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E_1935_Zeitung_Nr.026

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10 AUTOMOBIL-REVUE <strong>1935</strong> - N« 26<br />

sisrahmen ist hier das Lenkgetriebe auf einem<br />

besonderen Bock etwas erhöht einge-<br />

zu nachgiebige, zu stark selbsthemmende, zu<br />

wird oft nur durch eine ungenau arbeitende,<br />

baut und sein Hebel entsprechend verlängert.<br />

Aus verschiedenen Gründen sind aber durchkonstruierte Lenkung verursacht, wäh-<br />

stark übersetzte oder kinematisch schlecht<br />

trotzdem die Möglichkeiten zu dieser Anordnung<br />

begrenzt.<br />

guter Strassenhaltung vielfach über nichts<br />

rend anderseits die Wagen mit besonders<br />

Eine schon bedeutend flachere Führung weiter als gut durchgebildete Lenkmechanis-<br />

verfügen.<br />

der Lenksäule gestattet jedenfalls die An-men -s.<br />

ordnung nach Abbildung 5. Die Queranordnung<br />

der Lenkschubstange macht hier die<br />

Lenkung von der Federung auch fast unabhängig,<br />

solange die Federn in ihren Gehängen<br />

noch kein seitliches Spiel haben. Sie<br />

wird in dieser Beziehung meist günstigere<br />

Resultate ergeben als etwa die Anordnung<br />

nach Abbildung 8, mit der sich dafür die<br />

Lenksäule besonders flach verlegen lässt.<br />

Eine interessante Sonderausführung, für die<br />

ebenfalls das Bestreben nach einer möglichst<br />

bequemen Lenkradanordnung massgebend<br />

war, ist in Abbildung 7 dargestellt. Der Betätigungshebel<br />

der Lenkschub'stange, und das<br />

Lenkgetriebe sind hier unabhängig voneinander<br />

in ihrer jeweils günstigsten Lage eingebaut<br />

und nur wieder durch Hebel und Gelenke<br />

miteinander verbunden. Damit eine solche<br />

Lenkung auf die Dauer einwandfrei arbeitet,<br />

müssen ihre Gelenke mit besonderer<br />

Sorgfalt durchgebildet werden. Um Abnützungen<br />

und Spiel in den Gelenken auszuschliessen,<br />

ist auch eine besonders gute<br />

Wartung erforderlich. Der Mechanismus wird<br />

deshalb nur für teurere Wagen in Frage<br />

kommen.<br />

Damit bei Einzelradfederungen die Räder<br />

beim Durchfedern einander parallel bleiben,<br />

ist man meist zur Unterteilung der Spurstange<br />

gezwungen. Diesbezügliche Konstruktionen<br />

zeigen Abbildung 3 und 6. Gelegentlich<br />

werden solche Anordnungen fälschlicherweise<br />

auch als Doppellenkung bezeichnet,<br />

weil jedes Rad gleichsam für sich mit dem<br />

Lenkgetriebe in Verbindung steht. Die eigentliche<br />

Doppellenkung weist jedoch als<br />

Hauptcharakteristikum ein doppeltes Lenkgetfiebe<br />

auf, Erst hierdurch kann ausgeschlossen<br />

werden, dass sich die am einen<br />

Rad auftretenden Stösse auch auf das andere<br />

Rad übertragen. Gerade der Konstrukteur<br />

von Einzelabfederungen hat es auch<br />

sonst in der Hand, Stossrückwirkungen vom<br />

einen auf das andere Rad zu vermeiden, so<br />

dass er meist auf die Doppellenkung verzichten<br />

kann.<br />

In Abbildung 6 ist noch speziell auf die<br />

Durchbildung des Lenkgetriebes hinzuweisen.<br />

Dieses besteht statt aus einer Schnecke<br />

und einem Schneckenrad oder aus Spindel<br />

und Mutter oder aus Schnecke und Nocke,<br />

wie sonst meist üblich, aus einem einfachen<br />

Zahnkolben, der in eine Zahnstange eingreift.<br />

Eine selbsthemmende Wirkung, wie<br />

sie früher einmal sogar vorgeschrieben war,<br />

lässt sich mit dieser Anordnung natürlich<br />

nicht erreichen. Die Erfahrung hat jedoch<br />

gelehrt, dass man auch sehr gut ohne jede<br />

