E_1936_Zeitung_Nr.096
E_1936_Zeitung_Nr.096
E_1936_Zeitung_Nr.096
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
18 96<br />
arbeiteten Griffen. Seine Passion hat Armand<br />
Letonnier viel Zeit, Geld und Mühen gekostet.<br />
Er unternahm weite Reisen, wenn er erfuhr,<br />
dass es irgendwo einen Spazierstock gebe, den<br />
er vielleicht seiner Sammlung einverleiben<br />
könnte. Und er war überglücklich, wenn er<br />
seine Beute nach Paris bringen konnte. In seiner<br />
Wohnung hatte er zwei Zimmer ausschliesslich<br />
seiner Sammlung gewidmet.<br />
Nun aber ist Armand Letonnier, der unvermählt<br />
ist und im Laufe der Jahre immer mehr<br />
zum Sonderling wurde, durch seine Leidenschaft<br />
in eine böse Situation geraten. Er hatte<br />
im September in einem kleinen Badeort einen<br />
Herrn kennen gelernt, an dem ausser seinem<br />
Spazierstock mit geschnitztem Elfenbein nichts<br />
Bemerkenswertes war. Ein Durchschnittsmensch<br />
hätte übrigens wahrscheinlich auch den<br />
Spazierstock nicht weiter aufregend gefunden.<br />
Aber Armand Letonnier war aus irgendeinem<br />
nur ihm bekannten oder vielleicht auch ihm<br />
unbekannten Grunde für den Griff des Spazierstockes<br />
Feuer und Flamme. Er bot dem<br />
Eigentümer des Spazierstockes von Tag zu Tag<br />
höhere Summen an. Aber der Eigensinnige<br />
wollte sich von dem Stock nicht trennen, der<br />
ihm ein liebes Erbstück bedeutete. Da Hess<br />
sich Herr Armand Letonnier dazu hinreissen,<br />
den Spazierstock zu stehlen. Er fuhr noch am<br />
selben Tage glückstrahlend nach Paris. Bald<br />
darauf erhielt er eine polizeiliche Vorladung.<br />
Er leugnete jedes Verschulden, doch wurde bei<br />
einer Hausdurchsuchung der abhanden gekom-<br />
«Ihr Mann wird Sie betrügen, gnädige Frau,<br />
Heute ist er noch in Sie verliebt und hat nur für<br />
Sie Augen», sagte die mondäne Wahrsagerin,<br />
Madame Delbos, gegen die nach dem Bericht<br />
französischer Blätter eine-originelle Schadenersatzklage<br />
eingebracht worden ist, zu ihrer hübschen<br />
jungen Besucherin: «Aber passen Sie auf: in läng'<br />
stens drei Jahren ist die Herrlichkeit vorbei und<br />
er nimmt sich eine Freundin.» Die reizende, blonde<br />
Frau bemühte sich, skeptisch und überlegen .-zu<br />
lächeln, doch es wollte ihr nicht recht gelingen.<br />
Vergebens sagte sie sich immer wieder: «Aber wer<br />
wird denn die Prophezeiung dieser Wahrsagerin<br />
ernst nehmen. Ich bin doch nicht übermässig<br />
abergläubisch. Ich bin ja nur aus Neugierde heraufgegangen.»<br />
Warum hatte übrigens Madame<br />
Delbos, die sonst grundsätzlich ihrer eleganten<br />
Klientel nach Möglichkeit nur Angenehmes prophezeite,<br />
der jungen Frau solches Unheil vorausgesagt?<br />
Sie hatte keinen besonderen Grund dafür.<br />
Vielleicht fiel ihr gerade nichts anderes ein, vielleicht<br />
war sie schlecht gelaunt. Hätte sie geahnt,<br />
was für ein Nachspiel diese düstere Prognose haben<br />
werde, so hätte sie es gewiss vorgezogen,<br />
ihrer Besucherin ungetrübtes Eheglück anzukündigen<br />
und ihr in den rosigsten Farben auszumalen,<br />
wie ihr Mann sie zeitlebens vergöttern werde. Auf<br />
Frau Julie Bienjean aber hatte die Unheilprophezeiung<br />
einen tieferen Eindruck gemacht, als sie es<br />
sich selbst eingestehen wollte. Sie verlor ihrem<br />
Mann gegenüber vollkommen ihre Unbefangenheit.<br />
