20.04.2018 Aufrufe

Timotheus Magazin #21 - Helden

Inhalt Editorial Was der tote Abel uns sagt (Jon Bloom) – Der erste Mord der Menschheitsgeschichte. Asaf und das ehrliche Gebet (Gunnar Schröder) – Das beispielhafte Gebet eines zweifelnden Mannes im Ringen mit Gott. Wie Nehemia kämpfte und gewann (Daniel Facius) – Was ein Mundschenk uns über das Kämpfen lehrt! Obadja: frisches Wasser in der Dürre (Nils Freerksema) – Wie man Gott treu bleibt in einer gottlosen Welt! Hugh Latimer (Sergej Pauli) – Leben und Sterben für die Heilige Schrift in Zeiten der Reformation. Loyal bis in den Tod – Uria, der Hetiter (Andreas Münch) – Lektionen von einem Helden, der Gott und König bis zum letzten Atemzug diente. Jesaja, der erste Evangelist! (Jochen Klautke) – Als Mensch stand er ganz hinter seiner Botschaft zurück. Aber diese Botschaft hatte es in sich. Interview mit Thomas Reiner (Peter Voth) – Reformierte Kirche in der Schweiz! Interview mit Matthias Lohmann (Peter Voth) – Für das Evangelium in Deutschland! Buchvorstellungen

Inhalt
Editorial
Was der tote Abel uns sagt (Jon Bloom) – Der erste Mord der Menschheitsgeschichte.
Asaf und das ehrliche Gebet (Gunnar Schröder) – Das beispielhafte Gebet eines zweifelnden Mannes im Ringen mit Gott.
Wie Nehemia kämpfte und gewann (Daniel Facius) – Was ein Mundschenk uns über das Kämpfen lehrt!
Obadja: frisches Wasser in der Dürre (Nils Freerksema) – Wie man Gott treu bleibt in einer gottlosen Welt!
Hugh Latimer (Sergej Pauli) – Leben und Sterben für die Heilige Schrift in Zeiten der Reformation.
Loyal bis in den Tod – Uria, der Hetiter (Andreas Münch) – Lektionen von einem Helden, der Gott und König bis zum letzten Atemzug diente.
Jesaja, der erste Evangelist! (Jochen Klautke) – Als Mensch stand er ganz hinter seiner Botschaft zurück. Aber diese Botschaft hatte es in sich.
Interview mit Thomas Reiner (Peter Voth) – Reformierte Kirche in der Schweiz!
Interview mit Matthias Lohmann (Peter Voth) – Für das Evangelium in Deutschland!
Buchvorstellungen

