E_1936_Zeitung_Nr.034
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III. Blatt<br />
Automobil-Revue<br />
Nr. 34<br />
BERN, 24. April <strong>1936</strong><br />
Und was trägt der Herr?<br />
Neues von der Herrenmode.<br />
Im allgemeinen sind die Männer in Kleiderfragen<br />
sehr konservativ. Die Mode ist für viele<br />
von ihnen etwas Unnützes, etwas Uebertriebenes,<br />
mit dem sich nur Gecken abgeben. Das ist aber<br />
grundfalsch. Die Mode schafft Arbeit für viele<br />
Köpfe, für viele Hände und Maschinen. Die Herrenmode<br />
ist schon von Grund auf zurückhaltend,<br />
seriös und diskret. Darum sollen sich auch die<br />
Männer etwas mehr mit der Mode anfreunden<br />
und sich auf alle Fälle die wichtigsten Züge der<br />
neuen Mode merken. Hier ein paar kurze Angaben<br />
für Frühjahr und Sommer <strong>1936</strong>.<br />
Der Smoking.<br />
Wenn schon Smoking, dann aber modern. Man<br />
hat ja dafür gesorgt, dass der Preis erschwinglich<br />
ist. Das Revers, mit Seide belegt, ist etwas breiter<br />
als für den Strassenanzug, selbstverständlich aber<br />
immer ein Spitzrevers. Das Gilet ist einreihig,<br />
wenn schwarz; zweireihig, wenn weiss. Die<br />
Smokinghose recht weit, lang und mit einfachem<br />
Galon.<br />
Mode und ein Regeiig^iss<br />
Ja, solch ein Regentag im Frühling ist eine<br />
schlimme Ueberraschung und bittere Enttäuschung<br />
für alle jene, die sich in ihrer Ausstattung<br />
ganz und gar auf «Schönwetter> eingestellt<br />
haben und offenbar der Meinung waren, dass<br />
das Barometer immer nur nach einer Seite ausschlagen<br />
würde...!<br />
Im Zusammenhang damit, ist es lehrreich zu<br />
beobachterr, wie sich Frauen, die modisch begabt<br />
sind und «Mode-Instinkte» besitzen, sich<br />
aus dieser Verlegenheit helfen, während andere<br />
ganz verzweifelt sind. Dazu muss man sagen,<br />
dass es zwar keine Kunst sei, bei schönem Wetter<br />
richtig gekleidet zu sein, aber immerhin eine<br />
bestimmte Modebegabung voraussetzt, auch an<br />
regnerischen Tagen vorteilhaft auszusehen,<br />
ohne «freudlos» zu wirken und damit — wenn<br />
man so sagen darf — das Grau-in-Grau des<br />
Regentages noch zu bestätigen.<br />
Eine Frau von Geschmack sollte es sich vielmehr<br />
immer angelegen sein lassen, ihrer Regenaufmachung<br />
eine frische Note zu geben, weil<br />
sie unter allen Umständen lebhaft und freudig<br />
wirken soll, unabhängig von den Kapriolen und<br />
Launen des Wettergottes. Das will- nicht etwa<br />
heissen, das für einen Regentag überbetonte<br />
Buntheit «das Wahre» sei (denn die richtige<br />
Schlechtwetterkleidung setzt natürlich eine Neutralfarbe<br />
voraus); die vielen Kleinigkeiten aber,<br />
die eine Aufmachung vervollständigen, sollen<br />
— richtig gewählt — das üble Wetter vergessen<br />
machen; so zum Beispiel kann ein farbiger Hut,<br />
ein netter Schirm, ein flotter Schal, ein lebhaftes<br />
Taschentuch oder ein farbenreicher Gürtel für<br />
den Gesamteindruck entscheidend sein.<br />
Für alle Frauen aber ist es sehr wichtig, genau<br />
zu wissen, was man eigentlich bei regnerischem<br />
Fr.ühjahrswetter tragen soll.<br />
Guter Rat ist hier im wahrsten Sinne des Wortes<br />
teuer, denn eigentlich müsste man darauf<br />
antworten, dass jede Frau eine richtige Regenaufmachung<br />
besitzen sollte; weil dies aber in<br />
der heutigen Zeit, die einen zu Ersparnissen<br />
zwingt, fast unmöglich erscheint, tut man gut<br />
daran, Regenkleidung und halbsportliche Aufmachung,<br />
die man für Wochenendfahrten und<br />
Ausflüge zu tragen gedenkt, sozusagen «unter<br />
einen Hut zu bringen», indem verlässliches, womöglich<br />
sogar wasserdichtes Material verwendet<br />
und schon in der besonderen Art des Schnittes<br />
auch auf regnerisches Wetter Rücksicht genommen<br />
wird.<br />
Grösste Einfachheit ist unbedingt am Platze,<br />
ohne dass dabei die Linie des Ganzen leidet,<br />
die durchaus modern und fesselnd bleiben muss,<br />
wenn auch Uebertriebenheiten, die unsportlich,<br />
