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E_1933_Zeitung_Nr.077

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Jahre 1931 wurden für 27 Millionen Franken<br />

Viehfutter in die Schweiz eingeführt. Hieraus<br />

ergibt sich die Bedeutung, welche der Fabrikation<br />

von eiweisshaltigen Futtermitteln für<br />

unser Land beizumessen ist. Der Anfall an<br />

Lignin als Rückstand der Holzverzuckerung,<br />

der auf 100 kg Holztrockensubstanz ca. 30 kg,<br />

ebenfalls als Trockensubstanz berechnet, beträgt,<br />

kann auf verschiedene Weise verwertet<br />

werden, in Form von gepressten Platten als<br />

Füllstoff oder zu Heizzwecken. Das Lignin<br />

enthält ca. 6000 Cal. und nach den im zweiten<br />

Bericht der Schweiz. Gesellschaft zum Studium<br />

der Motorbrennstoffe veröffentlichten<br />

Versuchen von Professor Schläpfer, lässt es<br />

sich ebenfalls günstig im Sauggasbetrieb verwenden.<br />

Herr Prof. Schläpfer schreibt folgendes:<br />

«Die verhältnismässig günstigen Ergebnisse<br />

mit Lignin, das über einer glühenden<br />

Buchenholzkohlenschicht vergaste, weisen auf<br />

die praktische Bedeutung eines Zweistoff-<br />

Gaserzeugers zur Vergasung feuchter Brennstoffe<br />

hin, die allerdings leicht vergasen<br />

mussten. Die Reduktion des so erzeugten<br />

Gases übernähme dann der zweite, schwer<br />

vergasende Brennstoff, welcher die Glühschicht<br />

bilden würde.»<br />

Da das Lignin in Fabriken anfällt, wird<br />

es leicht sein, es in der vorgeschlagenen<br />

Weise mit einem anderen Brennstoff zusammen<br />

zu briquettieren, und damit dürfte die<br />

Verwendung des Lignins im Sauggasbetrieb<br />

gegenüber den anderen Brennstoffen in keiner<br />

Weise zurückstehen.<br />

Zusammenfassend zeigen sich für uns folgende<br />

Möglichkeiten:<br />

Die Verzuckerung des Abfall- und Brennholzes<br />

könnte in mittelgrossen Anlagen vorgenommen<br />

werden. Der anfallende billige<br />

Holzzucker wird auf möglichst hochwertige<br />

Produkte umgearbeitet; seien es Futtermittel,<br />

Futterhefe, Aceton, Butylalkohol, organische<br />

Säure etc. oder auf Alkohol, der hinwiederum<br />

zu industriellen oder motorischen Zwecken<br />

verwendet werden kann. Der Rückstand des<br />

Lignins könnte briquettiert in Sauggasbetrieb<br />

verwendet werden. Welches der wirtschaftlichste<br />

Weg zur Verwertung unseres Brennholzanfalles<br />

ist, bleibt nun als nächste Aufgabe<br />

abzuklären. Durch Zusammenarbeit innerhalb<br />

der Schweiz. Studiengesellschaft wird es<br />

möglich sein, das Problem der Ersatzbrennstoffe<br />

für unser Land zu lösen und den Weg<br />

zu ebnen, um solche neue einheimische Motorbrennstoffe<br />

in der Schweiz verwenden zu<br />

können.<br />

Zum Abkommen Bahn-Auto.<br />

Durch die Presse macht die Meldung die<br />

Runde, dass der Verband Schweiz. Transportanstalten,<br />

mit andern Worten der grösste<br />

Teil der Privatbahnen, an seiner Tagung<br />

auch die Frage der Verkehrsteilung zwischen<br />

Bahn und Auto erörtert und dabei den Standpunkt<br />

vertreten habe, «dass die endgültige<br />

Zustimmung dazu von der vorbehaltlosen<br />

Ratifikation durch die Automobilinteressenten<br />

abhängig gemacht werden müsse». Etwas<br />

anderes Hess sich von dieser Vereinigung ja<br />

kaum erwarten, und wir sind durchaus nicht<br />

überrascht von einer derartigen Stellungnahme.<br />

Ob allerdings die Privatbahnen mit<br />

