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NaturGartenKunstErlebnis: 50 Jahre Merian Gärten in Brüglingen

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2018 A<br />

2018 A<br />

Sie waren also vollkommen frei?<br />

ÜBERSICHTLICHER, SINNLICHER<br />

UND EIN NEUES ZENTRUM:<br />

VORDER BRÜGLINGEN WIRD UMGESTALTET<br />

scy Das Basler Büro Fontana Landschaftsarchi-<br />

tektur hat den Studienauftrag für die Weiterent-<br />

wicklung von Vorder Brüglingen, des nördlichen<br />

Teils der Merian Gärten, gewonnen. Damit<br />

macht sich die CMS nach der Neugestaltung des<br />

Areals rund um den Brüglingerhof und dem<br />

gartendenkmalpflegerischen Konzept für den<br />

englischen Garten bei der Villa Merian an die<br />

Neukonzeption des letzten und dritten Teils<br />

Wir bekamen klare Vorgaben, was die Ökologie,<br />

den Naturschutz und die Erhaltung der Pflanzenvielfalt<br />

sowie die Sammlungen anbetraf. In<br />

Bezug auf die künftige Identität von Vorder<br />

Brüglingen und den Umgang mit den Relikten<br />

der Grün 80 waren wir weitgehend frei, ja. Die<br />

fünf ausgewählten Projektteams durften eigene<br />

kreative Antworten auf die vielen offenen Fragen<br />

finden und Vorschläge machen. Gerade das war<br />

für uns ausnehmend spannend.<br />

Sie haben den Zuschlag<br />

erhalten. Offenbar trifft Ihr<br />

Unternehmen den zeitgenössischen<br />

Geschmack?<br />

Es geht hier nicht um die Frage des Geschmacks,<br />

sondern vielmehr um die Frage, wie man an eine<br />

solche Aufgabe herangeht. Wir setzen uns immer<br />

intensiv mit dem jeweiligen Ort auseinander.<br />

Entwickeln unsere Konzepte aus dem Kontext<br />

heraus und versuchen, mit möglichst wenigen<br />

Mitteln spezifische und atmosphärische Räume<br />

zu schaffen.<br />

Was war für Sie die kniffligste<br />

Aufgabe?<br />

Wenn man vom Stadion St. Jakob her in die Merian<br />

Gärten hineinspaziert, steht man schnell<br />

beim ehemaligen Kutschenmuseum. Und wenn<br />

man dort steht, ist man gedanklich eigentlich<br />

schon bei der Villa Merian weiter südlich. Der<br />

nördliche Teil, Vorder Brüglingen, ist heute eine<br />

Art blinder Fleck. Was links und rechts und hinter<br />

einem ist, nimmt man gar nicht richtig wahr. Das<br />

muss man schon sehr aktiv aufsuchen, das er-<br />

Nehmen Sie uns doch einmal<br />

mit auf einen virtuellen<br />

Rundgang durch Ihr Konzept.<br />

Stellen wir uns vor: Ich spaziere<br />

als künftige Besucherin<br />

von St. Jakob her in die Merian<br />

Gärten. Was erwartet mich?<br />

Alle Zugänge zu den Merian Gärten sind heute<br />

schwer auffindbar und wenig attraktiv. Wir<br />

haben deshalb alle Zugänge, basierend auf den<br />

lokalen Besonderheiten, neu gestaltet. Also: Von<br />

St. Jakob her kommt man über eine umgestaltete<br />

Brücke über den Dalbediich auf den neuen<br />

Uferplatz – jenen Ankunftsort, der wahrscheinlich<br />

auch künftig am meisten benutzt wird. Dort<br />

Und wie geht’s vom Uferplatz<br />

weiter?<br />

Vom Uferplatz aus kommen Sie direkt auf den sogenannten<br />

Rundweg, der zentral ist in unserem<br />

Konzept. Der Rundweg erschliesst alle Räume<br />

von Vorder Brüglingen übersichtlich und einfach.<br />

Auf dem Rundweg können Sie weiter raufspazieren<br />

zum neuen Zentrum mit der Berrischeune.<br />

Auf dem Weg dahin liegt rechts der Baumpark<br />

mit neuen, einheimischen Baumgruppen. Die<br />

bestehenden Wege werden zugunsten einer bewegten<br />

