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E_1934_Zeitung_Nr.096

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grosse Haube, Diebstahlssicherung, Blendvermeidung<br />

des Scheinwerfers bei Nacht.<br />

Für den Fabrikanten mögen dies zum Teil<br />

Aufgaben der Zubehörindustrie sein. Man<br />

kann auch der Ansicht sein, dass damit mehr<br />

Dienst an der Allgemeinheit geleistet wird<br />

als durch andere technische Fortschritte.<br />

Was hat die Industrie getan gegenüber<br />

der grossen Händlerkrise, und wie weit ist<br />

das Altwagenproblem gelöst ?<br />

Wer die Märkte der Welt heute besucht, ist<br />

sich rasch darüber klar, dass mit der Weiterentwicklung<br />

der bisherigen Tendenzen keine<br />

neue Kaufkraft geschaffen wird ; die Welt<br />

verlangt den einfachen ökonomischen kleinen<br />

Wagen und offeriert im übrigen noch unzählige<br />

neue Anwendungsgebiete für den Benzinmotor.<br />

(Fortsetzung folgt.)<br />

Benzinzoll und Fremdenverkehr<br />

Die hier bestehenden Zusammenhänge, die<br />

in unserem Blatt schon verschiedentlich aufgezeigt<br />

wurden, sind dieser Tage auch in<br />

einer Eingabe an den Bundesrat zusammengefasst<br />

worden. Diese ging von dem anlässlich<br />

der Oltener Konferenz der am Strassenverkehr<br />

interessierten Verbände bestellten<br />

Bureau aus, dessen Sekretariat der Geschäftsleitung<br />

des schweizerischen Fremdenverkehrsverbandes<br />

übertragen wurde. Der<br />

Eingabe entnehmen wir die folgenden Ausführungen:<br />

Wir möchten uns erlauben, etwas ausführlicher<br />

darzulegen, weshalb die am Fremdenverkehr<br />

und am Autotourismus interessierten<br />

Kreise wegen einer allfälligen stärkeren<br />

Belastung des Benzinpreises schwere Bedenken<br />

hegen.<br />

Unser Fremdenverkehr ist wesentlich Auto-Fremdenverkehr<br />

geworden. Ganz besonders<br />

die ausländischen Gäste kommen zu<br />

einem grossen Teil mit dem Automobil in die<br />

Schweiz. Dies geht mit aller Deutlichkeit aus<br />

der im Folgenden wiedergegebenen Statistik<br />

über die vorübergehende Einfuhr von Motorfahrzeugen<br />

hervor:<br />

Total auf Total auf<br />

Ende Monat Ende Monat<br />

1933 <strong>1934</strong><br />

Januar 4.934 5.551<br />

Februar 9.752 12.157<br />

März 17.219 22.030<br />

April 32.446 39.716<br />

Mai 45.320 63.569<br />

Juni 68.390 85.579<br />

Juli 102.808 126.373<br />

August 161.169 193.071<br />

September J 97.521 231.745<br />

Oktober 213.215<br />

November 221509<br />

Dezember 227.465<br />

Diese Zahlen sind insofern unvollständig,<br />

als die Automobile, für die ein Triptyk besteht,<br />

nur beim ersten Grenzübertritt gezählt<br />

werden. Kommen sie, nachdem sie unser<br />

Land verlassen haben, im Verlaufe des<br />

Jahres von neuem in die Schweiz, so treten<br />

sie in der Statistik nicht mehr in Erscheinung.<br />

Nach den Erfahrungen der Automobilverbände<br />

darf man annehmen, dass aus diesem<br />

Grunde die Zahl der in die Schweiz vorübergehend<br />

eingeführten ausländischen Automobile<br />

pro <strong>1934</strong> um rund 40,000 grösser als die<br />

offizielle Ziffer sein wird. Die amtliche Statistik<br />

wird bis Ende Dezember etwa 260,000<br />

Grenzübertritte ausweisen, die tatsächliche<br />

