E_1935_Zeitung_Nr.012
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14 AUTOMOBIL-REVUE <strong>1935</strong> - N r 13<br />
Sein Fell war von einer seidigen Weichheit und<br />
schimmelnden Weisse, das letztere allerdings nur<br />
am Samstagabend, wenn' er gebadet war. Im<br />
Laufe des Sonntags Hess dann die Herrlichkeit ein<br />
wenig nach, um für den Rest der Woche zu einer<br />
unbestimmten Farbe nachzudunkeln, die man am<br />
besten mit «dunkelweiss» bezeichnen konnte.<br />
Von der langen Reihe seiner Vorfahren schien<br />
er in der Hauptsache die schlechten Eigenschaften<br />
geerbt zu haben. Nichts war vor seinen scharfen,<br />
kleinen Zähnen sicher. Ob das nun Teppiche wafen<br />
oder Gardiden, Schlafschuhe oder Briefträgerhosen<br />
— alles waren nur willkommene Objekte, um<br />
sein massloses Temperament daran auszutoben, sich<br />
hinein zu verbeissen oder sie mit Wollust in<br />
ihre Bestandteile zu zerlegen. Das musste einmal<br />
ein schlimmes Ende nehmen!<br />
Und richtig.<br />
Eines Tages war der alte Herr Professor am<br />
Telephon, Bettinas Vater. «Lieber Freund — ich<br />
flehe Sie an — erlösen Sie mich von diesem Teufelsvieh!<br />
Der Köter ruiniert .mir ja meine Praxis!<br />
Und .Doktor' heisst er, ausgerechnet .Doktor*!» —<br />
Ich konnte direkt hören, wie sieb der alte Herr<br />
den Scbweiss abwischte — «Und kein Mensch hat<br />
das Herz, das Biest zu züchtigen, wenn es etwas<br />
ausgefressen hat...» — .Doktors' Unschuldsmiene<br />
war mir allerdings bekannt — «. tun Sie mir<br />
den persönlichen Gefallen und nehmen Sie den<br />
Hund für einige Wochen in Ihre Erziehung —<br />
wenn ich mir vorstelle, was Ihr Treu für ein lieber<br />
Kerl ist...»<br />
Ich sagte zu, denn erstens war ich dem alten<br />
Herrn verpflichtet und zweitens hatte ich mir schon<br />
manchmal gewünscht, diesen Teneriffazwergseidenpudel<br />
einmal ganz allein unter vier Augen zu sprechen!<br />
Mit Tränen in den Augen lieferte mir Bettina<br />
den Hund aus. «<br />
«Versprich mir, dass du ihn nicht schlägst!» Sie<br />
sah mich so flehend an, dass ich nur mit Mühe<br />
hart bleiben konnte.<br />
«Schlagen ist wohl nicht der richtige Ausdruck,»<br />
meinte ich ernst, «ein Hund muss hie und da einen<br />
Klaps bekommen, wenn er nicht pariert, frag' mal<br />
den Treu!»<br />
Fragend schaute meine Besucherin auf den<br />
Schäferhund. Treu grinste unschuldsvoll.<br />
«Na ja...» meinte Bettina zögernd, «vielleicht<br />
übt der Umgang mit deinem Treu einen guten Einfluss<br />
auf ihn aus!»<br />
«Geb's Gott!» murmelte ich.<br />
Leider kam es aber wie so oft im Leben: Das<br />
Gute strauchelt und das Böse bricht sich Bahn!<br />
Nach einer Woche bereits stand Treu mit hängenden<br />
Ohren beiseite und sah zu. wie der Herr<br />
•Doktor ihm die besten Bwken aus seinem Fressnapf<br />
fischte. Er durfte sich auch nicht ausruhen,<br />
der gute Treu, wenn er von einem langen Spaziergang<br />
mit mir nach Haus kam, falls es dem Kleinen<br />
•einfiel, mit ihm spielen zu wollen — oh nein: dann<br />
.biess es antreten!<br />
Und man konnte dem Vieh nicht böse sein: wenn<br />
er mit seinen grossen schwarzen Kulleraugen unter<br />
den langen Fransen seiner seidigen Haare hervorschielte<br />
— dann war es eben aus mit Ernst<br />
und Strafe. Dann musste man eben gut sein, ob<br />
man wollte oder nicht.<br />
Riss man sich aber zusammen und sagte sich:<br />
jetzt musst du strafen, dann konnte es passieren,<br />
dass sieb der Kleine , hinter dem Grossen verschanzte<br />
und man Zweie gegen »ich hatte iereii<br />
drolliger Kameradschaft man einfach nicht gewachsen<br />
war.<br />
Am schlimmsten war Doktors unersättliche Zerstörungswut.<br />