unmodern und ganz besonders an Regentagen<br />
geradezu lächerlich wären, abzulehnen sind.<br />
Angesichts der heuer so begeistert begrüssten<br />
Kostümmode wäre in allererster Linie an ein<br />
Jackenkleid für den Regentag zu denken,<br />
um so mehr als es mancherlei Modelle gibt, die<br />
schon durch die Art des Schnittes die Aufmerksamkeit<br />
auf sich lenken; s,o zum Beispiel ist ein<br />
.'<br />
diagonal-geknöpftes Kostüm, dessen Knopfreihe<br />
bis in die Rückenbahn läuft, sicherlich sehr<br />
flott und wird mit seinem schlichten Leistenkragen<br />
bei Regenwetter gut gefallen und auch für<br />
Ausflüge vorteilhaft wirken (Fig. 1). Hut und<br />
Handschuhe in abstechender Farbe nehmen sich<br />
zu einem Stoff in Mittelschattierung eigenartig<br />
aus. Die «Windjacke» der Touristenausrüstung<br />
tritt nun — wenn auch in etwas veränderter<br />
Form — als Regenjacke für- die Stadt in den<br />
Vordergrund, indem für diesen Zweck wasserdichtes<br />
Leinen, Ballonseide oder ähnliches Material<br />
Verarbeitung findet; der tiefe Kragen, der<br />
das Tragen eines leichten Frühjahrsschals ermöglicht,<br />
die Knopfbahn, der kantig-gesteppte<br />
Sattel, der breite Militärgürtel, die aufgelegten<br />
und geknöpften Taschen und die weite und<br />
glockige Kontur dieser halblangen Umhüllen<br />
scheint sich in überraschend kurzer Zeit durchgesetzt<br />
zu haben, was zweifellos für die «richtige<br />
Note» spricht (Figur 2).<br />
Allgemein machte sich das Bestreben geltend,<br />
das Regen-Cape, das man schon im Vorjahre<br />
sah, mit dem Regenmantel in richtige Verbindung<br />
zu bringen; dies führte dazu, dass man<br />
das Cape einfach auf den Mantel knöpfte, so<br />
dass nun eine solche Umhülle mit und ohne<br />
Cape zu tragen ist und ihren Eindruck jeweils<br />
völlig verändert. In unserem dritten und unserem<br />
letzten Entwürfe führen wir diese neue Zusammenstellung<br />
vor Augen, die durch die Tatsache,<br />
dass man für ein solches Stück doppelseitigen<br />
Stoff zu verwenden pflegt, erhöhte Bedeutung<br />
gewinnt. Wir nehmen die gemusterte Innenseite<br />
des Materiales wahr, sobald sich das Cape<br />
oder der Mantel aufschlägt. Die Knopfreihe des<br />
Mantels, auf die das Cape befestigt wird, läuft<br />
nach unten hin zusammen, womit sich der Zusammenhang<br />
mit derBiedermeiermode.dieheuer<br />
so oft als Vorbild herangezogen wird, wieder<br />
einmal bestätigt. Auch hier sollen Schal, Gürtel,<br />
Handschuhe und Hut in der Farbe einheitlich<br />
gehalten sein und vom Stoffe der Regenaufmachung<br />
abstechen, weil nur auf diese Weise ein<br />
lebhafter und eigenartiger Gesamteindruck zu<br />
erzielen ist.<br />
Die Stoffe.<br />
Cheviot, als Stoffart, wird gegenüber dem<br />
letzten Jahr noch mehr aufkommen. Hauptfarben<br />
sind: blau-grau, bräunlich-grau und grünlich-grau.<br />
Dessins: Breite Streifen mit bunten Fäden durchzogen,<br />
dann auch kleinere Carreaux und ganz<br />
grosse, aber diskrete Block- und Ueber-Carreaux.<br />
Gezwirnte Cheviots (der Faden des Stoffes ist<br />
aus einer Anzahl dünnerer Fäden zusammengedreht,<br />
d. h. gezwirnt) werden viel getragen für<br />
Strassen- wie für Sportanzüge. Für Sportkleidung<br />
verwendet man besonders viel Carreaux. Unbestritten<br />
in der Gunst der Käufer sind die Kammgarnstoffe.<br />
Die Farben sind ebenfalls: aluminiumgrau,<br />
blau-grau, grün-grau, aber in viel hellen<br />
Tönen. Die Kammgarne haben kleine, feine<br />
Dessins als Grund mit bunten Streifen und Ueber-<br />
Carreaux.<br />
Als weicher Stoff ist Flanell sehr populär. Aber<br />
;jetjt weniger mehr in den toten Unifarben als<br />
in lebhafteren Grundtönen mit eleganten Streifen<br />
und Dessins. Die sommerlichen, porösen Stoffe<br />
lehnen sich in Farbe und Dessins ganz an die Kammgarne<br />
an.<br />
W<br />
Der Veston-Änzug.<br />
fhöher gestellte Taille. Die Achseln werden gerade<br />
gestellt und möglichst wenig wattiert. Brust<br />
»und Rücken werden «füllig» oder «v-ollbrüstig»<br />
