E_1934_Zeitung_Nr.045
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N» 45 - <strong>1934</strong> AUTOMOBIL-REVUE 11<br />
LUFTFAHR;<br />
Lehren des Flugzeusrennens um die Coupe<br />
Deutsch de la Meurthe. Das am letzten Sonntag<br />
auf der 20 Mal zu absolvierenden Rundstrecke<br />
Etampes - Chartres - Bonce - Etampes<br />
durchgeführte Flugzeugrentien über 2000<br />
km Hess erstaunliche Fortschritte im Leichtflugzeugbau<br />
erkennen. Wenn der Sieger Arnoux<br />
auf Caudron-Renault mit 389 km/St.<br />
lieh hoch getriebenen Kompression statt der<br />
gewöhnlichen 160 PS volle 350 PS bei 2900<br />
Touren, wobei allerdings ein Süezialbrennstoff<br />
von grösster Detonationsfestigkeit, ein<br />
Alkohol-Benzin-Gemisch mit Toluol-, Methanol-<br />
und TetraaethYlblei-Zusatz verwendet<br />
werden musste. Einen grossen Anteil am Erfolg<br />
ha/ben die sich im Flug automatisch verstellenden<br />
Propeller, die beim Starten und<br />
Fliegen gleichsam zwei verschiedene « Übersetzungen»<br />
ergaben. Besonders auch beim<br />
Start kam das zur Geltung. Während im<br />
letzten Jahr mit unverstellbaren Propellern<br />
Startlängen von rund 800 m und Startzeiten<br />
von durchschnittlich 40 Sekunden zu verzeichnen<br />
waren, betrugen die entsprechenlAinpux,<br />
der Sieger des Rennens um die Coupe Deutsch de la Meurthe, mit seiner Gaudron-Maschine,<br />
die über 420 km Maximalgesohwindigkeit entwickelt. (Photo: Meurisse.)<br />
auch nicht die Durchschnittsgeschwindigkeit<br />
herausbrachte, die man erwartet hatte, so<br />
überbot er den Durchschnitt des letztjährigen<br />
Siegers, Detre auf Caudron, doch immerhin<br />
noch um 67 Stundenkilometer. Die Caudron-Maschinen<br />
wären überdies noch um<br />
reichlich 30—40 km/St, schneller gewesen,<br />
^enn man sie, wie beabsichtigt, mit einem<br />
einziehbaren, statt dem starren Fahrgestell<br />
hätte starten lassen, was jedoch wegen Mängeln<br />
des einziehbaren Fahrgestelles in der<br />
letzten Minute unterbleiben musste. Die von<br />
Ingenieur Riffart konstruierten Caudron-Zellen<br />
dürften in ihrer aerodynamischen Finesse<br />
kaum mehr zu überbieten sein. Der in sie<br />
eingebaute, luftgekühlte, 8-Liter-Renault-<br />
Motor entwickelt dank einer ausserordentden<br />
Werte diesmal nur noch 200 m bezw. 10<br />
Sekunden. Durch die Verstellbarkeit des<br />
Propellers soll die maximale Propeller-Zugkraft<br />
bei gleicher Motorleitung von 130 kg<br />
auf 240 kg gebracht worden sein. Schliesslich<br />
ist als grosser Fortschritt gegenüber<br />
dem letzten Jahr noch die allgemeine Anwendung<br />
von Landungsklappen zu verzeichnen,<br />
durch welche die Landungsgeschwindigkeit<br />
auf eine ungefährliche Höhe heruntergedrückt<br />
werden konnte. Beweis.: Die geglückte<br />
Notlandung des Potez-Fliegers Detre<br />
auf gänzlich unvorbereitetem Terrain. Bei<br />
den Caudron-Maschinen hatten die Landungsklappen<br />
den sechsten Teil des Flächeninhaltes<br />
der Flügel und Hessen sich in einem Winkel<br />
von 45 Grad herausstellen.<br />
Den Potez-Maschinen traute man trotz<br />
ihres einziehbaren Fahrgestelles von Anfang<br />
an nicht die hohe Maximalgeschwindigkeit<br />
der Caudrons zu, da ihr Sternmotor nicht die<br />
gleiche aerodynamisch vollkommene Gestaltung<br />
des Rumpfes erlaubte.<br />
Für das nächstjährige Rennen rechnet man<br />
bereits mit Maschinen, deren Maximalgeschwindigkeit<br />
500 km/St, erreichen wird.<br />
Und dabei handelt es sich immer um Kleinflugzeuge<br />