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

BIBELTREUES MAGAZIN FÜR JUNGE CHRISTEN · <strong>#21</strong> · 04/2015<br />

+<br />

Thomas<br />

Reiner<br />

Reformierte Kirche<br />

in der Schweiz<br />

S. 32<br />

+<br />

Hugh<br />

Latimer<br />

Leben und Sterben<br />

für das Wort Gottes<br />

S. 20<br />

Ungewöhnliche <strong>Helden</strong><br />

Was »Außenseiter« des Alten<br />

Testaments uns heute sagen


Editorial<br />

<strong>#21</strong> Ungewöhnliche <strong>Helden</strong> - 04/2015<br />

Auf dem Cover<br />

»Leuchtturm«<br />

Joshua Hibbert<br />

ist ein australischer<br />

Webdesigner, der<br />

nebenbei auch schöne<br />

Fotos macht. Mehr über<br />

Joshua auf Twitter unter<br />

@_joshnh<br />

LIEBE LESERIN, LIEBER LESER,<br />

die Bibel ist voller Biographien. Ungewöhnliche, unbekannte<br />

und leider oft auch übersehene Biographien.<br />

Nicht selten handeln sie von Außenseitern. Manche<br />

waren mutig, manche feige und manche trugen ihre absolute<br />

Verdorbenheit besonders offensichtlich zu tage.<br />

Kurz gesagt: Die meisten Personen der Bibel sind genau<br />

wie wir. Und das ist ein unglaublich wunderbarer Fakt.<br />

Zu oft schieben wir diese Lebensbilder in das Reich<br />

der „Kindergeschichten“. Dabei sind es unglaubliche,<br />

wahre, wahrhaftige und oft auch sehr brutale Geschichten<br />

und Ereignisse. Wenn wir alle Verniedlichung und<br />

Beschönigung weglassen, offenbaren sich Lebensbilder,<br />

die nur von der Hand des souveränen Gottes geschrieben<br />

worden sein können. Und sehr oft sind diese<br />

Geschichten mit Blut geschrieben. Daher lasst uns auch<br />

die scheinbar kleinste Biographie nicht gering schätzen,<br />

sondern aufmerksam begutachten. Unser Augenmerk<br />

haben wir auf das Alte Testament gelegt. Das ist es<br />

letztlich, was diese Menschen von uns unterscheidet:<br />

Zeit und Raum. Die Umstände, in die Gott diese Menschen<br />

gesetzt hat. Wie handelten Menschen, als der<br />

Messias noch nicht da war? Als das Evangelium noch<br />

nicht in voller Gänze offenbart war, als Gott anders zu<br />

den Menschen sprach? Unsere Autoren haben in ihren<br />

Texten aufgezeigt, wie das Evangelium in diesen Leben<br />

doch eine Rolle spielte und was diese Lebensbilder<br />

heute über das Evangelium aussagen. In dieser Ausgabe<br />

beleuchten wir bekanntere Namen wie Kain, Abel,<br />

Jesaja oder Nehemia. Aber auch weniger bekannte wie<br />

Uria, Obadja und Asaf nehmen wir unter die Lupe.<br />

Letztendlich hat dir jedes dieser Leben etwas zu sagen.<br />

Sie sprechen zu dir, sie sagen etwas über dich und über<br />

das Evangelium Jesu Christi aus.<br />

Letztendlich hat dir jedes<br />

dieser Leben etwas zu<br />

sagen. Sie sprechen zu<br />

dir, sie sagen etwas<br />

über dich und über das<br />

Evangelium Jesu Christi<br />

aus.<br />

Peter Voth<br />

2


Inhalt<br />

Inhalt<br />

4<br />

Was der tote<br />

Abel uns sagt<br />

JON BLOOM<br />

Der erste Mord der<br />

Menschheitsgeschichte.<br />

8<br />

Asaf und das ehrliche Gebet<br />

GUNNAR SCHRÖDER<br />

Das beispielhafte Gebet eines<br />

zweifelnden Mannes im Ringen<br />

mit Gott.<br />

12<br />

Wie Nehemia kämpfte<br />

und gewann<br />

D A N I E L F A C I U S<br />

Was ein Mundschenk uns über<br />

das Kämpfen lehrt!<br />

16<br />

Obadja: frisches Wasser<br />

in der Dürre<br />

NILS FREERKSEMA<br />

Wie man Gott treu bleibt in einer<br />

gottlosen Welt!<br />

20<br />

Hugh Latimer<br />

SERGEJ PAULI<br />

Leben und Sterben für die<br />

Heilige Schrift in Zeiten der<br />

Reformation.<br />

24<br />

Loyal bis in den Tod —<br />

Uria, der Hetiter<br />

ANDREAS MÜNCH<br />

Lektionen von einem <strong>Helden</strong>, der<br />

Gott und König bis zum letzten<br />

Atemzug diente.<br />

28<br />

Jesaja, der erste Evangelist!<br />

JOCHEN KLAUTKE<br />

Als Mensch stand er ganz hinter<br />

seiner Botschaft zurück. Aber<br />

diese Botschaft hatte es in sich.<br />

32<br />

Interview mit<br />

Thomas Reiner<br />

PETER VOTH<br />

Reformierte Kirche in der<br />

Schweiz!<br />

38<br />

Interview mit<br />

Matthias Lohmann<br />

PETER VOTH<br />

Für das Evangelium in<br />

Deutschland!<br />

IMPRESSUM<br />

Redaktion Waldemar Dirksen,<br />

Viktor Sudermann, Andreas Kuhlmann,<br />

Peter Voth<br />

Art Direktor Peter Voth ∙ vothpeter@yahoo.de<br />

Lektorat Tanja Mirau<br />

Abodienst Katharina Wiebe ∙ kwiebe@betanien.de<br />

Verlag Betanien Verlag e.K. ∙ Imkerweg 38<br />

D-32832 Augustdorf ∙ info@betanien.de<br />

Online www.timotheusmagazin.de<br />

Shop www.cbuch.de/timotheus<br />

Erscheinungsweise Erscheint als<br />

Quartalsmagazin seit Oktober 2010<br />

alle drei Monate: Januar (Winter) · April<br />

(Frühling) · Juli (Sommer) · Oktober (Herbst).<br />

Preise Einzelausgabe ∙ €2,90 (zzgl.Versand)<br />

Jahresabo (D) ∙ €13,55 (inkl. Versand)<br />

Jahresabo (EU) ∙ €21,50 (inkl. Versand)<br />

Rubriken im Heft<br />

Nach Christus<br />

Schriftgelehrt<br />

Josia<br />

Kirche in Deutschland<br />

Im Studierzimmer<br />

3


Was der tote<br />

Abel uns sagt<br />

Text von Jon Bloom<br />

Da sprach der Herr zu Kain: Wo ist dein Bruder Abel? Er sprach:<br />

Ich weiß nicht; soll ich meines Bruders Hüter sein? Er aber sprach:<br />

Was hast du getan? Die Stimme des Blutes deines Bruders schreit zu<br />

mir von der Erde. —1. Mose 4,9-10


Durch den Glauben hat Abel Gott ein besseres Opfer dargebracht als<br />

Kain; deshalb wurde ihm bezeugt, dass er gerecht sei, da Gott selbst<br />

es über seine Gaben bezeugte; und durch den Glauben redet er noch,<br />

obwohl er gestorben ist. —Hebräer 11,4


Was Kain nicht<br />

wusste, war, dass<br />

sein zum Schweigen<br />

gebrachter Bruder<br />

nicht ruhig<br />

geblieben war.<br />

Die Geschichte von Kain und Abel in 1.<br />

Mose 4 erzählt uns viel mehr über Kain<br />

als über Abel. Tatsächlich ist kein einziges<br />

Wort aus dem Mund des lebenden Abel<br />

aufgezeichnet. Aber der Schreiber des<br />

Hebräerbriefs sagt, dass er „durch Glauben noch redet,<br />

obwohl er gestorben ist“ (Hebräer 11,4). Was also<br />

spricht Abel zu uns?<br />

Der Abend dämmerte. Kain arbeitete heute länger.<br />

Um seinen Eltern nicht gegenüberzutreten, versuchte<br />

er seine schuldgetränkte Furcht mit einer übermäßigen<br />

Sorge um seine Ernte zu verbergen. Plötzlich sendet die<br />

unmissverständliche Stimme des Herrn einen Schrecken<br />

durch Kains Innerstes: „Wo ist dein Bruder Abel?“<br />

(1. Mose 4,9).<br />

Mit der Zeit lernte Kain Abel zu verachten. Egal,<br />

um was es sich handelte, Abel schien die Situation<br />

immer zu seinen Gunsten zu wenden. Ist ein Konflikt<br />

entstanden? Abel, „der Demütige“, liebte es, der erste<br />

zu sein, um sich zu versöhnen. Brauchte jemand Hilfe?<br />

Abel, „der Diener“, liebte es, der erste zu sein, um sie<br />

anzubieten. Gab es eine Verletzung? Abel „der Mitfühlende“<br />

liebte es, der erste zu sein, um zu trösten. Selbst<br />

wenn Kain größere Ausdauer und Kreativität in seiner<br />

Tätigkeit zeigte, Abel, „der Tugendhafte“, konnte ihn<br />

immer seiner Freude berauben mit seiner tugendhaften<br />

Ausübung von Zurückhaltung.<br />

Am unerträglichsten für Kain war jedoch Abel, „der<br />

Fromme“, der kühn sein empfindliches Gewissen und<br />

seine kostbare Ergebenheit für Gott offenlegte, so dass<br />

jedermann es sah. Kain konnte es kaum ertragen, wie<br />

sein Vater und seine Mutter davon schwärmten.<br />

Mit jeder weiteren Demütigung hegte Kain den<br />

verborgenen Gedanken, dass Abel seine Gutherzigkeit<br />

nutzte, um sich Uüberlegener als er zu zeigen.<br />

Aber an jenem Morgen erlitt Kain einen vernichtenden<br />

Schlag. Der Herr forderte von beiden<br />

Brüdern eine Opfergabe, die Erstlingsfrucht ihrer Arbeit,<br />

und Kain sah darin eine Gelegenheit. Dieses Mal<br />

würde Abel ihn nicht vorführen. Kain wollte beweisen,<br />

dass er sich wie Abel ebenfalls mit Hingabe auszeichnen<br />

konnte. So stellte er sicher, dass seine Gabe auf<br />

verschwenderische Weise die geforderte Erstlingsfrucht<br />

seiner Arbeit übertraf.<br />

Aber als der Herr Kains extravagante Gabe sah,<br />

lehnte er sie ab. Kain war fassungslos. Dann, um noch<br />

Salz in die Wunden zu streuen, akzeptierte der Herr<br />

Abels vergleichsweise einfaches Lammopfer. Wieder<br />

von Abel gedemütigt! Aber dieses Mal vor Gott!<br />

Kains Hass wandelte sich in Schrecken. Abel hat<br />

ihn zum letzten Mal in den Schatten gestellt. Am<br />

späten Nachmittag lag Abels lebloser Körper auf einem<br />

abgeschiedenen Feld, zurückgelassen in der Hoffnung,<br />

dass der Hunger eines wilden Tieres den Brudermord<br />

verschleiert.<br />

Doch die Frage des Herrn ließ Kain „bloß und aufgedeckt“<br />

(Hebräer 4,13) zurück. Mit dem Zorn seiner<br />

einengenden Schuld log er: „Ich weiß nicht; soll ich<br />

meines Bruders Hüter sein?“ Was Kain aber tatsächlich<br />

nicht wusste, war, dass sein zum Schweigen gebrachter<br />

Bruder nicht ruhig geblieben war. Der Herr antwortete:<br />

„Was hast du getan? Die Stimme des Blutes deines<br />

Bruders schreit zu mir von der Erde“ (V. 10).<br />

Das Blut des toten Abels schrie hoch zu Gott nach<br />

Gerechtigkeit (1. Mose 4,10; Hebräer 12,24). Doch der<br />

Glaube des toten Abels „redet noch“ (Hebräer 11,4).<br />

Was also spricht Abel zu uns durch seinen Glauben?<br />

OHNE GLAUBEN IST ES UNMÖGLICH,<br />

GOTT ZU GEFALLEN<br />

Fakt ist: Gott akzeptiert nur glaubensangefachte Opfergaben!<br />

Es ist wichtig, dass Gott uns keine weiteren Details<br />

gewährt, weder über Kains noch über Abels Opfer<br />

– die ersten, die in der Bibel aufgezeichnet wurden. In<br />

dieser Geschichte stelle ich mir vor, dass Kain versuchte<br />

Gottes Zustimmung zu gewinnen, mithilfe eines beeindruckend<br />

aussehenden Opfers. Aber es könnte ebenso<br />

einfach auch ein geiziges Opfer oder auch ein überaus<br />

genaues Opfer sein. Der Punkt ist, dass Gott unmittelbar<br />

zu Beginn unsere Aufmerksamkeit abwendet<br />

6


In dieser<br />

Geschichte sind<br />

wir alle Kain –<br />

auch wenn wir<br />

uns lieber als Abel<br />

sehen würden.<br />

von den Dingen, die gefallene Menschen für wichtig<br />

halten (wie unsere Werke uns beeindruckend erscheinen<br />

lassen) und hinwendet zu den Dingen, die Gott für<br />

wichtig hält (wie unsere Werke offenbaren, wem wir<br />

vertrauen).<br />

Die Schrift lehrt, dass „der Gerechte durch seinen<br />

Glauben leben wird“ (Habakuk 2,4), weil „es ohne<br />

Glauben unmöglich ist, Gott zu gefallen“ (Hebräer<br />

11,6). Abel wurde von Gott „als gerecht bezeugt“, weil<br />

er sein Opfer durch Glauben dargebracht hat (Hebräer<br />

11,4). Kains Opfer war „böse“ (1. Johannes 3,12), weil<br />

unsere Opfergaben (hier: jedes für Gott vollbrachte<br />

Werk) ohne demütiges Vertrauen auf Gott selbst böse<br />

vor Gott sind – selbst wenn sie für alle anderen als gut<br />

und beeindruckend erscheinen.<br />

DU WIRST VON ALLEN GEHASST WERDEN<br />

UM MEINES NAMENS WILLEN<br />

Eine weitere Sache, die wir von Abel hören, ist, dass<br />

die Welt dich hassen wird, wenn du durch Glauben an<br />

Jesus lebst (den das Neue Testament als Jahweh offenbart,<br />

der Herr [Philipper 2,11]). Der Apostel Johannes<br />

macht uns diesen Hass klar: „Seid nicht wie Kain, der<br />

von dem Bösen stammte und seinen Bruder umbrachte.<br />

Und warum brachte er ihn um? Weil seine Werke<br />

böse waren und die seines Bruders gerecht. Wundert<br />

euch nicht, meine Brüder, wenn euch die Welt hasst“<br />

(1. Johannes 3,12-13). Abel war der erste, der erfuhr,<br />

dass „alle, die fromm leben wollen in Christus Jesus,<br />

Verfolgung leiden müssen“ (2. <strong>Timotheus</strong> 3,12).<br />

Unser „Licht leuchten zu lassen vor den Leuten,<br />

damit sie unsere guten Werke sehen“ (Matthäus 5,16)<br />

wird bei Zeiten auch die Boshaftigkeit anderer aufdecken<br />

und ihren Hass erregen (Johannes 3,20). Jesus<br />

selbst sagte, „ihr werdet gehasst sein von jedermann<br />

um meines Namens willen“ und „man wird einige von<br />

euch töten“ – einige sogar durch die Hand von „Eltern,<br />

Brüdern, Verwandten und Freunden“ (Lukas 21,16-<br />

17). Rechtschaffener Glaube erregt bösen Hass.<br />

EIN BESSERES WORT ALS ABELS BLUT<br />

In dieser Geschichte sind wir alle Kain – auch wenn<br />

wir uns lieber als Abel sehen würden. Wir waren alle<br />

zu einer Zeit verflucht, „verfeindet mit Gott“ und<br />

entfremdet von ihm (Römer 8,7; Epheser 4,18). Abel,<br />

der erste Märtyrer des Glaubens, ist ein Vorschatten<br />

auf unseren Herrn Jesus, dessen „Blut ... besser redet<br />

als Abels Blut“ (Hebräer 12,24). Denn obwohl Abels<br />

unschuldiges Blut emporschrie für Gerechtigkeit gegen<br />

Sünde, so schreit Jesu unschuldiges Blut empor um<br />

Gnade für Sünder. Abels Blut offenbart Kain in seinem<br />

Elend. Jesu Blut bedeckt unser Elend und reinigt uns<br />

von unseren Sünden (Römer 7,24; 1. Johannes 1,9).<br />

Und jetzt, während wir danach trachten unsere<br />

Leiber als lebendige Opfer Gott darzubringen, lasst uns<br />

daran denken, dass der einzige Weg, um unsere Opfer<br />

akzeptabel vor Gott zu machen, der einzige Weg, um<br />

unsere Opfer zu einem geistlichen Dienst der Anbetung<br />

zu machen, unser kindlicher Glaube an Jesus ist (Römer<br />

3,26; 12,1). Und lasst uns nüchtern daran denken,<br />

dass die einzige Belohnung, die wir von der Welt erwarten<br />

können, ihr Hass ist. 1<br />

1 Dieser Artikel ist eine Übersetzung (Andreas Kuhlmann) des Kapitels<br />

„What Dead Abel Speaks To Us – Abel, Cain and Faith“ aus<br />

Jon Blooms Buch „Things Not Seen“ (Crossway 2015). Übersetzt<br />

und veröffentlicht mit freundlicher Genehmigung des Verlags und<br />

des Autoren (Taken from Things Not Seen by Jon Bloom, © 2015,<br />

pp. (143-148). Used by permission of Crossway, a publishing ministry<br />

of Good News Publishers, Wheaton, IL 60187, www.crossway.org).<br />

Jon Bloom dient Desiring God als Mitgründer, Vorstand und<br />

Autor. Er ist Autor mehrerer Bücher. Er lebt mit seiner Ehefrau<br />

Pam und fünf Kindern in Minneapolis. Twitter: @Bloom_Jon<br />

© Foto: Thomas Lefebvre 7


Asaf und das<br />

ehrliche Gebet<br />

Text von Gunnar Schröder<br />

Die Bibel berichtet uns von großen Gestalten. Von Königen und<br />

Priestern. Von Propheten und Aposteln. Sie sind uns Vorbilder<br />

im Glauben, im Leben und im Sterben. Aber daneben gibt es die<br />

Menschen, über die man wenig hört und noch weniger weiß.<br />

Die großen und kleinen Unbekannten. In<br />

gewisser Weise sind es Menschen in unserer<br />

Position. Sie sind Teil der Geschichte<br />

Gottes, Teil seines Plans. Und doch tauchen<br />

sie nicht in den großen Erzählungen<br />

auf. Sie sind Glaubende, halten Gott die Treue. Und<br />

doch sind sie nicht in aller Munde.<br />

Einer dieser Männer war Asaf. Fakten haben wir<br />

nur wenige zu seinem Leben. Er war ein Sohn des<br />

Berechjas (1. Chronik 15,17), hatte Brüder (1. Chronik<br />

16,37) und lebte zur Zeit Davids (Nehemia 12,46).<br />

Seine Söhne waren an der Reinigung des Tempels von<br />

falschen Götzen unter Hiskia beteiligt (2. Chronik<br />

29,13), beim großen Passamahl Josias (2. Chronik<br />

35,15) und befanden sich unter den Rückkehrern aus<br />

der babylonischen Gefangenschaft (Esra 2,41; Nehemia<br />

7,44).<br />

So viel zu den harten Fakten. Aber wie bei jedem<br />

menschlichen Leben reichen Fakten alleine nicht aus,<br />

um es zu beschreiben und zu verstehen. Ein genauerer<br />

Blick in 1. Chronik 16 verdeutlicht uns das Bild dieses<br />

Mannes.<br />

4 Und er bestellte einige Leviten zu Dienern vor der<br />

Lade des Herrn, dass sie priesen, dankten und lobten den<br />

Herrn, den Gott Israels,<br />

5 nämlich Asaf als Vorsteher, Secharja als Zweiten,<br />

Jaasiël, Schemiramot, Jehiël, Mattitja, Eliab, Benaja,<br />

Obed-Edom und Jëiël mit Psaltern und Harfen, Asaf aber<br />

mit hellen Zimbeln,<br />

Aus den Versen erfahren wir ein wenig mehr über<br />

den Mann namens Asaf. Er war kein Krieger, kein<br />

König, kein Priester, kein berühmter Mann. Er war<br />

Musiker und Dichter.<br />

Asaf war ein Levit, ein Angehöriger des Stammes<br />

Levi, dessen Aufgabe es war, am Heiligtum der<br />

Bundeslade und später am Tempel zu dienen (Nehemia<br />

12,35).<br />

Von dieser Gruppe nahm David eine Handvoll<br />

Menschen und gab ihnen eine besondere Aufgabe: Er<br />

machte sie zu prophetischen Musikern. Asaf war der<br />

Kopf dieser Gruppe. 1. Chronik 25 fährt fort:<br />

1 Und David und die Feldhauptleute sonderten aus<br />

zum Dienst die Söhne Asafs, Hemans und Jedutuns, prophetische<br />

Männer, die auf Harfen, Psaltern und Zimbeln<br />

8<br />

© Foto: Joshua Earle


Er war kein<br />

Krieger, kein<br />

König, kein<br />

Priester, kein<br />

berühmter<br />

Mann. Er war<br />

Musiker und<br />

Dichter!