Als ich ihn eines Tages erwischte, wie er beschäftigt<br />
war, von meinem kostbarsten Teppich die<br />
Fransen abzunagen, platze meine Geduld. Ich<br />
schaffte mir eine Hundehütte an, aus Korbgeflecht,<br />
mit einer kleinen Tür, die man durch einen Holzpflo'-k<br />
verschliessen konnte.<br />
, Dorthinein wurde Doktor nun jedesmal gesperrt,<br />
wenn ich die Wohnung verlassen musste<br />
«Aber das ist doch eine Grausamkeit.» jammerte<br />
Bettina, als sie dieses Gefängnis zum erstenmal erblickte,<br />
«darin kann sich das arme Tier doch kaum<br />
umdrehen!»<br />
«Das soll er auch nicht,» brummte ich herzlos,<br />
«ich babe die Sache satt.» Nebenbei gesagt, war<br />
die Hütte gross genug, um ein ganzes Rudel Wölfe<br />
einzusperren.<br />
Tags darauf hatte sich Doktor durch die Seitenwand<br />
gefressen<br />
Ich besserte sie mit Draht aus und verhaute ihn<br />
Am nächsten Morgen Wies die andere Wand ein<br />
rundes Loch auf.<br />
Ich hatte noch Draht von gestern und besserte<br />
sie aus, klemmte darauf die Hütte zwischen Mauer<br />
und Schrank und bohnläcbelte zu Doktor hinunter,<br />
der mit Treu daneben eass und meine Arbeit kritisch<br />
begutachtete.<br />
So — mein Lieber, was nun?!<br />
Was nun? — Am Abend war Doktor durch das<br />
Dach gebrochen.<br />
Kalter Scbweiss brach mir aus allen Poren:<br />
war denn diesem verdammten Köter nicht beizukommen?!<br />
Ich umspann die Hütte mit einem Netz von<br />
Draht, dass sie aussah, wie ein Horchposten im<br />
ArgonnerwaH, klemmte sie noch fester zwischen<br />
Wand und Schrank und fuhr in der Früh mit dem<br />
Bewußtsein in mein Büro, dass ihn diesmal nichts,<br />
aber auch nichts aus dem Kasten erlösen könnte,<br />
diesen dreimal verflixten Teufelsköter!<br />
Als ich nach Hause kam, begrüsste er mich<br />
schweifwedelnd im Korridor — die Tür zu seinem<br />
Gefängnis stand offen ...!<br />
Mir war die Sache unerklärlich.<br />
Ratlos drehte ich den Holzpflock in meinen<br />
Händen, von dem ich ganz genau gewusst hatte,<br />
dass ich ihn am Morgen- vor die Hüttentür gesteckt<br />
hatte... wie war das Biest nur diesmal wieder<br />
herausgekommen!!<br />
Meine Blicke fielen auf das ungleiche Hundepaar,<br />
das so friedlich vor mir sass .. und ein<br />
fürchterlicher Verdacht stieg in mir auf. Sollte<br />
Treu etwa . den Pflock herausgezogen haben? ..<br />
«Komm mal her. Treu ...» mit eingeklemmter<br />
Rute schlich er auf mich zu. schon faul — «. . was<br />
hast du denn hier gemacht?!»<br />
Die Antwort war ihm direkt vom- Gesicht zu<br />
.Doktor' verdrückte sich in seine Festung...<br />
zum erstenmal freiwillig!<br />
Wa1fiSch-Zwl1Hnee.<br />
Die Mannschaft des norwegischen Dampfers<br />
« Ejvindvik », der mit einer grösseren<br />
Fangflottille unterwegs ist. harpunierte nordwestlich<br />
der Rossinseln im südlichen Polarmeer<br />
einen riesigen, weiblichen Blauwal. Im<br />
Leib des 33 Meter langen, trächtigen Tieres<br />
fand man zwei junge Wale, eine grosse Naturseltenheit,<br />
da die Riesen des Meeres alle<br />
zwei bis drei Jahre stets nur ein Junges zur<br />
Welt, bringen. Die Zunge des erlegten Walweibchens<br />
hatte im übrigen das stattliche<br />
Gewicht von 3247 kg, das sind 60 Zentner<br />
und 94 Pfund.<br />
Krankenheilung durch Poesie.<br />
Die französische Dichterin Lude Guillet<br />
hat in der nähern Umgegend von Paris ein<br />
Sanatorium eingerichtet, in dem sie therapeutisch<br />
Gemütskranke durch Poesie heilt.<br />
Lucie Guillet beginnt mit der Vorlesung der<br />
den Patienten von der Kindheit an bekannten<br />
Klassiker, um dann nach und nach bis zu den<br />
modernsten Dichtern überzugehen (wobei<br />
sie allerdings den verkehrten Weg geht!). In<br />
dem Prospekt wird der Fall eines gemütskranken<br />
