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E_1934_Zeitung_Nr.096

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Bern, Dienstag, 27.November <strong>1934</strong><br />

III. Blatt der „Automobil-Revue" No.96<br />

10 Gebote für den Automobilisten<br />

Kleiner Autoknigge mit umgekehrten Vorzeichen.<br />

I.<br />

Das Lenkrad mit beiden Händen zu halten,<br />

ist ein typisches Anfängerzeichen. Setze<br />

dich diesem Verdacht nicht aus! Sehr dekorativ<br />

ist es, die nicht gebrauchte Hand lässig<br />

aus dem Wagen baumeln zu lassen. Motorräder<br />

fahren sich bekanntlich am besten freihändig.<br />

II.<br />

Die Hupe sei deiner besonders intensiven<br />

Benutzung empfohlen. Sie ist dazu da. Am<br />

zweckmässigsten bedient man sie, wenn<br />

man sie kurz, aber energisch 5—6 mal hintereinander<br />

ertönen lässt. Dadurch vermeidest<br />

du die Gefahr, von Bekannten übersehen<br />

zu werden. Es empfiehlt sich ferner, dem Polizisten<br />

bei «Halt» durch dies abgehackte<br />

Signalgeben eine ernsthafte Rüge für seine<br />

boshafte Verkehrsbehinderung zu erteilen.<br />

Schliesslich willst du doch als gewissenhafter<br />

Mensch pünktlich beim Jass sein.<br />

III.<br />

Kleine improvisierte Landstrassen rennen<br />

sind einer der Hauptreize des Automobilismus.<br />

Mit 4 PS unter der Haube kan man ganz<br />

gut die Wettfahrt mit einem 4-Liter-Achtzylinder<br />

aufnehmen. Die moralische Unterstützung<br />

gibt dir das Beispiel von David und<br />

Goliath. Solltest du einen Chauffeur haben,<br />

so muss diese Regel das A und 0 seiner<br />

Dienstanweisung sein<br />

İV.<br />

Gelingt es dir ausnahmsweise nicht, den vor<br />

dir liegenden Sportwagen zu überholen, so<br />

lass wenigstens die hinter dir liegende Super-Maschine<br />

nicht vorbei. Die Strasse in<br />

ihrer vollen Breite dient dem Verkehr. Besser,<br />

dein Hintermann schluckt Stunden lang<br />

deinen Staub als du 2 Minuten den des<br />

Ueberholers. Kommt er trotzdem an dir vorbei,<br />

so mache deinem Unmut über diese<br />

Landstrassenflegelei kräftig Luft<br />

V.<br />

Kameradschaft der Landstrasse ist eine oberfaule<br />

Angelegenheit. Wer seinen Wagen nicht<br />

bedienen kann, wer zu wenig Benzin mitgenommen<br />

hat, wer am Baum oder im Graben<br />

gelandet ist — dem geschieht nur recht, und<br />

es liegt kein Grund vor, für solche Ignoranten<br />

Zeit und Mühe zu opfern. Aus pädagogischen<br />

Erwägungen empfiehlt es sich, im<br />

Vorbeifahren ein höhnisches Gesicht zu machen<br />

oder missbilligend den Kopf zu<br />

schütteln. Du verlangst ja auch keine Hilfe,<br />

wenn du mal eine Panne hast. Oder doch?<br />

VI.<br />

Die lästigen Verkehrsvorschriften straft<br />

man am besten mit Nichtachtung. Wo sollte<br />

es hinführen, wenn du all die vielen Schilder<br />

und Warnungstafeln beachten wolltest! Insbesondere<br />

die weltabgeschlossenen Insassen<br />

der Krankenhäuser und Schulen sind hocherfreut,<br />

wenn du durch fröhliches Hupen ein<br />

Zeichen der Aussenwelt zu ihnen dringen<br />

lässt<br />

Die Magd des Jürgen Doskocil.<br />

Roman von Ernst Wiechert<br />

(Fortsetzung aus dem Hauptblatt)<br />

«Was vergessen?» fragte er leise.<br />

Einen Augenblick knickte die Gestalt vor<br />

ihm zusammen. Dann deckte sie beide Hände<br />