Asaf wird deutlich, dass<br />

sein Bild der Realität<br />

und Gottes Realität nicht<br />

überein stimmen.<br />

spielen sollten. Und es war die Zahl derer, die Dienst taten<br />

in ihrem Amt: 2 von den Söhnen Asafs: Sakkur, Josef,<br />

Netanja, Asarela, Söhne Asafs, unter der Leitung Asafs,<br />

der als prophetischer Mann nach Anweisung des Königs<br />

spielte.<br />

Schon wird das Bild deutlicher: Asaf war kein bloßer<br />

Musiker. Die Gruppe um ihn herum hat – ebenso<br />

wie er selbst als ihr Kopf – unter der Autorität des<br />

Königs Prophezeiungen von sich gegeben. Er war ein<br />

Sprachrohr Gottes.<br />

Eine spätere Stelle (2. Chronik 29,30) bestätigt<br />

dies:<br />

30 Und der König Hiskia samt den Oberen gebot den<br />

Leviten, den Herrn zu loben mit den Liedern Davids und<br />

des Sehers Asaf. Und sie lobten mit Freuden und neigten<br />

sich und beteten an.<br />

Asaf, hier Seher genannt, dichtet also nicht bloß<br />

Lieder. Er verkündet als Prophet durch die Musik<br />

Gottes Willen. Zwölf dieser Psalmen (Psalm 50; 73-<br />

80) sind uns im dritten Teil des Psalters erhalten 1 und<br />

zeigen das Bild eines Mannes, der vor seinem Gott um<br />

Ehrlichkeit und Gerechtigkeit ringt und damit prophetische<br />

Weisung erhält.<br />

Eindrücklich wird dies in Psalm 73 erfahrbar.<br />

AUF WEN SOLLEN WIR HÖREN?<br />

„Asafs Gebete sind von einer tiefen Offenheit<br />

und radikalen Menschlichkeit geprägt. Dabei<br />

kommen sie von einem dunklen Ort. Am Anfang<br />

steht ein wunderbares Bekenntnis: ‚Gott ist gut<br />

zu Israel‘“ (Psalm 73,1)<br />

Asaf weiß, dass Gott gut ist, nur leider passt dieser<br />

Gedanke nicht mit seiner Erfahrung zusammen. Was<br />

folgt, sind deshalb dreizehn Verse voller Beschwerden<br />

über seine Empfindungen, wenn er die Welt um sich<br />

herum betrachtet. Schließlich beichtet er, dass er beinahe<br />

seinen Glauben verloren hätte, als er das Wohlergehen<br />

der Gottlosen sah (Psalm 73,2-3). Er zweifelt an<br />

Gottes Anwesenheit (Psalm 73,4-12). Er ist kurz davor,<br />

den Boden unter den Füßen zu verlieren, kurz davor,<br />

den Glauben zu verlieren (Psalm 73,13-14).<br />

Asaf kämpft mit einem Problem, das aus den<br />

Tiefen seines eigenen Verstandes zu ihm vordringt:<br />

1 Insgesamt ist lediglich einer der siebzehn Psalmen in diesem Teil<br />

des Psalters von David verfasst. Es ist beinahe, als wären an dieser<br />

Stelle absichtlich Gedanken und Gebete „einfacher“ Menschen gesammelt<br />

worden.<br />

Das menschliche Gehirn ist einer der interessantesten<br />

Aspekte der Schöpfung. Unendlich kompliziert, unendlich<br />

unerforscht, ständig im Gespräch mit sich selbst.<br />

Denn: Jeder Mensch führt einen inneren Monolog.<br />

Dies geschieht auf zwei unterschiedliche Arten. Positive<br />

Sätze nennen wir Bestärkung. Negative Aussagen<br />

bemerken wir als Unsicherheit, Zweifel oder Angst.<br />

Damit hat der innere Monolog einen großen Einfluss<br />

auf unser Denken, unser Fühlen, die Einstellung<br />

zu bestimmten Themen, Erlebnissen und auf unser<br />

Handeln.<br />

Asaf kennt den Satz: Gott ist gut. Er weiß auch:<br />

Gott ist gerecht. Er hat gelernt: Gott ist allmächtig.<br />

Aber Asaf hört: Gott ist nicht hier. Gott liebt dich<br />

nicht. Gott ist nicht gut zu Israel.<br />

Wie leicht geschieht es, dass wir uns so sehr auf<br />

unsere Umstände konzentrieren, dass wir nichts<br />

anderes mehr wahrnehmen können? Dass unser Blick<br />

für das große Ganze versperrt bleibt? Asaf erlebt diesen<br />

dunklen Ort am eigenen Leib. Das Leben verdrängt<br />

seine Theologie. Er hört die eigene Stimme in seinem<br />

Kopf lauter als Gottes Stimme. Er ist überwältigt von<br />

einem aus Erfahrung, eigener Geschichte und Umwelt<br />

geformten Bild. Ein Leben aus Schmerz und Leiden<br />

führt ihn in den Zweifel. Aus diesem Zweifel heraus<br />

öffnet Asaf sein Herz und tritt vor Gott. Er übergeht<br />

diese Gefühle nicht. Er wischt sie nicht fort.<br />

Er spricht ein ehrliches Gebet.<br />

DAS EHRLICHE GEBET HÖRT AUF GOTT<br />

„Deshalb versuchte ich zu begreifen, warum es<br />

den Gottlosen so gut geht. Aber das war mir zu<br />

schwer! Bis ich eines Tages in Gottes Heiligtum<br />

kam…“ (Psalm 73,16)<br />

Die erste Hälfte (V. 1-15) von Asafs Gebet ist wie ein<br />

Workout für seine Seele. Er verausgabt sich, schreit<br />

sich den Schmerz von der Seele. Die Ergebnisse seiner<br />

Übungen erntet er in der zweiten Hälfte. Asaf berichtet<br />

uns, wie er in den Tempel geht, um dort auf Gott zu<br />

treffen. Er richtet seinen Blick nach oben. Weg von<br />

den eigenen Gedanken und der eigenen Stimme. Dort<br />

offenbart Gott ihm ein vollständigeres Bild seines<br />

Wesens.<br />

In einer großen Vision lässt Gott Asaf an seinem<br />

Plan teilhaben. Asaf wird deutlich, dass sein Bild der<br />

Realität und Gottes Realität nicht übereinstimmen<br />

(Psalm 73,15-17). Was er sah, war nur ein flüchtiger<br />

10


Wenn wir Gott im Gebet<br />

offenbaren, wer wir<br />

wirklich sind, offenbart<br />

er uns, wer er ist.<br />

Moment. Gott ist ein gerechter Gott, der richten wird<br />

(Psalm 73,18-20) und Asaf ein Zweifler, der diese Tatsache<br />

nicht bemerkt hat (Psalm 73,21-22). So bekennt<br />

Asaf vor Gott seine Sünde und sein Zweifeln. Und<br />

Gott nimmt ihn an.<br />

Ganz ähnlich wie Hiob macht er die Entdeckung,<br />

dass sich Gott immer wieder neu offenbart und den<br />

Glauben stärkt, wenn man sich ihm ehrlich und offen<br />

zuwendet.<br />

DAS EHRLICHE GEBET VERÄNDERT<br />

„Da erkannte ich, wie verbittert ich war und<br />

welcher Zorn in mir aufstieg, als ich all dies<br />

sah“ (Psalm73,21)<br />

Asaf trägt seine Wut und seine Zweifel zu Gott. Er<br />

bricht aus der Spirale der eigenen Gedanken aus. Aber<br />

indem er dies tut, befasst er sich auch auf schmerzliche<br />

Art mit sich selbst. Er betrachtet seine Fehler und<br />

Zweifel wie von außen (Psalm 73,21-22) und lernt<br />

über sich selbst. Die Selbsterkenntnis, so schmerzhaft<br />

sie auch sein mag, ist ein wichtiger Schritt im Wachstum<br />

eines Christen. Dabei geht es nicht um ein bloßes<br />

Niedermachen oder um eine ewig zirkuläre Nabelschau.<br />

Vielmehr geht es um Wachstum. Es geht um<br />

eine genaue Diagnose der eigenen Person, der eigenen<br />

Gedanken und Handlungen.<br />

Das ehrliche Gebet führt zur Kenntnis des eigenen<br />

Herzens. Wie könnten wir ehrlich beten, wenn wir<br />

nicht aus tiefstem Herzen beten würden? Wie könnten<br />

wir ehrlich vor Gott treten, wenn wir uns nicht zuerst<br />

mit uns selbst auseinandersetzen würden?<br />

konfrontiert. Natürlich, immerhin lebt er in einer gefallen<br />

Welt! Aber er kennt den Gott, der für ihn einsteht.<br />

Er kennt den Schöpfer, der alles neu machen wird. Er<br />

kennt den Vater, der den Erlöser schicken wird.<br />

Dieses Vertrauen, diese Gottesnähe stärkt und bewahrt<br />

ihn. Er lernt, eine Wirklichkeit zu sehen, die den<br />

Augen verborgen bleibt.<br />

DAS GEBET UND DIE OFFENBARUNG<br />

Asaf war ein Mann Gottes, der einen besonderen<br />

Dienst versah, indem er Prophetie und Musik zur<br />

Ehre Gottes vereinte. Als inspirierter Autor von zwölf<br />

Psalmen bietet er uns eine einzigartige Perspektive auf<br />

Gottes Wesen und auf eine uns nur allzu bekannte<br />

Menschlichkeit.<br />

Sein Leben und seine Theologie, wie sie uns in<br />

seinen Psalmen begegnet, konfrontieren uns mit einer<br />

Frage: Trauen wir uns, auf diese Art zu beten? Werden<br />

wir so mutig beten, wie Asaf es tat oder fallen wir auf<br />

die alte Lüge herein, dass Gott süße Plattitüden hören<br />

möchte, die sich als Gebet tarnen?<br />

Wenn du nicht bereit bist, dein Herz im Gebet<br />

schonungslos zu prüfen und aufzudecken, musst du<br />

dich nicht wundern, wenn sich dein Gebetsleben lau<br />

und leblos anfühlt. Wenn wir uns wie Asaf prüfen, ganz<br />

offen vor Gott treten und Buße über unsere sündige<br />

Einstellung tun, wird Gott unser Herz mit seiner<br />

Erkenntnis füllen, mit frischem Glauben und einem<br />

frischen Verlangen ihm zu dienen.<br />

DAS EHRLICHE GEBET STÄRKT VERTRAUEN<br />

„Doch ich bekenne: Die Gottesnähe tut mir gut!<br />

Ich fand meine Zuflucht bei Jahwe, dem Herrn“<br />

(Psalm 73,28)<br />

Asaf lernt, dass er Gott vertrauen kann. Er lernt, an<br />

seinen Zweifeln zu zweifeln. Durch seine Tränen –<br />

zuerst des Zorns, dann der Selbsterkenntnis – bleibt die<br />

Heilung nicht aus. Asaf greift die gute Nachricht – das<br />

Evangelium, dem wir Christen glauben und folgen,<br />

und hält sich daran fest. Er hört, dass er mit Gott<br />

versöhnt ist und dass Gott in seiner Vorhersehung den<br />

Weg allen Lebens kennt.<br />

Auf diesem Grund kann ein Leben stehen. Asaf<br />

wird noch immer mit den Erfahrungen seiner Umwelt<br />

Gunnar Schröder (*1987) ist zur Zeit Vikar in Norddeutschland.<br />

Nebenbei schreibt er auf seinem Blog pastorgunnar.de und auf<br />

Twitter unter @PastorGunnar.<br />

11


Wie Nehemia<br />

kämpfte & siegte!<br />

Text von Daniel Facius<br />

Mit der Eroberung Babylons durch Kyros II. begann der Aufstieg<br />

des persischen Weltreichs. Auch die in Mesopotamien und Palästina<br />

lebenden Juden wurden Teil dieses Reiches, unter ihnen: Nehemia.<br />

Als Mundschenk des Königs Artaxerxes I. spielte er eine entscheidende<br />

Rolle beim Wiederaufbau Jerusalems – und kann uns zeigen, wie<br />

man siegreich im Glauben lebt.


