E_1934_Zeitung_Nr.078
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Und sie gingen los. Nicht nur jene, deren<br />
Männer und Söhne in jenem Unglücksschacht<br />
gefangen waren, lebendig oder tot, nicht nur<br />
die — auch die anderen — alle. Sie kamen<br />
aus den Häusern und Gärtchen, die jungen<br />
Mädchen, die Frauen, die alten Mütter. In<br />
fliegender Eile schlangen sie die Tücher um<br />
ihre Schultern, griffen sie Spaten auf und<br />
zogen zum Bergwerk. Viele waren, darunter,<br />
die im langen Leben einander meiden gelernt,<br />
viele, zwischen denen noch vor wenigen<br />
Minuten ein böses Wort gestanden, Neid<br />
oder noch Aergeres. Aber wie sie so, gegen<br />
den kalten Wind ankämpfend, mit wehenden<br />
Haaren und flatternden Tüchern vorwärts<br />
eilten, verilog alles, was sie getrennt hatte,<br />
aus ihren Herzen.<br />
Mit grossen, erstaunten Augen sahen die<br />
fieberhaft arbeitenden Männer die Armee der<br />
Frauen nahen. Aber sie fragten nicht viel,<br />
denn hier ging es um Menschenleben! Und<br />
in der jetzt folgenden Stunde leisteten diese<br />
Frauen mit ihren schwachen Armen, die<br />
Spaten und Hacken führend, Männerarbeit.<br />
Sie sprachen nicht, sie klagten nicht und —<br />
sie weinten nicht.<br />
Als die Rettungsmannschaften in ihren<br />
grossen Automobilen angefahren kamen, war<br />
der grösste Teil der Arbeit bereits getan.<br />
Man konnte sich mit den Eingeschlossenen<br />
schon durch Klopfzeichen verständigen. Eine<br />
dünne Wand aus Granit musste noch gesprengt<br />
werden, dann entschied sich, ob es<br />
Verluste gegeben oder keine. In einem dichten<br />
Häuflein standen die Frauen eng beisammen,<br />
mit schmierigen, zerschundenen<br />
Händen, zerrissenen Kleidern und russigen<br />
Gesichtern. Nur ihre Augen leuchteten un-<br />
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Von Eramy Hennings.<br />
Noch einmal weilen in der Sonnenspur.<br />
Mein Sommerglück, du gehst zur Neige.<br />
Es welken Blumen auf der müden Flur.<br />
Es dringt ein Lied aus einer leisen Geige.<br />
Das Heimwehlied, das ich bei mir verschweige.<br />
Noch einmal wolle, Sonne, mich umkosen,<br />
Will singen dir das Lied der Dankbarkeit.<br />
Ach, wie ergeben stehn die Herbstzeitlosen.<br />
Es schliessen meine Augen sich wie Rosen,<br />
Die müd und matt zum Schlafen sind bereit.<br />
ter ihrem wirren Haar und die Bergleute<br />
seufzten auf, wenn sie in diese Augen sahen.<br />
Da erschütterte ein Dröhnen die Luft, ein<br />
Windstoss wirbelte schwarzen Kohlenstaub<br />
himmelwärts und die Rettungsmannschaften<br />
liefen bereits auf das Sprengloch zu. Zitternd<br />
und leicht vorgeneigt standen die<br />
Frauen. Dort kamen die Ersten heraus,<br />
wankend und ermattet. Schweigend standen<br />
die Frauen und lauschten. Und da kam ein<br />
Ruf von den Lippen eines der Geretteten und<br />
pflanzte- sich hundertstimmig fort und klang<br />
hell und laut zu den Frauen herüber:<br />
«Alle — am Leben!»<br />
Da knieten die Frauen hin und legten die<br />
zerschundenen Hände ineinander.<br />
Und dankten Gott. P. U.<br />
Von Jakob Harinrer.<br />
Lass ans noch ein Ständlein glücklich sein —<br />
Schau, der Sommer sinkt wie Gras dahin!<br />
Aus den Schenken lockt Burgunderwein<br />
Und die Welt ist noch so süss und grün.<br />
Sterne bläht Dein altes Mädchenkleid.<br />
Frühlingswind schneit uns so julimüd —<br />
0, es war so schön oft — alle Leu?<br />
Sangen Deine kleinen Lieder mit.<br />
Ach, so bald bin wieder ich allein —<br />
Schau, der Sommer sinkt wie Gras dahin —<br />
Lass uns noch ein Stündlein glücklich sein<br />
Eh' ich wieder arm und traurig bin...<br />
Das Werk einer Philanthropin.<br />
in Zukunft alles Zerbrochene aus der eigenen<br />
Tasche bezahlen. Kurz darauf geschah<br />
Der Sommer 1933 ergab in Japan eine<br />
ganz erschreckende Zahl von Selbstmorden. wieder ein Unglück. Das vollkommen verzweifelte<br />
Mädchen rannte zur Sparkasse,<br />
Junge Menschen beiderlei Geschlechter<br />
stürzten sich allein oder paarweise in den hob ihre Ersparnisse — 20 Yen — ab und<br />
glühenden Krater des Mihara und warfen schrieb einen Brief. Es hoffe, dass dieser<br />
auf diese entsetzliche Weise ihr Leben weg, Betrag den bis jetzt angerichteten Schaden<br />
das ihnen aus irgendwelchen, oft nicht einmal<br />
ersichtlichen Gründen wertlos gewor-<br />
besten Kimono an und stürzte sich ins Meer.<br />
wohl decken werde. Darauf zog es seinen<br />
