E_1935_Zeitung_Nr.085
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Die Londoner<br />
Olympia-Ausstellung.<br />
London, 17. Oktober <strong>1935</strong>.<br />
Die Londoner Olympia schliesst sich jedes<br />
Jahr fast unmittelbar an den Pariser Sa-<br />
Ion an. Kein Wunder, dass unter diesen Umständen<br />
der Rivalitätskampf in der Presse<br />
einen lebhaften Widerhall hervorruft. Die<br />
Engländer nehmen für ihre Ausstellung den<br />
Ruhm in Anspruch, die grösste Schau der<br />
Welt in ihren Hallen zu beherbergen. Sie<br />
verweisen auf die ausschliessliche Beschikkung<br />
mit Personenwagen, während in anderen<br />
Ländern nebst Lastfahrzeugen auch nebengeordnete<br />
Industriezweige zur Ausfüllung<br />
herangezogen werden.<br />
In den Streit um die grösste Ausstellung<br />
der Welt haben wir keine Ursache, uns hineinzumischen.<br />
Es handelt sich hier um weniger<br />
erfreuliche Auswüchse nationaler Eitelkeit,<br />
die sich ganz unrichtigerweise dem Begriff<br />
der Masse statt der Qualität verschrieben<br />
hat. — Wie dem auch sei, ist die Londoner<br />
Schau eine imponierende Veranstaltung,<br />
der niemand ihre grosse technische und<br />
wirtschaftliche Bedeutung absprechen wird.<br />
In keinem anderen Lande wird die technische<br />
Bastelei so systematisch, so gründlich,<br />
ja fast möchte man sagen so wissenschaftlich<br />
betrieben wie in England. Jahre<br />
über Jahre wurden alle nur denkbaren Ansaugrohrformen<br />
von der zu dieserrt Zweck<br />
Unterbringung des Reserverades in einer Oldsmobile-Coupe-Katosserie.<br />
Man beachte auch die<br />
praktischen Gepäckregale.<br />
Auf delfl Lenkrad des Bentley-Wagens sind aufiser<br />
den Regulierhebeln für die Zündung und den<br />
Leerlauf noch ein Hebel für die Gemischkorr#ktur<br />
und ein Hebel für die Stossdämpfereinstallung angeordnet.<br />
legt, mit dem Erfolg, dass nirgends In der<br />
Welt eine gleich gründliche Kenntnis -der<br />
Einzfclfunktionen der Maschinenteile besteht.<br />
Damit ist der diesjährige englische Salon<br />
in seinen wesentlichen Zügen charakterisiert.<br />
Und damit wird zugleich der in die<br />
Augen fallende Unterschied mit der vorausgegangenen<br />
Pariser Schau offenbar. In Paris<br />
— umwälzende, den ganzen Automobilbau<br />
betreffende Umformungen. •— in London<br />
Detäilarbeit.<br />
Der Erfolg der englischen Bemühungen<br />
kommt augenscheinlich bei den neuen<br />
Motoren<br />
zum Ausdruck, und zwar nicht hur bei den<br />
kleineren Einheiten, die auf Grund der weitverbreiteten<br />
Hochsehätzung des Sportwagens<br />
bereits in den früheren Jahren hohe Literleistungen<br />
aufwiesen, sondern nun auch bei<br />
den grossen Typen, denen die Aufgabe der<br />
Zurückdrängung des amerikanischen Wagens<br />
obliegt. Der neue Wolseley gibt aus seinem<br />
3*4-Liter-Motor 105 PS oder 30 PS pro Liter,<br />
der kleine Hillman mit seinen 1200 ccm<br />
33 PS oder die gleiche spezifische Leistung.<br />
Sportlichere Wagen haben eine noch grös«<br />
sere Ausbeute, so der heue SS-Jaguar' mit<br />
2K-Liter-Mot6r 100 PS oder 40 PS pro Liter<br />
Hubvolumen. Dies sind durchaus keine<br />
Ausnahmeleistungen oder Paradezahlen, sondern<br />
Regelwerte, die, je nach dem Typ des<br />
Fahrzeuges, wohl etwas schwanken mögen,<br />
aber gegen das Vorjahr einen etwa zehnpro<br />
zentigen Fortschritt dokumentieren. Diese<br />
10% bedeuten viel Kleinarbeit, denn — und<br />
dies ist besonders wesentlich -^ die Ansprüche<br />
der Motoren sind durch diese Leistungszunahmen<br />
nicht gesteigert worden. Die<br />
Brennstoffe sind die gleichen geblieben; und<br />
deren Klopffestigeit nicht erhöht" worden;'<br />
/fUTOMOBIL-RCVUE 1985 -No 85<br />
Der vollzogene Fortschritt liegt im Motor<br />
selbst, überwiegend wohl Im Zyllnderkopf,<br />
der heute meist aus einer Aluminiumlegierune<br />
hergestellt wird. Der Uebergang «um<br />
Leichtmetall vollzog sich nicht ohne Schwierigkeiten,<br />