Die Geschichte Nehemias ist eine Abfolge<br />

von Konflikten und Widerständen. Von<br />

dem Zeitpunkt an, da Nehemia durch<br />

seinen König die Erlaubnis erhielt, nach<br />

Jerusalem reisen und die königlichen<br />

Materialien für den Bau der Stadtmauer verwenden zu<br />

dürfen, gab es Widerstand. Sanballat, der Horoniter<br />

und Statthalter von Samaria 1 , und Tobija, seinerseits<br />

wahrscheinlich Statthalter der Region östlich<br />

des Jordans 2 , waren mit den Plänen Nehemias nicht<br />

einverstanden (Nehemia 2,10; im Folgenden abgekürzt<br />

„Neh“), da sie befürchten mussten, ihren Einfluss in<br />

der Region zu verlieren. Zusammen mit dem Araber<br />

Geschem, einem Machthaber, der arabische Stämme<br />

kontrollierte, die vom Nordosten Ägyptens bis in den<br />

Süden Palästinas siedelten, begegneten sie Nehemia mit<br />

Hohn und Spott (Neh 2,19; 3,33). Als sie die Fortschritte<br />

des Baus bemerkten, „wurden sie sehr zornig<br />

und verschworen sich alle miteinander hinzuziehen,<br />

um gegen Jerusalem zu streiten“ (Neh 4,1f.). Nun<br />

musste Nehemia nicht nur gegen eine echte Bedrohung<br />

kämpfen, sondern auch gegen die Resignation und<br />

Furcht seiner eigenen Leute (Neh 4,4.8). Er musste sich<br />

mit den Beschwerden der Armen auseinandersetzen<br />

(Neh 5,1-13), zahlreichen Fallen seiner Feinde entgehen<br />

(Neh 6,1-9) und nicht zuletzt falschen Propheten<br />

begegnen, die ihn abschrecken wollten (Neh 6,10-14).<br />

Selbst nachdem der Mauerbau vollendet war, blieb eine<br />

1 In der Bibel wird Sanballat als Horoniter bezeichnet, da er wahrscheinlich<br />

aus Beth-Horon stammte, der Name zweier Schlüsselstädte<br />

an der Hauptstraße nach Jerusalem. In einem Papyrus, der<br />

auf der ägyptischen Nilinsel Elephantine gefunden wurde, wird<br />

Sanballat als Gouverneur von Samaria identifiziert.<br />

2 Die Bezeichnung „der ammonitische Knecht“ ist vermutlich ein<br />

Ehrentitel.<br />

Menge Arbeit übrig. Das Volk musste an das Gesetz<br />

Gottes erinnert (Neh 8) und immer wieder ermahnt<br />

werden, es auch zu halten (Neh 13). In all diesen Konflikten<br />

blieb Nehemia letztlich siegreich. Was war das<br />

Geheimnis seines Erfolges?<br />

KÄMPFEN FÜR DAS RICHTIGE ZIEL<br />

Nehemia besaß als Mundschenk des persischen Königs<br />

Artaxerxes I. ein Amt mit hoher Verantwortung. Er<br />

war nicht nur für die Getränkeauswahl des Königs<br />

zuständig, sondern diente auch als dessen Vorkoster.<br />

Dementsprechend wurden für ein solches Amt nur<br />

besonders vertrauenswürdige Leute ausgesucht, die dem<br />

Herrscher dann auch recht nahestanden. Wir können<br />

dem biblischen Bericht entnehmen, dass es Nehemia<br />

am persischen Hof sehr gut ging und sein Verhältnis zu<br />

Artaxerxes jedenfalls so freundlich war, wie es zwischen<br />

einem König und seinen Bediensteten möglich<br />

ist. Nehemia hatte also wenig Veranlassung, sich zu<br />

beklagen oder sich eine Veränderung seiner Situation<br />

zu wünschen. Er hätte vielmehr seine Position ausnutzen<br />

können, um seine eigene Karriere zu verfolgen (wer<br />

wissen möchte, wie an Königshöfen intrigiert wurde,<br />

der lese einmal die Berichte in den Büchern Daniel<br />

oder Esther).<br />

Doch Nehemia gab sich nicht damit zufrieden, dass<br />

es ihm persönlich gut ging. Seine Gedanken drehten<br />

sich vielmehr um das Schicksal des Volkes Gottes.<br />

„Da kam Hanani, einer meiner Brüder, mit einigen<br />

Männern aus Juda. Und ich fragte sie, wie es den Juden<br />

ginge, den Entronnenen, die aus der Gefangenschaft<br />

zurückgekehrt waren, und wie es Jerusalem ginge“<br />

(Neh 1,2). Bezeichnend: Nehemia identifiziert sich voll<br />

und ganz mit den verschleppten Juden. Hanani nennt<br />

© Foto: Austin Ban 13


er seinen Bruder, und er bekennt die Sünden, „die wir<br />

an dir getan haben“ (Neh 1,6). Dass das Volk Gottes<br />

„in großem Unglück und in Schmach“ (Neh 1,3) lebt,<br />

kann Nehemia nicht verkraften. „Als ich aber diese<br />

Worte hörte, setzte ich mich nieder und weinte und<br />

trug Leid tagelang“ (Neh 1,4).<br />

Diese Identifizierung Nehemias mit dem Volk<br />

Gottes ist vorbildhaft auch für Gläubige, die zum Leib<br />

Christi, zur Gemeinde, gehören. Die Bibel betont<br />

mehrfach die Einheit des Volkes Gottes (vgl. etwa 1.<br />

Korinther 12 oder Epheser 4) und ruft uns auf, Anteil<br />

an dem Schicksal unserer Geschwister zu nehmen.<br />

„Freut euch mit den Fröhlichen und weint mit den<br />

Weinenden“, fordert Paulus in Römer 12,15 und stellt<br />

fest: „Wenn ein Teil des Körpers leidet, leiden alle anderen<br />

mit, und wenn ein Teil geehrt wird, ist das auch<br />

für alle anderen ein Anlass zur Freude“ (1. Korinther<br />

12,26, NGÜ). Diese Art der Verbundenheit mit dem<br />

Schicksal des Volkes Gottes lebt uns Nehemia vor. Und<br />

er leidet nicht nur mit, er gibt seine sehr komfortable<br />

Lebenssituation auf, um den Kampf mit den Feinden<br />

Gottes aufzunehmen. Nehemia war jemand, der „für<br />

die Israeliten Gutes suchte“<br />

(Neh 2,10). So sollten wir<br />

auch zu Menschen werden, die<br />

statt für uns selbst für das Volk<br />

Gottes und Seine Gemeinde<br />

Gutes suchen. Jesus verspricht<br />

solchen Menschen, denen<br />

es zuerst um Gottes Reich<br />

und Gottes Gerechtigkeit<br />

geht, dass ihnen alles Übrige<br />

dazugegeben wird (Matthäus<br />

6,33). Nehemia würde das<br />

bestätigen.<br />

KÄMPFEN AUS DER RICHTIGEN KRAFT<br />

Petrus nennt in seinem erstem Brief (4,10f.) zwei<br />

wichtige Kriterien für den Dienst eines Christen:<br />

„Dient einander, ein jeder mit der Gabe, die er empfangen<br />

hat (…) aus der Kraft, die Gott gewährt“. Es<br />

gilt also zwei Gefahren zu vermeiden: an einer Stelle<br />

zu arbeiten, für die man keine Begabung besitzt und<br />

den im Grunde noch gefährlicheren, weil schwerer<br />

erkenntlichen Fehler: ohne die Kraft Gottes vor sich<br />

hin zu werkeln. Nehemia, das macht sein Bericht sehr<br />

deutlich, konzentriert sich bei dem Projekt „Aufbau<br />

Jerusalems“ auf seine Stärken. Er inspiziert die Problemstellen,<br />

entwickelt einen Plan zu deren Beseitigung,<br />

teilt Mitarbeiter ein, überwacht die Ausführung und<br />

motiviert die Menschen, die mit ihm zusammenarbeiten.<br />

Er arbeitet also „mit der Gabe, die er empfangen<br />

hat“. Noch wichtiger aber ist die Feststellung, dass Nehemia<br />

seine Kraft aus der richtigen Quelle schöpft. Was<br />

tut Nehemia, als ihm die schlimme Lage Jerusalems<br />

geschildert wird? Er weint nicht nur, sondern „fastete<br />

und betete vor dem Gott des Himmels“ (Neh 1,4).<br />

Nehemias Plan, nach Jerusalem gehen zu wollen, reift<br />

im Gebet. Und das gilt nicht nur für den Plan, sondern<br />

auch für dessen Umsetzung. Das Gespräch Nehemias<br />

mit Artaxerxes enthält dabei ein besonders schönes<br />

Nehemia hatte einen<br />

großen Vorteil: er<br />

war vertraut mit dem<br />

Wort Gottes, der<br />

Heiligen Schrift.<br />

Beispiel eines „Stoßgebets“. Nehemia berichtet uns<br />

zunächst von der großen Furcht, die er empfand, als<br />

er von dem Beherrscher des persischen Großreichs auf<br />

sein persönliches Befinden angesprochen wurde (Neh<br />

2,2). Als der König die Erklärung Nehemias aufnimmt<br />

und ihn nach seinem Wunsch fragt (Neh 2,4), notiert<br />

Nehemia: „Da betete ich zu dem Gott des Himmels“,<br />

bevor er seine Antwort formuliert. Und er weiß auch<br />

genau, wem er den positiven Ausgang des Gespräches<br />

zu verdanken hat, wird doch sein Wunsch nur erfüllt,<br />

„weil die gnädige Hand meines Gottes über mir war“<br />

(Neh 2,8).<br />

Auch im weiteren Verlauf des Berichts wird immer<br />

wieder deutlich, dass Nehemia „aus der Kraft, die Gott<br />

gewährt“, arbeitet. Der Plan, die Mauern Jerusalem<br />

aufzubauen, ist nämlich keine spontane Idee Nehemias,<br />

sondern entspricht dem, „was mir mein Gott eingegeben<br />

hatte“ (Neh 2,12). Seine Antwort auf den Spott<br />

der Gegner lautet: „Der Gott des Himmels wird es uns<br />

gelingen lassen“ (Neh 2,20). Nehemias Reaktion auf<br />

Sanballats Drohen ist – ein Gebet: „Höre, unser Gott,<br />

wie verachtet sind wir! Lass ihren Hohn auf ihren Kopf<br />

kommen“ (Neh 3,36). Der<br />

Verschwörung der Feinde begegnet<br />

Nehemia – mit Gebet:<br />

"Wir aber beteten zu unserm<br />

Gott und stellten gegen sie<br />

Tag und Nacht Wachen auf<br />

zum Schutz vor ihnen“ (Neh<br />

4,3). Als seine Mitstreiter von<br />

Furcht erfüllt werden, lautet<br />

sein Rat: „Fürchtet euch nicht<br />

vor ihnen; gedenkt an den<br />

Herrn, der groß und furchtbar<br />

ist, und streitet“ (Neh 4,8) –<br />

denn „unser Gott wird für uns<br />

streiten“ (Neh 4,14). Nehemia ist im Gebet derart mit<br />

Gott verbunden, dass er auf die List Schemajas nicht<br />

hereinfällt, „denn ich merkte, dass nicht Gott ihn gesandt<br />

hatte“ (Neh 6,12). Jesus beschreibt diesen Sachverhalt<br />

so: „Meine Schafe hören meine Stimme, und<br />

ich kenne sie, und sie folgen mir“ (Johannes 10,27).<br />

Es ließen sich noch zahlreiche weitere Beispiele<br />

anführen, die illustrieren, wie Nehemia aus der Kraft<br />

Gottes kämpft. Stattdessen sei zusammenfassend auf<br />

das wohl bekannteste Zitat Nehemias verwiesen (8,10):<br />

„Seid nicht bekümmert, denn die Freude am Herrn<br />

ist eure Stärke“ (Neh 8,10). Hier sprach Nehemia aus<br />

Erfahrung.<br />

KÄMPFEN NACH DEN RICHTIGEN REGELN<br />

Der Apostel Paulus trifft im Römerbrief eine tragische<br />

Aussage über das Volk Israel: „Ich bezeuge ihnen, dass<br />

sie Eifer für Gott haben, aber ohne Einsicht“ (Römer<br />

10,2). Es ist schon bitter, wenn man für das Richtige<br />

einstehen will, aber nicht weiß, wie. Nehemia hatte da<br />

einen großen Vorteil: er war vertraut mit dem Wort<br />

Gottes, der Heiligen Schrift. Bereits in seinem ersten<br />

Gebet (Neh 1,5-11) zeigt sich, wie gut Nehemia die<br />

Geschichte des Volkes Gottes kennt und wie genau er<br />

Gottes Verheißungen wahrgenommen hat. Deswegen<br />

14


ist Nehemia klar, dass es mit dem Aufbau der Stadt<br />

nicht getan ist, sondern dass das Kernproblem behoben<br />

werden muss, wenn Gottes Volk eine Zukunft haben<br />

soll: die gestörte Beziehung des Volkes zu seinem Gott.<br />

Es ist kein Zufall, dass der Bericht Nehemias nicht mit<br />

der Vollendung des Mauerbaus und der Sicherung der<br />

Stadt endet, sondern vielmehr die geistliche Wiederherstellung<br />

des Volkes zum Thema macht. Beachtenswert<br />

ist auch, welche Schwerpunkte Nehemia bei dieser<br />

geistlichen Wiederherstellung setzt.<br />

Er betont nicht etwa die Wiedereinführung der<br />

Opfer und anderer vorgeschriebener Zeremonien im<br />

Tempel (wobei er sich auch um den Tempeldienst<br />

kümmert, vgl. die Liste der Priester und Leviten in<br />

Neh 12,1-26, die Regelungen für die Abgaben in Neh<br />

12,44-47 und die Beseitigung der Missstände in Neh<br />

13,4-14), sondern etwas, das heute zumeist keine Rolle<br />

mehr spielt: die Beachtung des Gesetzes Gottes. Esra,<br />

der Schriftgelehrte, las aus dem Gesetz des Mose „vom<br />

lichten Morgen an bis zum Mittag vor Männern und<br />

Frauen und wer es verstehen konnte“ (Neh 8,3). Weiter<br />

heißt es: „Und die Leviten (…) unterwiesen das Volk<br />

im Gesetz, und das Volk stand auf seinem Platz. Und<br />

sie legten das Buch des Gesetzes klar und verständlich<br />

aus, so dass man verstand, was gelesen worden war“<br />

(Neh 8,7f.). Man stelle sich das vor: eine Gemeinde,<br />

die den gesamten Vormittag auf ihrem Platz steht, um<br />

das Gesetz Gottes zu hören! Heute gilt das Aufstehen<br />

für eine Lesung schon als unzumutbar, wenn mehr als<br />

wenige Verse gelesen werden – falls es dazu überhaupt<br />

noch kommt.<br />

Selbstverständlich bleibt es nicht beim Vorlesen des<br />

Gesetzes. Nach einer wiederholten, diesmal dreistündigen<br />

Lesung aus dem Gesetz, folgt nicht nur ein Bußgebet<br />

(Neh 9), sondern die Verpflichtung des Volkes, sich<br />

an dieses Gesetz zu halten: „Und (…) alle, die sich von<br />

den Völkern der Länder abgesondert haben und sich<br />

zum Gesetz Gottes halten, (…) sollen sich (…) mit<br />

einem Eid verpflichten, zu wandeln im Gesetz Gottes“<br />

(Neh 10,29f.). Und Nehemia meint das tatsächlich<br />

ernst. Alles fremde Volk wird aus Israel ausgeschieden,<br />

er setzt die Heiligung des Sabbats wieder durch und<br />

verbietet die Ehe mit ausländischen Frauen (alles Neh<br />

13). Kurz: er hält sich an Gottes Regeln. So und nur so<br />

kann Gottes Volk erfolgreich sein. Leider gibt es heute<br />

Gemeinden, die Gottes Wort nicht mehr ernst nehmen<br />

und sich ihre eigenen Erfolgsregeln basteln. Da wird<br />

plötzlich gesegnet, was Gott ein Gräuel ist, da werden<br />

Leiter berufen, die Gottes Kriterien nicht entsprechen,<br />

da werden Management-Methoden und Marketing-Tricks<br />

eingesetzt, um „Wachstum“ zu erzielen.<br />

Diese Gemeinden sind dann zwangsläufig nicht mehr<br />

von ihrer Umgebung zu unterscheiden, weil sie ja auf<br />

deren Applaus setzen statt auf die Anerkennung Gottes.<br />

Sie sind eben nicht „von den Völkern der Länder abgesondert“,<br />

sondern ihnen gleich. Dabei haben sie oft<br />

wohlmeinende Motive und Eifer für Gott – aber ohne<br />

Erkenntnis.<br />

Wer nun das Vorgehen Nehemias ebenfalls für „alttestamentlich“<br />

hält, der lese die Ermahnung des Paulus<br />

an die Gemeinde in Korinth (2. Korinther 6,16-18):<br />

„Wir aber sind der Tempel des lebendigen Gottes; wie<br />

denn Gott spricht: ‚Ich will unter ihnen wohnen und<br />

wandeln und will ihr Gott sein und sie sollen mein<br />

Volk sein.‘ Darum ‚geht aus von ihnen und sondert<br />

euch ab‘, spricht der Herr; ‚und rührt nichts Unreines<br />

an, so will ich euch annehmen und euer Vater sein und<br />

ihr sollt meine Söhne und Töchter sein‘, spricht der<br />

allmächtige Herr“. Wer der Meinung ist, Gottes Regeln<br />

seien überholt und könnten von der Gemeinde nach<br />

Gutdünken übergangen werden, der sollte hören, was<br />

Jesus sagt (Matthäus 5,19): „Wer nun eines von diesen<br />

kleinsten Geboten auflöst und lehrt die Leute so, der<br />

wird der Kleinste heißen im Himmelreich; wer es aber<br />

tut und lehrt, der wird groß heißen im Himmelreich“.<br />

KÄMPFEN MIT FREUDIGEM HERZ<br />

Kämpfen nach den richtigen Regeln, Ruf zur Absonderung,<br />

solche Aufforderungen haben oft den Ruf, etwas<br />

freudlos zu wirken. Um diesem Eindruck entgegen<br />

zu wirken, sei auf eine letzte Kampfpraxis Nehemias<br />

hingewiesen: das freudige Herz. Dass er in der Freude<br />

am Herrn seine Stärke sah, ist bereits aufgezeigt<br />

worden. Sein Bericht zeigt aber auch, wie ansteckend<br />

diese Freude wirkte. In Neh 8,12 heißt es unmittelbar<br />

im Anschluss an die Lesung des Gesetzes (!): „Und<br />

alles Volk ging hin um zu essen, zu trinken und davon<br />

auszuteilen und ein großes Freudenfest zu machen;<br />

denn sie hatten die Worte verstanden, die man ihnen<br />

kundgetan hatte“. Kurz darauf wird das Laubhüttenfest<br />

gefeiert, und Nehemia notiert: „Es war eine sehr<br />

große Freude“ (Neh 8,17). Die Einweihung der Mauer<br />

wurde „mit Freuden“ gehalten (Neh 12,27) und es<br />

heißt, gleichsam zusammenfassend für das Ergebnis<br />

des Dienstes für Gott: „Und sie waren fröhlich, denn<br />

Gott hatte ihnen eine große Freude gemacht, so dass<br />

sich auch Frauen und Kinder freuten, und man hörte<br />

die Freude Jerusalems schon von Ferne“ (Neh 12,43).<br />

Mehr Freude geht nicht. Gottes Reich an die erste<br />

Stelle zu setzen, aus der Kraft Gottes zu kämpfen und<br />

seinen Regeln zu folgen ist ein garantiertes Erfolgsrezept.<br />

Wer wie Nehemia kämpft, dessen Freude sollte<br />

man auch „von ferne“ hören können.<br />

Daniel Facius (*1981) ist Ehemann, Vater von drei Kindern und<br />

Jurist von Beruf. Er setzt sich im Ständigen Aussschuss des<br />

Bibelbundes für die Zuverlässigkeit der Schrift ein.<br />

15


Obadja: frisches<br />

Wasser in der Dürre<br />

Text von Nils Freerksema<br />

Als Verwalter am Hof des gottlosen Königs Ahab, lebt Obadja seinem<br />

Gott treu. In großer Gefahr und einer schlimmen Umgebung sehen<br />

wir einen Mann, der dafür kämpft seinem Gott zu vertrauen.