Selbsthemmung auskommen kann und dass<br />

der Mangel an Selbsthemmung bis zu einem<br />

gewissen Grad sogar noch einen Vorteil bedeutet,<br />

indem dem Fahrer ein besserer, gefühlmässiger<br />

Kontakt mit der Strasse möglich<br />

ist, wenn im übrigen durch geeigneten<br />

Achsschenkeleinbau dafür gesorgt wurde,<br />

dass von der Strasse her keine zu grossen<br />

Kräfte in den Lenkmechanismus geraten<br />

können.<br />

Allgemein ist zu bemerken, dass der Einfluss<br />

der Lenkung auf das Gesamtverhalten<br />

des Wagens noch vielfach stark unterschätzt<br />

wird. Die sogenannte schlechte Strassenhaltung<br />

selbst mancher moderner Autotypen<br />

Zusammenstellung einiger gebräuchlicher Lenk6ysteme><br />

l»»«al*t£s«me<br />

Wink«<br />

Eine einfache Schleifmaschine. Automobilfahrer<br />

sind häufig Baster. Es gibt zwar<br />

auch solche, die es.am liebsten haben, wenn<br />

sie an der Maschine nie etwas zu arbeiten<br />

haben; aber im grossen ganzen empfinden es<br />

sicherlich • die meisten Automobilisten als<br />

eine der Freuden des Motorsportes, dass.<br />

es am Automobil etwas «zu bauen» gibt.<br />

Das muss ja natürlich nicht gerade auf der<br />

Strecke sein; im Gegenteil, dies ist allgemein<br />

unbeliebt! Aber zu Hause häbensich<br />

viele Automobilisten eine kleine Werkstatt<br />

eingerichtet, in der sie ihr Vehikel pflegen<br />

und hegen und gelegentlich auch «.Verbesserungen<br />

» anbringen.<br />

Für diese Fahrerkategorie zeigen wir imbeistehenden<br />

Bild eine Schleifmaschine, wie<br />

man sie mit einfachsten Mitteln und fast<br />

ohne Kosten selbst herstellen kann. Das<br />

Hauptelement dieser Maschine ist eine Fahrrad-Hinterradnabe<br />

mit einem Freilaufzahnkranz.<br />

Recht geeignet sind solche Naben, die<br />

beiderseits einen Zahnkranz; besitzen, von<br />

denen jedoch nur einer, eine Freilauf-Vorrichtung<br />

besitzt. Man kann dann auf einfache<br />

Weise die Schmirgelscheibe an dem auf der<br />

Nabe feststehend angebrachten Kettenzahnrad<br />

befestigen, wie es das Bild zeigt.<br />

Der Antrieb dieser Schleifmaschine erfolgt<br />

durch eine alte Fahrradkette von einem Fussbrett<br />

aus; eine Spiralfeder sorgt für den<br />

Rückzug. Je länger das Fussbrett ist, desto<br />

höhere Geschwindigkeiten kann man der<br />

Schleifscheibe geben. Infolge des Freilaufs<br />

erhält die Schleifscheibe eine ungefähr<br />

gleichförmige Bewegung in ein und derselben<br />

Richtung.<br />

Eine unter Verwendung einer Fahrradnabe selbst<br />

angefertigte Schleifmaschine. Sie verursacht fast<br />

keine Kosten!<br />

Als Lagerböcke fertigt, man zwei Bügel<br />

aus Flacheisen an; die Achse wird an den<br />

aus dem Bild ersichtlichen Winkeln ebenso<br />

befestigt, wie dies sonst in -einer Fahrradgabel<br />

der Fall ist.<br />

Da sich ein erheblicHer Teil der Maschinenbestandteile<br />

infolge der Härte des Materials<br />

nur schwer mit der Feile bearbeiten lässt,<br />

dürfte die Möglichkeit, sich mit geringen<br />

Mitteln eine Schleifmaschine anzufertigen,<br />

sicher willkommen sein. K.M.<br />

Antwort 9336. Rohölvergaser «Pikker». Zuschrift<br />

weitergeleitet.<br />

Red.<br />

II. Antwort 9337. Holzgasbetrieb von Bootsmotoren.<br />

Zuschriften weitergeleitet. Red.<br />

:<br />

Teih ip edh<br />

II. Antwort 9342. Selbstentladung der Batterie.<br />

Zuschrift weitergeleitet,<br />

Red.<br />

Frage 9345. Rohölvergaser «Pikker». Kann mir<br />

event. ein Leser aus Erfahrung mitteilen, ob der<br />