vor das Gesicht und versuchte, sich mit einem<br />

jähen Sprung in das Dunkel zu werfen.<br />

Aber Jürgens Hand Hess nicht los.<br />

«Man muss dich in den Strom hängen»,<br />

sagte er, «dass du abkühlst. Oder einen Ring<br />

durch die Nase wie beim Bullen auf der Domäne<br />

... das nächste Mal, Freundchen, behältst<br />

du kein Glied ganz, verstanden?» Und<br />

er gab ihm einen Fusstritt, dass er aus dem<br />

Schacht des Lichtes wie in einen Abgrund<br />

stürzte. Hinter den fliehenden Füssen schloss<br />

das Schweigen sich wieder zu, und erst nach<br />

einer Weile, vom Dorfende her, erklang der<br />

Pfiff auf zwei Fingern, den Jürgen kannte.<br />

Er starrte in die Schwärze hinein, die sich<br />

gespalten zu haben schien, und von dort auf<br />

das rötliche Fenster, das wehrlos in der ungeheuren<br />

Nacht leuchtete. Einmal wird es<br />

der Richtige sein, dachte er noch, bevor er<br />

ins Haus ging.<br />

VII.<br />

Wagenpflege überlass ruhig den Pedanten,<br />

die auch darin zeigen, dass sie Menschen<br />

zweiter Klasse sind. Fingerdick muss der<br />

Dreck auf Kotflügeln und Motorhaube liegen,<br />

auch die Schutzscheibe muss von Spritzern<br />

überkrustet sein. Daran sieht man, dass du<br />

viel fährst. Durch den Sektor des Scheibenwischers<br />

siehst du immer noch genug. Man<br />

soll es deinem Wagen anmerken, dass er<br />

viele Tausend schwerer Kilometer hinter<br />

sich hat. Die ganze Stadt wird dich bewundern,<br />

wenn du einem solchem Wagen in<br />

ebenso schmutzigem Trenchcoat entsteigst,<br />

um in der eleganten Bar bei einem Flip nebenbei<br />

zu erzählen, gestern Abend in Paris<br />

sei es in der Moulin Rouge genau so langweilig<br />

gewesen. Caracciola wird platzen,<br />

wenn er dich sieht! Vergiss aber nicht, nach<br />

dem Aussteigen den etwas schwankenden<br />

Gang anzunehmen, wie du ihn bei Seeleuten<br />

und Automobilisten nach langer Fahrt oft gesehen<br />

hast.<br />

VIII.<br />

Bei Picknicks und Wochenendfahrten<br />

schimpfst du entweder über die unerträgliche<br />

Hitze oder die schauderhafte Kälte. Ist<br />

das Hotel, in dem du einkehrst, modern, so<br />

bemerkst du treffend, du seist nicht aus der<br />

Großstadt gekommen, um dich von demselben<br />

abgestandenen Komfort langweilen zu<br />

lassen. Ist es einfach eingerichtet, so hast du<br />

erst recht Grund zur Kritik, denn schliesslich<br />

willst du dich am Wochenende erholen<br />

und nicht über die kleinen Alltäglichkeiten<br />

des Lebens ärgern.<br />

IX.<br />

Autos bezahlen tun nur die Pedanten. Der<br />

Autohändler kann froh sein, dass er überhaupt<br />

einen Wagen weniger in seinem überfüllten<br />

Lager hat. Welche Reklame ausserdem,<br />

wenn du seine Marke fährst! Eigentlich<br />

müsste er noch Geld zugeben. Drängt<br />

der kleinliche Manichäer aber doch auf Bezahlung,<br />

so verkaufst du die lächerliche Klamotte<br />

einfach weiter; das tust du um so lieber,<br />

als du ja sowieso auf das neu herausgekommene<br />

hellblaue 8-Zylinder-Supersport-<br />

Kabriolett ein Auge geworfen hattest. Die<br />

Methode ist bewährt und unbedingt zuverlässig,<br />

an neuen Modellen fehlt es ja Gott sei<br />

Dank nicht.<br />

X.<br />

Die Grossen des Volants sind ausnahmslos<br />

deine Duzfreunde. Wenn du irgendeine Anekdote<br />