ihrer Auffassung durchdringen und das Feld<br />

behaupten werden, steht auf einem andern<br />

Blatt. Ganz so leicht geht es nicht, über die<br />

Köpfe der Automobilinteressenten hinweg zu<br />

dekretieren. Und sie stellen heute im Wirtschaftsleben<br />

der Schweiz einen Faktor dar,<br />

mit dem gerechnet werden muss. Beweis:<br />

der Umstand, dass die Bahnen sich zu einer<br />

Verständigung mit dem Auto herbeiliessen.<br />

Nun ist der Vorbehalt, welchen die Automobilinteressenten<br />

an die Ratifikation des<br />

Abkommens zwischen Bahn und Auto geknüpft<br />

haben, den Privatbahnen offenbar ein<br />

Dorn im Auge. Was will dieser Vorbehalt,<br />

worauf läuft er hinaus? Die Automobilinteressenten<br />

werden zur Konvention erst dann<br />

ja sagen, wenn der Bundesrat ihnen die Zusicherung<br />

erteilt, dass gewisse Bestimmungen<br />

der Vollziehungsverordnung zum Bundesgesetz<br />

über den Motorfahrzeugverkehr eine<br />

Aenderung erfahren. So zwar, dass in den<br />

Artikeln 10, 63 und 65 für die Dreiachswagen<br />

und die Lastenzüge eine Nutzlast von 10 Tonnen<br />

mit der bei der Bahn üblichen Toleranz<br />

und die Zulassung des Zweiachsanhängewagens<br />

an schweren Motorfahrzeugen gewährt<br />

werden sollen.<br />

Ein paar Worte der Motivierung zu diesen<br />

Begehren sind am Platz. Wenn das Auto<br />

die Aufgabe, welche ihm durch das neue<br />

Gesetz zugeteilt wird, erfüllen soll, und zwar<br />

ohne dabei auf die Wirtschaftlichkeit zu verichten,<br />

dann muss eine Möglichkeit geschaf-<br />

; en werden, mit einer Motorfahrzeug- oder<br />

astzugfahrt den Inhalt eines Eisenbahnwagens<br />

zu befördern. Nur unter dieser Voraussetzung<br />

können solche Transporte halbwegs<br />

wirtschaftlich gestaltet werden. In andere<br />

Form geprägt heisst das, dass eine<br />

Mindestnutzlast von 10 Tonnen zugelassen<br />

werden sollte. Darin liegt der Angelpunkt<br />

der Wünsche der Automobilinteressenten.<br />

Und jetzt fragen wir: Schiessen sie wirklich<br />

über das Ziel hinaus, wenn ihr Streben und<br />

Trachten dahin geht, auch dem ökonomischen<br />

Moment Rechnung zu tragen? Was dem<br />

einen recht, sollte dem andern billig sein.<br />

Und weiter fragen wir: ist es gerecht, dass<br />

der Bund aus dem einen unserer Wirtschaftszweige,<br />

dem Automobilwesen, Millionen und<br />

Millionen einnimmt, dass er dem Lastentransportgewerbe<br />

durch Limitierung der Gewichtsgrenzen<br />

die Existenz erschwert, dieweil er<br />

auf der andern Seite gewaltige Beträge an<br />

Subventionen für andere Glieder unseres<br />

Wirtschaftslebens ausschüttet. Aber noch ein<br />

weiteres Argument sei in diesem Zusammenhang<br />

ins Treffen geführt: die Rücksicht auf<br />

unsere einheimische Lastwagenindustrie. Auch<br />

sie drängt in der Richtung auf eine Aenderung<br />

der Vollziehungsverordnung zum Automobilgesetz.<br />

Die Erzeugnisse unserer Lastwagenfirmen<br />

sind Qualitätsprodukte, erheblich<br />

schwerer als diejenigen der ausländischen<br />

Konkurrenz — und hier schlägt Qualität<br />

zum Nachteil aus. Denn währenddem mit<br />

einem schweizerischen Lastwagenzug nur 7<br />

bis 8 Tonnen Nutzlast befördert werden können,<br />

erreicht sie bei den leichter gebauten<br />

ausländischen Fahrzeugen 10 Tonnen. Woraus<br />

sich mit beinahe zwingender Notwendigkeit<br />

die Folge ergibt, dass ausländische<br />

gegenüber schweizerischen Lastwagen den<br />

Vorzug erhalten. So von ungefähr kommt<br />

