E_1934_Zeitung_Nr.030
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N° 30 - <strong>1934</strong> AUTOMOBIL-KEVUE<br />
Unsere Frauen haben sich — sozusagen im<br />
geheimsten Herzensfältchen — schon lange<br />
Jahre nach einer Kostümmode gesehnt; trotzdem<br />
wollten die grossen Modehäuser mit<br />
dieser «geteilten Aufmachung» lange nicht<br />
hervortreten, sondern begünstigten eher die<br />
Zusammenstellung von Kleid und Mantel.<br />
Der Wunsch nach dem Jackenkleide aber<br />
wurde in den Kreisen gut angezogener Frauen<br />
immer wieder laut, so laut, dass er schliesslich<br />
auch in den massgebenden Modewerkstätten<br />
nicht ungehört bleiben konnte, wenn<br />
sie sich zum Geschmack ihrer Anhängerschaft<br />
nicht in ausgesprochenen Gegensatz<br />
stellen wollten.<br />
Jetzt scheint es einem fast selbstverständlich,<br />
dass das Kostüm wieder zum «Lieblingsstück»<br />
der Ausstattung geworden ist,<br />
und man hat offenbar auch schon wieder vergessen,<br />
wie viele Jahre es brauchte, ehe es<br />
wieder jenen Erfolg und jene Anerkennung<br />
finden konnte, die es ehedem besass. (Vergessen<br />
wir doch nicht, dass zur Jugendzeit<br />
unserer Mütter — wir können dies an Hand<br />
von Gemälden und Lichtbildern sehr gut beurteilen<br />
— das Kostüm keine « Modesache »,<br />
sondern eine Selbstverständlichkeit war und<br />
dass man eine Ausstattung ohne eines dieser<br />
Stücke als ganz unvollkommen bezeichnet<br />
hätte.) Nun aber nimmt man wieder denselben<br />
Standpunkt ein wie damals, denn es<br />
wird sicherlich nicht mehr lange dauern, bis<br />
das Kostüm in der Ausgeh-Ausstattung vorherrschen<br />
wird.<br />
Die neue Mode des Jackenkleides darf<br />
schon ihrer Vielfalt wegen als geradezu bezwingend<br />
bezeichnet werden, denn es gibt<br />
neben ganz schlichten Modellen, die für<br />
sportliche und Alltags-Zwecke bestimmt sind,<br />
auch mancherlei Entwürfe, die zwischen einfachem<br />
Strapazmodell und nachmittäglicher<br />
Ausgehkleidung die Mitte halten und wohl<br />
zu den am häufigsten verwendeten Kleidungsstücken<br />
gehören. Schliesslich wollen<br />
wir noch von den vielen neuen Nachmittagskostümen<br />
sprechen, die an Stelle eines Besuchskleides<br />
getragen werden und vollendet<br />
elegant wirken.<br />
/Oftm<br />
Das Jackenkleid ist Trumpf!<br />
Diesen verschiedenen Kostümtypen und<br />
ihren mannigfaltigen Verwendungszwecken<br />
entsprechen auch die zur Verarbeitung gelangenden<br />
Materialien.<br />
Man sieht einfarbige, -porös und eigenartig<br />
körnig gewebte Stoffe, aber auch sehr viel<br />
gemusterte (vor allen Dingen karierte und in<br />
kleinem «Pepita» dessinierte) Gewebe, nicht<br />
selten auch Zusammenstellungen von glattem<br />
und ornamentiertem Material, wobei<br />
dieser Kontrast zu einem wesentlichen Bestandteil<br />
der Gesamtwirkung gemacht wird.<br />
Für nachmittägliche Kostüme wären ausser<br />
leichten Stoffen (für den beginnenden Frühling<br />
entscheidet man sich meist für Dunkelblau<br />
oder Schwarz) auch eigenartige Seiden<br />
vorzuschlagen, wobei vor allen Dingen die<br />
verschiedenen Lüstergewebe («Alpakka» genannt)<br />
und die gerippten Sorten anzuführen<br />
wären; aber auch die seltsam gepressten<br />
Seiden, die aussehen, als ob sie fein gezogen<br />
wären, dürfen nicht vergessen werden.<br />
Das moderne Kostüm ist entweder als<br />
Vereinigung eines Kleides mit einem Jäckchen<br />
oder aber als Zusammenstellung von<br />
Rock, Jacke und Bluse aufzufassen; während<br />
die erstgenannte als Kostüm-Komplet bezeichnet<br />
wird, nennt man die andere Type<br />
das «Blusen-Kostüm».<br />
Es liegt auf der Hand, dass die Bluse im<br />
Zusammenhange mit der Kostümmode ganz<br />
ausserordentliche Erfolge erringt. Sie wird<br />
— zu dem betreffenden Kostüm abgestimmt<br />
— aus leichtem Sommerflanell, aus matter<br />
Seide, aus Seidenrips, aus Pikee oder aus<br />