Die Sonne war vor etwa zwei Stunden aufgegangen<br />

und der Morgen noch angenehm<br />

kühl. Eine weite Ebene dehnt sich unter<br />

dem Horizont aus. Im weichen Licht<br />

dominieren bloß zwei Farben, die ganze<br />

Szene. Das leichte, staubige Braun der Erde und ein<br />

mildes, gleichmäßiges Blau, das den ganzen Himmel<br />

umspannt. Am Boden ist keine Pflanze zu sehen, kein<br />

Grashalm, kein Strauch. Am Himmel keine Wolke,<br />

nicht der Hauch eines Nebels. So ist es seit Monaten.<br />

Ja, seit bald drei Jahren hatte niemand mehr eine Wolke<br />

gesehen, keinen Tropfen Regen, nicht einmal Tau.<br />

Eine katastrophale Dürre bestimmte jedes Leben in<br />

Israel und dem Umland. Und nun war er, Obadja, hier<br />

unterwegs, um Wasser zu suchen. Irgend eine Quelle,<br />

irgendeinen Bach, der noch Leben hervorbrachte.<br />

Irgendeinen Ort, an dem noch irgendetwas wuchs,<br />

wenigstens ein bisschen Gras.<br />

Denn inzwischen gab es nicht<br />

mehr genügend Vorräte, um<br />

die Tiere des Königs am Leben<br />

zu erhalten. Und so hatte der<br />

König ihn geschickt und war<br />

auch selber losgezogen, um<br />

einen Platz zu finden, der die<br />

Pferde und Maultiere ernähren<br />

könnte.<br />

Obadja war der Verwalter<br />

des Königs, verantwortlich<br />

für all seinen Besitz. Damit<br />

hatte er eine sehr bedeutsame<br />

Stellung am Hof. Ahab, der<br />

König, brauchte in dieser<br />

Position jemanden, der treu<br />

und ehrlich war und er vertraute Obadja darin. Es ist<br />

merkwürdig, dass Ahab gerade Obadja für diese Position<br />

ausgewählt hatte. Ahab war ein gottloser und böser<br />

König, schlimmer als alle Könige Israels vor ihm (1.<br />

Könige 16,30), aber Obadja war ein Mann, der von seiner<br />

Jugend auf Gott sehr fürchtete (1. Könige 18,3.12).<br />

Er war ein guter und gerechter Mann und passte daher<br />

eigentlich nicht an den Hof eines so schlechten Königs.<br />

Doch scheinbar war sein guter Charakter selbst für<br />

Ahab so beeindruckend, dass er ihm diese wichtige<br />

Position anvertraute.<br />

In der Bibel finden wir auch andere treue, gottesfürchtige<br />

Männer, wie Joseph und Daniel, die höchst<br />

bedeutsame Positionen am Hof gottloser Könige<br />

hatten. Und wie diese war auch Obadja eifrig darin,<br />

mitten in einer gottlosen Umgebung, seinem Gott treu<br />

zu leben. Er war zwar ein Diener des Königs, lebte aber,<br />

wie sein Name es sagt, als „Diener des Herrn“.<br />

Obadja nutzte seine Möglichkeiten als Verwalter<br />

des Königs, um Gutes zu tun und schreckte auch nicht<br />

davor zurück, die Gesetze Gottes über die Gesetze<br />

des Königs zu stellen. Ahab war zwar politisch und<br />

militärisch geschickt und erfolgreich, ließ sich aber in<br />

der Religionspolitik vollständig von seiner Frau Isebel<br />

bestimmen. Sie war die Tochter eines gottlosen, heidnischen<br />

Königs und ließ mit ihrem Einfluss dafür sorgen,<br />

dass in Israel die Götzen Baal und Aschera angebetet<br />

Obadja hatte<br />

auch mit Angst<br />

und Zweifeln zu<br />

kämpfen.<br />

wurden. Sie hatte hunderte Propheten ins Land holen<br />

lassen, die, vom Staat versorgt, den Götzendienst im<br />

Land leiten und ausbreiten sollten. Dazu kamen viele<br />

Götzenbilder im ganzen Land und ein Tempel in der<br />

Hauptstadt. Die Verehrung dieser Götzen geschah<br />

durch Prostitution und Trinkgelage und sollte sie dazu<br />

bringen, Fruchtbarkeit im Land auszubreiten. Und genau<br />

an diesem Punkt hatte der Gott Israels gezeigt, wer<br />

tatsächlich ein lebendiger Gott ist. Auf das Gebet des<br />

Propheten Elia hin hatte es aufgehört zu regnen und<br />

von Fruchtbarkeit war im ganzen Land nichts mehr zu<br />

sehen.<br />

Isebel ging schließlich so weit, dass sie die Propheten<br />

dieses lebendigen Gottes ausrotten ließ. In dieser<br />

Situation hatte Obadja 100 Propheten des Herrn in<br />

Höhlen versteckt und mit dem versorgt, was sie zum<br />

Leben brauchten. Das war in Zeiten großer Hungersnot<br />

nicht nur eine schwierige<br />

Aufgabe, sondern auch sehr<br />

gefährlich für ihn selbst, denn<br />

Isebels Hass auf diese Propheten<br />

war groß und die Verfolgung<br />

wurde mit aller Gewalt<br />

durchgesetzt. Doch Obadja<br />

war nicht bloß darauf bedacht,<br />

selbst ein gottesfürchtiges<br />

Leben am Hof des gottlosen<br />

Königs zu führen, sondern er<br />

sah es auch als seine Aufgabe,<br />

diejenigen, die ebenfalls für<br />

Gott lebten, zu unterstützen.<br />

So gebrauchte Gott den Diener<br />

am Hof des Feindes dazu,<br />

seine verfolgten Propheten zu<br />

versorgen.<br />

Doch Obadja, der Gott so treu war und so mutige<br />

Aufgaben übernahm, hatte auch mit Angst und Zweifel<br />

zu kämpfen. Aus seinem Leben wird uns in der Bibel<br />

nur eine Begebenheit genauer berichtet. Dort sehen<br />

wir die Herausforderung, die ein Leben nach Gottes<br />

Willen in einer gottlosen Umgebung mit sich bringt.<br />

Es passiert, als er das dürre Land nach Wasser und<br />

Nahrung für die Tiere des Königs absucht. Obadja ist<br />

allein unterwegs auf dem trockenen Boden, unter dem<br />

wolkenlosen Himmel, als er einen Mann bemerkt, der<br />

ihm entgegen kommt. Vielleicht hat der auf seiner<br />

Reise irgendwo Wasser und Weiden gesehen und kann<br />

Obadja helfen. Doch irgendwie kommt ihm der Mann<br />

bekannt vor. Er hatte ihn schon einmal gesehen, vor<br />

längerer Zeit. Aber konnte es tatsächlich dieser Mann<br />

sein? Elia, der große Prophet Gottes? Der meist gehasste<br />

Mann am Hof des Königs. Er, den Ahab für die katastrophale<br />

Trockenheit verantwortlich machte und den<br />

er überall hatte suchen lassen. Er war es tatsächlich. Als<br />

Obadja ihn erkannte, warf er sich auf den Boden und<br />

musste ihn selbst fragen: „Bist du es, mein Herr, Elia?“<br />

Elia bestätigte: „Ja, ich bins!“ und gab ihm sogleich<br />

einen Auftrag: „Geh hin zu deinem Herrn, dem König<br />

und sag ihm: Elia ist hier!“ Obadja war schockiert von<br />

diesem Auftrag und antwortete: „Welche Sünde habe<br />

ich getan, dass du mich Ahab auslieferst, damit er mich<br />

18<br />

© Foto: Dominik Schröder


tötet? Er hat dich überall suchen lassen und ich soll<br />

jetzt zu ihm sagen: ‚Elia ist da!‘ Wenn ich hier weggehe,<br />

wird Gottes Geist dich vielleicht an einen ganz anderen<br />

Ort bringen und wenn ich Ahab von dir berichte und<br />

er dich nicht findet, wird er mich töten. Ich ehre Gott<br />

seit meiner Jugend. Weißt du nicht, was ich für die<br />

Propheten des Herrn getan habe? Dass ich sie versteckt<br />

und versorgt habe? Wieso soll ich jetzt diese Nachricht<br />

überbringen, dass Ahab mich töten wird?“ Voller<br />

Furcht sprudelt es aus Obadja heraus. Er fürchtet sich<br />

vor seinem Herrn, dem König und er empfindet Elias<br />

Auftrag als ungerecht. Er hat es doch nicht verdient, so<br />

dem König ausgeliefert zu werden. Obadja weiß, dass<br />

Elia ein Mann ist, durch den Gott redet. Er weiß, dass<br />

dieser Auftrag an ihn eigentlich ein Auftrag Gottes ist.<br />

Es ist auch sein ehrlicher Wunsch, Gott zuerst zu dienen<br />

und dann dem König. Aber in diesem Augenblick<br />

ist die Furcht vor Ahab, die<br />

Furcht vor dem Tod größer.<br />

Sofort hat Obadja einen<br />

schrecklichen Ausgang der<br />

Situation vor Augen und der<br />

ist wahrlich nicht unrealistisch.<br />

Er hatte erlebt, wie<br />

Elia während Ahabs Jagd auf<br />

ihn entkommen ist. Warum<br />

sollte das nicht wieder<br />

geschehen? Er wusste auch<br />

um den Zorn seines Königs<br />

und dass er nicht davor<br />

zurückschrecken würde, ihn<br />

zu töten. Nur das kann er in<br />

diesem Moment sehen und<br />

so ist seine Reaktion Empörung<br />

und Abwehr. Doch seine Haltung wendet sich<br />

erstaunlich schnell, als Elia noch einmal spricht: „So<br />

wahr, der Herr der Heerscharen lebt, vor dem ich stehe,<br />

ich werde mich Ahab heute zeigen!“ Diese Worte, die<br />

aus dem Mund Elias wie eine Verheißung Gottes sind,<br />

bringen Obadja dazu seine Furcht und Zweifel zu<br />

überwinden. Sogleich geht er los, um Ahab von Elia zu<br />

berichten. Er brauchte ein Wort von Gott, ein Versprechen,<br />

an dem er sich festhalten konnte. Damit war die<br />

Furcht nicht erledigt, aber es gab ihm die Stärke, sie<br />

zu überwinden. Nach dieser Begebenheit erfahren wir<br />

nichts weiter über sein Leben. Gott zeigt uns an ihm,<br />

wie ein Diener des Herrn mitten in einer bösen Welt<br />

und in seiner Arbeit gottlosen Menschen unterstellt,<br />

seinem Gott treu bleiben kann.<br />

Wir alle leben mitten in einer solchen Welt und<br />

sind auch von Gott dazu berufen. Er möchte, dass wir<br />

Licht in einer dunklen Welt sind (Matthäus 5,14), dass<br />

wir unter den Heiden ein gutes Leben führen und uns<br />

den menschlichen Ordnungen unterordnen (1. Petrus<br />

2,12-15). Ja, Jesus sagt sogar, dass er seine Nachfolger<br />

wie Schafe mitten unter die Wölfe sendet (Matthäus<br />

10,16). Jemand, der wie Obadja Gott fürchtet und<br />

ihm treu sein will, muss nicht aus der Welt heraus<br />

gehen, wie schlimm sie auch ist. Elias Berufung war,<br />

das gottlose System zu konfrontieren und er musste<br />

in der Konsequenz aus diesem System hinaus. Gott<br />

Es war sein ehrlicher<br />

Wunsch, Gott zuerst<br />

zu dienen und dann<br />

dem König.<br />

gebrauchte ihn dadurch für mächtige Zeichen und<br />

Beweise seiner Herrschaft. Obadja jedoch wurde von<br />

Gott mitten in dieses System gebracht, um dort treu<br />

zu sein und sogar die Versorgung für viele gottesfürchtige<br />

Männer sicherzustellen. Obadja konnte seinen<br />

König nicht von dem bösen Weg abbringen, auf dem<br />

er war, aber umgekehrt konnte der König auch seinen<br />

Diener nicht davon abbringen, Gott zu fürchten und<br />

seine Position zum Guten zu nutzen. Dies stellte ihn<br />

jedoch auch vor große Herausforderungen. Sicher hatte<br />

Obadja an mehreren Stellen mit der Furcht vor Ahab<br />

zu kämpfen. Ein Leben in dieser Welt bringt auch uns<br />

immer wieder in die Spannung zwischen Menschenfurcht<br />

und Gottvertrauen. Wenn ich nach dem Vorbild<br />

Jesu und Gottes Wort treu handeln möchte, kann es<br />

sein, dass die Konsequenzen unangenehm sind. Mindestens<br />

werde ich mir unangenehme Konsequenzen<br />

ausmalen können. Riskiere<br />

ich meinen Job, wenn ich<br />

bei den unehrlichen Tricks<br />

nicht mitmache? Riskiere ich<br />

diese Freundschaft, wenn ich<br />

für die Wahrheit einstehe?<br />

Riskiere ich meine Anerkennung,<br />

wenn ich Sünde<br />

bekenne? Wir dürfen von<br />

Obadja lernen, dass diese<br />

Spannungen real sind und<br />

dass sie überwunden werden<br />

können. Obadja vertraute<br />

darauf, dass Gott der wahre<br />

Herr über alle Herren dieser<br />

Welt ist und er vertraute den<br />

Verheißungen, die Gott gibt.<br />

Auch uns gibt Gott in seinem Wort die Verheißungen,<br />

die wir brauchen, um in einer bösen Welt ihm treu<br />

zu leben. Im Vertrauen darauf können wir eine kleine<br />

Quelle lebendigen Wassers mitten in der Dürre-Katastrophe<br />

sein.<br />

Nils Freerksema (*1986) ist ist derzeit als Pastor in der<br />

FEG Christus-Gemeinde Bremen tätig und lässt sich dort in<br />

Gemeindegründungsarbeit ausbilden.<br />

19


NACH CHRISTUS<br />

Die Rubrik für Biografien<br />

& Kirchengeschichte.<br />

Nicholas Ridley (links) und Hugh Latimer<br />

(in der Mitte mit Bibel) auf ihrem Gang zum<br />

Scheiterhaufen (Oxford 1555). Ridley war zu<br />

diesem Zeitpunkt ca. 55 Jahre alt, Latimer<br />

ca. 10 Jahre älter. Dieses Gemälde wurde im<br />

19. Jahrhundet (ca. 1860–1866) von Hermann<br />

Schweder angefertigt.