es denn auch nicht, dass die schweizerische<br />

Lastwagenindustrie mit grössten Schwierigkeiten<br />

zu kämpfen hat, dass die Aufträge<br />

sich in diesem Jahr noch weiter rückläufig<br />

entwickelt haben, währenddem die ausländische<br />

Konkurrenz auf unserem Markt zusehends<br />

an Boden gewinnt. Was dadurch<br />

an wirtschaftlichen Werten für die Schweiz<br />

verloren geht, darüber ist weiter kein Wort<br />

zu verlieren. In seiner letzten Ursache geht<br />

dieses beständige Abbröckeln der Verkäufe<br />

unserer Lastwagenindustrie auf die Folgen<br />

der Vollziehungsverordnung und auf die Verhandlungen<br />

mit der Bahn zurück. In Amerika,<br />

Deutschland, Italien, England hat die Lastwagenproduktion<br />

enorm zugenommen, in<br />

Frankreich waren 1932 von rund 22 000 neu<br />

in Verkehr getretenen Lastwagen nur 12 Prozent<br />

ausländischer Provenienz, bei uns aber<br />

liegt dieser Industriezweig am Boden. Ist<br />

es angesichts dieses Standes der Dinge nicht<br />

verständlich, selbstverständlich, dass unsere<br />

grossen, am Motorfahrzeug interessierten<br />

Verbände Seite an Seite mit der Industrie<br />

kämpfen, dass Aspa, A.C.S., T.C.S., U.M.S.,<br />

Chambre syndicale und andere mehr ihre<br />

Zustimmung zum Abkommen über die Verkehrsteilung<br />

von der erwähnten Aenderung<br />

der Vollziehungsverordnung abhängig<br />

machen? Es kostete unendliche Mühe, den<br />

Widerstand gegen die Konvention zu brechen<br />

und nur einmal so weit zu kommen.<br />

Jetzt aber erklären sie kategorisch und zu<br />

vollem Recht: bis hieher und nicht weiter.<br />

Die Aenderung der Vollziehungsverordnung<br />

«Wäre es, da wir schon an der Regelung<br />

unserer geschäftlichen Beziehungen sind,<br />

nicht angebracht, auch unsere menschlichen<br />

in Ordnung zu bringen?»<br />

Madame schwieg einen Augenblick. Dann<br />

sagte sie unsicher: «Wie soll ich das verstehen?»<br />

«Das ist sehr einfach, Madame! Es kann<br />

Ihnen doch kein Geheimnis geblieben sein,<br />

dass mich nicht nur das .Geschäft', sondern<br />

auch eine sehr lebhafte menschliche Neigung<br />

zu Ihnen zieht. Mit anderen Worten: Ich<br />

liebe Sie, Madame!»<br />

Eberhard war in der Erregung des Augenblicks<br />

ganz bleich geworden; sein Atem ging<br />

heftig und seine Augen suchten die ihren.<br />

Auch Mercedes schien um einen Schein blässer<br />

zu sein. Sie hielt die Augen gesenkt, und<br />

ihre Hand zitterte ein wenig, als sie sie wie<br />

abwehrend hob.<br />

«Ach,» sagte sie, «was Sie mir da sagen,<br />

das ist sehr bedauerlich. Sehr bedauerlich,<br />

Herr Farnaglia! Sehr störend, wenigstens<br />

für mich. Denn — sehen Sie: das geschäftliche<br />

Zusammenarbeiten geht sehr glatt, solange<br />

es nicht durch das Gefühl oder durch<br />

Gefühle gestört wird. Sie sagen, Sie lieben<br />

mich. Es irritiert mich. Ich glaube, Sie gut<br />

genug zu kennen, um nicht anzunehmen, dass<br />

Sie der Meinung sind, mich mit ein wenig<br />

Liebe ködern zu können. Herr Stöckner hat<br />

das anfangs versucht, aber er hat bald einsehen<br />

müssen, dass das nicht ging. Liebe —<br />

Herr Farnaglia: es wird Ihnen vielleicht<br />

sonderbar vorkommen, das von mir zu hören,<br />

aber es ist so —: Liebe ist ein Wort, das<br />

ich aus meinem Wortschatz gestrichen habe.<br />

Sie brauchen mich nicht zu fragen, warum.<br />

Liebe ist, vielleicht im Leben überhaupt, ganz<br />