von «Karratsch» hörst oder liest, so<br />

hast du sie zufällig gerade miterlebt. Chiron<br />

hat sich die erdenklichste Mühe gegeben,<br />

dich für den Rennsport grossen Stils zu gewinnen.<br />

Wenn du freilich' wolltest!... aber<br />

wozu? Eine müde Geste mit der Hand<br />

drückt Genialität und Interesselosigkeit<br />

hinreichend aus. Hans Stuck hat dir einen<br />

rührenden Dankesbrief geschrieben, weil er<br />

deinen Tips für die Kurventechnik seinen<br />

Sieg im Grossen Preis der Schweiz ver-<br />

Ob sie Freundschaften im Dorf habe,<br />

fragte er nach dem Essen. Sie sah ihn verwundert<br />

au. Nein, sie habe keine Freundschaften.<br />

Sie gehe einkaufen, spreche ein<br />

paar Worte mit dem Krugwirt und komme<br />

zurück.<br />

«Sei vorsichtig», sagte er nach einer<br />

Weile, als er schon an einem neuen Netz<br />

knüpfte. «Verschliesse das Haus, wenn ich<br />

auf dem Wasser bin... sie sind hier wie<br />

die Stiere ...»<br />

Sie erwiderte nichts, aber als er lange danach<br />

aus dem Schatten seiner Brauen auf sie<br />

blickte, war sie errötet und das Blut stand<br />

noch unter ihren Haarwurzeln.<br />

Die Veränderung ihres Gesichts traf ihn<br />

gleich dem schweren Stoss einer Woge und<br />

wusch die schützende Decke von seiner<br />

dumpfen Verschlossenheit. Er erzitterte bis<br />

in die schweren Hände hinein, die an den<br />

Maschen des Netzes arbeiteten. Er sah ihren<br />

geneigten Scheitel und .sah, dass sie wie eine<br />

Heilige in der Armut seines Hauses und seines<br />

Lebens war. .Streicheln müsste man sie',<br />

dachte er, .streicheln, wie über eines Kindes<br />

Haupt... aber sie würde glauben, dass auch<br />

ich... ein schmutziges Wort habe ich gesagt<br />

... von den Stieren...'<br />

Er stand schnell auf und hängte das<br />

Netz an den Holzpflock in der Balkenwand.<br />

Der Regen schlug an das Fenster. «Gut ist es<br />

für den Acker», sagte er, «warm wird das<br />

Korn liegen, wie bei einer Mutter.»<br />

«Ja», sagte sie, ohne aufzusehen.<br />

Er gine noch einmal vor das Haus, stand<br />

dankt. Nur musst du dich hüten, mit jemand<br />

zusammenzutreffen, der Stuck oder Caracciola<br />

oder Chiron wirklich kennt.<br />

Befolgst du diese Gebote gewissenhaft, so<br />

glaubst du vielleicht Anspruch darauf erheben<br />

zu dürfen, als Ueber- oder Edelautomobilist<br />

angesehen zu werden. Bedenke aber<br />

stets, dass sie nur für dich Geltung haben.<br />

Richten sich gewöhnliche Automobilisten danach,<br />

so musst du ihr Verhalten als anmassend,<br />

flegelhaft, snobistisch, kurzerhand als<br />

unerträglich bezeichnen.-<br />

Der reichste Kaufmann des<br />

Mittelalters<br />

«Einem tapferen Herzen ist nichts<br />

unmögliche Jacques Cceur<br />

Im Herzen Frankreichs, in dem entzückenden<br />

alten Bourges, dessen gotische Kathedrale<br />

in jeder Kunstgeschichte einen Ehrenplatz<br />

einnimmt, steht ein stattliches Schloss<br />

aus dem XV. Jahrhundert: das Palais Jacques<br />

Coeur. Darin lässt der französische<br />

Staat zur Zeit bedeutende Instandsetzungsarbeiten<br />

vornehmen-<br />

Wer war der Mann, der nicht einmal den<br />

Adelstitel in seinem Wappen trägt und dennoch<br />

vor 500 Jahren einen solchen Palast<br />

sich erbauen konnte? Vor dem Eingang zum<br />

Palais steht ein Denkmal. Es zeigt ihn im<br />