gearbeitet, die Hüfte schlank betont. Der Kragen<br />
iist flach. Bevorzugt wird die Form mit 3 Knöpfen.<br />
Das Revers ist meistens hängend oder abgestochen<br />
;(zum Unterschied vom hochgestellten Spitzrevers<br />
für zweireihige Anzüge). Das Gilet ist ziemlich<br />
tief ausgeschnitten mit Rücksicht auf die modischen,<br />
breiten Kravatten. Die Hosen sind weit und müssen<br />
bis auf die Schuhe fallen, meist mit Umschlag.<br />
:<br />
Der Sport-Anzug.<br />
Seine Form entspricht im allgemeinen dem<br />
Strassenanzug, aber mit sportlichen Einzelheiten,<br />
wie aufgesteppte Taschen, Rückenfalten, Elastic-<br />
•zug in der Rückentaille. Die Form hat auch etwas<br />
mehr Fülle und Bequemlichkeit, d. h. sie ist weniger<br />
anliegend. Die Revers sind immer abgestochen<br />
(fallend). Die Knickerbockerhosen sind immer<br />
lang und weit und sie werden nie mit Bügelfalten<br />
getragen. Von den jüngeren wie von den «gesetzteren»<br />
Herren gleich gern gesehen und getragen<br />
ist die Kombination: Rassiges Sportveston mit<br />
langer Unihose.<br />
Sportanzug mit langer Hose (Modell PKZ).<br />
Phantasieanzug (Modell FEZ).<br />
Der Uebergaxigspaletot.<br />
Wie bei den Anzügen, wird auch hier die auf<br />
Schlankheit eingestellte Form bevorzugt: Breit in<br />
den Achseln (natürlich, nicht auf Grund starker<br />
Wattierung), schlank und schmal in den Hüften.<br />
Revers meistens hängender Facon, verdeckter<br />
Knopfleiste beim einreihigen Mantel. Für die<br />
Reise und den Sport wird die etwas, losere" und<br />
weitere Form (oft Slipon) gerne getragen.<br />
Das sind die wichtigsten Punkte, die einen<br />
allgemeinen Eindruck geben und dem Mann beim<br />
Einkauf dienen können. Den Herren minutiöse<br />
Details zu erklären, hat keinen Sinn. Nur der Fachtaann<br />
braucht sie zu kennen und kennt sie auch!<br />
(Die Angaben über die Herrenmode stammen<br />
von der Firma PKZ).<br />
LUXII^<br />
des Altertums<br />
Die Menschheit hat sich heute das Reisen recht<br />
bequem gemacht. Man baut Schrankkoffer, die nicht<br />
nur alle Garderobenschätze aufnehmen, sondern<br />
sogar einen Schreibtisch in sich beherbergen, und<br />
dem, der sich nicht davon trennen kann, die halbe<br />
Bücherei nachtragen. Bislang hat man sich recht<br />
wenig Gedanken darüber gemacht, wie eigentlich<br />
die Menschen einer ferneren Vergangenheit gereist<br />
sind. Denn schliesslich gingen die Aegypter und<br />
Phönizier auf Fahrten, die länger dauerten als eine<br />
heutige Touristen-Eilfahrt rund um die Erde in<br />
120 Tagen.<br />
Auf ihre langen Fahrten, die nachweisbar bis<br />
nach Südafrika und in andere ferne Erdteile führten,<br />
mussten sie mehr mitnehmen als nur einen Rucksack<br />
voll. In jüngster Zeit hat man nun einige bislang<br />
nicht recht gedeutete Bilder aus der Hieroglyphenschrift<br />
endlich erklären können. Seitdem kennt man<br />
auch die Koffergeheimnisse der Aegypter. Wirklich<br />
hatten die ägyptischen Forscher genau so schöne<br />
und genau so massive Koffer wie die heutigen<br />
Menschen, höchstens dass die berühmten Sicherheitsschlösser<br />
nicht so vollkommen waren wie<br />
heute und vielleicht die Einsatzspiegel nicht immer<br />
ein ganz klares Bild gestatteten. Für die ägyptischen<br />
Schönen gab es allerdings schon sehr kleine und<br />
zierliche Handtaschen und Koffer, weil offenbar<br />
schon zu jener Zeit die Weiblichkeit es vorzog,<br />
ihre Gebrauchsgegenstände in die Koffer des<br />
Gebieters zu verstauen.<br />
Einen grundsätzlichen Wandel im Kofferbau<br />
brachte eigentlich erst das Aufkommen der Eisenbahn<br />
mit sich. Man musste sich an den Platz anpassen,<br />
der unter oder über dem Sitz für diesen<br />
Zweck vorgesehen war. Die Aegypter und Phönizier<br />
nahmen ihre Koffer — vielleicht in Ermangelung<br />
einer Gepäckversicherung — gleich als<br />
Sitzplätze. Das fällt selbstverständlich heute* weg.<br />
Und damit ist die Entwicklung des Reisegepäcks<br />
von damals bis heute in der notwendigen Richtung<br />
umrissen.