besonders aber bei dem Metier, dem ich mich<br />

verschrieben habe, mehr als ein unnötiger<br />

Ballast: sie ist hinderlich. Nur hinderlich.<br />

Es tut mir so leid, dass Sie mir das gesagt<br />

haben, denn nun kann ich beim besten Willen<br />

Ihnen gegenüber nicht mehr so unbefangen<br />

sein, als ich es bisher war!»<br />

«Aber warum, Madame? Zweifeln Sie an<br />

der Aufrichtigkeit meiner Zuneigung?><br />

ÄUTOMOBIL-REVUB <strong>1933</strong> — N° 77<br />

wird zur conditio sine qua non erhoben —<br />

andernfalls bricht das Verständigungswerk<br />

der Uebereinkunft Bahn—Auto in sich zusammen.<br />

Und wem bei dieser Rückkehr zu<br />

Die Ursachen der Katastrophe.<br />

Der internationale Autosport ist letzten<br />

Sonntag in tiefe Trauer gekommen. Eine<br />

Tragödie von Ausmassen, wie diese bis jetzt<br />

glücklicherweise unbekannt geblieben sind,<br />

hat drei der Besten aus der Reihe der<br />

internationalen Automobilrennfahrer hinweggerafft:<br />

Giuseppe Carnpari, Mario Umberto<br />

Borzacchini und Graf Stanislas Czaikowsky.<br />

Noch immer steht die gesamte Sportwelt<br />

unter dem niederschmetternden Eindruck der<br />

Todesnachrichten, und weit über die engeren<br />

Kreise der Autosportfreunde hinaus hat das<br />

Unglück grösste Bestürzung ausgelöst. Das<br />

Drama von Monza war am Sonntag abend,<br />

als Draht und Funk die Hiobsbotschaften in<br />

alle Welt hinaustrugen, überall Gesprächsthema;<br />

auch in der Schweiz wurden die Meldungen,<br />

die erst nach und nach die Schwere<br />

des ganzen Unheils enthüllten, mit Schrecken<br />

vernommen. Auch die Tageszeitungen brachten<br />

spaltenlange Berichte.<br />

Für die riesigen Zuschauermengen, die<br />

nach alter Sitte am Sonntag in Erwartung<br />

eines grossen Sportereignisses nach Monza<br />

gepilgert waren, wurde der Nachmittag zu<br />

einem schweren Erlebnis. Das ganze Unglück<br />

wirkte um so unbegreiflicher und<br />

schreckensvoller, als sich der Grosse Preis<br />

von Italien vom Vormittag ohne den geringsten<br />

Zwischenfall abgewickelt hatte und<br />

sportlich von einzigartigem Interesse war.<br />

Noch am Mittag gratulierte man sich, Zeuge<br />

dieses grossen Tages von Monza geworden<br />

zu sein, der zu einem beispiellosen Erfolg<br />

zu werden schien. Mit Ungeduld und Freude<br />

erwartete man den bevorstehenden Grossen<br />

Preis von Monza. Das Publikum klatschte<br />

sich fast die Hände wund, als die Fahrer des<br />

ersten Vorlaufes zum Starte antraten, und<br />

jubelte voll Enthusiasmus den Leistungen zu.<br />

Graf Czaikowsky vollendete den ersten Vorlauf<br />

als unumstrittener Sieger und stieg<br />

glücklich aus seinem Bugatti-Wagen.<br />

Mit ganz besonderer Spannung sah man<br />

nun dem zweiten Vorlauf entgegen, der Campari<br />

und Borzacchini zusammenführen sollte.<br />

Wir haben schon in der letzten Nummer geschildert,<br />

unter welchem Beifallssturm die<br />

beiden Unglücklichen ihre Todesfahrt antraten.<br />

Eine gewisse nervöse Unruhe war allerdings<br />

schon vor dem zweiten Vorlauf zu bemerken,<br />

als die Fahrer aus irgendeinem<br />

Grunde lange auf das Startzeichen warten<br />

mussten. Erst nachher merkte man dann,<br />

dass ein Auto der Rennleitung weggefahren<br />

war, deren Insassen Besen mit sich führten.<br />

Der Düsenberg von Graf Trossi hatte nach<br />

der achten Runde bekanntlich einen Bruch<br />

der Oelleitung zu verzeichnen, so dass das<br />