Hugh<br />

Latimer<br />

Text von Sergej Pauli<br />

Im deutschsprachigen Raum hört man im Rahmen der Reformationsgeschichte<br />

selten den Namen Hugh Latimer. Dabei spielt er im<br />

England der Vorreformation eine entscheidende Rolle. Sein Tod auf<br />

dem Scheiterhaufen verdeutlicht seine Liebe zum Wort Gottes und<br />

seine Treue bis zum letzten Atemzug. Sein Ende macht ihn zu einem<br />

beeindruckenden Märtyrer der wahren Gemeinde Jesu. Und so<br />

begann seine Geschichte ...<br />

DIE BEKEHRUNG<br />

„Sie hatten aber allein gehört, dass, der uns weiland<br />

verfolgte, der predigt jetzt den Glauben,<br />

welchen er weiland verstörte“ (Galater 1,23)<br />

Latimer wurde irgendwann um 1485 (genaues Datum<br />

unbekannt) in Leicestershire als Sohn einer Bauernfamilie<br />

geboren. Trotz der Armut war es ihm möglich, in<br />

Cambridge Theologie zu studieren. Er zeichnete sich<br />

durch ausgezeichnete Leistungen aus und war nach<br />

seiner Priesterweihe ein eifriger Priester, der mit vollem<br />

Einsatz gegen aufkeimende protestantische Lehren<br />

kämpfte. Gerade Cambridge war eine Keimzelle der<br />

englischen Reformation. Denn hier war Erasmus von<br />

Rotterdam tätig, der bei den Gelehrten und Studenten<br />

gleichermaßen ein Interesse an Griechisch, Hebräisch<br />

und am ursprünglichen Inhalt biblischer Texte weckte.<br />

Er hinterließ auch ein griechisches Neues Testament,<br />

welches dazu führte, dass der eifrige Student Thomas<br />

Bilney zum lebendigen Glauben fand. Bilney war ein<br />

einfacher Mann mit einem großen Herzen, der weitere<br />

Menschen zum Glauben führte. Latimer sah, dass<br />

die „lutherischen Heresien“ auch nach Deutschland<br />

übergriffen, und positionierte sich als Gegner der Reformation.<br />

Während eines Vortrags 1524 merkte Bilney<br />

die Aufrichtigkeit Latimers und entschied sich zu einer<br />

mutigen Tat. Nach dem Vortrag bat er Latimer darum,<br />

ihm persönlich sein Glaubensbekenntnis zu erzählen,<br />

was zu einem Schlüsselerlebnis in Latimers Leben<br />

werden sollte. Er erwarb sich ein Neues Testament und<br />

schon bald warf er seine ganze Hoffnung in die Hände<br />

seines Erretters Jesus Christus. Von nun an wurde Latimer<br />

Bilneys ständiger Begleiter. So wurde aus einem<br />

Gegner der Reformation ein eifriger Verfechter des<br />

Evangeliums, der treu blieb bis zum Tod.<br />

EINE DUNKLE ZEIT<br />

Wenn man das Leben der Reformatoren studiert,<br />

staunt man über manch einen Schatten, den ihr Leben<br />

wirft. So sprachen sich z.B. auch die englischen Reformatoren<br />

üblicherweise für die Todesstrafe gegenüber<br />

denen aus, die die Dreieinigkeit leugneten. Verglichen<br />

jedoch mit den Irrungen und den Gewalttaten des<br />

katholischen Mittelalters erscheint die Reformation wie<br />

gleisendes Licht. Noch 1519 wurden sieben Menschen<br />

verbrannt, weil sie ihren Kindern das Vaterunser und<br />

die zehn Gebote auf Englisch beigebracht hatten. Die<br />

Priester, die dem Volk hätten vorangehen müssen,<br />

lebten oftmals in Saus und Braus und tiefen Sünden.<br />

Es gab Kardinäle, die höchstens einmal im Jahr eine<br />

Predigt hielten. John Hooper, ein Zeitgenosse Latimers<br />

und ebenfalls ein Märtyrer, machte folgende Erfahrung<br />

in seiner Diözese: Von den 311 Klerikern konnten 168<br />

nicht die Zehn Gebote aufsagen, 31 wiederum wussten<br />

nicht, wo man sie hätte finden können. 40 von ihnen<br />

konnten nicht sagen, wo das Vaterunser steht, und 31<br />

von den 40 wussten nicht, wer der Autor des Vateruns-<br />

© Gemälde: Hermann Schweder (ca. 1860-1866) 21


ers ist. 1 Wenn es so um die Pastoren stand, wie ging<br />

es da dem Volk? Zu dieser Unwissenheit kommt eine<br />

große Ungerechtigkeit hinzu: Cardinal Wolse (1473 –<br />

1530), der wichtigste Mann der katholischen Kirche in<br />

England, erhob seinen illegalen Sohn, als dieser noch<br />

ein Junge war, zu zahlreichen Würden, die diesem ein<br />

fürstliches Einkommen bescherten. 2 In dieser dunklen<br />

Zeit brach sich das Evangelium seinen Weg. Gott<br />

erwählte sich treue Zeugen, die sein Wort im Angesicht<br />

des Todes klar predigten.<br />

Bereits 1525 wurde der Bischof von Ely auf die<br />

„Ketzereien“ Latimers aufmerksam. Unter anderem<br />

predigte Latimer über die Rechtfertigung allein aus<br />

Glauben. Er versuchte Latimer eine Falle zu stellen,<br />

indem er unangekündigt zu einer Predigt Latimers erschien.<br />

Als jedoch der Bischof die Kirche betrat, hörte<br />

Latimer auf zu reden und sprach den Bischof direkt an:<br />

„Eine neue Zuhörerschaft von solchem Rang, verlangt<br />

nach einer neuen Botschaft. Ich werde von dem ehrenhaften<br />

Stand eines Bischofs reden“. Er hielt spontan<br />

eine Predigt über das Amt eines Dieners: Diesem ist<br />

Christus ein Vorbild. Ein Diener soll nicht nach einem<br />

gemütlichen Leben Ausschau halten, sondern der Herde<br />

dienen. Es fiel den Zuhörern nicht schwer, die Diskrepanz<br />

zwischen Theorie und Praxis zu erkennen. Es<br />

sollte ein Predigtverbot folgen, welches jedoch nur Kirchen,<br />

aber nicht Klöster betraf. In dieser Zeit predigte<br />

Latimer im Augustiner Kloster in Cambrigde, dessen<br />

Abt Robert Barnes der Reformation positiv gegenüber<br />

stand. Doch schon bald wurde ein Verfahren gegen<br />

Barnes aufgerollt und schließlich auch gegen Latimer<br />

und Bilney. Latimer musste sich vor Kardinal Wolsey<br />

verantworten, der sehr überrascht von den Kenntnissen<br />

Latimers in den Schriften der Kirchenväter war, und<br />

dadurch sein Predigtverbot wieder aufhob.<br />

AM HOFE DES HERODES<br />

„Herodes aber fürchtete Johannes; denn er wusste,<br />

dass er ein frommer und heiliger Mann war;<br />

und verwahrte ihn und gehorchte ihm in vielen<br />

Sachen und hörte ihn gern“ (Markus 6,20)<br />

Die englische Reformation ist eng mit einem überaus<br />

seltsamen König, nämlich Heinrich dem VIII (1491-<br />

1547) verbunden: Ein brutaler, von seinen Trieben<br />

geleiteter König, der jedoch gleichzeitig (zumindest<br />

sporadisch) das Werk der Reformation förderte. Dabei<br />

war er gebildet und disputierte mit den Humanisten<br />

und wurde vom Papst zum Verteidiger des katholischen<br />

Glaubens ernannt, nachdem er in einer Schrift Luthers<br />

Wirken in Deutschland angriff. Doch Heinrich VIII<br />

wollte die Scheidung, die der Papst ihm verweigerte,<br />

woraufhin sich ersterer kurzerhand selbst zum Ober-<br />

1 J.C.Ryle: Fünf Märtyrer, 1 Auflage 1995, CLV Bielefeld<br />

2 Richard M. Hannula: Hugh Latimer, first published 2013, EP<br />

Books, Grand Rapids<br />

haupt der Kirche in England ernannte. Immer wieder<br />

wird Heinrich der VIII mit Herodes verglichen, der<br />

Johannes den Täufer gefangen hielt, und ihm doch<br />

gleichzeitig in vielen Sachen gehorchte. So wurde<br />

Latimer, nachdem Heinrich VIII mit Rom brach,<br />

1534 königlicher Kaplan und schließlich sogar Bischof<br />

von Worcester. Mutig bekannte er vor dem König das<br />

Evangelium und konnte nun versuchen, die Predigt zu<br />

reformieren. Immer noch gab es keine englischsprachige<br />

Bibel und immer noch waren viele Priester überaus<br />

ungelehrt im Wort Gottes. Latimer jedoch wuchs in<br />

der Erkenntnis des Herrn und entwickelte ein immer<br />

tieferes evangelikales Verständnis von der Schrift. Heinrich<br />

VIII ging es derweil nicht so sehr um die Reformation,<br />

wie um die eigene Macht. So schaffte er zwar einen<br />

Großteil der Klöster ab, wandelte diese aber nicht,<br />

wie die Reformatoren sich dies gewünscht hätten, in<br />

Schulen oder Wohnheime um, sondern in Stallungen<br />

für seine zahlreichen Pferde. Die teilweise beachtlichen<br />

Schätze der Klöster landeten dann selbstverständlich<br />

auch in der Schatzkammer des Königs. 1539 wurden<br />

die sogenannten „sechs Artikel“ vom König veröffentlicht,<br />

die manch eine Reform wieder zurücknahmen.<br />

So wurden Priesterehen wieder verboten. Die Realpräsenz<br />

Christi im Abendmahl, wie auch die Priesterbeichte<br />

wurden in diesen Artikeln wieder stark betont. Im<br />

Vergleich zu den davor erschienenen zehn Artikeln, war<br />

dies für viele Reformatoren ein Schritt zurück zum Katholizismus.<br />

Auch Latimer verwarf sich mit dem König<br />

und wurde daraufhin im Tower of London inhaftiert<br />

und von seinem Bischofsamt abgesetzt. Später bekam<br />

er ein Predigtverbot und wurde aufs Land geschickt.<br />

Es wird berichtet, dass Latimer vor Freude in die Luft<br />

sprang, als er die Bischofsrobe ablegte, denn er „fühlte<br />

seine Schultern so leicht, und von einer großen Last<br />

erleichtert zu sein“.<br />

DER PREDIGER DES EVANGELIUMS<br />

„Predige das Wort, halte an, es sei zu rechter<br />

Zeit oder zur Unzeit“ (2. <strong>Timotheus</strong> 4,2)<br />

Aufgrund der sechs Artikel flohen zahlreiche evangelikale/evangelische<br />

Christen aus England auf den<br />

Kontinent und fanden vor allem in der Schweiz eine<br />

freundliche Aufnahme, wo sie in Kontakt mit Calvin,<br />

Bucer und Melanchton kamen. Dies sollte sich Jahre<br />

später als besonders fruchtbar für die Reformation in<br />

England erweisen. Latimer jedoch blieb in England<br />

und versuchte, als Christ in einer dunklen Zeit zu<br />

leben. Immer zeichnete sich sein Leben durch Hilfsbereitschaft<br />

gegenüber seinen Mitmenschen aus. Er half,<br />

wo er konnte, opferte viel. Katholiken warnten immer<br />

davor, dass die Gnadenlehre den Menschen verderben<br />

wird, und dieser keine guten Werke mehr tun würde.<br />

Hier sollten Sie gewaltig irren. Da, wo das Evangelium<br />

wirkt, befreit Es die Menschen zu einem neuen Glaubensgehorsam.<br />

Christen sind in der Lage, aus freien<br />

22


Stücken Gott zu ehren und ihren Nächsten zu lieben.<br />

Dies durften viele Menschen an dem Wandel zahlreicher<br />

Reformatoren feststellen. Trotz seines Predigtverbots<br />

wurde Latimer von Gott dazu gebracht, Menschen<br />

in persönlichen Gesprächen zu Christus zu führen.<br />

John Olde, der später ein Bibelübersetzer werden<br />

sollte, war einer davon. Jahre später berichtete er über<br />

Latimer: „Ich bekenne aus Grund meines Herzens, dass<br />

Latimer ein echtes Werkzeug(…) Gottes war. Er hatte<br />

eine gesunde Lehre, ein gottgefälliges Leben und war<br />

ein treuer Freund, welchen Gott benutzte, um mir den<br />

echten christlichen Glauben zu öffnen“. 1537 wurde<br />

durch König Eduard VI (den Nachfolger Heinrich<br />

VIII) eine Generalamnesie ausgesprochen, die auch<br />

Latimer wieder das Predigtrecht gab. Latimer lehnte es<br />

ab, wieder Bischof zu werden und wurde stattdessen ein<br />

Prediger des Volkes. Die Herrschaft Eduards zeichnet<br />

sich als eine besondere Lichtphase in der englischen Reformation<br />

aus: Das Zölibat wurde (wieder) abgeschafft,<br />

die Heilige Messe verboten, das „Book of Common<br />

Prayer“ eingeführt. Englischsprachige Bibeln erschienen<br />

und wurden in vielen Kirchen öffentlich zum Lesen<br />

ausgelegt. Leider verstarb Eduard bereits mit fünfzehn<br />

Jahren und hinterließ keinen Nachfolger. Seine streng<br />

katholische Stiefschwester Maria I. Tudor bestieg den<br />

Thron. Dies sollte eine besonders aggressive Periode der<br />

Verfolgung der Evangelischen einleiten.<br />

DER MÄRTYRER<br />

„Sei getreu bis in den Tod, so will ich dir die<br />

Krone des Lebens geben“ (Offenbarung 2,9)<br />

Maria I. Tudor wollte um jeden Preis zurück zum<br />

Katholizismus. Ohne königliches Recht durfte niemand<br />

mehr predigen. Schon bald hatte Maria sich<br />

ein Parlament zusammengestellt, welches mit ihren<br />

Ansichten übereinstimmte. Die Englischen Bibeln<br />

verschwanden aus den Kirchen und wurden durch<br />

lateinische ersetzt. Das Zölibat wurde wieder eingeführt<br />

sowie auch die Heilige Messe. Viele Reformatoren<br />

flohen oder versteckten sich. Latimer blieb und litt<br />

für seinen Glauben. Kurz vor Marias Machtergreifung<br />

hielt er eine Predigt über treue Diener, in der er sagte:<br />

„Was ist der Lohn für ihre Berufung und ihre Arbeit?<br />

Nun, Johannes der Täufer wurde enthauptet; Christus<br />

gekreuzigt; die Apostel getötet: Das war der Lohn für<br />

ihre Arbeit. Darum sollte jeder Prediger nicht nach<br />

einem anderen Lohn Ausschau halten“. Es sollte nicht<br />

lange dauern, bis auch Latimer vor Marias Thron<br />

gerufen wurde. Doch obwohl Latimer klar war, dass<br />

er nur ein Todesurteil zu erwarten hatte, begab er sich<br />

ohne Gegenwehr an den Hof. Als er wieder im Tower<br />

of London inhaftiert wurde, traf er denselben Wächter,<br />

wie bei seinen Inhaftierungen zuvor. Diesen grüßte<br />

Latimer:“ Mein Freund, wie geht es dir? Ich bin wieder<br />

gekommen, um dein Nachbar zu sein“ In den benachbarten<br />

Zellen waren zudem weitere Bekannte Latimers<br />

inhaftiert: Thomas Cranmer und Nicholas Ridley. Es<br />

sollte eine langwierige Tortur folgen, mit zahlreichen<br />

Verhören und einer durchaus harten Inhaftierung. Am<br />

16ten Oktober 1555 war es dann soweit, dass Latimer<br />

und Ridley auf dem Scheiterhaufen verbrannt wurden,<br />

weil beide die Realpräsenz Christi im Abendmahl<br />

leugneten. 3 Während das Feuer aufstieg sprach Latimer<br />

zu Ridley die berühmten Worte: „Seid guten Mutes,<br />

Master Ridley, und zeugt Euch als Mann. Wir werden<br />

heute durch Gottes Gnade ein solches Licht in England<br />

anzünden, das – darauf vertraue ich – nie ausgelöscht<br />

werden wird!“<br />

Latimer sollte recht behalten. Die Bemühungen<br />

der blutigen Maria, das Evangelium einzuschränken,<br />

sollten viel mehr das Gegenteil bewirken und es sollte<br />

bestätigen, was bereits der Kirchenvater Tertullian feststellte:<br />

„Das Blut der Märtyrer ist der Same der Kirche“<br />

ZUSAMMENFASSUNG<br />

Latimer wuchs in der Gnade, er hatte seine Erkenntnis<br />

aus der Schrift. Er stimmte in großen Stücken mit<br />

Luther und den anderen Reformatoren überein, ohne<br />

jemals die Schriften von ihm gelesen zu haben.<br />

Die Ursache, warum etwa 300 Protestanten in etwa<br />

vier Jahren der Herrschaft der blutigen Maria auf dem<br />

Scheiterhaufen verbrannt wurden, ist eine, für die der<br />

moderne Mensch kaum Verständnis aufbringen kann:<br />

Weil Sie nicht bereit waren, eine spezielle Lehre der<br />

katholischen Kirche anzunehmen, wurden sie verbrannt,<br />

nämlich die Realpräsenz des Leibes und des<br />

Blutes Christi in den Elementen des Abendmahls. War<br />

dies nur Haarspalterei? Uns muss bewusst werden, dass<br />

die katholische Lehre von der Realpräsenz eine wichtige<br />

Lehre des Evangeliums zerstört: Das einmalige Opfer<br />

Christi ist dann nicht mehr genügend, und ein erneutes<br />

Opfer Christi durch einen Priester wird notwendig.<br />

Dadurch werden sündige Menschen in die Stellung<br />

eines Mittlers zwischen Gott und den Menschen erhoben.<br />

Die Folge ist, dass man mit den Elementen Brot<br />

und Wein einen Götzendienst betreibt. Dies erkannten<br />

zahlreiche Reformatoren. Und zwar so deutlich, dass<br />

Sie bereit waren, dafür zu sterben.<br />

3 Man sollte bedenken, dass eine Verbrennung auf einem Scheiterhaufen<br />

eine überaus schreckliche Tortur war. Das Holz brannte oft<br />

schlecht und manch einer wurde stundenlang gequält. Einen Vorteil<br />

hatte, wer für seine eigene Verbrennung Schießpulver beitragen<br />

konnte, um das Feuer schneller entfachen zu können.<br />

Sergej Pauli (*1989) ist mit Elvira verheiratet und Vater zweier<br />

Kinder. Er arbeitet als Entwicklungsingenieur. Zudem schreibt er<br />

regelmäßig für den Literaturblog nimm-lies.de.<br />

23


SCHRIFTGELEHRT<br />

Die Rubrik zum<br />

Alten Testament.