Topografie zurückgebaut. Links ist neu<br />

die Pfingstrosensammlung – also sichtbar und<br />

nicht mehr versteckt. Da können Sie über Nebenwege<br />

mitten hineingehen, auch in den Bauerngarten.<br />

Vom Rundweg zweigen zahlreiche<br />

Nebenwege ab, die aber immer wieder zum<br />

Rundweg zurückführen. So können Sie mit viel<br />

besserer Orientierung ganz Vorder Brüglingen<br />

erkunden.<br />

Könnte man sagen,<br />

dass nach Ihrem Konzept<br />

die Sammlungen mehr<br />

‹ausgestellt› werden? In den<br />

Rabatten und in den<br />

begehbaren Sammlungen?<br />

Wir wollen eben gerade weg vom ‹Ausstellen› –<br />

hin zur Ermöglichung eines neuen Raumerlebnisses.<br />

Die Besucherinnen und Besucher sollen<br />

quasi Teil der Pflanzensammlungen werden.<br />

Ein anderes Beispiel: der Wald im westlichen Teil.<br />

Der grenzt heute das Areal zum Dreispitz ab.<br />

Heute ist das bloss Kulisse, Abgrenzung zum<br />

‹Bühnenraum› Vorder Brüglingen. Durch unsere<br />

Hatten Sie Vorbilder für Ihr<br />

Konzept?<br />

Ja und nein. Antoni Gaudí, der katalanische<br />

Architekt, sagte einmal: «Nature is my master»<br />

(die Natur ist mein Lehrmeister). Auch wir gestalten<br />

Orte aus dem ästhetischen, räumlichen<br />

und ökologischen Verständnis der Landschaft<br />

heraus.<br />

Wie wird das neue Zentrum<br />

von Vorder Brüglingen aussehen,<br />

wenn ich an der Pfingstrosensammlung<br />

vorbeispaziert bin?<br />

Vor dem ehemaligen Kutschenmuseum soll es<br />

neu den sogenannten Lindenplatz geben, mit<br />

Kies, wie auf dem Münsterplatz. Es soll eine<br />

Art ‹Baumhalle› werden, ein Aufenthaltsort mit<br />

grosser Verweilqualität. Auf dem Lindenplatz<br />

sind Sie dann mitten im Zentrum, können im<br />

neuen Restaurant im ehemaligen Kutschenmuseum<br />

etwas essen oder trinken, mit Freunden<br />

plaudern, vielleicht in einem Shop etwas kaufen<br />

oder sich in einem Servicezentrum zusätzliche<br />

Informationen holen. Von diesem Zentrum aus<br />

können Sie in alle Richtungen auf Entdeckungsreise<br />

gehen durch ganz Vorder Brüglingen. Auf<br />

dem Rundweg in kürzerer Zeit – oder auf den<br />

vielen Nebenwegen.<br />

Wie sehen die anderen<br />

Zugänge aus?<br />

Vom Dreispitz her soll eine neue Brücke erstellt<br />

werden, wie es sie auch zu Zeiten Christoph Merians<br />

gab. Von dort aus kommt man zur Hangkante,<br />

wird neu auf einer Zickzack-Treppe mitten<br />

durch die Wiese geführt und kann so die mar-<br />

ihrer Merian Gärten. Vorder Brüglingen mit dem<br />

schliesst sich einem nicht direkt. Das war für uns<br />

die erste Erkenntnis: Hier müssen wir ansetzen<br />

haben wir einen mineralischen Belag vorgesehen,<br />

bei dem man das Gefühl haben soll, als sei man<br />

neuen Wege kann man neu mitten in die Böschung<br />

hinein. Oder die Clematissammlung: Das<br />

kante Topografie hautnah erleben.<br />

Der Eingang Walkeweg wird mit der Entwicklung<br />

Ensemble Berrischeune, dem ehemaligen<br />

Kutschenmuseum und den Relikten der Grün 80<br />

mit dem Ziel, Vorder Brüglingen als integralen<br />

Raum für möglichst viele Menschen erlebbar zu<br />

machen.<br />

in einer Art ursprünglicher Flussaue – mit grösseren<br />

Steinen, auf die Sie sich setzen und zum<br />

Beispiel auf jemanden warten können.<br />

sind heute einzelne Gerüste. Die Clematis betten<br />

wir in Haine ein, damit Besucher sie im natürlichen<br />

Kontext erleben können.<br />

der Nordspitze des Dreispitz an Bedeutung gewinnen.<br />