Oel sich über die Strecke ergoss. Die Konkurrenten<br />

stellten bei der Durchfahrt fest,<br />

dass sich vor allem gross.e Oellachen in der<br />

Vedano-Nordkurve befanden, und der junge<br />

Franzose Moll reklamierte daraufhin auch sofort<br />

bei der Rennleitung.<br />

Leider, leider hatte die Säuberung der<br />

Strecke keinerlei Erfolg. Campari und Borzacchini,<br />

von denen jeder die Stärke des andern<br />

kannte, gingen sogleich mit höchsten<br />

Geschwindigkeiten los, um trotz der Kürze<br />

des Rennens eine klare Entscheidung herbeiführen<br />

zu können. Sie mussten ihren Elan<br />

schon eine Minute nach dem Starte furchtbar<br />

büssen. Von sieben Gestarteten kamen nach<br />

der ersten Runde noch drei vorüber, mit<br />

deutlich verringerten Geschwindigkeiten, die<br />

allein schon Schlimmes ahnen Hessen. Es<br />

«Nein. Gewiss nicht. Aber gerade weil ich<br />

Ihnen glaube, muss ich mich vor Ihnen hüten.<br />

Denn: seien Sie versichert, Signore Farnaglia,<br />

in dem Augenblick, da ich anfinge, Ihre Gefühle<br />

zu erwidern, müsste ich aufhören, eine<br />

brauchbare Agentin zu sein! Sehen Sie, nun<br />

machen Sie ein ganz verzweifeltes Gesicht<br />

— wie traurig ist das! Warum mussten Sie<br />

sprechen? Hätte nicht ein Unausgesprochenes<br />

reizvoll zwischen uns sein können? Wie es<br />

bisher war? Ach — wie traurig das ist!»<br />

Sie sagte das alles mit einer müden, verschleierten<br />

Stimme, und Eberhard schien es,<br />

es stünden ihre Augen voll Wasser.<br />

«Verzeihen Sie mir, Madame! Wenn ich<br />

hätte ahnen können, dass Sie es schmerzt...!»<br />

«Dann hätten Sie geschwiegen? Lieber<br />

Freund — Sie hätten das wissen müssen.<br />

Haben Sie denn nicht die vierzehn Tage, die<br />

wir uns kennen, ein wenig über mich nachgedacht?<br />

Es musste Ihnen doch klar sein,<br />

dass mit mir etwas nicht recht stimmt, nicht<br />

wahr? Vielleicht hat Ihnen sogar Herr Stöckner<br />

erzählt, dass ich vor kurzer Zeit noch<br />

den frühern Zuständen die Felle davonschwimmen,<br />

wird wohl kaum fraglich sein,<br />

am allerwenigsten hinsichtlich der Privatbahnen.<br />

IS<br />

Sportnachrichten<br />

Die Tragödie von Monza<br />

blieb der Rennleitung vorbehalten, die Nerven<br />

der Tausende von Tribünenbesuchern,<br />

einschliesslich der Presse, die besonderes<br />

Recht auf sofortige Orientierung hatte, auf<br />

eine fast unerträgliche Probe zu stellen. Anfangs<br />

wurde überhaupt nichts Definitives mitgeteilt,<br />

nur wilde Gerüchte sickerten durch<br />

und Hessen die Leute erbleichen. Auch die<br />

drei im Rennen gebliebenen Fahrer wussten<br />

in der allgemeinen Aufregung nicht mehr aus<br />

und ein und hielten sogar kurz an, um sich<br />

zu erkundigen, ob sie weiterzufahren hätten.<br />

Schliesslich verkündete der Lautsprecher, ein<br />

Unfall habe sich ereignet, der, für Campari<br />

schlimme, für Borzacchini weniger schlimme<br />

Folgen gehabt hätte. Damit musste man sich<br />

vorläufig zufrieden geben. Erst Augenzeugenberichte<br />

orientierten dann über die Tragweite<br />

der Katastrophe, und vollends Klarheit erhielt<br />

man, als aus der Mitte der Presse,<br />

deren internationale Mitglieder in heller Aufregung<br />

sogleich nach allen Windrichtungen<br />

telegraphierten, eine Kommission ernannt<br />

wurde, die einen Augenschein der Unfallstelle<br />

zusammen mit der Rennleitung vornahm.<br />

Sollten nun die Rennen fortgesetzt werden,<br />