den war. Die lächerlichsten Dinge genügten, In japanischen Augen hat der Mut, sein Leben<br />
einen jungen Menschen in den Tod zu treiben.<br />
Ein kleines Beispiel: In Yokohama strahlt. Die Selbstmorde der letzten Jahre<br />
wegzuwerfen, immer in hohem Glanz ge-<br />
lebte ein junges Dienstmädchen, das ab und aber arteten zur Seuche aus. Hier griff eine<br />
zu das Missgeschick hatte, Geschirr zu zerbrechen.<br />
Eines Tages kündigte die aufgetete<br />
an besonders berüchtigten Selbstmord-<br />
japanische Frau ein : Nebu Jo. Sie errichbrachte<br />
Hausfrau dem Mädchen an, es müsse stellen fünf grosse, nachts elektrisch be-<br />
leuchtete Tafeln, auf denen nur ein Satz<br />
stand : « Warte noch ! Sprich mit Frau Nebu<br />
Jo ! », dann folgte die genaue Adresse. Und<br />
sie kamen dutzendweise, meistens Frauen,<br />
heimatlose, freund- und freudlose Frauen :<br />
unverehelichte Mütter, verirrte Töchter und<br />
bitter unglückliche Ehefrauen. Frau Nebu Jo<br />
fand immer einen Weg. Dank ihrer unermüdlichen<br />
Arbeit sind inzwischen Heime für<br />
diese enttäuschten Menschen entstanden, in<br />
denen sie leben und wieder eine Existenz<br />
aufbauen können. Rund 10,000 Frauen haben<br />
bei diesem edlen und verständnisvollen Menschen<br />
Rat und Hilfe gefunden. Frau Jo's<br />
Jugend fiel noch in die Zeit, als die japanische<br />
Frau eine durchaus untergeordnete<br />
Rolle im Leben des Landes spielte. Die neugeborene<br />
Tochter wurde vom Vater als<br />
« fades Ei >, das heisst als Schuldenquelle,<br />
scheel angesehen. Ihr Leben wurde von der<br />
bindenden Pflicht zum Gehorsam bestimmt:<br />
Gehorsam gegen den Vater und später Gehorsam<br />
gegen Gatten und Söhne. Das war<br />
das Gesetz, nach dem sie sich zu richten<br />
hatte. Heute ist es zwar besser geworden:<br />
die japanische Frau kann in der Fabrik, als<br />
Verkäuferin, Lehrerin und Bureauangestellte<br />
ihr Brot verdienen. Frau Jo, durch frühe<br />
Witwenschaft gezwungen, den Lebensunterhalt<br />
selbst zu erwerben, weiss um die Not,<br />
und deshalb kann sie wieder den Weg zum<br />
Leben zeigen.<br />
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Eine 3000 Meter grosse « Hlmmelsgranate ».<br />
Goldsucher, die mit einem eigens gecharterten<br />
Flugzeug von Garry-See nach Banks-<br />
Land in Nordwest-Kanada unterwegs waren,<br />
entdeckten bei einer Notlandung auf halbem<br />
Wege einen riesigen Talkessel, dessen steil<br />
absinkende Wände einen ebenso phantastischen<br />
wie unheimlichen Eindruck machten.<br />
Nach eingehenden Untersuchungen stellte<br />
sich heraus, dass ein Meteor 3 Kilometer im<br />
Umkreis ein 70 Meter tiefes Bett geschlagen<br />
hatte. Die Goldsucher kamen zu der Ueberzeugung,<br />
dass die erzene «Himmölsgranate»<br />
erst 14 Tage vor ihrer Ankunft explodierte.<br />
Die warnende Hand.<br />
Bei der Restauration einer Renaissancekirche<br />
in Herefordshire wurde kürzlich ein<br />
Ueberbleibsel aus alten Tagen aufgefunden,<br />
das nicht ohne ein gewisses grausiges Interesse<br />
ist. Man entdeckte eine schmiedeiserne<br />
Platte mit einer runden Oeffnung in der<br />
Mitte, unter der ein Stück Leder in der Form<br />
einer menschlichen Hand ausgespannt war.<br />
Nach Berichten der Kirchenältesten hing dieses<br />
Stück früher am Eingangstor der Kirche<br />
und zwar handelt es sich in der Tat um<br />
die gegerbte Haut einer Menschenhand. Die<br />
chemische Analyse stellte die Richtigkeit<br />
dieser Behauptung fest. Die Hand wurde im<br />
17. Jahrhundert einem der vielen Räuber abgeschlagen,<br />
die die Gegend unsicher machten,<br />
und die abgezogene Haut sollte als Warnung<br />
für die Verbrecherbanden dienen.<br />
Totentanz.»<br />
Aus Newyork wird gemeldet: Am Strand<br />
von Ashbury ist, wie aus dem Boden gezaubert,<br />
ein wahrer Jahrmarkt entstanden, der<br />
einem zahlreichen Publikum vom Ringelspiel<br />
bis zur Bar alle Volksbelustigungen bietet.<br />
Den Mittelpunkt bildet jedoch das noch rauchende<br />
Wrack der «Morrocastle». Der Gemeinderat<br />
von Morrocastle betrachtet das<br />
Wrack als sein Eigentum. In Kähnen werden<br />
Neugierige dahingefahren. Das Betreten<br />
des Wracks kostet 5 Dollar und die Leihgebühr<br />
für die infolge des Rauches notwendigen<br />
Gasmasken ebensoviel. Die Zahl der<br />
von Neugier getriebenen Besucher des Unglücksschiffes<br />
beträgt täglich über 30,000.<br />
(Das Grauen des Massentodes als letzte<br />
Sensation : das hat zur Charakteristik Amerikas<br />
noch gefehlt!)<br />
(Ein