mit einem Verbrauch von etwa 25<br />
Liter Brennstoff pro 100 km und einem Aktionsradius<br />
von über 1000 km, die früher oder<br />
später in der Touristik Eingang finden werden,<br />
Flugprobleme.<br />
Niedrige Landegeschwindigkeit.<br />
Das Flugzeug ist heute zu einem der sichersten<br />
Verkehrsmittel geworden. Wenn<br />
noch, immer seltener, gelegentlich Unfälle<br />
vorkommen, so hängen sie fast stets mit<br />
seiner Geschwindigkeit zusammen. Geschwindigkeit<br />
stellt aber anderseits auch gerade<br />
den Hauptvorteil des Luftverkehrs dar.<br />
Es stellt sich deshalb für den Konstrukteur<br />
das grosse Problem, ohne Einbusse anReiseund<br />
(Maxiimalgeschwindigkeit die mit der Geschwindigkeit<br />
in Zusammenhang stehenden<br />
Gefahren zu vermindern. Ideal wäre die Aufgabe<br />
gelöst, wenn sich das Tempo im Moment<br />
vor der Landung bis auf Null reduzieren<br />
Hesse. Mit einer einzigen Ausnahme —<br />
beim Autogiro — list jedoch dieser Zustand<br />
noch nicht erreicht<br />
Alle grössern Flugzeuge landen heute mit<br />
Geschwindigkeiten von 70—100 km/St. Man<br />
muss zugeben, dass dieses Tempo nicht gerade<br />
geeignet ist, um das Anrennen von<br />
Häusern, Bäumen oder Bodenunebenheiten<br />
bei Nacht oder Nebel harmlos zu gestalten.<br />
Eine beträchtliche Verminderung der Landungsgefahren<br />
erbrachte zwar in den letzten<br />
Jahren die Ausrüstung der Flugzeuge mit<br />
feinen Peilgeräten und Blindflug-Instrumenten,<br />
die dem Piloten auch bei fehlender Sicht<br />
das sichere Auffinden und Niedergehen auf<br />
dem angesteuerten Flughafen gestatten. Die<br />
Instrumente können jedoch auch versagen<br />
-s.<br />
oder dem Piloten können bei der Ablesung<br />
kleine Fehler unterlaufen, und schliesslich<br />
nützt die feinste Peil-Anlage nichts, wenn<br />
die Maschine ausserhalb eines Flughafens<br />
niedergehen muss. Auch vermag heute noch<br />
kein Instrument den Piloten vor dem Aufbrennen<br />
-an in Nacht und Nebel unsichtbare<br />
Hauptmann Leo Künzli f.<br />
Am Mittwoch 1 nachmittag stürzte Hauptmann<br />
Leo Künzli in Thun beim .Akrobatiktraining aue<br />
1200 m Höhe in einer flachen Vrille tödlich ab. Die<br />
Schweizer Luftfahrt verliert in ihm eine ihrer bekanntesten<br />
Gestalten, einen Mann voller Unternehmungsgeist,<br />
Tatkraft und Verantwortungsbewusstsein,<br />
die Zivilfliegerei einen ihrer grössten Förderer,<br />
das Land einen glühenden Patrioten und vorbildlichen<br />
Offizier, Bern den Hauptinitianten seiner<br />
zahlreichen fliegerischen Anlässe. Mehrere Jahre<br />
war Leo Künzli Präsident des Berner Aeroclubs,<br />
den er durch sein unermüdliches Wirken zu seiner<br />
heutigen Blüte brachte. Beruflich versah er das Amt<br />
des Inspektors im Eidg. Luftamt. Seit einem Jahr<br />
war Hauptmann Künzli verheiratet.<br />
Gebirge, Radiomasten, Kirchtürme oder<br />
Hochkamine zu schützen.<br />
Ein weiterer grosser Fortschritt wäre deshalb<br />
dann zu verzeichnen, wenn man Flugzeuge<br />
bauen könnte, deren Geschwindigkeit<br />
sich in unsicheren Situationen wenigstens<br />
auf 20—30 km/St, vermindern Messe. Ob das<br />
jemals mit Maschinen vom Typ des Drachenfliegers<br />
gelingen wird, lässt sich heute<br />
noch nicht voraussagen. Bestimmt verdienen<br />
aber alle diese Versuche grösste Beachtung.<br />
Sie sind vorläufig viel wichtiger als die Versuche<br />
zum Bau von Flugzeugen, die mehr<br />
oder weniger senkrecht aufsteigen können.<br />
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