langen fallenden Gewände des Kreuzfahrers,<br />

das Schwert zur Seite, den Turban auf dem<br />

Kopfe. Die Haltung ist wahrhaft königlich,<br />

überlegen und zugleich gelassen. Die Augen<br />

scheinen die Welt zu umspannen, Mund und<br />

Kinn drücken sichere Energie aus. Der Adel<br />

einer seiner Kräfte bewussten Persönlichkeit,<br />

eines Renaissance-Menschen vor der<br />

Renaissance, liegt über dem Gesicht. Welches<br />

Schicksal hatte dieser heute fast unbekannte<br />

Mensch des Mittelalters?<br />

Der Beherrscher der Welt.<br />

Der Franzose Jacques Coeur war einmal<br />

— nur durch eigenes Können — der reichste<br />

Mann seiner Zeit. Der grösste Kaufmann des<br />

Mittelalters, von dem in seiner Heimat, dem<br />

Berry, das Wort umging: «Der König tut,<br />

was er kann — Jacques Coeur, was er<br />

will.» Der Kaufmann Jacques Coeur hatte<br />

mehr Angestellte, als der König von Frankreich<br />

Soldaten. Seine sieben Schiffe brachten<br />

Waren nach drei Erdteilen, sie landeten<br />

in den Häfen Frankreichs, Kataloniens, Italiens,<br />

Englands, Afrikas und Asiens. Er besass<br />

Blei-, Kupfer- und Silber-Bergwerke,<br />

mehr als dreissig Güter, zwei Häuser in Paris,<br />

zwei in Tours, sechs in Lyon, zahlreiche<br />

andere in anderen Städten Frankreichs Sein<br />

Palais in Bourges, das jetzt als «Monument<br />

historique» unter staatlichem Schutz steht,<br />

übertraf an Eleganz das Louvre in Paris und<br />

die königlichen Residenzen. Der König von<br />

Frankreich war in der Hand dieses Mannes,<br />

den er zu seinem Finanzminister ernannte<br />

und von dem er privaten Kredit aufnehmen<br />

musste, um seine Kriege weiterführen zu<br />

können.<br />

Der Aufstieg.<br />

Dieser Mann, Jacques Coeur, hat einen<br />

ebenso ungewöhnlichen Aufstieg wie Absturz<br />

im Dunkel des kleinen Hofplatzes und<br />

lauschte hinaus. Der Regen fiel in sein Haar<br />

und baute eine rauschende Wand um sein<br />

Gesicht. Das letzte Licht erlosch im Dorf.<br />

Er glaubte Schritte zu hören, ein atemloses<br />

Schleichen um das Haus, aber es war sein<br />

Blut, das zum Herzen floss. Niemand war<br />

da, nur der leise Ton, mit dem die 'Erde den<br />

Regen trank. So war es gewesen, wenn das<br />

Kind getrunken hatte, das nicht sein eigen<br />

gewesen war und das nun lange unter der<br />

Erde lag. Tropfen rannen nun wohl über den<br />

kleinen Sarg, langsam und dunkel wie in seinen<br />

Adern. Schön musste es sein, ein Kind<br />

zu haben, ein Hilfloses, um das man die<br />

Hände legen könnte...<br />

Er' erwachte erst, als die Tropfen aus seinem<br />

Haar über die Wangen flössen, umkreiste<br />

noch einmal das Haus, schlug ein<br />

heimliches Zeichen nach allen vier Winden<br />

und ging dann in seine Kammer. Bevor er<br />

sich niederlegte, verschloss er die Tür und<br />

hängte den Schlüssel unter den alten<br />

Kupferstich, den sein Grossvater erworben<br />

hatte und der Petri Fischzug darstellte.<br />

Von diesem Abend ab blieb der Regen<br />

über dem Land. Nebel stand über den Wäldern,<br />

und die Erde floss über, so dass der<br />

dunkle Strom nicht als ein Abgrund, sondern<br />

als eine Brücke erschien. Das Sommergetreide<br />

verdarb, auf den Winteräckern stand<br />

dunkles Wasser, die Kartoffeln begannen zu<br />