Industriellen, der nach dem Zusammenbruch<br />
seines Geschäftes trübsinnig geworden<br />
war, erwähnt und betont, dass diese<br />
Kranke mit einigen Strophen eines. s aiten<br />
Volksliedes geheilt werden konnte. Im. übrigen<br />
wird sich Lucie Guillet besondere.Hausdichter<br />
engagieren, nachdem sie festgestellt<br />
hat. dass noch besser als das Vorlesen klassischer<br />
Dichtung der Selbstvortrag der Autoren<br />
wirkt.<br />
Erster Preis : Eine Blinddarm-Operation !<br />
Zu den sonderbarsten Geschenken, die jemals<br />
bei einer Tombola zur Verlosung gelangten,<br />
gehört eine Blinddarm-Operation,<br />
die man beim Weihnachtsfest einer Vereinigung<br />
von Aerzten und Zahnärzten in Chicago<br />
gewinnen konnte. Andere Preise sind ein<br />
kostenloses Zahnziehen sowie bisher uneintreibbare<br />
Forderungen für geleistete zahnärztliche<br />
Arbeiten. Die Stifter glauben, dass<br />
es nicht weniger schmerzlich sein dürfte,<br />
diese überfälligen Rechnungen einzukassieren,<br />
als sich einen Zahn ziehen zu lassen.<br />
Sollte der Gewinner der Blinddarmoperation<br />
keinen Blinddarm mehr haben, so steht es<br />
ihm frei, den Preis an andere Interessenten<br />
weiterzugeben.<br />
Die zünftige Ausrüstung<br />
für Sternfahrer, wie sie<br />
«Jonny» in der «Allgem.<br />
vor-<br />
Automobilzeitung»<br />
schlägt<br />
Am nächsten Tag händigte ich Bettina den Hund<br />
wieder ein.<br />
«Das ist aber schade, dass du so plötzlich verreisen<br />
musst,» meinte sie. «Wann kommst du<br />
denn wieder?»<br />
Ich suchte vergeblich nach einer Antwort...<br />
Treu wandte seinen Kopf langsam und sah »cheinbar<br />
gedankenvoll, zur Decke empor,.,<br />
Spieget de* Zeil<br />
Künstliche Diamanten.<br />
Dem Ingenieur Dr. Hans Karabacek ist es,<br />
wie aus Wien gemeldet wird, gelungen,<br />
künstliche Diamanten mit einem Durchmesser<br />
von einem halben Zentimeter herzustellen.<br />
Karabacek benutzte einen elektrischen<br />
Ofen, in dem ein Gemisch von Eisenfeilspänen,<br />
Hochofenschlacke und Kohle auf<br />
höchste Temperaturen erhitzt und mit Hilfe<br />
einer hydraulischen Presse einem Druck von<br />
1500 Atmosphären unterworfen werden<br />
konnte. Bei plötzlicher Abkühlung entstanden<br />
dann die Rohdiamanten.<br />
Diamanten sind Kohlenstoffkristalle, die<br />
nur bei höchstem Druck und'gleichzeitig<br />
hoher Temperatur entstehen können. Der<br />
französische Chemiker Henri Moissan versuchte<br />
sich 1894 als erster an der Herstellung<br />
künstlicher Diamanten. Man hat in<br />
Meteorsteinen kleine Diamanten gefunden,<br />
die wahrscheinlich bei der plötzlichen Abkühlung<br />
des kohlenstoffhaltigen glühenden<br />
Meteoreisens entstanden; Moissan ahmte<br />
diesen Vorgang nach, indem er ein Gemisch<br />
von Kohlenstoff und Eisen im elektrischen<br />
Ofen auf 3000 Grad erhitzte und es in Wasser<br />
tropfen Hess. Durch die rasche Abküh-<br />
'ung der Oberfläche zieht sich dann der<br />
Schmelztropfen so schnell zusammen, dass in<br />
seinem Innern enorme Drucke auftreten und<br />
der Kohlenstoff zu Diamantsplittern kristallisiert.<br />
Moissan erhielt Splitter, die etwa<br />
einen halben Millimeter gross waren; auf<br />
seinen Versuchen beruhen alle neueren Arbeiten,<br />
die allerdings bisher stets daran gescheitert<br />
sind, dass die künstlichen Diamanten<br />
teurer wurden als die natürlichen. Bei<br />
andern Edelsteinen — Rubinen z.B., die auf<br />
ähnliche Weise aus Tonerde (Aluminiumoxyd)<br />
entstehen — sind die erzielten Erfolge<br />
besser.<br />
Honorar in Teppichen.<br />
Der Sänger SchaÜapin gab kürzlich ein<br />
Gastspiel im Nationaltheater Sofia. Sein Honorar<br />
machte eine sechsstellige Levasumme<br />
