Beer - bei Doblinger-Musikverlag
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klang:improvisation<br />
Ins eigene Klavier-Ich schauen<br />
Seite 16<br />
als liedermacher, poet, schauspieler und Komponist gehört Konstantin Wecker zu den vielseitigsten Künstlerpersönlichkeiten<br />
im deutschsprachigen raum. mit seinem Klavieralbum „tasten.spielen“ zeigt er eine weitere seite seines<br />
breitgefächerten schaffens.<br />
KONSTANTIN WECKER<br />
Tasten.Spielen<br />
Klavierimprovisationen zu „Leben im Leben“,<br />
„Wenn der Sommer nicht mehr weit ist“<br />
u. a. Liedern von Konstantin Wecker<br />
d<br />
01 434<br />
<strong>Doblinger</strong><br />
mp3-Files<br />
for free download<br />
zum Gratis-Download<br />
„Schuhmacher und Poet“<br />
Nicht zufällig ist diese Anspielung<br />
auf Hans Sachs, den<br />
Meistersinger aus Nürnberg<br />
gewählt, die Oper spielte im<br />
Hause Wecker eine große Rolle.<br />
1947 in München geboren,<br />
wuchs Konstantin Wecker<br />
in einer Familie auf, die sein<br />
künstlerisches Schaffen förderte:<br />
Sowohl der Vater, ein<br />
Operntenor, als auch die Mutter,<br />
die seine Begeisterung für<br />
Lyrik förderte, ebneten den<br />
Weg, das künstlerische Fundament<br />
bildete eine klassi-<br />
sche Musikausbildung. Ein Instrument stand von Anfang an im<br />
Mittelpunkt: „Seit meiner Kindheit ist das Klavier mein künstlerisches<br />
Zuhause. Nach und nach konnte ich bald die Opernarien,<br />
die mein Vater sang, am Klavier begleiten, zumindest im melodischen,<br />
harmonischen und rhythmischen Überblick.“ Eine Zeit<br />
übrigens, in der auch viel Lehár gesungen und gespielt wurde.<br />
Es folgten Jahre des Freiheitsdranges, den Wecker nicht nur mit<br />
Ausreißversuchen von daheim entfalten wollte. „Meine Lehrerin<br />
Gitti Pirner hatte alle Mühe, mich von meinen ausufernden Improvisationen,<br />
in denen sie sehr wohl bereits eine mögliche Zukunft<br />
für mich sah, hin und wieder zurück zu den Etüden und<br />
Spielstücken des Übungsalltags zu führen.“ Diese Grundlagen<br />
hätten Wecker einen Weg in viele Richtungen offen gelassen,<br />
eine Karriere als Opernsänger, Komponist oder Lyriker. Einen<br />
entscheidenden Impuls erhielt Wecker durch Georg Kreisler, der<br />
seine eigenen Lieder am Klavier sang. Diesem Impuls folgend<br />
erlangte Konstantin Wecker mit zahlreichen CD-Einspielungen<br />
großen Erfolg. 1968 trat er erstmals als Liedermacher auf, der<br />
Durchbruch gelang 1977 mit der Ballade „Willy“ und dem Album<br />
„Genug ist nicht genug“. Es folgten insgesamt rund 40 LP-<br />
und CD-Produktionen, die die breite Palette des künstlerischen<br />
Schaffens dokumentieren sowie persönliche Höhenflüge und<br />
Krisen widerspiegeln.<br />
Freiheit mittels Improvisation<br />
Tasten.Spielen, das neue Notenalbum ist jedoch nicht, wie man<br />
vermuten könnte, ein Songbook, es enthält vielmehr Klavierimprovisationen.<br />
Überraschend? Bei näherer Betrachtung absolut<br />
nicht, dieses Instrument steht nach wie im Zentrum des Schaffens:<br />
„Ich könnte mir mein Leben ohne Klavier nicht vorstellen.<br />