weil die Grobkömigkeit de» Materials<br />
grdsser« Wasserdurchlässe erforderlich<br />
macht, während umgekehrt dessen grössere<br />
Wämeleitfählgkeit und bessere Wärmeabgabe<br />
eine Unterkühlung der Maschine nahelegt.<br />
Dt schliesslioh die Wasserumlaufgeschwindigkeit<br />
wegen der Neigung zu Ablagerungen<br />
nicht verringert werden konnte,<br />
musstfl der Wasserinhalt in vielen Fällen<br />
«r Vefgaserdalass ist beim Lanehestet Light-Six-<br />
Motor mit d«m Genius» d«s Ventlkteu«rmechmlgnnis<br />
verbunden, wodurch tUichieitlf eine gute An«<br />
saufgeräusChdämpfung und eine reiöhliohe Entlüftung<br />
des Motorinnern erreicht wird.<br />
neu ermittelt werden. Soweit hängende Ventile<br />
Anwendung finden, müssen bei Leichtmetallköpfen<br />
noch spezielle Ventilsitze und<br />
Ventilführungen aus hitzebeständigem Material<br />
eingesetzt werden. Auch dieses ging<br />
nicht ohne Lehrgeld ab, da sich die Ventilsitze<br />
unter der hämmernden Einwirkung des<br />
Ventils nur allzu leicht ablösen.<br />
Die Firmen Daimler, Lanchester und BSA<br />
sind auch in diesem Jahre ihrer vorjährigen<br />
Neuerung des Zusammengiessens von Kopf<br />
und Zylinderblock treu geblieben. Es ist dies<br />
eine ungewöhnliche Bauart für Motoren mit<br />
hängenden Ventilen. Die Firmen, die sie anwenden,<br />
rühmen ihren besseren Wärmeausgleich<br />
(auf Qrund der fortfallenden Zylinderkopfdichtung),<br />
ihre gleichmässigere Wärmeausdehnung,<br />
ihre absolute Sicherheit vor<br />
Dichtungsschäden und ihre grössere Geräuschlosigkeit.<br />
Auf der anderen Seite ist ein<br />
so weit hergeholter Zusammenbau von lebenswichtigen<br />
Motorteilen das strikte Gegenteil<br />
der heute an Verbreitung zunehmenden Auf«<br />
lockerunrstendenz, die eine Auflösung in<br />
An einim neuen Zwölf*Ylinder-Rolls-Ro?ce-Ch*lsil<br />
Wird turn erstenmal von-dieser Firma vorn auch<br />
Einzelradfederung angewandt. -Die Rid«r werden<br />
durch paralleloframmartig wirkende Querlenker<br />
gtführt, von denen der obere entgegen dem Druck<br />
einer eingekapselten Schraubenfeder wiikt<br />
kleine, rasch ersetzbare Aggregate vorsieht<br />
Zu den Anhängern dieser letzten Schule gehört<br />
zum Beispiel Armstrong-Siddeley, dessen<br />
mit Recht renommierte Motoren getrennten<br />
Kopf und einsetzbare Laufb-Üchsen besitzen.<br />
Der Laie sollte sich daher über diese<br />
Dinge keine Gedanken machen, die letzten<br />
Endes doch nur aus der Gesamtkonstruktion<br />
auf ihre ZweckmäSsigkeit beurteilt werden<br />
können.'<br />
Die Aufhängung der Motoren erfolgt, wie<br />
seit Jahren, in Oummi. Während aber in früheren<br />
Zeiten die Beweglichkeit des Motors<br />
vielfach jeecht unangenehme Nebenwirkungen<br />
auf die mit dem Block verbundenen Kupplungund<br />
Bremshebel ausübte, ist man heute fast •<br />
durchwegs zur Anbringung der Hebel am<br />
Chassisrahmen tibergegangen. Recht interessant<br />
ist das geschichtliche'Spiegelbild dieses<br />
Vorgangs im Rahmen der Morris-Produktion.<br />
So hat der Morris 8, der als erster Typ der<br />
neuen Serie das Licht der Welt erblickte,<br />
zwar das Bremspedal am Rahmen, aber den<br />
Kupplungshebel am Block befestigt. Bei den<br />
darauffolgenden grösseren Wagen, den Morris<br />
10 und 12, sind alle Pedale am Rahmet;<br />
montiert. Schwierigkeit bereitet nur noch der<br />
Getreidehebel, der an den Schwankungen des<br />
Motors weiterhin teilnimmt und auch solange<br />
wohl noch teilnehmen wird, bis eine Trennung<br />
von Motor und Getriebe vollzogen oder eine<br />
elastischere Form der Getriebebetätigung sich<br />
Bahn brechen wird. Diesem Ziele sind" wir<br />
heute bereits beachtlich nahe gerückt. Das<br />
moderne<br />
Polsterüberzüge<br />
ins Leben gerufenen Forschungsstelle erprobt.<br />
Die gleiche systematische Arbeit wird<br />
auf jedes andere lebenswichtige Detail versAoneo<br />
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