E_1933_Zeitung_Nr.086
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14 AUTOMOBIL-REVUE <strong>1933</strong> - N» 8«<br />
„Ecke des guten Beispiels "<br />
Gurten-Bier.<br />
In der Ecke des guten Beispiels darf füglich<br />
einmal etwas über *Gurten-Bier* gesagt<br />
werden, nicht dass etwa eine Reklame<br />
über diesen kühlen Trunk steigen soll; es<br />
lässt sich über Gurten-Bier an dieser Stelle<br />
auch sonst etwas recht Nettes sagen.<br />
Im weitesten Umkreis der Bundesstadt<br />
kennt jeder Autler die grünen Wagen der<br />
Gurten-Bierbrauerei mit und ohne Anhänger.<br />
Ich begegne ihnen auf meinen täglichen<br />
Fahrten vielfach und habe stets<br />
Freude an denselben. Achten Sie einmal,<br />
wie sie hübsch auf der rechten Strassenhälfte<br />
fahren, wie sie die Kurven vorbildlich<br />
nehmen, wie rasch sie Platz machen,<br />
wenn man ihnen das Zeichen zum Vorfahren<br />
gibt. Ich habe kürzlich einen getroffen,<br />
der eitler Militär-Kolonne geradezu<br />
mustergültig vorgefahren ist. Kurz und<br />
gut, ein grüner Wagen mit der Aufschrift<br />
*Gurten-Bier» ist nach meinem Dafürhalten<br />
stets als gutes Beispiel im Strassenverkehr<br />
zu werten, das verdient einmal öffentlich<br />
gesagt zu werden.<br />
Ich selbst fühle mich verpflichtet, diese<br />
Genilemanhaltung der *Gurtenbier-Fahrer*<br />
ganz privatim dadurch anzuerkennen, dass<br />
ich dem am Gurten gebrauten Tropfen von<br />
Zeit zu Zeit Bescheid tue durch einen<br />
kräftigen, erfrischenden Schluck! R.<br />
Die Veröffentlichung: dieses «guten Beispiels<br />
», um das uns ein Leser des « Autler-<br />
Feierabends » gebeten hat, möchten wir mit<br />
dem ersten Hinweis auf unsere «Ecke»<br />
verbinden, in der auch im kommenden Winter<br />
wieder alle guten Taten der Landstrasse<br />
verewigt werden sollen. Wir bitten deshalb<br />
jetzt schon alle Leser, sich an Fälle zu erinnern,<br />
die ihnen lobenswert scheinen, und die<br />
kurzen Schilderungen darüber uns einzusenden.<br />
Jeder arbeitet damit indirekt, mehr als<br />
er glaubt, an der Erziehung der Strassenbenützer<br />
mit.<br />
Die Red.<br />
Es ist schön, noch einmal sich in diesem<br />
Anfang zu spiegeln, mit der Freude als<br />
Ziel, der Landschaft inskünftig noch näher<br />
zu sein als zuvor. Baumfreie Landschaft<br />
und Wald, Berg, Ebene und Tal, die ganze<br />
Naturszenerie in ihrem ständigen. Wechsel<br />
der täglichen Belichtung und des Jahreszeitenablaufes,<br />
See und Fluss und Bach,<br />
Brücke und Teich, Feld, Hügel und Acker,<br />
Ernte und Blust, Schnee und Wind, Sterne<br />
und Mond, Wind und Eis, mit einem<br />
garantiert echt handgeknüpft<br />
Wort, diese Freiheit nach eigener Wahl,<br />
nach eigenem Fahrplan, nach eigenem Geleise,<br />
diese Ungebundenheit, dieses Schweifen<br />
in die Ferne, diese Flucht aus der<br />
Nähe, dieser Wiegegang inmitten eines<br />
Schimmerns, das jung und fröhlich und<br />
leicht macht.<br />
Wenn ich einen Anfänger zusehen eines<br />
Lehrers durch die Strassen kriechen sehe,<br />
übermässig hupend, übermässig aufmerksam<br />
äugend, dann muss ich immer an<br />
meine eigenen Greenhornleistungen am<br />
Volant denken, vom Gold der Erinnerungen<br />
heute mild verklärt, einst vom Spuk des<br />
Unvermögens bedrängt, wie vor der gespenstischen<br />
Hexerei des Einmaleins am<br />
ersten Schultag.<br />
Mittelalterliches.<br />
In Griechenland ereignete sich ein Vorfall,<br />
der in seiner Schauerlichkeit gleich packend<br />
wie interessant ist, da er geschichtliche<br />
Ueberlieferungen von grausamen Bestrafungen<br />
bestätigt.<br />
Auf einem adeligen Out in Thessalien lag<br />
mitten im Walde ein landschaftlich prächtiger,<br />
überhängender Felsblock, der mit Moos<br />
und niederem Farn bewachsen, einen schönen<br />
Ausblick auf das breite, waldige Tal gewährte<br />
und aus diesem Grunde von dem<br />
Gutsbesitzer als Aufenthaltsort sehr bevorzugt<br />
wurde. Nun veranstaltete man ein Picknick<br />
und hatte beschlossen, es auf diesem<br />
Felsen abzuhalten. Man fuhr hinaus, breitete<br />
d'ie Decken und darauf die Speisen aus und<br />
begann mit der Mahlzeit. Plötzlich verspürten<br />
einige unter sich eine Bewegung. Ehe<br />
jedoch die Warnung, sich zurückzuziehen,<br />
befolgt werden konnte, löste sich der Stein<br />
und stürzte mit der 18köpfigen Gesellschaft<br />
ungefähr 20 Meter tief ins Tal hinab. Ausser<br />
einigen leichten Verletzungen hatte der<br />