Ziffer dürfte demnach rund 380,000 betragen.<br />

Erfahrungsgemäss und durch die Statistiken<br />

verschiedener grösserer Kurorte bestätigt,<br />

sind die ausländischen Automobile durchschnittlich<br />

mit drei Personen besetzt und<br />

bleiben drei Tage in der Schweiz, sodass pro<br />

Wagen neun Logiernächte entfallen. Für das<br />

ganze Jahr ergeben sich somit nicht weniger<br />

als 2,7 Millionen Logiernächte.<br />

In den einzelnen Monaten sind die Logiernachtzahlen<br />

folgende:<br />

Wozu zwei Scheinwerfer?<br />

Im englischen «Motor» stellt ein Mitarbeiter<br />

die Frage nach der Notwendigkeit der<br />

Verwendung von zwei Scheinwerfern- Er<br />

kommt zum Schluss, dass ein einziger Scheinwerfer<br />

auch genügen würde und bei Wahl<br />

einer stärkeren Lampe ein ebenso gutes<br />

Licht ergeben würde. Dabei wäre ein einziger<br />

Scheinwerfer bei Stromlinienkarosserien<br />

wohl viel leichter unterzubringen, ohne dass<br />

dieser die Linie stört. Zur Markierung der<br />

Wagenbreite müssten allerdings die Stadtlampen<br />

ständig mitbetrieben werden.<br />

Huptnobile mit nayes-Karosserle.<br />

Die Hupp Motor Car Corporation wird inskünftig<br />

aus Gründen eines möglichst rationellen<br />

Betriebes die Karosserien für ihre Hupmobilewagen<br />

nicht mehr selbst bauen, sondern<br />

von der grossen Karosseriespezialfabrik<br />

Hayes beziehen.<br />

Strategischer Strassenbau.<br />

Der ungarische Ministerpräsident soll als<br />

nächste in Angriff zu nehmende Aufgabe den<br />

Bau einer Strasse bezeichnet haben, die von<br />

Plattensee über Szent-Gothard bis zur neuen<br />

Packstrasse führt. Letztere Strecke wurde<br />

bekanntlich unlängst im Rahmen des Arbeitsbeschaffungsprogrammes<br />

der österreichischen<br />

Bundesregierung fertiggestellt und bezweckt<br />

eine direkte Verbindung Kärntens<br />

mit der Steiermark, unter Umgehung jugoslawischen<br />

Gebiets. Wie die Grossglocknerstrasse.<br />

darf auch die Packstrasse als eine<br />

Verkehrlinie von grosser strategischer Bedeutung<br />

bezeichnet werden. Mit der Vollendung<br />

des ungarischen Strassenbauplanes ist<br />

eine direkte Automobilstrasse von den verschiedenen<br />

italienischen Grenzstellen über<br />

Villach-Klagenfurt bis. Budapest geschaffen.<br />

Januar<br />

Februar<br />

M ä r z -<br />

-.•••-*-••<br />

April<br />

Mai<br />

Juni<br />

Juli<br />

August<br />

September<br />

Logiernachte der<br />

Ausländer ausländ. Automobilisten<br />

insgesamt absolut °/ 0 Ausl.<br />

554.162 50.000<br />

553.748 49.500<br />

•403.189 89.000,<br />

358 831 159.000<br />

357.226 214.500 57<br />

418.662 198.000 47<br />

798.498 S67.O0O 46<br />

1.224.942 600.000 49<br />

(348.000)<br />

AUTOM OBTL-REVUE <strong>1934</strong> —<br />

Das Auto Im Dienste der Arktlsforschnn*.<br />

Das Auto findet in letzter Zeit in der Arktis-Forschung<br />

eine ständig zunehmende Anwendung.<br />

Dies trifft insbesondere für die<br />

russischen Arktisforschungen zu, in denen<br />

das Auto eine grosse Rolle spielt- Das Moskauer<br />

Auto-Traktor-Institut konstruierte in<br />

letzter Zeit zahlreiche Spezial-Automobilmodelle,<br />

die insbesondere für die Arktisforschung<br />

hergerichtet wurden. U. a. sind die Vorderräder<br />

