E_1933_Zeitung_Nr.100
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N° 100 - <strong>1933</strong> AUTOMOBIL-REVUE 5<br />
Luftf«ah»t<br />
Zur Vergrösserung<br />
der Geschwindigkeitsspanne<br />
der Flugzeuge.<br />
Von Dipl. Ing. Ed. Amstutz.<br />
In bezug auf Höchstgeschwindigkeit übertrifft<br />
das Flugzeug Auto, Eisenbahn und<br />
Schiff bei weitem. Der Geschwindigkeitsrekord<br />
über der Einkilometerbasis steht<br />
heute auf 682 km/St., über der geschlossenen<br />
100-km-Strecke auf 629 km/St. Die<br />
Betriebsgeschwindigkeiten unserer Verkehrsflugzeuge<br />
erreichen allerdings diese Rekordziffern<br />
bei weitem nicht. Die Erfahrungen<br />
der « Swissair » auf der seit zwei Jahren<br />
mit Expressflugzeugen bedienten Strecke<br />
Zürich-München-Wien zeigen aber, dass sich<br />
eine Flugplangeschwindigkeit von 260 km/St.,<br />
mit der Auto und Eisenbahn nicht konkurrieren<br />
können, einhalten lässt und das Bestreben<br />
aller Luftverkehrsgesellschaften geht<br />
heute darauf aus, ihren Flugzeugpark mit<br />
Maschinen für Flugplangeschwindigkeiten<br />
von dieser Qrössenanordnung auszurüsten.<br />
Dafür hat das Flugzeug den grossen Nachteil,<br />
das es in der Luft nicht stillstehen kann,<br />
sondern zum Fliegen immer eine recht beträchtliche<br />
Mindestgeschwindigkeit einhalten<br />
muss. Diese Minimalgeschwindigkeit, meist<br />
als Landegeschwindigkeit bezeichnet, macht<br />
die grossen Flugplätze erforderlich, weil das<br />
Flugzeug beim Starten eine gewisse Strecke<br />
braucht, um sich auf die zum Fliegen erforderliche<br />
Mindestgeschwindigkeit zu beschleunigen<br />
und umgekehrt bei der Landung auszurollen.<br />
Eine grosse Landegeschwindigkeit<br />
stellt an den Piloten hohe Anforderungen<br />
und bei Notlandungen auf ungünstigem Gelände<br />
kann sie grosse Gefahren bieten.<br />
Der Flugzeugkonstrukteur muss sich beim<br />
Entwurf eines Flugzeuges immer für einen<br />
Kompromiss zwischen geringer Landegeschwindigkeit<br />
und grosser Höchstgeschwindigkeit<br />
entschliessen, denn bis zu einem gewissen<br />
Grade schliessen beide einander aus.<br />
Grosse, spezifisch gering belastete Flügel ergeben<br />
geringe Landegeschwindigkeit, erzeugen<br />
aber auch hohen Luftwiderstand und erlauben<br />
deshalb keine hohen Geschwindigkeiten.<br />
Es ist deshalb nicht verwunderlich, dass<br />
unter dem gebieterischen Zwang der Erhöhung<br />
der Fluggeschwindigkeit, die eben die<br />
einzig konkurrenzfähige Eigenschaft des<br />
in den letzten Jahren<br />
die Landegeschwindigkeiten eher zu- als abgenommen<br />
haben. Für grössere Verkehrsflugzeuge<br />
können 90—100 km/St, als Norm<br />
gelten und nur Sport- oder leichtere Verkehrsflugzeuge<br />
landen mit 60—80 km/St.<br />
Diese Steigerung der Landegeschwindigkeit<br />
hat sich allerdings auch nicht als so nachteilig<br />
herausgestellt, wie man zunächst befürchtete.<br />
Hand in Hand damit gingen ganz wesentliche<br />
Verbesserungen der Steuerbarkeit<br />
und der Flugeigenschaften im Bereich der<br />
Mindestgeschwindigkeit, ferner fanden Hilfsmittel<br />
zur Verkürzung der Ausrollstrecke,<br />
wie die Radbremsen, allgemeine Anwendung<br />
und mit der Verbesserung der Motoren wurden<br />
Notlandungen auf gänzlich ungeeigneten<br />
Terrains immer seltener, so dass die<br />
heute üblichen Landegeschwindigkeiten im<br />
allgemeinen als annehmbar gelten können.<br />
Man ist sich aber klar, dass die weiter notwendige<br />
Steigerung der Höchstgeschwindigkeit<br />
nun nicht mehr auf Kosten der Landegeschwindigkeit<br />
erreicht werden darf, sondern<br />
durch irgendwelche andern Massnahmen<br />
erzielt werden muss und dass für Sonderzwecke<br />