Rohöl-Vergaser -«Pikker» auf den gewöhnlichen<br />

Benzinmotor keinen schädlichen Einfluss hat und<br />

wer diesen Rohölvergaser vertreibt? R. B. in D.<br />

' Frage 9346. Benzintankanlage. Ich gedenke bei<br />

meiner neuerstellten. Garage eine Benzintankanlage<br />

zu errichten. Kann mir nun jemand raten, was<br />

besser ist: eine Anlage durch eine Benzingesellschaft,<br />

wenn ja, welche ist vorzuziehen? Eine' Privatanlage,<br />

wenn ja, welche Marke ist vorzuziehen?<br />

Der Platz ist vorhanden.<br />

N. G. in Gr.<br />

Fräs« 9347. Wer liefert Vongummireifen, 300 bis<br />

35O_ mm äuss.. Durchmesser ohne Räder, neu oder<br />

gebraucht, passend für Abschleppzweiräder?<br />

" J. G. in T.<br />

Frage 9348. Instruktionsbuch. "Wer wäre in der<br />

Lage, mir, ein deutsch geschriebenes Instruktionenbuch<br />

für den Essex-Wagen zu verschaffen?<br />

A. N. in H.<br />

Frage 9349. Grubenbildung in den Ventilsitzflächen.<br />

Seit einiger Zeit beobachte ich bei jedem<br />

Entrussen meines Motors auf den Ventilsitzflächen<br />

aussergewöhnlich starke Grubenbildung. Die Sitzflächen<br />

sind voller kleiner schwarzer Krater. Woher<br />

rührt das? K. S. in K.<br />

Uebermässiges Stösselspiel<br />

in der Ventilsteuerung<br />

verursacht ausgeschlagene<br />

Ventilsitze.<br />

Antwort: Grubenbildung in den Ventilkegelflächen<br />

entsteht dann, wenn infolge schlechter Gemischzusammensetzung<br />

in den betreffenden Zylindern<br />

ein Nachbrennen der Ladung stattfindet, wodurch<br />

die Ventile stark überhitzt werden, oder<br />

wenn das Material der Ventile überhaupt ungeeignet<br />

ist. Die Gruben stellen lokale Verbrennungsherde<br />

dar, können aber auch durch hängengebliebene<br />

Russteilchen, die in den Ventilsitz eingehämmert<br />

werden, verursacht sein.<br />

Ein Ventil mit starker Grubenbildung kann meist<br />

nicht mehr eingeschliffen, sondern muss abgefräst<br />

werden, wenn dazu überhaupt noch genug «Fleisch><br />

vorhanden ist.<br />

at.<br />

Frage 9350. Knallen im Auspuff. Wir haben<br />

einen Achtzylinderwagen italienischer Herkunft.<br />

Derselbe fängt nun an, beim Bergabfahren im Auspuff<br />

sehr zu knallen. Das Gas ist ganz geschlossen.<br />

Die Ventile sind 0,15 Einlass, 0,20 Auslass genau<br />

eingestellt. Er macht den Lärm auch sofort nach<br />

dem Entrussen. Ich wäre nun sehr dankbar, wenn<br />

mir ein Fachmann den Grund des Knallens erklären<br />

könnte, eventuell dessen Abhilfe. Die Zündung<br />

besteht aus einer kombinierten Bosch-Zünd- und<br />

Lichtmaschine. G. D., in S.<br />

Antwort: Dieses Knallen rührt von Gasresten<br />

her, die bei leerlaufendem Motor in die Auspuffleitung<br />

und den Auspufftopf gelangen und hier<br />

von gelegentlich brennenden Gasentladungen zur<br />

Explosion gebracht werden.<br />

Bei ganz geschlossener Drosselklappe sind ja<br />

die Zylinder noch. nicht hermetisch Ton der Ansaugleitung<br />

abgeschlossen. Sie erhalten durch die<br />

Leer lauf Vorrichtung immer noch etwas Frischgas.<br />

Eine Verbrennung in den Zylindern kann aber unterbleiben,<br />

weil die angesaugte Frischgasmenge<br />

doch zn klein oder zu ungünstig zusammengesetzt<br />

ist. Beim nächsten Auspufftakt befördert also der<br />

Kolben diese Gase in die Auspuffleitung, die sich<br />

so nach und nach mit brennbarem Gas anfüllt<br />

Kommt es nun in einem der Zylinder trotzdem<br />

zu einer zufälligen Zündung, so gerät beim Oeffnen<br />

des Auspuffventils die Frischgasladung im Auspuffrohr<br />