der Automobile auf Skier aufmontiert;<br />

z. T. ruht das Fahrzeug gänzlich auf Skiern,<br />

während die Kraftübertragung vermittels<br />

Propeller erfolgt. Nach neuesten Meldungen<br />

sind die Arktis-Automobile bis zu 77° 24'<br />

nördlicher Breite vorgedrungen, wobei diese<br />

sich ausgezeichnet bewährt haben sollen.<br />

Fortschritt!<br />

Wie unsere Leser wissen, erreichte Caracciola<br />

kürzlich bei Rekordfahrten in der Nähe<br />

von Budapest mit seinem Mercedes-Benz-<br />

Grand-Prix-Wagen Durchschnittsgeschwindigkeiten<br />

von annähernd 320 kmjSt. Noch im<br />

Jahre 1927 war das die Höchstgeschwindigkeit<br />

eines 1000-PS-Rennungetüms, das man<br />

nur auf wenigen SpezialStrecken der Erde,<br />

wie der Strandbahn von Daytona, loslassen<br />

zu dürfen glaubte.<br />

Die Leistungsfähigkeit der diesjährigen<br />

Grand-Prix-Typen grenzt überhaupt ans<br />

Wunderbare. Als die jetzt gültige internationale<br />

Vorschrift: 750 Kilo ohne Pneus und<br />

Betriebsstoffe aufgestellt wurde, glaubte<br />

man, mit dieser Begrenzung des Maximalgewichtes<br />

auch die Motorgrösse auf etwa<br />

2Yt Liter Zylinderinhalt beschränkt zu haben.<br />

Aber da kamen die Konstrukteure und<br />

zauberten Motoren bis fast 5 Liter Inhalt<br />

und 300 PS hervor; und mitsamt diesen Motoren<br />

wiegen die Wagen kaum mehr als<br />

mancher serienmässige heutige Kleinwagen!<br />

Total Jan.-Aug. 4.689.238 1.727.000 37<br />

Pro Aufenthaltstag werden mindestens<br />

25 Franken ausgegeben, sodass sich die Gesamtsumme,<br />

die die ausländischen Automobilisten<br />

in die Schweiz bringen, rund auf 70<br />

Millionen Franken beläuft. Gestatten Sie die<br />

Bemerkung, dass der Durchschnitt von 25 Fr.<br />

sehr niedrig angenommen ist und tatsächlich<br />

höher sein dürfte, womit natürlich auch die<br />

angenommene Gesamtsumme von 70 Millionen<br />

Franken zu niedrig angesetzt sein dürfte.<br />

Wie sich dieser Gesamtbetrag von wenigstens<br />

70 Millionen Franken auf die einzelnen<br />

Zweige der Volkswirtschaft verteilt, ist angesichts<br />

der Kompliziertheit der in Frage stehenden<br />

wirtschaftlichen Beziehungen natürlich<br />

nicht festzustellen. Sicher ist einzig, dass<br />

nicht weniger als rund 5 Millionen Franken<br />

dem Bund in Form von Benzinzöllen zufliessen.<br />

Die grosse volkswirtschaftliche und fiskalische<br />

Bedeutung des ausländischen Automobilverkehrs<br />

ist nun wesentlich durch die niedrigen<br />

Benzinpreise der Schweiz bedingt.<br />

Während die Schweiz bei den meisten anderen<br />

Preisen isoliert auf ihrer Preisinsel<br />

verharrt, hat sie bei den Benzinpreisen gegenüber<br />

den andern Ländern einen-bedeutenden<br />

Vorsprung. Betragen doch (laut «Recueil<br />

de Renseignements de Tourisme»,) die Ben-<br />

zinpreise in<br />

Deutschland<br />

England<br />

Frankreich<br />

Italien<br />

Oesterreich<br />

istischer<br />

*) per Gallon.<br />

Landeswähruns Schweizerwährnng<br />

per Liter<br />

0.28—0.36 RM. 0.34—0.44 Fr.<br />

1 sh/2—1 sh/6*) 0.20—0 26 Fr.<br />

2.20—2.80 Ire. 0.45-0.57 Fr.<br />

2 Lire 0.53 Fr.<br />

0.50 Seh. 0.36 Fr.<br />

Auf der Preisdifferenz, die in diesen Zahlen<br />

zum Ausdruck kommt, lässt sich eine<br />

sehr wirksame Verkehrswerbung in ausländischen<br />

