische Hotelierverein<br />
teilnahmen. Einleitend entwarf Herr Regierungsrat<br />
Bösiger ein Bild von den bisher geleisteten<br />
Vorarbeiten; dabei betonte er aufs<br />
neue, dass sowohl Kanton wie Gemeinde dem<br />
Unternehmen eines schweizerischen Grossen<br />
Preises durchaus sympathisch gegenüber<br />
stehen. Er erwähnte nochmals die verschiedenen<br />
Vorschläge, die im Laufe der Sitzungen<br />
zur Behandlung kamen. Man wandte<br />
sich vor einiger Zeit auch an das eidg. Amt<br />
für Arbeitsbeschaffung, um eine Subvention<br />
für den Ausbau der Strasse, der zahlreichen<br />
Arbeitslosen willkommene Beschäftigung bieten<br />
könnte, zu erlangen. Es besteht begründete<br />
Hoffnung, dass dem Gesuch entsprochen<br />
wird, doch wird auf jeden Fall die Bewilligung<br />
nur dann erteilt, wenn die Arbeiten in<br />
der kritischsten Zeit, also im Winter, ausgeführt<br />
werden. Dies ist einer der wichtigsten<br />
Gründe, weshalb der Grosse Preis der<br />
Schweiz um ein Jahr verschoben werden<br />
musste. Es dürfte sich um einen Subventionsbetrag<br />
von rund 100 000 Franken handeln.<br />
Erst im Laufe der letzten Wochen hat<br />
es sich gezeigt, dass der ganze Fragenkomplex<br />
überaus gross ist und eingehende<br />
Studien notwendig sind, um einen vollen Erfolg<br />
der Veranstaltung sicherzustellen. Anfangs<br />
Oktober <strong>1933</strong> soll nun die ganze Vorarbeit<br />
abgeschlossen und die Finanzierung<br />
definitiv gelöst sein. Die voraussichtlichen<br />
Kosten für den Strassenausbau werden etwas<br />
billiger als vorgesehen zu stehen kommen.<br />
Zu diskutieren gab in der letzten Sitzung<br />
auch die Frage, ob an der Murtenstrasse eine