in Brand und verpufft.<br />

Dieses Puffen und Knallen ist technisch absolut<br />

harmlos. Es kann nur dann stören, wenn es so<br />

stark ist, dass Pferde oder andere Strassenbenützer<br />

erschreckt werden. Gewöhnlich genügt aber<br />

eine kleine Verstellung des Vergasers (andere Einregulierung<br />

der Drosselklappe oder andere Düsen),<br />

um das Knallen vollständig zu beseitigen. -s.<br />

S P<br />

eck<br />

al<br />

Anfrage 495. Entschädigungspflicht. Am 2.<br />

Juni d. J., ca. um 15 Uhr, fuhr ich auf einer geraden<br />

Strasse. Es war kein Auto, kein Fuhrwerk<br />

oder irgend ein Lebewesen zu erblicken. Links der<br />

Strasse befinden sich Wiesen, rechts aber ein ca.<br />

1.20 m hoher Hochwasserschutzdamm der Aare.<br />

Auf einer ca. 200 m entfernten Wiese weidete eine<br />

Viehherde. Ich fuhr mit einer Geschwindigkeit VOD<br />

ca. 50—60 km auf der rechten Strassenseite dem<br />

Hochwasserdamm entlang. Urplötzlich, ca. 5—6 m<br />

vor dem Auto, sprang eine Ziege über den Damm<br />

auf die Strasse vor das Auto. Wegen der Höhe des<br />

Dammes konnte ich die weidende Ziege nicht sehen.<br />

Bremsen und den Wagen links reissen war das<br />

Werk eines Augenblicks, doch streifte ich mit dem<br />

rechten Schutzblech dennoch das Tier, das daher<br />

abgetan werden musste. Den Eigentümer fand ich<br />

ca. 1 km vom Unfallort entfernt. Die Ziege hatte<br />

den Weideplatz des Besitzers verlassen und sich<br />

ohne Aufsicht entfernt. Meine Versicherung offerierte<br />

aus freien Stücken einen Betrag von Fr. 40.<br />

Aus dem Fleischverkauf löste der Eigentümer Fr.<br />

12, womit er total auf Fr. 52 gekommen wäre. Der<br />

Mann verlangte jedoch Fr. 95 als Entschädigung.<br />

Auf dieser Basis konnten wir uns nicht einigen<br />

und reichte derselbe Strafklage gegen mich ein.<br />

Der Bichter fällte darauf folgendes Urteil:<br />

« Jeder Autofahrer, der Schaden anstiftet, ist<br />

dafür haftbar, ob schuldig oder nicht. Nun könne<br />

allerdings nach meiner Darstellung des Unfalles<br />

(Zeugen waren keine vorhanden) mir keine Schuld<br />

nachgewiesen werden, doch könne auch dem Viehbesitzer<br />

nicht zugemutet werden, immer auf der<br />

Weide beim Vieh zu verbleiben. Trotzdem der<br />

Höchstpreis für Ziegen Fr. 80 sei, so sei doch die<br />

Forderung des Geschädigten mit Fr. 95 zu schützen;<br />

dieselbe sei ja nicht bestritten, obwohl ich von Anfang<br />

an den verlangten Betrag als zu hoch bezeichnet<br />

hatte. »<br />

Ich möchte nun anfragen, was man von diesem<br />

Urteil halten soll. Die Versicherung teilt mir nämlich<br />

mit, dass sie trotz ungerechtem Urteil den Betrag<br />

zahlen werde, weil es sich nicht lohne, wegen<br />

Fr. 95 einen langen Prozess zu führen. Befremdend<br />

war das Urteil für mich um so mehr, als das Tier<br />

ohne jegliche Aufsicht frei herumlief, die Strasse<br />

querte, wofür der Autoführer haften soll, er eteht<br />

also, mit andern Worten, direkt ohne Schutz da.<br />

G.F inM.<br />

Antwort: Richtig ist, dass gemäss Art 3?<br />

des Automobilgesetzes der Halter für denjenigen<br />

Schaden haftet, der durch den Betrieb eines Motorfahrzeuges<br />

verursacht worden ist. Er wird jedoch<br />

aber von der Ersatzpflicht befreit, wenn er beweist<br />

dass der Schaden durch grobes Verschulden des<br />

Geschädigten oder eines Dritten verursacht worden<br />

ist, ohne dass ihn selbst ein Verschulden trifft. Im:<br />

vorliegenden Falle trifft sicherlich den Führer des<br />

Motorfahrzeuges kein Verschulden. Seine Geschwindigkeit<br />