Von dort aus geht’s neu über einen Steg<br />

durch den Wald hinunter zum Rundgang.<br />

soll aufgewertet, landschaftlich umgestaltet<br />

und neu das Zentrum der Merian Gärten mit<br />

Gastronomie werden. Wie das aussehen könnte,<br />

erläutert Wettbewerbsgewinner Massimo<br />

Fontana im Interview mit RADAR.<br />

RADAR: Massimo Fontana,<br />

was sind die heutigen Merian<br />

Gärten für Sie eigentlich:<br />

ein Garten? Ein Park? Ist das<br />

Stadt oder Land? Ein Erinnerungsort?<br />

Ein Vergnügungs-<br />

park? Ein botanischer Garten,<br />

Was war für Sie die wichtigste<br />

Auflage der Stiftung?<br />

Aus dem ehemaligen Kutschenmuseum und dem<br />

Gebiet drum herum das neue Zentrum der Merian<br />

Gärten zu schaffen und dem Ort eine neue,<br />

eigene Identität zu geben, die im Dialog zu den<br />

angrenzenden Teilen steht.<br />

ein Pflanzenmuseum oder<br />

gar eine Art Ballenberg mit<br />

Bauernhöfen ohne Bauern?<br />

Massimo Fontana: Diese Fragen waren für uns<br />

sehr wichtig. Wir haben zuerst einmal einen Blick<br />

weit zurückgeworfen. Das ganze Gebiet ist ja Teil<br />

der Birslandschaft. Nach der Eiszeit haben sich<br />

verschiedene Schotterterrassen herausgebildet.<br />

Auf der oberen liegt heute die Stadt, auf der un-<br />

Welche Identität?<br />

Wir gehen davon aus, dass die Merian Gärten inklusive<br />

Vorder Brüglingen vor allem ein Erholungsraum<br />

für die städtische Basler Bevölkerung<br />

sein und bleiben sollen, samt den international<br />

bedeutenden Pflanzensammlungen. Deshalb<br />

war uns vor allem eine bessere Erschliessung<br />

wichtig.<br />

tersten fliesst heute noch die Birs, und Vorder<br />

Brüglingen liegt auf der Terrasse dazwischen.<br />

Nach dem Rückzug des Wassers kam die<br />

Vegetation, dann hat der Mensch die Landschaft<br />

bearbeitet und das fruchtbare Gebiet bewirt-<br />

Gab es Vorgaben, wie Sie mit<br />

dem historischen Erbe der<br />

jüngsten Zeit, den Relikten der<br />

schaftet – bis hin zur landwirtschaftlichen Nutzung<br />

des Gebiets durch die Merians. Der nächste<br />

grosse gartenhistorische Sprung war dann die<br />

Errichtung eines botanischen Gartens und die<br />

Grün 80. Erst im Zusammenhang mit der Grün 80<br />

hat man die Idee des botanischen Gartens weiter<br />

ausgebaut.<br />

Für unser Konzept war die Sicht auf genau<br />

diese zwei Aspekte wichtig: die landschaftliche<br />

und die gartenhistorische Entwicklung.<br />

Grün 80, umgehen sollten?<br />

Nein, da hatten wir keine präzisen Vorgaben. Das<br />

war sehr offen. Die CMS selbst war der Meinung,<br />

dass Vorder Brüglingen heute sehr heterogen<br />

daherkomme. Zu diesem Schluss kamen auch<br />

Vorstudien und ein gartendenkmalpflegerisches<br />

Gutachten zu den Überbleibseln der Grün 80,<br />

die als «sinnentleerte Strukturen» bezeichnet<br />

wurden, weil sie mehr als dreissig Jahre nach der<br />

Grün 80 heute nicht mehr genutzt und bespielt<br />

werden.<br />

Und? Was sind die Merian<br />

Gärten für Sie heute?<br />

Eine Art ‹Central Park› für den Metropolitanraum<br />

Basel mitten im Siedlungsgebiet: Landschaft,<br />

Naherholungsraum, botanischer Garten und Park<br />

gleichermassen.<br />

Die Umgestaltungspläne des Basler Büros<br />

Fontana Landschaftsarchitektur: Auf dieser<br />

Grundlage soll Vorder Brüglingen in den<br />

nächsten Jahren weiterentwickelt werden.<br />

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