auch Flugzeuge geschaffen werden<br />
müssen, die ganz wesentlich geringere Landegeschwindigkeiten<br />
aufweisen.<br />
Für diese Sonderzwecke, man denke etwa<br />
die Verbindung unserer grossen Flugplätze<br />
mit den Kurorten oder mit den mehrere Kilometer<br />
entfernten Stadtzentren, werden voraussichtlich<br />
in erster Linie die sogenannten<br />
Tragschrauber oder Autogiros Verwendung<br />
finden, die schon weit durchentwickelt sind<br />
und noch einige wichtige Verbesserungen erfahren<br />
werden. Sie erlauben eine praktisch<br />
senkrechte Landung ohne wesentliche Vorwärtsgeschwindigkeit.<br />
In Bezug auf Startlänge<br />
haben sie allerdings dem gewöhnlichen<br />
Flugzeug wenig voraus, was aber wegen der<br />
Möglichkeit der Verwendung einer Startschleuder<br />
ohne grossen Nachteil ist. Auch<br />
für den Sportfiteger wird der Autogiro ein<br />
interessantes Flugzeug sein, das mit seiner<br />
geringen Mindestgeschwindigkeit und sonstigen<br />
Tugenden in Bezug auf gutmütiges<br />
Verhalten bei groben Steuerfehlern Gefahren<br />
ausschaltet, denen der Durchschnittssportflieger<br />
mit seinem geringen Training<br />
häufig nicht gewachsen ist. Der Autogiro<br />
ebnet auch in hohem Masse den Weg zum<br />
Idealtyp des langsamen Flugzeuges, das<br />
senkrecht auf- und absteigen und in der Luft<br />
stillstehen kann. Gegenwärtig macht es fast<br />
den Anschein, als ob die Lösung nicht in<br />
Form des sogenannten Hubschraubers gefunden<br />
werden wird, sondern im Paddelflugzeug,<br />
das eine gewisse Verwandtschaft mit<br />
den Schaufelrädern unserer Dampfschiffe<br />
hat. Wie weit die grossen Schwierigkeiten<br />
in Bezug auf Stabilität und Steuerbarkeit dieser<br />
Konstruktionen schon überwunden sind,<br />
lässt sich zur Zeit allerdings noch nicht übersehen.<br />
Die Autogiros, Hubschrauber und<br />
Paddelflugzeuge erzielen die geringen Fluggeschwindigkeiten<br />
dadurch, dass sie relativ<br />
zum Flugzeug bewegte Flächen verwenden,<br />
die beim Hubschrauber und Paddelflugzeug<br />
vom Motor, beim Autogiro durch den Fahrtwind<br />
angetrieben werden. Die zur Zeit noch<br />
in Entwicklung begriffenen neuesten Autogiros<br />
nutzen im letzten Moment vor der Landung<br />
noch die kinetische Energie der rotierenden<br />
Schraube aus und sollen dadurch<br />
noch eine ruckartige Verminderung der Geschwindigkeit<br />
bis fast zum Stillstand erzielen<br />
können.<br />
Für Schnellflugzeuze, die auf eine Landegeschwindigkeit<br />
von der Grössenordnung<br />
90—100 km/St, nicht verzichten können,<br />
sucht man diese durch Vorrichtungen am<br />
starren Flügel, die bei Start und Landung in<br />
Tätigkeit gesetzt werden, zu verringern,<br />
oder doch bei weiterer Steigerung der<br />
Höchstgeschwindigkeit konstant zu halten.<br />
Alle diese Vorrichtungen suchen die Luftströmung<br />
um die zum Starten oder Landen<br />
steil angestellten Flügel, speziell auf deren<br />
Oberseite, die bekanntlich durch Saugwirkung<br />
den Hauptanteil des Auftriebes liefert)<br />
zu verbessern. Die Hilfsmittel sind entweder<br />
verstellbare Klappen zur Verstärkung der<br />
Flügelwölbung, Saugpumpen um die abgebremste,<br />
faule Luft ins Flügelinnere wegzuschaffen<br />
oder sogenannte Schlitzflügel, welche<br />
Luft mit grosser Geschwindigkeit auf die<br />
Flügeloberseite befördern. Alle diese Massnahmen<br />
sind seit langem als sehr wirksam<br />
bekannt, doch macht die praktische Anwendung<br />
wie immer recht grosse Schwierigkeiten.<br />
Wird eine solche Vorrichtung schwer,<br />
dann ist ihr Vorteil bald dahin, es scheint<br />
dass der Ein- und Ausschaltmechanismus am<br />
meisten Schwierigkeiten bietet und am meisten<br />