Aufstieg und Absturz von Jacques Coeur.<br />

erlebt. Er ist 1395 in Bourges als Sohn eines<br />

wohlhabenden Pelzhändlers geboren, erhält<br />

eine sorgsame Erziehung in der Absicht,<br />

ihn zum Geistlichen auszubilden, wendet sich<br />

aber weltlichen Geschäften zu, obwohl er bereits<br />

Titel und Rechte eines Klerikers trägt.<br />

23 Jahre alt, heiratet er. Neun Jahre später,<br />

im Dienste eines Münzers, begeht er eine<br />

Unregelmässigkeit: Er lässt bei der Münzherstellung<br />

das Edelmetall unter der vorgeschriebenen<br />

Mindestmenge beimischen, wird<br />

verurteilt, aber gegen Zahlung einer Geldstrafe<br />

von weiterer Verfolgung freigesprochen.<br />

Von diesem Zeitpunkt an beginnt der phantastische<br />

Aufstieg von Jacques Coeur. «Wenn<br />

ein Mann, der sich einmal eine Verfehlung<br />

hat zuschulden lassen kommen, sich wiederaufrichtet»<br />

— so schreibt einer seiner Biographen,<br />

M. Dufey — «so wird er grösser,<br />

indem er aus seinen Fehlern lernt.» Bereits<br />

im Jahre 1432 unternimmt Jacques Coeur<br />

einen kaufmännischen Eroberungszug in die<br />

Levante, gründet eine Handelsniederlassung<br />

in Damaskus, die erste französische Firma<br />

im Orient, und errichtet nach seiner Rückkehr<br />

eine Filiale in Montpellier, denen weitere<br />

in Marseille, Tours, Bourges und anderen<br />

Städten folgen-<br />

« Le petlt roi de Bourges.»<br />

Drei Jahre später muss der unglückliche<br />

Karl VII., König von Frankreich, vor den<br />

Engländern nach Bourges flüchten, dem letzten<br />

Zufluchtsort, der ihm geblieben ist. Um<br />

sich die Hilfe von Jacques Coeur zu sichern,<br />

ernennt er ihn zum Leiter der Münze von<br />

Bourges und Paris. Jacques Coeur, der<br />

«kleine König von Bourges», wie ihn seine<br />

Warmereguüerun<br />

Preis 24r/28*-Fr<br />

faulen, ehe sie in die Keller kamen. Aus den<br />

ertrinkenden Wohnungen der Erde stand das<br />

Getier auf und floh in die Scheunen der Menschen,<br />

wo es die ärmlichen Vorräte zerstörte.<br />

Zuerst standen die Menschen vor ihren<br />

Türen, sahen nach den Wolken und warteten.<br />

Dann sah man sie um die Mittagszeit auf<br />

den Feldern stehen, die Hand in eine Garbe<br />

stecken, eine triefende Kartoffelstaude aus<br />

der Erde ziehen. Und dann blieben die Dörfer<br />

schweigend, dunkel, tot. Die Krähen<br />

sammelten sich in den welkenden Bäumen<br />

über den Höfen, ein Hund strich über die<br />

Felder und kratzte die letzten Mäuse aus<br />

ihren Löchern. Es war, als sei der Regen<br />

bitter und vergiftet. Nicht nur wuchs das<br />

Moos auf den feuchten Dächern, nicht nur. bedeckten<br />

sich die Eggen und Pflüge, die noch<br />

immer wartend,auf den Feldern standen, mit<br />

Rost, sondern auch in die Seele der Menschen<br />

frass sich langsam und zerstörend der<br />

erste Hauch des kommenden Schicksals ein.<br />

Garben verschwanden von den Feldern,<br />

Kartoffeläcker wurden des Nachts von Unbekannten<br />

geerntet. Speicherschlösser wurden<br />

mit Gewalt geöffnet, und an den frühen<br />

Abenden hob sich mitunter der Lärm eines<br />

Streites, der Hass einer Schlägerei über das<br />

dunkle Dorf, vom Heulen der Weiber, vom<br />

Gebell der Hunde begleitet<br />

(Fortsetzung folgt.)

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