Loyal bis in den Tod –<br />

Uria, der Hetiter<br />

Text von Andreas Münch<br />

2007 startete ein Kinofilm, der jedes echte Männerherz höherschlagen<br />

ließ. Er handelte von 300 Soldaten, die ihrem König bis zum<br />

letzten Atemzug loyal waren und alles gaben, um ihre Heimat vor<br />

den Feinden zu beschützen.<br />

© Foto: Lorem Ipsum


Der epische Blockbuster 300 erzählt die<br />

Geschichte der antiken Elitegruppe von<br />

300 griechischen Soldaten, den berühmten<br />

Spartanern, die gemeinsam mit ihrem<br />

König Leonidas I. gegen die persische<br />

Armee kämpften. Auch wenn die Actionszenen fernab<br />

jeglicher Realität sind, so staunt man doch über diese<br />

Krieger. Denn es sind nicht irgendwelche Soldaten,<br />

sondern die Besten der Besten. Auch wenn sie am<br />

Ende, aufgrund von Verrat, im Kampf fielen, so sind<br />

sie doch die wahren <strong>Helden</strong> dieser Geschichte. Was<br />

mich so sehr an diesen Kriegern fasziniert und wovon<br />

ich mir gerne eine große Scheibe abschneiden würde,<br />

ist nicht nur ihr perfektes Six-Pack, sondern ihre unerschütterliche<br />

Loyalität ihrem König gegenüber.<br />

Im Alten Testament lesen wir ebenfalls von einem<br />

solchen Krieger, der seinem König absolut loyal war<br />

und ihm bis zu seinem letzten Atemzug diente. Er<br />

war einer der 37 <strong>Helden</strong> Davids, von denen wir in 2.<br />

Samuel 23,8-39 und 1. Chronik 11,10-47 lesen – Uria,<br />

der Hetiter. Die Bibel stellt uns Uria als einen gewissenhaften<br />

Mann vor, auf den man sich hundertprozentig<br />

verlassen konnte. Von seinem Beispiel wollen wir<br />

lernen.<br />

EINIGE FAKTEN ZUM HELDEN<br />

Uria wird in jedem der beiden Aufzählungen der <strong>Helden</strong><br />

Davids erwähnt sowie im Geschlechtsregister Jesu,<br />

in Matthäus 1,6. Jedoch berichten uns die Kapitel 11<br />

und 12 im 2. Samuelbuch am ausführlichsten über ihn.<br />

Doch selbst in diesem Text spielt er nur eine Nebenrolle.<br />

Die Hauptrollen übernehmen König David und<br />

Urias Frau Batseba. Es ist die bekannte Geschichte<br />

von König Davids großem Fall. Uria wird oft mit dem<br />

Zusatz „der Hetiter“ genannt. Uria war demnach kein<br />

Hebräer, jedoch trug er einen hebräischen Namen,<br />

nämlich „Jahwe ist mein Licht“. Auch wenn er kein<br />

gebürtiger Hebräer war, so war er doch ein wahrer<br />

Israelit, jemand, der sich mit dem Bundesvolk Gottes<br />

identifizierte und im Dienst Jahwes stand.<br />

Wenn wir das Leben Urias betrachten, dann können<br />

wir zwei Merkmale von wahrer Loyalität entdecken<br />

(es wäre hilfreich, wenn du dir die Geschichte aus 2.<br />

Samuel 11 einmal durchliest).<br />

URIA WUSSTE, WO SEIN PLATZ WAR<br />

Als einer der <strong>Helden</strong> Davids befand sich Uria oft im<br />

Krieg und war somit getrennt von Frau und Familie.<br />

So war es auch in der uns vorliegenden Situation(vgl.<br />

2. Samuel 11,1). Unter der Führung des Heermeisters<br />

Joab war auch Uria an der Front. Während Uria im<br />

Krieg kämpfte, beging König David mit dessen Frau<br />

Batseba Ehebruch und sie wurde schwanger. Da man<br />

zu dieser Zeit noch keinen Vaterschaftstest machen<br />

konnte, dachte David sich in seiner angeblichen Klugheit,<br />

dass er Uria nur dazu bringen musste, mit seiner<br />

Frau zu schlafen, damit er selber aus der Sache fein raus<br />

ist. Wir lesen in 2. Samuel 11,6-8: Da sandte David<br />

zu Joab: Schick mir Uria, den Hetiter! Und Joab schickte<br />

Uria zu David. Und Uria kam zu ihm, und David fragte<br />

nach dem Wohlergehen Joabs und nach dem Wohlergehen<br />

des Volkes und nach der Kriegslage. Und David sagte zu<br />

Uria: Geh in dein Haus hinab und wasche deine Füße!<br />

Und als Uria aus dem Haus des Königs ging, kam ein<br />

Geschenk des Königs hinter ihm her. David holte Uria<br />

vom Schlachtfeld weg, ließ ihn die ca. 60 Km von<br />

Raba nach Jerusalem kommen und gab ihm einen Tag<br />

Urlaub. Er wähnte sich in Sicherheit, denn was würde<br />

wohl ein Mann tun, der in der letzten Zeit nur draußen<br />

geschlafen und Mord und Totschlag erlebt hatte<br />

und nun die einmalige Gelegenheit bekam, eine ruhige<br />

Nacht mit seiner hübschen Frau zu verbringen? Die<br />

männliche Antwort ist offensichtlich. Natürlich würde<br />

er diesen kostbaren Moment für die intime Zweisamkeit<br />

mit seiner Frau nutzen. Doch David rechnete nicht<br />

mit der Loyalität seines <strong>Helden</strong>. Uria ging nicht zu<br />

seiner Frau, sondern blieb bei den Truppen in Jerusalem.<br />

Als David ihn darauf ansprach, gab Uria eine<br />

Erklärung ab, die deutlich für seinen loyalen Charakter<br />

spricht: Die [Bundes-]Lade und Israel und Juda wohnen<br />

in Zelten, und mein Herr selbst, Joab, und die Knechte<br />

meines Herrn lagern auf freiem Feld, und da sollte ich in<br />

mein Haus hineingehen, um zu essen und zu trinken und<br />

bei meiner Frau zu liegen? So wahr du lebst und deine<br />

Seele lebt, wenn ich das tue! (2. Samuel 11,11) Ich kann<br />

mir gut vorstellen, wie es David in diesem Moment<br />

richtig schlecht wurde; wie er versucht, Fassung zu bewahren,<br />

um anschließend seinem <strong>Helden</strong> Lob für seine<br />

Einstellung vorzuheucheln.<br />

Uria war zwar einer der <strong>Helden</strong> Davids, doch er<br />

bildete sich nichts darauf ein. Im Gegenteil: Gerade<br />

weil er einer der wichtigsten Persönlichkeiten im Heer<br />

Israels war, sähe es nicht gut aus, wenn er sich mitten<br />

im Kampf eine Auszeit nehmen würde. Denn er wollte<br />

und musste dort sein, wo er hingehörte. Die Bundeslade,<br />

das Zeichen der Gegenwart Gottes unter dem Volk,<br />

weilte in einem Zelt, ebenso wie die gesamte Kriegsmannschaft.<br />

Für Uria war es unmöglich, mehr Komfort<br />

zu genießen als seine Mitstreiter. Uria war loyal und<br />

deshalb wusste er, wo sein Platz war. Doch Uria war<br />

nicht nur dort, wo er hingehörte, sondern er gab dort<br />

auch sein Bestes.<br />

26<br />

© Foto: Greg Shield


URIA GAB SEIN BESTES<br />

Unsere Geschichte mit Uria und David ist noch nicht<br />

zu Ende. Denn durch seine Loyalität hatte Uria Davids<br />

Plan gründlich vermasselt. Letzterer versuchte es einen<br />

Abend später erneut. Nur ließ sich Uria nicht von seiner<br />

Treue abbringen, selbst dann nicht, als er betrunken<br />

war (2. Samuel 11,12-13). Als David feststellte, dass<br />

Uria nicht auf seine List hereinfiel, änderte er die Strategie.<br />

Dieses Mal hatte er aus seinen „Fehlern“ gelernt.<br />

David übergab Uria persönlich einen Brief an Joab, in<br />

dem stand, dass man Uria an die vorderste Front stellen<br />

sollte. Die Sache war einerseits enorm riskant, schließlich<br />

hätte Uria den Brief lesen können. Doch andererseits<br />

konnte David sich auf dessen Loyalität verlassen,<br />

so dass dieser sein eigenes Todesurteil überbrachte! So<br />

kam es dann auch. Davids Plan ging auf und Uria kam<br />

um (2. Samuel 11,23-24).<br />

Uria war einer der mutigen Kämpfer, die zu verhindern<br />

versuchten, dass die Feinde aus ihrer Festung<br />

herauskamen, um Israel zu überrennen. Da die<br />

Ammoniter dem Bericht nach zahlenmäßig überlegen<br />

waren, war es vermutlich eine aussichtslose Aktion. Wir<br />

lesen, dass Uria bis zum bitteren Ende kämpfte. Er lief<br />

nicht davon, als die Feinde aus der Stadt herauskamen<br />

und widersetzte sich auch nicht dem Befehl Joabs.<br />

Auf dessen Anweisung ging er dorthin, wo der Kampf<br />

am heftigsten war. Denn er wusste genau, dass er als<br />

einer der 37 <strong>Helden</strong> Davids dort zu kämpfen hatte, wo<br />

andere den Mut verloren. Diesen Einsatz bezahlte er<br />

mit seinem Leben. Dieser Krieger starb in der Schlacht,<br />

doch sein Zeugnis hat die Jahrtausende überdauert.<br />

Uria war loyal bis in den Tod. Er wusste ganz genau,<br />

wo sein Platz war und dort gab er sein Bestes.<br />

Ich liebe solche Geschichten und lese gerne von<br />

solchen <strong>Helden</strong>. Der loyale Freund ist mein Lieblingscharakter<br />