Sie beobachtete ihn verstohlen, wurde gegen seine<br />
Zärtlichkeit misstrauisch und beständig quälte sie<br />
der heimliche Gedanke: «Wer weiss, wie bald er<br />
mich betrügen wird.» Ihrem Mann, der in einer<br />
Likörfabrik als Direktor angestellt ist, fiel nach<br />
einiger Zeit das veränderte Wesen seiner jungen<br />
Frau auf. Vor allem berührte es ihn unangenehm,<br />
dass sie, die früher blindes Vertrauen zu ihm gehabt<br />
hatte, ihm nunmehr nachzuspionieren begann.<br />
Er hatte zwar nach wie vor keine Geheimnisse<br />
vor ihr und es fiel ihm gar nicht, ein, 3u<br />
schöne junge Geschöpf, das er vor ein paar Mo*<br />
naten aus Liebe geharatet hatte, zu betrügen!<br />
mene Spazierstock gefunden. Herr Letonnier<br />
interessierte sich während der Verhandlung<br />
mehr für das Schicksal des Spazierstockes als<br />
für sein eigenes Schicksal und erklärte immer<br />
wieder, jeden Betrag bezahlen, ja sogar einge-<br />
£c säefdt nicht ~ et sammelt (tut Aber es war für ihn eine bittere Enttäuschung,<br />
dass seine Ehe, die völlig auf'gegenseitigem Vertrauen<br />
und gegenseitiger Neigung aufgebaut gewe-<br />
November<br />
Von einem interessanten Fall von Sammlerleidenschaft,<br />
die einen unbescholtenen und gei-<br />
Stock behalten dürfe. Er wurde wegen un-<br />
er einmal Frau Julie gründlich den Kopf zurecht-<br />
Ich liebe diese letzten Tage<br />
sperrt werden zu wollen, wenn er nur den sen war,, eine Wendung zum Schlimmen nahm. Als<br />
stig hochstehenden Menschen zum Dieb werden widerstehlichen Zwanges freigesprochen, aber setzte, gestand sie ihm die Unheilprophezeiung der Des Herbstes in dem bleichen Schein<br />
Hess, berichten französische Blätter. Ein auf den Spazierstock wird er endgültig verzichten<br />
müssen.<br />
Verhangener Himmel und die Klage<br />
Wahrsagerin. Da kannte seine Erbitterung gegen<br />
älterer Herr, der früher in einem industriellen<br />
Madame. Delbos keine Grenzen. Er erstattete gegen<br />
sie die Strafanzeige — das Verfahren verlief<br />
Unternehmen eine leitende Stellung bekleidet<br />
Des Sturmwinds in der Bäume Reih'n.<br />
hatte, nun aber schon seit einer Reihe von Jahren<br />
ein beschauliches Rentnerdasein führt, ist Sind JkopheUH fiaftiac?<br />
eine Schadenersatzklage gegen sie ein, wobei er Ich liebe diese schwarzen Strossen<br />
jedoch im Sand — und brachte nunmehr auch<br />
ein leidenschaftlicher Sammler von Spazierstöcken.<br />
Allerdings interessiert er sich nicht<br />
ten Kummer keineswegs niedrig bewertete. In der<br />
seinen, durch das eheliche Zerwürfnis verursach-<br />
Von Asphalt, drauf der Regen liegt,<br />
für gewöhnliche Spazierstöcke, sondern nur<br />
Die Baumskelette um Terrassen,<br />
Juristenwelt und im Publikum ist man gespannt,<br />
für Prachtexemplare mit besonders schön ge-<br />
Das gelbe Laub, das drüber fliegt.<br />
wie dieser eigenartige Prozess verlaufen wird.<br />
See TUatin, dec mm Sktlat USA<br />
Aus Brüssel' wird berichtet: Wohl die originellste<br />
Erwerbsquelle der Welt hat ein Einwohner<br />
der belgischen Hauptstadt, der im wahrsten Sinne<br />
des Wortes vom Bellen lebt. Er hat seine Existenz<br />
der Säumigkeit jener Hundebesitzer zu verdanken,<br />
die sich die Steuer für ihre vierbeinigen Lieblinge<br />
ersparen wollen. Die Behörden haben vor einiger<br />
Zeit die Verlautbarung erlassen, dass jeder, der<br />
