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BOLD THE MAGAZINE No.34

GESTALTUNG SPECIAL TOPIC: DESIGN | WHY COLOR: JOEL MEYEROWITZ | IM GESPRÄCH: NOOMI RAPACE | KISS-LEGENDE: GENE SIMMONS | GESTALTUNG HEISST VERÄNDERUNG: DESIGNER CHRISTIAN BAUER

GESTALTUNG

SPECIAL TOPIC: DESIGN | WHY COLOR: JOEL MEYEROWITZ | IM GESPRÄCH: NOOMI RAPACE | KISS-LEGENDE: GENE SIMMONS | GESTALTUNG HEISST VERÄNDERUNG: DESIGNER CHRISTIAN BAUER

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ART | SEHENSWERT<br />

<strong>BOLD</strong> <strong>THE</strong> <strong>MAGAZINE</strong> | 31<br />

Es sind die Alltagsmomente, aus denen<br />

der New Yorker Fotograf Joel Meyerowitz<br />

die überraschenden und manchmal<br />

kuriosen Augenblicke herausfiltert<br />

und durch den gezielten Einsatz von<br />

Farbe eine ganz eigene, fast filmische<br />

Lebendigkeit und malerische Intensität<br />

herausarbeitet. Der Zufall und seine<br />

rasante Auffassungsgabe, besondere<br />

Bildelemente zu vereinen, kennzeichnen<br />

den Künstler, der 1938 in New York<br />

geboren wurde. Nach seinem Studium<br />

der Malerei an der Ohio State University<br />

(1959) arbeitete er als Werbegrafiker<br />

in New York. Neben Stephen Shore<br />

und William Eggleston erkennt Meyerowitz<br />

früh die Kraft der Farbe und ihre<br />

einzigartige, bildhafte Qualität. 1962<br />

lernt er den Fotografen Robert Frank<br />

kennen, danach hört er nie wieder auf<br />

zu fotografieren. Neben Schwarzweiß-<br />

Filmen benutzt er auch das legendäre<br />

Kodachrome – Farbfilmmaterial,<br />

das für seine besondere Farbintensität<br />

berühmt war.<br />

Im Jahr 1966 fährt Meyerowitz quer<br />

durch Europa – reist durch England,<br />

Frankreich, Deutschland, Italien, Jugoslawien,<br />

Griechenland, Ungarn, Marokko<br />

und die Türkei – und produziert „Street<br />

– Photography at it’s best!“ Manchmal<br />

fotografiert er direkt aus seinem Volvo<br />

heraus – das Auto empfindet Meyerowitz<br />

als Kamera, das ihm die besonderen<br />

Motive schenkt: „Nach und nach wurde<br />

mir klar, dass das Wagenfenster das Bild<br />

ist und dass der Wagen, in dem ich sitze,<br />

gewissermaßen als Kamera fungiert, vor<br />

der die Welt mit einem ständig wech-<br />

selnden Bild auf der Leinwand vorbeirollt.<br />

Ich brauchte nicht mehr zu tun,<br />

als die Kamera hochzunehmen und ein<br />

Foto zu schießen. Damit gab ich jegliche<br />

Kontrolle auf, die ich normalerweise<br />

entwickelt hatte, wenn ich draußen<br />

unterwegs war zugunsten der rohen<br />

und fragmentaristischen Bilder, die aus<br />

meiner fahrenden Welt auftauchten.“<br />

Die Fotografie erkämpfte sich erfolgreich<br />

ihr Ansehen als ernstzunehmende Kunstform,<br />

lange galt nur die eher abstrakte<br />

Form der Schwarzweiß-Lichtbildnerei als<br />

Kunst. Farbfotografie sprach die Massen<br />

von Hobby-Knipsern an, aber noch lange<br />

nicht die Kunstkritiker. In Joel Meyerowitz‘<br />

Werk ist sehr schön die Transformation<br />

hin zu einer bewussten Wahrnehmung<br />

der Farbe in der Fotografie zu<br />

beobachten. Farben wurden zum wichtigen<br />

Element der Gesamtkomposition.<br />

„Ich sah nur, dass das Farbfoto mehr<br />

Informationen enthält – so einfach war<br />

das! Es gab sehr viel mehr zu sehen und<br />

zu betrachten, während Schwarz-Weiß<br />

die Welt auf Grauabstufungen reduzierte.<br />

Diese Reduktion hatte uns zwar<br />

im Verlauf von über hundert Jahren<br />

bemerkenswerte Bilder geliefert, aber<br />

jetzt standen wir am Beginn einer neuen<br />

Ära, und Farbe schien – mir zumindest<br />

– genau jene Konventionen in Frage zu<br />

stellen“, so der Künstler.<br />

Zudem widmet sich Joel Meyerowitz in<br />

besonders intensiver Weise der Erforschung<br />

und Abbildung unterschiedlicher<br />

Lichtsituationen und den damit<br />

verbundenen Farbstimmungen.<br />

Ab Mitte der 1970er-Jahre entstehen<br />

genau komponierte Lichtstudien am<br />

Cape Cod an der Ostküste der USA.<br />

Er fängt die Unterschiede der frühen<br />

Morgenstunden und das Licht kurz vor<br />

Beginn der Nacht ein: So kontrastieren<br />

die grell farbigen Neonreklamen gegen<br />

den dunkel schimmernden Abendhimmel.<br />

Es ist zu beobachten, dass, im<br />

Umkehrschluss der Hinwendung zum<br />

bewussten Einsatz der Farbe, auch<br />

die Verwendung von Schwarzweiß an<br />

bewusster Intensität gewinnt.<br />

Der Dokumentarist Meyerowitz zeigt mit<br />

seiner Werkserie „Aftermath“ (2011) die<br />

Zerstörung und den Wiederaufbau des<br />

World Trade Centers am Ground Zero<br />

in New York nach dem 11. September<br />

2001. Einzigartig und erstmalig stellt C/O<br />

Berlin in Deutschland mit der Ausstellung:<br />

„Joel Meyerowitz – Why Color?<br />

Retrospective“ die Vintageprints in Farbe<br />

sowie alle wichtigen Schaffensphasen<br />

des New Yorker Fotografen von den<br />

1960er-Jahren bis zur Gegenwart vor.<br />

Es ist die weltweit erste Ausstellung, die<br />

seine Farbfotografien in Bezug zu den<br />

frühen Arbeiten in Schwarz-Weiß stellt.<br />

„Take it in – absorb it“, so sagt Joel Meyerowitz<br />

selbst.<br />

Why Color?<br />

Joel Meyerowitz Retrospective<br />

Bis: 11. März 2018<br />

C/O Berlin Foundation<br />

Hardenbergstraße 22–24, 10623 Berlin<br />

www.co-berlin.org

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