Automobilistenkreisen aufbauen, und<br />

das Schlagwort «Ca ne coüte presque rien<br />

de rouler en Suisse» wird denn auch von der<br />

Schweizerischen Verkehrszentrale in ihrer<br />

Propagandatätigkeit nachdrücklichst verwendet.<br />

Dabei darf man allerdings nicht ausser<br />

Acht lassen, dass die Kosten des Automobilfahrens<br />

in der Schweiz nur für die Ausländer<br />

die wohl den Benzinpreis, nicht aber die kantonalen<br />

Steuern und Versicherungen zu bezahlen<br />

haben, niedrig sind. Für die in der<br />

Schweiz Ansässigen sind dagegen die Kosten<br />

gleich hoch, wenn nicht noch höher, wie für<br />

die Ausländer in ihrem Heimatstaat. Denn die<br />

t in der Schweiz erhobenen hohen direkten<br />

Steuern sind im Ausland zum Teil (so besonders<br />

in Frankreich) durch die im höheren<br />

Benzinpreis erhobenen indirekten Steuern<br />

abgelöst<br />

Leider wohnt nun dem schweizerischen<br />

Benzinpreis eine wesentliche Unsicherheit<br />

inne: sein niedriger Stand ist die Folge des<br />

Konkurrenzkampfes auf dem Weltmarkt, der<br />

natürlich einmal einer Einigung Platz machen<br />

kann. Sobald dies der Fall sein wird, wird<br />

automatisch eine Benzinpreiserhöhung eintreten.<br />

Käme nun noch eine Zollerhöhung hinzu,<br />

so könnte leicht unser Preisvorsprung den<br />

andern Ländern gegenüber in sein Gegenteil<br />

verkehrt werden. Eines unserer besten Werbeargumente<br />

würde unseren Propagandastellen<br />

damit aus der Hand geschlagen — was<br />

wiederum für den Fremdenverkehr und für<br />

die Volkswirtschaft als ganzes sehr schädliche<br />

Rückwirkungen haben müsste. Für den<br />

Fiskus würde eine sozusagen überproportionale<br />

Verschlechterung eintreten, da er nicht<br />

nur die Folgen der verringerten volkswirtschaftlichen<br />

Aktivität zu tragen hätte, sondern<br />

auch die Folgen der Wandlung der speziellen<br />

Verhältnisse der Benzinein- und<br />

-Ausfuhr. Heute fährt bekanntlich jeder Wagen<br />

(gleich ob ausländisch oder schweizerisch)<br />

mit vollem Tank aus der Schweiz aus<br />

und mit leerem Tank ein, was für den Bund<br />

eine entsprechende Steigerung der Benzinzollerträge<br />

mit sich bringt. Würde das Verhältnis<br />

der schweizerischen zu den ausländischen<br />

Benzinpreisen verändert, so verändern<br />

sich auch die Vor- und Nachteile bei der von<br />

den einzelnen die Grenze überfahrenden Automobilisten<br />

betriebenen Benzinein- und<br />

Ausfuhr. Leicht könnte es dann so kommen,<br />

dass die Autos mit vollem Tank in die<br />

Schweiz einführen und sie mit leerem Tank<br />

wieder verliessen!<br />

Endlich gestatten wir uns, darauf hinzuweisen,<br />

dass durch eine Verteuerung des<br />

Benzinpreises auch ein Druck auf den einheimischen<br />

Automobilverkehr ausgeübt würde.<br />

der seinerseits durch eine gewisse Einschränkung<br />

und damit natürlich auch Verringerung<br />

des zollpflichtigen Verbrauches<br />

reagierte. Auf keinen Fall wäre daher eine<br />

zur Zollerhöhung proportionale Ertragssteigerung<br />

zu erwarten; es könnte sich sogar<br />

ergeben, dass die Einschränkung des Verbrauches<br />

den pro Einheit grösseren fiskalischen<br />

Ertrag kompensierte.<br />

Wir erlauben uns, Ihnen diese Erwägungen<br />