Gewicht kostet. Am aussichtsreichsten<br />
s'nd gegenwärtig die sogenannten Spreizklappen<br />
oder Flaps, die hinter und unter der<br />
Flügelaustrittskante ein ausgedehntes Unterdruckgebiet<br />
erzeugen, durch das die Strömung<br />
mit grosser Uebergeschwindigkeit der<br />
Flügelobersette entlang gesaugt wird, so dass<br />
die nach oben gerichteten Zentrifugalkräfte<br />
in Aar T nft pifipt<br />
Gleichzeitig bremsen die Spreizklappen das<br />
Flugzeug sehr stark ab, was für einen steilen<br />
Gleitflug über hohe Hindernisse weg sehr erwünscht<br />
ist. Auch sollen die Flaps nur verhältnismässig<br />
geringe Verstellkräfte erfordern.<br />
Das im Laufe dieses Monats in der<br />
Schweiz eintreffende neue Clark-Schnellflugzeug<br />
der Swissair ist mit solchen Spreigklappen<br />
ausgerüstet.<br />
Die überraschenden Ergebnisse des Europarundfluges<br />
der Sportflugzeuge im letzten<br />
Sommer, wo derartige Vorrichtungen ausgiebig<br />
in Anwendung waren, zeigten deutlich<br />
welch erhebliche Vergrösserung der Geschwindigkeitsspanne<br />
sich damit erzielen<br />
'ässt. Begnügt man sich mit einer Höchstgeschwindigkeit<br />
von etwa 250 km/St., so kann<br />
man mit diesen Vorrichtungen, über die das<br />
letzte Wort offenbar auch noch nicht gefallen<br />
ist, Landegeschwindigkeiten von 50 km/<br />
St. und darunter erreichen, also Geschwindigkeiten,<br />
die nach den heutigen Erfahrungen<br />
bei einer guten Kabinenkonstruktion<br />
keine besondern Gefahren für die Insassen<br />
mehr bedeuten. Gleichzeitig erlauben diese<br />
Hilfsmittel Landungen und Starte in und<br />
aus engen, mit hohen Hindernissen umgebenen<br />
Plätzen.<br />
Die Entwicklung des mehrmotorigen<br />
Verkehrs-Flugzeuges.<br />
Die Bestrebungen zu' Herabsetzung der Motorenzahl<br />
bei mehrmotorigen Verkehrsflugzeugen sind<br />
in der letzten Zeit Gegenstand kritischer Betrachtungen.<br />
Bei der Behandlung dieses Problems sind<br />
indessen einige wichtige Gesichtspunkte nicht genügend<br />
berücksichtigt worden. Im Interesse einer<br />
zu erstrebenden Erhöhung der Wirtschaftlichkeit<br />
und der Nutzlast muss die Motorenzahl auf das noch<br />
eine genügende Sicherheit gewährende Minimum<br />
herabgesetzt werden, wobei selbstverständliche Voraussetzung<br />
ist, dass Triebwerke verfügbar sind, deren<br />
Leistung den Erfordernissen des jeweiligen<br />
Flugzeugmusters entspricht<br />
Die Richtlinien für den Bau von Verkehrsflugzeugen<br />
mittlerer Grosse gehen insbesondere in den<br />
Vereinigten Staaten dahin, das dreimotorige Triebwerk<br />
durch das zweimotorige zu ersetzen. Mit dieser<br />
Richtung zusammenhängend und ihre Durchführung<br />
erst ermöglichend, geht man zur Verwendung<br />
von im Fluge verstellbaren Propellern und<br />
von untersetzten und vorverdichteten Motoren über.<br />
Alle Hilfsmittel dienen zur Erhöhung der Antriebskraft<br />
unter Anpassung an die verschiedenartigen<br />
Plugbedingungen. So vermehren die im Fluge verstellbaren<br />
Luftschrauben insbesondere in Verbindung<br />
mit untersetzten Motoren die verfügbare Leistung<br />
ausserordentlich, zumal bei verhältnismässijr<br />
stark verminderter Geschwindigkeit des Flugzeuges,<br />
wie beim Start. Steigflug und im Flug bei Ausfall<br />
eines oder mehrerer Motoren. Die gewöhnliche,<br />
im Fluge nicht verstellbare Luftschraube ist so eingestellt,<br />
dass sie bei der Reisegeschwindigkeit die<br />
beste Wirkung ergibt; der Anstellwinkel der Pro-<br />
Besitzer amerikanischer Automobile, die mit Ihren Scheinwerfern<br />
nicht zufrieden sind, lassen solche durch den Einbau von<br />
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