Fast alle meine Lieder komponiere ich am Klavier, meistens in der<br />
Toskana, meine Konzerte gebe ich bis auf ganz wenige Ausnahmen<br />
am Flügel. Wenn ich ein paar Tage ohne mein Instrument<br />
verbringen muss, werde ich leicht nervös!“ Auch das Thema<br />
„Improvisation“ ist nicht verwunderlich: „Es sind die improvisatorischen<br />
Momente in den Konzerten, wo es mir manchmal<br />
gelingt, alles zu vergessen. Da lasse ich mich forttragen von den<br />
Melodien, die Hände spielen selbständig. Meist passiert das <strong>bei</strong><br />
Überleitungen zwischen zwei Strophen eines Liedes, aber auch<br />
während der Lieder, die ich eigentlich immer wieder neu erfinde.“<br />
Wie entsteht ein neues Stück, kommt erst die Musik oder erst<br />
der Text? „Ich habe immer meine Texte vertont! Bei Texten muss<br />
ich warten, bis sich etwas in mir selbst geschrieben hat und raus<br />
will, die Musik fällt mir immer ein! Ich empfinde es als ein großes<br />
Geschenk, dass ich von Melodien gesegnet bin.“<br />
Die Welt verändern<br />
Wecker hat zahlreiche Theater- und Bühnenmusiken, Kindermusicals<br />
sowie Filmmusik komponiert, zu den bekanntesten Beispielen<br />
zählen „Kir Royal“ 1986, „Schtonk!“ 1992. Auch die politischen<br />
Engagements insbesondere gegen Nazis sind bekannt.<br />
Kann man mit Liedern die Welt verändern? „Ich habe nie geglaubt,<br />
dass ich mit meinen Liedern Politik machen kann und die<br />
Welt verändere. Aber was wäre, wenn ich nicht das getan hätte,<br />
was ich tat? Ich bin wie viele andere nur ein Teil eines Mosaiks.<br />
Wenn es diese Mosiaksteinchen mit all ihrem Tun nicht geben<br />
würde und nicht gegeben hätte, dann sehe die Welt heute ganz<br />
bestimmt anders aus - noch schrecklicher. So gesehen kann ich<br />
sagen: Ich habe mit meinen Liedern etwas verändert! Ich bin ja<br />
kein Politiker und habe es auch nicht annähernd vor, einer zu<br />
werden. Dafür bin ich zu sensibel und wäre nach einem halben<br />
Jahr wohl schon mit einem Nervenzusammenbruch in einer Klinik.<br />
Mein Talent liegt woanders. Ich bin Künstler. Also ist es meine<br />
Empörung, den Mund aufzumachen, zu singen, zu texten. In<br />
der Öffentlichkeit nicht über das zu schweigen, was mich stört!“<br />
Doch zurück zur Musik: Konstantin Wecker sieht sich nicht ausschließlich<br />
als Komponist, insbesondere in seinem Klavierwerk,<br />
wo er sich mehr als improvisierender Klavierspieler fühlt. „Umso<br />
mehr hat es mich gefreut, vom <strong>Musikverlag</strong> <strong>Doblinger</strong> das Angebot<br />
eines Klavieralbums mit Niederschriften meiner Improvisationen<br />
zu erhalten. Wer weiß denn, wie viele Klavierstücke der<br />
Literatur eigentlich auch ‚nur‘ aufgeschriebene Improvisationen<br />
sind? Es würde mich freuen, das Repertoire an kleinen Vortragsstücken<br />
für Klavierabende und fürs Spielen zu Hause erweitern<br />
zu können, hauptsächlich mögen die schlichten Stücke zu weiterführenden<br />
Improvisationen inspirieren, Anhaltspunkte sein,<br />
eigene Wege zu gehen, ins eigene Klavier-Ich zu schauen und<br />
hoffentlich zu staunen, wen man und was man da entdeckt.“