einen «nichtversteuerten» Hund, beziehungsweise<br />
seinen Besitzer zur Anzeige bringt, auf eine Prämie<br />
in Höhe von 10 Prozent des Steuerbetrages<br />
Anspruch hat. Ein Tierstimmenimitator ist nun auf<br />
die Idee verfallen, seine Fähigkeiten für den Beruf<br />
eines — Hundedetektivs zu verwerten. Er<br />
geht von Haus zu Haus, bleibt vor jeder Wohntür<br />
stehen und beginnt zu bellen. Wird der Appell<br />
aus der Wohnung in der gleichen Tonart beantwortet,<br />
so notiert er sich Adresse und Namen des<br />
Besitzers und sieht dann bei der Polizei nach, ob<br />
die betreffende Partei ihren Hund angemeldet hat.<br />
Ist dies nicht der Fall, so erstattet er die Anzeige<br />
und kassiert sich die zehnprozentige Prämie ein.<br />
!BUte, ovthatten Sie mich?<br />
Monsieur Zo in Paris hatte offenbar englische<br />
Kriminalromane gelesen, in denen die Verbrecher<br />
von Zeit zu Zeit zum nächsten Polizeirevier gehen<br />
und sich der Gerechtigkeit ausliefern. Als er nun<br />
entdeckte, dass er 200,000 Francs aus der Kasse<br />
der Bank, bei der er angestellt war, ganz unabsichtlich<br />
für seine Privatzwecke verwendet hatte,<br />
Es liegt in diesen Augenblicken<br />
Geruch von Gärten in der Luft,<br />
Wie von vollendeten Geschicken —<br />
Und süss und dunkel ist der Duft.<br />
H.W. Keller.<br />
Eine Leseprobe aus «Lyrische Blätter», herausgegeben<br />
vom Schweizerischen Schriftstellerverein.<br />
(Zu beziehen für Fr. ,1.50 vom Sekretariat, Zürich-<br />
Witikon.)<br />
beschloss er, sich der Polizei zu stellen. Das schien<br />
so einfach — aber was geschah, war folgendes:<br />
Zunächst besuchte Monsieur seinen Rechtsanwalt,<br />
beichtete ihm seine Sünden und bat ihn, zum Polizeirevier<br />
mitzukommen, um alle nötigen Formalitäten<br />
zu erledigen. Man begab sich also gemeinsam<br />
dorthin.<br />
Aber der Polizeikommissär lehnte eine Festnahme<br />
höflich, doch energisch ab. «Ich würde Sie<br />
ja gern verhaften,» meinte er, aber ich habe keinen<br />
Haftbefehl.» —• «Jawohl,» erwiderte Monsieur grossmütig,<br />
«ich verstehe; und ich kann es Ihnen keineswegs<br />
übelnehmen.» So begaben sich Monsieur und<br />
sein Rechtsanwalt zum Polizeipräsidium. Dort wurden<br />
sie von einem Kommissär empfangen, der sich<br />
weniger höflich, aber dafür um so energischer zeigte.<br />
«Ist eine Klage eingereicht? Nein? Warum belästigen<br />
Sie mich also? Ohne Klage oder Haftbefehl kann<br />
ich Sie nicht-festnehmen. Machen Sie also, dass<br />
Sie hinauskommen — bevor ich Sie einsperren<br />
lasse.»<br />
NOCH EINIGE TAGE!<br />
NOCH EINIGE STUNDEN!<br />
NOCH EINIGE MINUTEN!<br />
im Kursaal Schänzli, Bern<br />
Wer will die letzten Lose? Wer will im letzten Augenblick<br />
dem Glück noch schnell ein Türchen öffnen? "<br />
Wer will dem guten Zweck der Seva dienen? Sicher<br />
ist sicher: Bestellen Sie also sofort telegraphisch eine<br />
10-Los-Serie, die ja einen sicheren Treffer enthält.,'<br />
Lospreis Fr. 2O.- (10-Los-Serie — worunter 1 sicherer'<br />
Treffer — Fr. 2OO.-) plus 40 Rp. Porto auf Postcheck.<br />
Hl 1OO26. Adresse: Seva-Lotterie, Bern. Bei Vorbestellung<br />
der Ziehungsliste 30 Rp. mehr. Lose, ebenfalls<br />
bei bernischen Banken und Privatbahnstationen<br />
erhältlich.<br />
Druck, Cliche» und Verlas: HALLWAG A.-G., flallersche Buchdruckerei und Wagnersche Verlagsanstalt,