Organdi gearbeitet. (Eigenartige Kragengarnituren<br />
der neuen Blusen verhelfen oft dem<br />
ganzen Kostüm zu einem guten Wirkungserfolg!<br />
Um über die letzten Schöpfungen auf dem<br />
Gebiete des Jackenkleides richtig urteilen zu<br />
können, ist es notwendig, sich mit den neuesten<br />
Entwürfen gründlich vertraut zu machen,<br />
weshalb wir einige modisch richtungsgebende<br />
Skizzen in unseren Zeichnungen<br />
festgehalten haben.<br />
Für Strapazzwecke in der Stadt und späterhin<br />
für Reise und Urlaubstage wäre ein<br />
Kostüm-Komplet zu empfehlen, das aus einem<br />
seitlich geschlitzten Kasak-Kleide und<br />
einem sogenannten «offenen Paletot» zusammengestellt<br />
ist. Die Kragenpartie des<br />
Kleides und das Futter des weiten Paletots<br />
hat man sich aus sportlich gemusterten, in<br />
der Farbe richtig abgestimmten Materialien<br />
zu denken. Man wird ohne weiteres verstehen,<br />
dass ein derartiges Stück seiner Neuartigkeit<br />
und seiner unaufdringlichen Vornehmheit<br />
wegen ein gewisses Aufsehen erregen<br />
wird.<br />
Ungemein Teizvoll sind die kleinen «Ausgeh-Kosttime»,<br />
die aus einem karierten<br />
Kleide und einem ärmellosen, mit Knöpfen<br />
oder Clipsen verschlossenen, kragenlosen<br />
Capejäckchen bestehen. Unsere zweite Figur<br />
macht auf diese neue Type aufmerksam.)<br />
Ruhe und Eleganz besitzen die verschiedenen,<br />
ganz gerade gearbeiteten Kostüme mit<br />
langer Jacke, mit Dreiviertelärmeln und aufgelegten<br />
Taschen. Ein solches Jackenkleid<br />
wäre in Dunkelblau, Dunkelgrau, Braun oder<br />
Schwarz herzustellen, allenfalls in einer tiefen<br />
Schattierung, um mit einer hellen Kasakbluse<br />
den richtigen Kontrast erreichen<br />
zu können. Auch aus kleinkarierten (Pepita)<br />
Materialien kommt diese Machart vorzüglich<br />
zur Geltung.<br />
Ein besonders weites Feld räumt die neueste<br />
Mode den verschiedenen « Schössel-Kostümen»<br />
ein, die durch den glockigen Jakkenbesatz<br />
und durch den glockigen Abschluss<br />
des Rockes eine eigenartige «Stufung<br />
» erhalten, die endlich einmal neue modische<br />
Wege zu weisen scheint.<br />
Beachtenswert sind die dreiviertellangen<br />
Aermel, die den verschiedenen Modellen<br />
Leichtigkeit und Jugendlichkeit geben und<br />
die bei auffallend vielen Entwürfen Verwendung<br />
finden. R. H.<br />
Der Kampf um die<br />
„Linie<br />
stunde Gymnastik. Aber immer wieder bestätigt<br />
sich die grausame Erkenntnis, dass<br />
sich die schlanke Linie ohne Diät nicht erhalten<br />
lässt Um die moderne Silhouette zu<br />
erreichen, muss man weiter auf Diät eingestellt<br />
bleiben, um nicht wieder zuzunehmen.<br />
Diese Diätfragen beherrschen die Gespräche<br />
zumindest so sehr wie die Themen über<br />
Mode und Frühlingsreisen. Keine Frau glaubt<br />
der andern, dass sie ohne Verzicht auf Süssigkeiten<br />
und köstliche Speisen ihre schlanke<br />
Linie zu bewahren vermöge. Jeden Augenblick<br />
flattern neue Vorschläge für eine richtige<br />
Ernährung auf, die grazil und zart erhält<br />
und schmackhaft ist. Eine neue Ernährungsmethode,<br />
die jetzt in englischen <strong>Zeitung</strong>en<br />
besprochen wird, plaidiert jedoch für fette<br />
Speisen, für Milch und Süssigkeiten, und behauptet,<br />
dass alle diese Dinge, mit Obst und<br />
Gemüse genossen, keineswegs eine Gewichtszunahme<br />
bringen. Nur muss man diese<br />
vielen wohlschmeckenden Gerichte, gebratenen<br />
Fisch, geröstetes Schweinefleisch, Speck,<br />
Beefsteaks auf Butter zubereitet, nicht zugleich<br />
mit den Gemüsen und den Kartoffeln<br />
Illustrationen zu «Das Jackenkleid ist Trumpf!».<br />
verzehren, die diese Diät gestattet. Jedes<br />
Gericht sei ein eigener Gang, nein, besser<br />
noch: eine eigene Mahlzeit. Der herrliche<br />
Milchpudding mit Fruchtsauce, den die Engländerin<br />
§eit ihrer Kindheit liebt, ist nicht<br />
verboten. Aber er darf die Mahlzeit nicht<br />