im Namen der am 5. November in Ölten<br />

vereinigten Verbände und des von diesen gewählten<br />

Büros darzulegen. Gestatten Sie<br />

uns, die Namen dieser Verbände nachstehend<br />

aufzuführen:<br />

Schweiz. Aero-Club. i<br />

Arbeiter-Tourine-Bund.<br />

ASPA.<br />

Autogewerbeverband der Schweiz.<br />

Automobil-Club der Schweiz.<br />

Schweiz. Autostrassenverein.<br />

Schweiz. Ben^inunion.<br />

Chambre syndicale de l'Automobile.<br />

C. I. A.<br />

Schweiz. Fremdenverkehrsverband.<br />

Schweiz. Fuhrhalter- und Spediteur-Verband.<br />

Schweizer Hotelier-VeTein.<br />

Schweiz. Mineralölinteressonten-Verband.<br />

Schweiz. Radfahrer- und Motorfahrer-Bund.<br />

Touring^Club Suisse.<br />

Union motoeycliste suisse.<br />

Verband der Handels-, Transport- Tmd Lebensmittelarbeiter.<br />

Verband Schweiz. Karosserie-Industrie.<br />

Verband Schweiz. Kursaal-Geselischaften.<br />

Verband Schweiz. Verkehrsvereine.<br />

Schweiz. Verkehrszentrale.<br />

Schweiz. Wirteverein.<br />

Zentralverband Schweiz. Möbeltransporteure.<br />

Wir erlauben uns, der Hoffnung Ausdruck<br />

zu geben, dass Sie unsere im Interesse weiter<br />

Kreise des Schweizervolkes dargelegten<br />

Ausführungen einer wohlwollenden Prüfung<br />

unterziehen möchten.<br />

zittert unter ihrem Fuss und sie kommen<br />

nachzusehen, was hier geschieht.»<br />

Aber es blieb ein leiser Zauber über dem<br />

werdenden Feld, und Jürgen hob die Wurzeln<br />

sorgsam heraus, als hebe er die Decke von<br />

einem schlafenden Gesicht.<br />

Sie sass noch am Herde und spann, wenn<br />

er heimkam, und schon vor der Tür hörte er<br />

den leise singenden Ton des Rades, in dem<br />

das Holz der Balken zu zittern schien. Sein<br />

erster Blick ging zu der Dämmerung hinter<br />

dem Herd und kehrte dann erst bei dem<br />

Lampenlicht ein. «Niemand war da», sagte<br />

sie leise. «Ruh dich nun aus.»<br />

Er flickte noch an seinen Netzen und empfing<br />

noch für eine Weile den Frieden ihrer<br />

Augen, ehe das Dunkel seiner Kammer ihn<br />

umschloss. «Bald werden die Wildgänse ziehen»,<br />

sagte er hinter den Wolken seiner<br />

Pfeife. «Weisst du, wohin sie ziehen?»<br />

Nein, sie wusste es nicht. Der Lehrer habe<br />

zwar gesagt, dass sie nach Afrika zögen,<br />

aber er habe immer von allem etwas wissen<br />

wollen und sie traue ihm nicht. Sie glaubte,<br />

dass so graue Vögel nicht nach Afrika hinpassten<br />

auf den Nil... auf dem Nil sei das<br />

Körbchen mit dem Mosesknaben geschwommen,<br />

und was sollten die grauen traurigen<br />

Vögel auf solchem Wasser?<br />

«Ob sie... vielleicht fliegen sie bis Amerika?»<br />

meinte er leise.<br />

«Amerika ist weit...», erwiderte sie und<br />

sah an ihm vorbei auf das kleine Fenster,<br />

hinter dem dunkel und lautlos die Nacht<br />

stand.<br />

«Ja, sehr weit muss es wohl sein...»,<br />

sagte er und starrte in die schwarze Höhlung<br />

des Herdes.<br />

Es kam vor, dass um diese späte Stunde<br />

noch der dröhnende Ton der Pflugschar vom<br />

andern Ufer herüberkam. Es waren mehr<br />

Menschen unterwegs als sonst um die ausgehende<br />

Sommerzeit, Fremde, die nach dem<br />

Wege fragten, nach Hunger und Sattwerden,<br />

und die, wenn sie das Geldstück in Jürgens<br />

Hand legten, schon halb abgewendet bemerkten,<br />