war nicht unangemessen. Er musste<br />

und konnte auch nicht voraussehen, dass plötzlich<br />

ein vorher unsichtbares Tier über den Damm in<br />

seine Fahrbahn springen würde. Anders wäre es<br />

z. B., wenn an einer Herde vorbeigefahren wird<br />

oder sich sonstwie Tiere in der Nähe der Strasse<br />

unabjreschrankt befinden. In solchen Fällen muss<br />

der Motorfahrzeugführer damit rechnen, dass u. U.<br />

ein Tier unerwartet auf seine Fahrbahn kommen<br />

könnte. Das gleiche ist der Fall mit Hunden, die<br />

ausf einer Strassenseite sind. Auch hier muss damit<br />

gerechnet werden, dass ein solcher plötzlich über<br />

die Strasse springt. In allen diesen Fällen ist der<br />

Motorfahrzeugführer gehalten, besondere Sorgfalt<br />

walten zu lassen, d. h. er muss ein unerwartetes<br />

Hineinspringen des Tieres in seine Fahrbahn voraussehen.<br />

Im vorliegenden Falle waren aber zu einem<br />

besondern Verhalten keinerlei Anhaltspunkte<br />

und Voraussetzungen vorhanden. Der Motorfahrzeugführer<br />

konnte und musste das unerwartet eingetretene<br />

Ereignis nicht voraussehen.<br />

Es bleibt somit nur noch zu untersuchen, ob den<br />

Halter oder den Hüter des Tieres ein grobes Verschulden<br />

trifft. Was grobes und was leichtes Verschulden<br />

ist sagt der Gesetzgeber nicht Die Unterscheidung<br />

oder besser gesagt die Abmessung des<br />

Verschuldens ist ausschliessliche Ermessenssache<br />

des Bichters. Anlässlich der Beratungen des Automobilgesetzes<br />

ist aus Automobilkreisen nachdrücklichst<br />

davor gewarnt worden, Fassungen zu<br />

wählen, die der Willkür Tür und Tor öffnen würden.<br />

Wie in vielen andern Punkten wurden auch<br />

diese Batschläge von den Besserwissern am grünen<br />

Tisch nicht beachtet. • Heute haben wir nun glücklich<br />

die vorausgesagte Rechtsunsicherheit, indem<br />

niemand weiss, wo das leichte Verschulden aufhört<br />

und wo das grobe beginnt. An einem Ort ist groibes<br />

Verschulden, was an einem andern Ort als leichtes<br />

Verschulden taxiert wird, und umgekehrt.<br />

An und für sich ist es ein grobes Verschulden,<br />

wenn man in der Nähe einer verkehrsreichen<br />

Strasse Tiere derart weiden lässt, dass sie die Verkehrssicherheit<br />

gefährden können. Es wäre gar<br />

nicht undenkbar, dass durch ein Ereignis, wie das<br />

vorliegende, grosser Personen- und Sachschaden<br />

entstehen könnte. Andererseits wird aber sofort<br />

eingewendet werden, dass in ländlichen Bezirken<br />

eben bezüglich des Weidens von Vieh nicht ein allzu<br />

strenger Maßstab angelegt werden dürfe, da auf<br />

die prekären Verhältnisse des Bergfoauern etc. etc.<br />

gebührend Rücksicht genommen werden müsse!<br />

Wir sind deshalb der Auffassung, dass aus solchen<br />

Kommiserationsgründen — aber auch nur aus solchen<br />

— wohl nur leichtes Verschulden angenommen<br />

werden würde. Dies hätte die Folge, dass der Halter<br />

des Motorfahrzeuges von der Ersatzpflicht nicht<br />

völlig, wohl aber zum Teil befreit werden musste.<br />

Wenn Sie somit der Richter im vorliegenden Falle<br />

zum Ersätze des ganzen — zudem noch übersetzten<br />

— Schadens verurteilt hat, so ist dies zweifellos<br />

zu Unrecht geschehen. So wie die Verhältnisse im<br />

vorliegenden Falle tatsächlich liegen, ist ein Mitverschulden<br />

des Geschädigten vorhanden, so dass<br />

er nur zum Teil, also nicht zu lOO o /o, hätte entschädigt<br />

werden müssen.

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