aus. Die Nationaibank aber verbot die Ausführung<br />
des Betrages auf Grund der dortigen<br />
Devisenbestimmungen. Nachdem aber<br />
Schaiiaoin eine Vorstellung für arme Kinder<br />
in Sofia gegeben hatte, erh'elt er von der<br />
Nationalbank die Erlaubnis für das Honorar<br />
Teppiche zu kaufen und mitnehmen zu .dürfen.<br />
Gedächtniskünstter mit Universitätsdiplom.<br />
Dass ein Gedächtniskünstler ein Universitätsdiplom<br />
erhält, dürfte zu den Seltenheiten<br />
gehören. Dem Bulgaren Marin Karadimitroff,<br />
einem 38jährigen Manne, ist diese Ehrung<br />
durch die Universität von Sofia zuteil geworden.<br />
Er hat sein Können dadurch nachgewiesen,<br />
dass er unter Kontrolle 3000 Worte,<br />
die ihm auf einer Liste vorgelegt worden<br />
waren, unmittelbar darauf aus dem Gedächtnis<br />
fehlerfrei wiederholte. Auch im bulgarischen<br />
Rundfunk hat sich Marin produziert,<br />
indem er 100 Worte, die der Ansager von<br />
einer Liste ablas, sofort ohne einen einzigen<br />
Fehler wiederholte. Dann sagte er diese<br />
Liste von rückwärts auf und schliesslich in<br />
einer Reihenfolge, bei der nur jedes zweite<br />
Wort zu nennen war.<br />
Das älteste Ei der Welt<br />
Amerikanische Gelehrte haben das älteste<br />
versteinerte Ei der Welt gefunden. Es ist<br />
7^ Zentimeter lang und wird auf ein Alter<br />
von 225 Millionen Jahren geschätzt Der<br />
Fund wurde in Gesteinsformationen der permischen<br />
Periode im Norden von Mitteltexas<br />
gemacht. Das Ei stammt aus einer Epoche,<br />
in der die ersten Landtiere auftraten, die<br />
Eier legten. Das Tier war wahrscheinlich<br />
ein Ophiakodon, das zwei Meter lang war<br />
und dessen grössten Teil der Kopf einnahm.<br />
In der Nähe des Fundes wurden auch Skelettreste<br />
dieses Tieres entdeckt<br />
2600 Meter unter der Erde~.<br />
Der neue und tiefste Stollen eines Goldbergwerkes<br />
in Südafrika reicht bis in eine<br />
Tiefe von 2600 Meter unter der Erde. Da die<br />
Wärme nach dem Erdmittelpunkt zu dauernd<br />
zunimmt, herrscht dort unten eine übertropische<br />
Hitze, der auf die Dauer nur Neger<br />
gewachsen sind. Besondere Schwierigkeiten<br />
bereitet die Entlüftung: ein Riesen-<br />
Ventilator pumpt in jeder Minute 25,500 Kubikmeter<br />
Luft in den Schacht.<br />
Der automatische Hut<br />
In einem Newyorker Hutgeschäft sind Modelle<br />
eines automatischen Hutes ausgestellt<br />
Wenn man grüssen will, braucht man den<br />
Hut nicht mehr abzunehmen, sondern drückt<br />
auf einen Knopf in der Tasche, und die Apparatur<br />
setzt sich in Bewegung. Wem die<br />
Zuleitungsschnur lästig ist, kann ein besseres<br />
Modell wählen. Hier genügt es, den Kopf<br />
zu neigen, und der Hut springt durch ein<br />
Sprungfedersystem im Futter selbsttätig in<br />
die Höhe. (Die mechanisierte Höflichkeit —<br />
ein Schritt weiter zum Paradies!)<br />
Vornehmheit billig abzugeben!<br />
Es wird behauptet, Vornehmheit müsse<br />
dem Menschen angeboren sein — erwerben<br />
Hesse sie sich nicht. Grundfalsch! Der<br />
Mensch von heute wMl mit seinen Vorzügen<br />
Staat machen, sei es auf dem Wege des<br />
Knopfloches, der Visitenkarte oder irgendeines<br />
geeigneten sichtbaren Merkmales. Nun,<br />
und das geeignete sichtbare Merkmal, vornehm<br />
zu erscheinen, ist ein entsprechend<br />
dekorierter — Reisekoffer. Nähere Details<br />
verrät das nachstehend wiedergegebene Inserat,<br />
das dieser Tage in zwei grossen Wiener<br />
Tageszeitungen zu lesen war:<br />
Koffervignetten<br />
erster internationaler Hotels aller Weltstädte<br />
und Luxusorte werden billig abgegeben<br />
Zuschriften unter «Vornehmer Reisekoffer»<br />
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