dass es anders werden müsse auf<br />

der Welt, gerecht und gleich und ohne Sklaverei.<br />

Es war nichts, worauf Jürgen eine<br />

Antwort zu geben verstanden hätte, aber<br />

mitunter stand er noch eine Weile, auf die<br />

Stange gestützt, und sah dem Fremden nach,<br />

wie er in dem Schatten der Eichen verschwand.<br />

Jedesmal stand Marte auf der Schwelle<br />

und sah ihm mit unruhigen Augen entgegen.<br />

«Wartest du» fragte er einmal.<br />

«Nein, aber ich fürchte mich... unheimlich<br />

ist es, wenn es von drüben so ruft...<br />

soviel kann unterwegs sein in der Nacht...»<br />

«Wasser und Menschen sind mmer unterwegs»,<br />

erwiderte er. «Fürchte dich nicht,<br />

meine Hände sind stark.<br />

«Es ist nicht wegen der Hände», sagte sie<br />

abwesend. ,<br />

.Versprochen ist sie', dachte Jürgen. .Sicher<br />

ist sie versprochen, und einmal wird es<br />

an die Pflugschar schlagen und ,Hol über!'<br />

rufen. Und dann wird er da sein. Ein Stadtmensch<br />

wahrscheinlich, mit einem Stehkragen<br />

und Handschuhen. «Fräulein GrotJohann<br />

da? So... Sie sind wohl der Dienstgeber,<br />

hm? Ja, sie ist nämlich meine Braut. Hoffe,<br />

dass sie es gut gehabt hat in dieser Fischerhütte.»<br />

Und dann wird er an seinem Herd<br />

sitzen und sie wird ihm Kaffee kochen, und<br />

er, ja, er wird wohl nach der Ziege sehen<br />

oder nach seinem neuen Acker oder nach den<br />

Netzen... ein alter Kahn, und wenn der neue<br />

da ist, schiebt man den alten beiseite. Wasser<br />

zieht durch die brüchigen Fugen, Moos<br />

setzt sich an... fertig... erledigt,'<br />

Im September war die Lichtung soweit,<br />

dass er pflügen konnte. Er wollte keine<br />

Pferde, aber die Steine, die tief im Boden lagen,<br />

schlugen Heini die Pflugschar aus den<br />

Händen. So lieh er die beiden Pferde vom<br />

Pfarrer, und am Abend lag die Scholle<br />

schwarz und glänzend da. Er brachte das<br />

Gespann zurück und ging noch einmal auf<br />

dem Heimweg zum Acker. Es regnete leise<br />

aus tiefhängenden Wolken, und er hob eine<br />

Hand voll Erde an sein Gesicht. Sie duftete<br />

nach Schlaf und Tiefe, und als er sie zwischen<br />

den Händen zerbröckelt hatte, blieb<br />

der Geruch bei ihm und ging mit ihm mit,<br />

als schlüge er Wurzeln in seinem Körper.<br />

Als er vom Wasser hinaufgestiegen kam,<br />

von dem er ein vergessenes Netz geholt<br />

hatte, sah er im rötlichen Schacht des Lichtes,<br />

der aus dem Fenster fiel, eine dunkle<br />

Gestalt. Von unten sah es aus, als stehe ein<br />

Baum da, aber Jürgen wusste, dass dort kein<br />

Baum stand, und er sah die gespannte Haltung<br />

eines Lauernden, der ein Wild bewacht.<br />

Zuerst war es ihm, als stehe er eingefroren<br />

im grauen Eise, aber dann erkannte er,<br />

dass es der Sohn des Krugwirts aus dem<br />

Dorfe war, von dessen Liebeshändeln viele<br />

Geschichten im Umlauf waren. ,Ach, mein<br />

Lieber', dachte er fast dankbar, ,das ist nun<br />

kein guter Weg für dich...' Nur das feuchte<br />

Gras drückte sich unter seinen blossen Füssen<br />

nieder, und seine Hand fasste zu, als sei<br />

sie eben aus dem leeren Raum gewachsen.<br />

(Fortsetzung im *Autler-Feierabend*.)

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