Zwischenfall keinerlei ernste Folgen.<br />
Nachdem man sich einigermassen erholt<br />
hatte, der erste Schock überwunden war<br />
und man daran ging, die Ursache des Unglücksfalles<br />
zu untersuchen, begab man sich,<br />
nachdem der Gastgeber zu seinem Erstaunen<br />
bereits konstatiert hatte, dass der abgestürzte<br />
vermeintliche Felsen ein künstlich<br />
mit Mörtel zusammengehaltener Mauerrest<br />
war, an die Bruchstelle. Von oben vermochte<br />
man nichts zu sehen, während sich<br />
vom Tal aus eine etwa zwei Meter unter-,<br />
halb des oberen Bodenniveaus befindliche,-<br />
nicht allzu tiefe Höhle ausnehmen Hess. Der<br />
Gutsbesitzer liess sich hinabseilen und fand<br />
seine Beobachtung bestätigt. Mitten im Fel-<br />
aber dennoch zu Preisen, die<br />
man gewöhnlich für die<br />
leichte Ware bezahlen muss<br />
Der Tagesfilm<br />
Eine packende Aufnahme einer interessanten Szene von einem Bergrennen. Rasend fliegt die<br />
Maschine in die Kurve — lähmende Spannung bannt die Zuschauer Zahlreiche solcher ausseist<br />
interessanter Renn-BUder enthält die neue Sports nummer der « Illustrierten Automobil-Revue».<br />
sen gähnte eine Höhle, in deren Hintergrund<br />
ein in graues, wohlerhaltenes Leinen gekletdetes<br />
Skelett lehnte. Es handelte sich um<br />
einen weiblichen Leichnam. Die verkrampften<br />
Hände waren mit Bastschnüren zusammengebunden,<br />
die Knochen mit der harten,<br />
braunen Totenhaut der Mumie überzogen.<br />
Als man den interessanten Fund mit Hilfe<br />
von Leitern zu bergen versuchte, zerfiel der<br />
Leichnam und bot später, nach der Rekonstruktion,<br />
nicht mehr das vollkommene Bild<br />
wie ehedem. Es handelt sich um die Auffindung<br />
einer vor Jahrhunderten durch Einmauerung<br />
bestraften Frau, eine grausame<br />
Todesstrafe, die bei Untreue und Hexenprozessen<br />
neben dem Tod auf dem Scheiterhaufen<br />
gebräuchlich war. Leider lässt sich<br />
durch das Fehlen jeglichen Anhaltspunktes<br />
der genaue Zeitpunkt des grässlichen<br />
nicht einmal annähernd be-<br />
Strafvollzuges<br />
stimmen.<br />
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Kampf um Sekunden<br />
Der Stier von Cretnona.<br />
Cremona, die Geigenstadt, von der man<br />
bis jetzt nur weiss, dass sie die Heimat von<br />
Stradivari, Guarneri und Amati ist, war<br />
kürzlich der Schauplatz eines improvisierten<br />
Stiergefechtes. Ein Viehhändler hatte auf<br />
dem Markt nach langem Feilschen einen<br />
Stier erstanden und wollte nun das Tier zum<br />
Bahnhof führen. Auf dem Wege durch die<br />
Stadt kam ihnen unglücklicherweise ein rotlackiertes<br />
Auto entgegen. Die Farbe brachte<br />
den jungen Stier derartig in Wut, dass er<br />
sich losriss und wie toll durch die Strassen<br />
Cremonas zu laufen begann. Der Hörner<br />
voran, den Kopf gesenkt, mit blutunterlaufenen<br />
Augen, stürmte er vorwärts und war so<br />
die Ursache, dass die Bevölkerung der Stadt<br />
panikartik vor dem Stier floh. Kinder und<br />
Frauen stoben entsetzt auseinander, man<br />
hörte verzweifeltes Schreien, bis endlich ein<br />
Bauer namens Cerutti sich auf die rasende<br />
Bestie stürzte. Der Stier erwischte ihn aber<br />
mit den Hörnern, schleuderte ihn in die Luft,<br />
so dass der Unglückliche bewusstlos auf den<br />
Boden zu liegen kam. Schildwachen transportierten<br />
den Unglücklichen in das nächste<br />
Krankenhaus, wo er aber kurze Zeit darauf<br />
seinen Verletzungen erlag. Der Stier hingegen<br />
raste weiter, warf einen Lastwagen um<br />
und hätte auch fast ein Automobil zertrümmert,<br />
das aber doch noch heil davonkam.<br />
Nun lief das wütende Tier in eine Autogarage<br />
und in diesem Augenblick kamen zwei<br />
berittene Karabinieri mit geladenen Gewehren<br />
hinzu. Einer der Polizisten gab einen<br />
Schreckschuss in die Wand der Garage und<br />
zwei auf den Stier selbst ab. Ein Streifschuss<br />
traf den Stier, die andere Kugel verfehlte ihr<br />
Ziel und traf einen Automechaniker, der<br />
eine leichte Armverletzung erlitt. Der Stier<br />
wurde durch d''e Schüsse nicht ruhiger, er<br />
tobte im Gegenteil nur noch mehr. Er rannte<br />
blindlings mit den Hörnern gegen die Wand<br />
der Remise an und hätte auch da Schaden<br />
angestiftet, wenn es nicht endlich gelungen<br />
wäre, das rasende Tier durch vier wohlgezielte<br />
Gewehrkugeln zur Strecke zu bringen.<br />
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