oder war der Abbruch angebracht? Die Meinungen<br />

waren überall geteilt. Di© Organisatoren<br />

lösten die Frage damit, dass sie<br />

von den Fahrern eine Erklärung unterzeichnen<br />

Hessen, in der diese bestätigten,<br />

den gefährlichen Zustand, der Bahn zu kennen.<br />

Mit anderen Worten: die Veranstalter<br />

erkannten die Gefährlichkeit, das Rennen<br />

fortzusetzen, und versuchten, einen Teil der<br />

riesigen Verantwortung auf die Fahrer abzuschieben.<br />

Gerne wird man zugeben, dass<br />

sich die Rennleitung in einer schwierigen<br />

Lage befand; dennoch scheint uns dieser<br />

Ausweg kaum der richtige gewesen zu sein.<br />

Entweder wird eben ein Rennen durchgeführt,<br />

bei der die Fahrer genügend gesichert<br />

sind, oder dann muss eine Veranstaltung<br />

sofort abgebrochen werden, wenn<br />

lebensgefährliche Situationen drohen. Spiel<br />

mit dem Schicksal ist kein Sport mehr.<br />

Nochmals wurde die Kurve von Vedano<br />

sorgfältig gesäubert, das Oel mit Besen weggewischt<br />

und Sand darüber gestreut. Auch<br />

das half nichts! Nach der achten Runde des<br />

Finals erlitt Graf Czaikowsky in der gleichen<br />

Kurve ebenfalls das Schicksal Camparis.<br />

Kaum je hat ein Unfall zahlreicheren Versionen<br />

gerufen als der vom Sonntag. Wer<br />

sich die Müher genommen hat, die in- und '<br />

ausländische Presse zu studieren, konnte zum<br />

mindesten am Montag und Dienstag die verschiedensten<br />

Versionen lesen. Indirekt ist<br />

dies der übergrossen Zurückhaltung der<br />

Organisation zuzuschreiben, die im übrigen<br />

beim Publikum auch bös verschnupft hat.<br />

Ganz genaue Angaben über die Ursachen<br />

der Stürze sind im Grunde genommen auch<br />

heute noch nicht zu machen, man ist zum<br />

Teil auf Mutmassungen angewiesen. Gerade<br />

die italienischen <strong>Zeitung</strong>en zeigen sich sehr<br />

zurückhaltend. Man hat nun eine Expertenkommission<br />

ernannt, die die Aufgabe hat,<br />

den ganzen Verlauf der Unfälle genau zu<br />

untersuchen und die vor allem die Aussagen<br />

der anderen Fahrer und der ganz wenigen<br />

Zuschauer prüfen wird, die an dem Unglücksort<br />

anwesend waren.<br />

Jedenfalls scheinen mehrere Ursachen zusammengewirkt<br />

und ein gewisser fataler<br />

Zufall mag auch dazu beigetragen haben.<br />

Sicher ist zum einen Teil der grosse Oel-<br />

einen sehr bekannten, einen in der ganzen<br />

Welt bekannten Namen führte. Konnten Sie<br />

denn glauben, dass man den Sprung von der<br />

grossen Sängerin und Tänzerin zur — Spionin<br />

— nennen wir meinen Beruf schon bei<br />

dem richtigen Namen! — so einfach zum<br />

Zeitvertreib macht? Lieber Freund, wenn Sie<br />

etwas mehr wirkliche Menschenkenntnis besässen,<br />

dann hätten Sie sehen müssen, dass<br />

ich nicht zu den Frauen gehöre, in deren<br />

Leben die Liebe eine Rolle spielt. Wie dürfte<br />

denn das auch sein? Wo sollte in meinem<br />

Dasein die Liebe Platz haben, wenn ich gezwungen<br />

bin... nein! Ich will das lieber<br />

nicht aussprechen!»<br />

Eberhard war aufgestanden. «Vergessen<br />

Sie, Madame,» sagte er heiser, «was ich<br />

Ihnen gesagt habe. Und wenn schon von<br />

Liebe nicht zwischen uns die Rede sein soll<br />

aus Gründen, die ich achten muss, auch wenn<br />

ich sie nicht anerkenne, so lassen Sie uns<br />

wenigstens Freunde sein!»<br />

(Fortsetzung folgt.)

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