krönen, wie dies seine angestammte Bestimmung<br />
scheint, sondern er muss die ganze<br />
Mahlzeit bestreiten. Ein Tasschen schwarzen<br />
Kaffee kann Lunch und: Dinner beschliessen,<br />
Milchkaffee aber gehört im Rahmen dieser<br />
neuen Diät zu den verbotenen Dingen. Auch<br />
Saucen, Gerichte, die mit vielerlei Leckerbissen<br />
garniert sind, Frikassee und die Verbindung<br />
von Früchten mit Rahm sind strenge<br />
ausgeschaltet. « Daily Mail» ist der Ansicht,<br />
dass bei den Völkern, die reichlich Milchkaffee<br />
geniessen, die Frauen meistens ein bisschen<br />
zur RundHchkeit neigen. Salate und<br />
Rohkost sind nach der neuen Diät wohl gestattet,<br />
für df« späte Abendstunde aber verboten.<br />
Auch wird verlangt, dass man in ermüdetem<br />
Zustand Rohkost jeder Art vermeiden<br />
soll. Das Hauptgebot dieser Schlankheitsdiät<br />
lautet: sehr langsam essen ! Auch<br />
erscheint die Vorschrift < Gut kauen ! » den<br />
Initiatoren dieser Diät überaus wichtig. So<br />
verlockend die von dieser Diät bewilligten<br />
Zugeständnisse scheinen, sie gestatten doch<br />
keineswegs geniesserische Tafelfreuden. Das<br />
Mahl besteht nur aus ein oder zwei Gängen,<br />
ie Kombination von ffaunt- und Zusneise<br />
Schleppend« Kleider, die sich ene um den<br />
Körper legen, geraffte Taillen, die mit Knoten<br />
und Fältchen die natürliche Gestalt zur<br />
Geltung bringen, veranlassen die Frauen,<br />
sich intensiver um ihre schlanke Linie zu<br />
kümmern. Viele schicke, mondäne Städterinnen<br />
gehen täglich turnen oder betreiben am<br />
Morgen, ehe sie ihr Bad nehmen, eine Viertelist<br />
streng untersagt, sogar Kartoffeln müssen<br />
eine gesonderte Platte darstellen. Wenn man<br />
die Energie hat, programmässia ganz langsam<br />
zu essen und sich an alle übrigen Vorschriften<br />
zu halten, so erreicht man, wird<br />
behauptet, trotz dieser scheinbar lukullischen<br />
Diät, die so viele Konzessionen macht, ganz<br />
bestimmt die heissersehnte schlanke Linie.<br />
Die neuen Hüte<br />
Wir haben mit Genugtuung zur Kenntnis<br />
genommen, dass wir die Hüte wieder<br />
aus der Stirne tragen werden. Aber "während<br />
es anfangs hiess, dass diese Hüte<br />
nur sehr kleine Krempen haben werden,<br />
haben die letzten Pariser Modevorführungen<br />
erwiesen, dass, die Krempen gar nicht<br />
so schmal sein werden, als man uns anfangs<br />
versprach.<br />
Ein Hut aus gestärktem weissen Leinen<br />
hatte einen mittelbreiten, flachen, niedrigen<br />
Kopf mit aus grobem, weissem Leinengarn<br />
angehäkelter Krempe. Unter der<br />
aufwärtsgebogenen Krempe lugt vorne ein<br />
Stückchen gestärkten, schiefgesehnittenen<br />
Schleiers aus zartem, weissem Garn<br />
hervor. Ist man des Schleiers satt, wird<br />
er einfach hochgestülpt und schmiegt sich<br />
dann der Leinenkrempe an.<br />
Stark akklamiert wurde ein rundherum<br />
aufgestülpter, ziemlich breiter Südwester,<br />
dessen spitzzulaufender Kopf von drei<br />
kurzen Hahnenfedern geschmückt war;<br />
sowohl in dunkelblauem, wie in korallenrotem<br />
zarten Strohgeflecht vorgeführt.<br />
Amüsant und für gewisse Gesichter unzweifelhaft<br />
auch sehr kleidsam ist ein an<br />
die Kopfbedeckungen mancher Mönche<br />
mahnender Hut mit flachem, rundem<br />
Kopf und mittelbreiter Krempe, deren<br />
Eand etwas aufgerollt ist. Aus schwarzem,<br />
steifem Stroh, von einem einfachen Grosgrainband<br />
umwunden.<br />
Sehr viele Hüte tragen Blumenschmuck<br />
an den verschiedensten Stellen. Grosse,<br />
flache Eosenblüten, direkt über dem linken<br />
Auge an der aufgestülpten Hutkrempe.<br />
Ein Sträusschen langstieliger<br />
Feldblüten ganz oben auf dem eckigen<br />
Hutkopf eines dunkelgrünen Hutes mit<br />
gerader Krempe. Blüten zwischen der doppelten,<br />
diademartig aufgestellten Hutkrempe,<br />
Blüten rückwärts am Halse —<br />
Blumen und Blüten einfach überall. Natürlich<br />
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