in epischen Erzählungen und mit ihm<br />

identifiziere ich mich am liebsten. Loyalität und echte<br />

Treue ist in unserer Gesellschaft zur Mangelware verkommen.<br />

Ich möchte da anders sein. Als Christ möchte<br />

ich vor allem den Worten meines Herrn und Königs<br />

Jesus nachkommen, wenn Er zu Seiner Gemeinde<br />

spricht: Sei treu bis zum Tod! Und ich werde dir den<br />

Siegeskranz des Lebens geben (Offenbarung 2,10). Ich<br />

möchte gerne eines glorreichen Tages die Worte aus<br />

dem Mund meines Königs hören: Recht so, du guter<br />

und treuer Knecht! Über weniges warst du treu, über<br />

vieles werde ich dich setzen; geh hinein in die Freude<br />

deines Herrn (Matthäus 25,21).<br />

Sofern du Christ bist, gehe ich mal davon aus, dass<br />

dies ebenfalls dein Ziel ist. Wir möchten unserem Gott<br />

loyal sein und möchten dort unser Bestes geben, wo<br />

Er uns hingestellt hat. Das betrifft unsere Ehe, unseren<br />

Dienst in der Gemeinde, unser Zeugnis in der Welt<br />

und wozu uns Gott noch berufen sollte. Wir möchten<br />

wie Uria sein – <strong>Helden</strong>, die eher sterben würden, als<br />

sich mit Untreue zu beflecken!<br />

ICH BIN NICHT URIA<br />

Doch ich bin nicht wie Uria, sondern oftmals eher wie<br />

David in dieser Geschichte – das ist die harte Wahrheit.<br />

Ich möchte zwar loyal sein, doch so oft bin ich<br />

es nicht. Ich versage als Ehemann, Vater, Pastor und<br />

Freund. Das Beispiel von Uria kann auch entmutigend<br />

sein, weil ich weiß, dass meine Lebenswirklichkeit ganz<br />

anders aussieht. Und doch gibt es Hoffnung für uns<br />

Möchtegern-Urias. Und es ist schon ironisch, dass diese<br />

Hoffnung ausgerechnet von unserem König ausgeht,<br />

dem wir die Treue geschworen haben – Jesus Christus.<br />

Uria wird zwar nicht bei den Glaubenshelden in<br />

Hebräer 11 aufgelistet, aber dennoch dient er als Schatten,<br />

als Hinweiser auf Christus hin.<br />

Jesus war unserem himmlischen Vater gegenüber<br />

absolut loyal. Er gehorchte Gott in allem, tat keine einzige<br />

Sünde und sagte und tat nur das, was Er den Vater<br />

sagen hörte und tun sah. Jesus hatte ein klares Ziel vor<br />

Augen, wusste wo Sein Platz war und Er gab nicht nur<br />

Sein Bestes, sondern Er gab alles – Sein eigenes Leben!<br />

Das, was wir gerne sein wollen (loyal Gott gegenüber)<br />

und nicht können, tat Christus für uns. Paulus bringt<br />

es in Römer 8,3-4 auf den Punkt: Das Gesetz des Mose<br />

war dazu nicht imstande; es scheiterte am Widerstand der<br />

menschlichen Natur. Deshalb hat Gott als Antwort auf<br />

die Sünde seinen eigenen Sohn gesandt. Dieser war der<br />

sündigen Menschheit insofern gleich, als er ein Mensch von<br />

Fleisch und Blut war, und indem Gott an ihm das Urteil<br />

über die Sünde vollzog, vollzog er es an der menschlichen<br />

Natur. So kann sich nun in unserem Leben die Gerechtigkeit<br />

verwirklichen, die das Gesetz fordert, und zwar<br />

dadurch, dass wir uns vom Geist Gottes bestimmen lassen<br />

und nicht mehr von unserer eigenen Natur (NGÜ).<br />

Deshalb geben wir nicht resigniert auf! Denn Christus<br />

hat bereits alles für uns getan und wir dürfen nun aus<br />

Seiner Kraft leben. Seine Loyalität Gott gegenüber<br />

kommt uns zu Gute. Aus eigener Kraft werden wir niemals<br />

treue Ehepartner, vorbildliche Gemeindemitarbeiter<br />

und Zeugen in der Welt sein. Doch wenn Christus<br />

uns die Kraft gibt, dann können wir treue Ehepartner,<br />

vorbildliche Gemeindemitarbeiter und mutige Zeugen<br />

in der Welt sein. Wende dich also im Gebet an Jesus<br />

und bitte Ihn, dass Er dir die Kraft schenkt, in den<br />

Bereichen deines Lebens treu zu sein, in denen du<br />

bisher auf deine eigene Stärke vertrautest. Der König<br />

selbst bewirkt in Seinen Untertanen die Treue. Das ist<br />

Hoffnung. Das ist das Evangelium.<br />

Andreas Münch (*1982) ist Ehemann, Vater eines Sohnes,<br />

Pastor der MBG Lage und Autor des vielbeachteten Buches Der<br />

wahre Gott der Bibel. Auf Twitter unter @AndreasMuench.<br />

27


JOSIA<br />

Die Rubrik für<br />

junge Leute.<br />

Dieser Artikel ist ein<br />

Beitrag von JOSIA —<br />

Truth for Youth. Einem<br />

reformatorischen Netzwerk<br />

für junge Christen.<br />

Mehr Informationen<br />

zu Ressourcen und<br />

Konferenzen gibt es hier:<br />

www.josiablog.de<br />

Jesaja, der erste<br />

Evangelist!<br />

Text von Jochen Klautke


„Und ich hörte die Stimme<br />

des Herrn fragen: Wen soll<br />

ich senden und wer wird für<br />

uns gehen? Da sprach ich:<br />

‚Hier bin ich, sende mich!‘“<br />

Der Mann, der so mutig und<br />

schnell auf diese herausfordernde<br />

Frage Gottes reagierte, hat<br />

uns eines der längsten Bücher<br />

der Bibel hinterlassen. Und doch<br />

wissen wir vergleichsweise wenig<br />

über sein Leben. Wer war Jesaja,<br />

wie lebte er und vor allem: Was<br />

hat er uns heute noch zu sagen?<br />

Wir befinden uns in der Mitte des<br />

8. Jahrhunderts vor Christus, als<br />

Jesaja geboren wurde. Die Bibel<br />

verrät uns nicht das Wo, nicht das<br />

Wie und auch nicht das Wann.<br />

Wir erfahren gerade einmal den Namen seines Vaters<br />

Amoz (Jesaja 1,1).<br />

Politisch gesehen waren es vergleichsweise ruhige<br />

Zeiten für Gottes Volk. Die mächtigen Assyrer standen<br />

zwar an der Grenze der beiden Königreiche in Israel,<br />

aber sie hatten so viele Probleme in ihrer Heimat, dass<br />

sie die Erweiterung ihres Reiches erst einmal auf Eis<br />

gelegt hatten.<br />

Während soweit also alles in Ordnung schien, war<br />

die geistliche Lage des Volkes alles andere als in Ordnung.<br />

Äußerlich feierten die Juden zwar noch Gottesdienst,<br />

aber mit ihren Herzen waren sie ganz weit weg<br />

von Gott. Gleich zu Beginn des Buches spricht Gott<br />

sie deswegen nicht gerade schmeichelhaft mit Volk von<br />

Sodom und Gomorra an (Jesaja 1,10).<br />

© Foto: Giovanni Corte


DER ÜBERBRINGER DER BOTSCHAFT:<br />

DIE BERUFUNG<br />

Irgendwann im Jahr 740 v. Chr. wurde Jesaja von Gott<br />

zum Propheten berufen (Jesaja 6). An diesem Tag lernte<br />

Jesaja Gott als den Heiligen Israels kennen. „Wehe mir,<br />

ich vergehe, denn ich bin ein Mann von unreinen Lippen<br />

und wohne unter einem Volk, das unreine Lippen hat,<br />

denn meine Augen haben den König, den Herrn der Heerscharen<br />

gesehen.“ Todesangst war Jesajas Reaktion, als<br />

Gott ihm in einer beeindruckenden Vision im Tempel<br />

erschien.<br />

Wir sehen daran, dass Jesaja genau begriffen<br />

hatte, wer Gott ist, wer er selbst war und wie groß der<br />

Abstand zwischen dem heiligen Gott und sündigen<br />

Menschen ist. Sündenvergebung war nötig und genau<br />

die bekam Jesaja dann auch im Anschluss. Aber damit<br />

war Gott noch nicht fertig. Gleich hinterher schickte er<br />

die eingangs zitierte Frage: „Wen soll ich senden?“ Und<br />

wie schon erwähnt antwortete Jesaja: „Hier bin ich.<br />

Sende mich.“ Kein Zögern, kein Nachfragen – sondern<br />

kurz und bündig: Ja.<br />

Gut möglich, dass Jesaja nicht so schnell zugestimmt<br />

hätte, wenn er den Inhalt der Botschaft<br />

gekannt hätte: „Geh hin und sprich zu diesem Volk:<br />

„Hört immerzu und versteht nicht, seht immerzu und<br />

erkennt nicht…“. Mit diesen trostlosen Zusatzinformationen<br />

fragte Jesaja dann doch noch einmal nach:<br />

„Wie lange soll ich das denn predigen“? Und Gottes<br />

Antwort machte die Aufgabe kein Stück attraktiver:<br />

„Bis die Städte verwüstet liegen, so dass niemand mehr<br />

darin wohnt, denn der Herr wird die Menschen weit<br />

wegführen.“<br />

DIE DUNKLE SEITE DER BOTSCHAFT:<br />

GERICHT<br />

Jesajas Auftrag war, das Wort Gottes zu predigen. Der<br />

Inhalt seiner Botschaften war Gericht. Und die Reaktion<br />

(besser gesagt: die Nicht-Reaktion) des Volkes war<br />

ernüchternd.<br />

Aber mit dieser Botschaft wirkte Jesaja trotz allen<br />

Unglaubens, bis er über 70 Jahre alt war. Ohne Rücksicht<br />

auf sein eigenes Ansehen tat und predigte er das,<br />

was Gott ihm auftrug. Gleich vier Könige sah er vor<br />

seinem Tod kommen und gehen. Einige waren genauso<br />

gottlos wie das Volk (Ahas), andere fürchteten Gott<br />

und bemühten sich um Reformen (Hiskia). Aber trotz<br />

seiner unpopulären Botschaft lebte Jesaja nicht zurückgezogen.<br />

Er heiratete und hatte mit seiner Frau mindestens<br />

zwei Söhne. Doch selbst vor denen machte seine<br />

Berufung nicht halt. Gott befahl ihm, den Söhnen<br />

Namen zu geben, die eher wie die Titel seiner Predigten<br />

klangen. Der Name des Erstgeborenen, Schear-Jaschub<br />

1 , dürfte noch halbwegs alltäglich gewesen sein.<br />

Dessen kleinen Bruder, Maher-Schalal-Hasch-Bas, 2 traf<br />

es deutlich härter. Er kann sich aber zumindest damit<br />

trösten, dass er unangefochtener Spitzenreiter der Liste<br />

der längsten biblischen Namen ist.<br />

Wie muss es sein, zum Verkündiger einer schlech-<br />

ten Nachricht zu werden und dabei zu wissen, dass<br />

einem ohnehin nicht wirklich zugehört wird? Bereits<br />

bei seiner Berufung hatte Jesaja von der Härte des Gerichts<br />

erfahren: Gott würde ein anderes Volk schicken,<br />

das Israel zerstören und das Volk Gottes weit wegführen<br />

wird. Und auch wenn Jesaja selbst die endgültige<br />

Erfüllung des Gerichts nicht mitbekam, erlebte er<br />

sein ganzes Leben, wie sich die Schlinge um Jerusalem<br />

immer enger zuzog. In seiner Jugendzeit war die Lage<br />

entspannt. Aber mit den Jahren kamen die Assyrer zurück,<br />

besiegten das Nordreich Israels und führten zehn<br />

der zwölf Stämme Israels in die Gefangenschaft. Jesaja<br />

bekam hautnah mit, wie eine befestigte Stadt nach der<br />

anderen verloren ging. Irgendwann bestand das einst so<br />

mächtige Königreich Davids und Salomos nur noch aus<br />

der Stadt Jerusalem und dem unmittelbaren Umland.<br />

Deswegen vergleicht Jesaja Jerusalem einmal mit einer<br />

windschiefen Hütte im Weinberg (Jesaja 1,8). Und<br />

selbst Jerusalem ging es an den Kragen. Der langen Belagerung<br />

durch die Assyrer entkam die Stadt nur, weil<br />

Gott selbst durch seinen Engel das Heer der Assyrer<br />

auslöschte. Jesaja selbst war bei all dem mittendrin (2.<br />

Könige 18-19).<br />

DIE HELLE SEITE DER BOTSCHAFT:<br />

KNECHT UND KÖNIG<br />

Die politische Lage wurde immer düsterer und die Botschaften<br />

Jesajas zum Teil auch. Aber eben nur zu einem<br />

Teil. Neben dem Gericht kündigte Jesaja nämlich auch<br />

Hoffnung an. Hoffnung durch eine Person, die Gott<br />

selbst zur Rettung seines Volkes schicken würde.<br />

Wenn man durch die langen 66 Kapitel des Buches<br />

Jesaja liest, dann begegnet einem diese Person immer<br />

wieder. Dabei bekommt man schnell den Eindruck,<br />

dass es sich dabei eigentlich nicht um eine einzige Person<br />

handeln kann. Zu Beginn des Buches wird sie uns<br />

als der vorgestellt, durch den Gott zu den Menschen<br />

kommt. 3 Später ist diese Person dann der leidende<br />

Knecht Gottes, der für die Sünden seines Volkes<br />

bezahlt (Jesaja 53). Und noch ein paar Kapitel später<br />

wird sie uns als der mächtige Eroberer vorgestellt (Jesaja<br />

59,15b-21). So viele Charaktereigenschaften – kann<br />

das wirklich ein und dieselbe Person sein?<br />

Heute wissen wir, dass diese Person Jesus Christus<br />

ist. In ihm wurde Gott einer von uns und wohnte unter<br />

uns (Johannes 1,14). Dabei war er gleichzeitig Knecht<br />

und König, Lamm und Löwe. Er war ein König geboren<br />

nicht im Palast in Jerusalem, schon gar nicht am<br />

Hof des Kaisers in Rom, sondern in einem ärmlichen<br />

Stall in einem unbedeutenden Provinzstädtchen.<br />

Als erwachsener Mann veranstaltete er einen<br />

königlichen Triumphzug, aber statt hoch zu Ross ritt<br />

er auf einem kleinen Esel. Eine Woche später sah man<br />

ihn in einem königlichen Mantel mit einer Krone auf<br />

dem Kopf. Aber der Mantel diente dem Spott, und die<br />

Krone war aus Dornen und ritzte ihm die Stirn blutig.<br />

Der Richter der Welt wurde von der Welt gerichtet.<br />

Er, der alle Atome dieser Welt zusammenhält, starb an<br />

1 bedeutet: Ein Überrest wird umkehren (Jesaja 7,3).<br />

2 bedeutet: Der Raub eilt, die Beute hastet (Jesaja 8,3).<br />

3 Diese Person wird Immanuel genannt, was Gott mit uns bedeutet<br />

(Jesaja 7,14).<br />

30


einem Kreuz, das ohne ihn jeden Moment auseinanderfallen<br />

würde (Kolosser 1,17). Und doch stand er aus<br />

den Toten auf und wird in einer Macht wiederkommen,<br />

die alle Naturkatastrophen und Kriege in den<br />

Schatten stellt. In Jesus erkennen wir, wie es sein kann,<br />

dass jemand gleichzeitig der leidende Knecht und der<br />

erobernde König ist.<br />

Als Jesaja bei seiner Berufung im Tempel Gott<br />

begegnete, da bekannte er seine eigene Unwürdigkeit.<br />

Gott sagte damals nicht einfach: „Jesaja, ist schon<br />

okay.“ Stattdessen nahm ein Engel eine glühende Kohle<br />

vom Opferaltar und berührte Jesajas Lippen mit den<br />

Worten: „Deine Schuld ist von dir genommen und deine<br />

Sünden sind gesühnt.“ (Jesaja 6,7) Natürlich können die<br />

heißesten Kohlen vom besten Opferaltar der Welt keine<br />

Sünden wegnehmen. Aber sie wiesen schon damals hin<br />

auf das wahre Opfer, das unsere Sünden sühnt: Jesus.<br />

Als Knecht nahm er unsere Schuld auf sich, als König<br />

besiegte er den Tod.<br />

DIE REAKTION AUF DIE BOTSCHAFT:<br />

LICHT WERDEN…<br />

„Finsternis bedeckt die Erde“, so beschreibt Jesaja den<br />

Zustand der Welt, in der er lebte und in der wir auch<br />

heute noch leben. Aber im gleichen Atemzug ermutigt<br />

er alle, deren Schuld gesühnt ist, Licht zu werden,<br />

denn: Unser Licht kommt. Weil mit Jesus das Licht der<br />

Welt gekommen ist und wiederkommen wird, sollen<br />

die Erlösten im Licht wandeln (1. Johannes 1,5-7) und<br />

damit selbst Licht werden (Jesaja 60,1-2).<br />

Jesaja war der erste Mensch der Weltgeschichte, der<br />

ausführlich erklärte, wer Jesus ist. Im gesamten Alten<br />

Testament gibt es sehr Vieles, was auf Jesus hinweist<br />

und viele Propheten sprachen von ihm. Und doch gab<br />

uns keiner ein so deutliches Bild von dem, wer Jesus ist<br />

und was er getan hat wie Jesaja. Der bekannte englische<br />

Prediger C.H. Spurgeon sagte einmal über das Buch<br />

Jesaja: „Man könnte es sehr gut auch das Jesaja-Evangelium<br />

nennen, weil es voll von Wahrheiten des Evangeliums<br />

ist.“ Das erklärt auch, warum kein anderes<br />

biblisches Buch im Neuen Testament öfters zitiert wird.<br />

Wir wissen nicht, wie viel Jesaja im Einzelnen<br />

darüber wusste, wie der Knecht und König in diese<br />

Welt kommen würde. Und dennoch ist Jesajas Leben<br />

ein Beispiel für das, was es bedeutet, Licht zu werden.<br />

Er gehorchte Gott, auch wenn er fast ausschließlich<br />

auf Unglauben traf. Anders als Jesaja kennen wir Jesus<br />

aus dem Neuen Testament und sind so in einer viel<br />

besseren Lage. Wie viel mehr ist es dann nicht auch<br />

unsere Aufgabe, heute Licht zu sein, so wie Jesaja es in<br />

seiner Zeit war!<br />

Wie kann das aussehen? Zum Beispiel, indem wir<br />

das Evangelium in unserem direkten Umfeld weitersagen<br />

und so das im Kleinen tun, was Jesaja im Großen<br />

getan hat. Oder dadurch, dass wir unser Licht vor<br />

anderen Menschen leuchten lassen, indem wir einfach<br />

anders leben (Matthäus 5,16). „Kommt, lasst uns<br />

wandeln im Licht des Herrn!“ So ruft Jesaja auch uns<br />

dazu auf, Gott mit dem gesamten Leben nachzufolgen<br />

(Jesaja 2,5).<br />

…WEIL WIR FÜR EINE ANDERE WELT<br />

GESCHAFFEN SIND<br />

Der Heilige Geist hat es nicht für nötig gehalten uns zu<br />

sagen, wie Jesaja geboren wurde und er sagt uns auch<br />

nicht, wie der Prophet starb. Vieles spricht dafür, dass<br />

er als alter Mann von Hiskias gottlosem Sohn Manasse<br />

zersägt wurde. 4 Ein Leben gegen den Strom, eine Berufung<br />

ohne Nachfolger und zum Schluss ein grausamer<br />

Tod. War es das wert?<br />

Für Jesaja war all das nebensächlich, denn er lebte<br />

nicht für diese Welt, sondern für eine andere. Seine eigene<br />

ging ja ohnehin gerade unter. Über Menschen wie<br />

ihn heißt es im Hebräerbrief, dass sie sich martern ließen,<br />

Spott ertrugen, im Gefängnis landeten, gesteinigt,<br />

zersägt und auf viele andere grausame Weisen verfolgt<br />

und umgebracht wurden. Sie waren bereit, „das alles zu<br />

erdulden, um durch die Auferstehung ein besseres Leben zu<br />

erhalten.“ Die Ewigkeit war ihnen so wichtig, dass die<br />

gegenwärtige Welt „es nicht wert war, sie in ihrer Mitte<br />

zu haben“ (Hebräer 11,35-38). Vermutlich bekam Jesaja<br />

dann gegen Ende seines Lebens von Gott sogar noch<br />

einen Einblick in diese andere Welt, für die er lebte:<br />

Siehe ich schaffe einen neuen Himmel und eine neue<br />

Erde, so dass man an die früheren nicht mehr gedenkt und<br />

sie nicht mehr in den Sinn kommen werden; sondern ihr<br />

sollt euch allezeit freuen und frohlocken, über das, was<br />

ich erschaffen werde. Und ich selbst werde mich freuen<br />

über mein Volk, und es soll kein Klagelaut und kein<br />

Wehgeschrei mehr darin vernommen werden (aus Jesaja<br />

65,17-19).<br />

Das ist die Welt, für die Jesaja sein Licht leuchten<br />

ließ.<br />

Für welche Welt scheint dein Licht?<br />

MISSION STATEMENT<br />

Josia existiert, um das Evangelium der Gnade Gottes<br />

unter jungen Menschen in Deutschland zu verbreiten und<br />

Jugendliche zu motivieren, ihr Leben voll und ganz in den<br />

Dienst unseres Herrn Jesus Christus zu stellen.<br />

4 Jesaja ist die einzige Person, über die die außerbiblischen jüdischen<br />

Schriften berichten, dass er zersägt wurde. Die biblische Erwähnung<br />

eines alttestamentlichen Heiligen, der zersägt wurde (Hebräer<br />

11,37), legt den Schluss nahe, dass Jesaja tatsächlich auf diese<br />

grausame Weise umkam.<br />

Jochen Klautke (*1988) arbeitet als Gymnasiallehrer in Gießen<br />

und studiert nebenbei Theologie an der ART in Hannover.<br />

Darüber hinaus engagiert er sich in der Jugendarbeit seiner<br />

Gemeinde und bloggt auf josiablog.de.<br />

31


KIRCHE IN DER SCHWEIZ<br />

Das Interview über<br />

bibeltreue Gemeinden.


WINTERTHUR<br />

Thomas<br />

Reiner<br />

Interview von Peter Voth<br />

Thomas Wer? Pfarrer Thomas Reiner ist in der Tat kein bekannter<br />

Name im evangelikalen Deutschland. Doch genau deswegen ist er<br />

so interessant für uns. Sind es nicht die Nachfolger Jesu, die ruhig,<br />

demütig und treu ihren Dienst im Reich Gottes tun, auf deren Worte<br />

wir vielleicht am meisten hören sollten?<br />

© Fotos: Thomas Reiner & Miriam Reiner<br />

33


Hallo Thomas, könntest du dich kurz unseren<br />

Lesern vorstellen? In welchem Alter bist du, wie ist<br />

dein Familienstand und welchem Beruf gehst du<br />

nach?<br />

Ich bin 45 Jahre alt, verheiratet und Vater von vier Kindern,<br />

von denen zwei schon erwachsen sind. Vor etwas<br />

mehr als zehn Jahren wurde ich als Pfarrer in die Evangelisch-reformierte<br />

Kirche Westminster Bekenntnisses<br />

(ERKWB) in Winterthur, in der Schweiz, berufen.<br />

Dann bist du also schon sehr jung Vater geworden?<br />

Ja, so ist es.<br />

Kommen wir zu deiner Gemeinde. Die ERKWB<br />

(Evangelisch-reformierte Kirche Westminster<br />

Bekenntnisses) Winterthur feierte dieses Jahr ihr<br />

10-jähriges Jubiläum. Wie ist die Gemeinde entstanden?<br />

Pfarrer Reinhard Mayer aus Rankweil in Österreich<br />

rief mich an, um zu fragen, ob ich zusammen mit zwei<br />

Familien in Winterthur eine Gemeinde der ERKWB<br />

gründen möchte. Ich hatte die Homepage der Kirche<br />

bereits einige Jahre zuvor im Internet entdeckt. Es begeisterte<br />

mich, von einer Kirche zu lesen, die sich in ihrer<br />

Lehre und Ordnung an der reformierten Theologie<br />

orientiert. So etwas gab es leider in der Schweiz nicht.<br />

Darum sagte ich spontan zu. Nach einigen Gesprächen<br />

wurde ich von der Kirche für den Dienst in Winterthur<br />

berufen.<br />

Die Gottesdienste feierten wir zu Beginn in einem<br />

Privathaus. Nach etwa einem halben Jahr sind wir in<br />

den Büroraum gezogen, wo wir uns heute noch treffen.<br />

Wie oft trefft ihr euch und wie sieht so ein Sonntagmorgen<br />

Gottesdienst bei euch typischerweise aus?<br />

Wir treffen uns am Sonntagmorgen zum Gottesdienst<br />

und am Abend zum Gebet.<br />

Den Gottesdienst feiern wir anhand einer Liturgie.<br />

Wir lesen einen Psalm im Wechsel, prüfen uns an<br />

Gottes Gesetz und bekommen die Vergebung aus dem<br />

Evangelium zugesprochen. In jedem Gottesdienst gibt<br />

es eine Gemeindeschulung, wo ein Abschnitt aus dem<br />

Heidelberger Katechismus gelehrt wird. Den größten<br />

Platz nimmt die Predigt ein, in der normalerweise<br />

ein biblisches Buch fortlaufend ausgelegt wird. Den<br />

Gottesdienst beschließen wir mit gemeinsamem Gebet<br />

und einem Segen. Zu jedem Teil der Liturgie gehört ein<br />

Lied, das wir ebenfalls als Gebet verstehen.<br />

Warum ist euch ausgerechnet das Westminster<br />

Bekenntnis so wichtig? So wichtig, dass ihr das Bekenntnis<br />

sogar in euren Namen aufgenommen habt?<br />

Der Grund liegt in der Entstehung der Kirche. Sie<br />

wurde von einem Pfarrer in Österreich gegründet. Dort<br />

ist es üblich, dass das Bekenntnis im Namen angegeben<br />

wird. Es gab dort bereits zwei reformierte Kirchen.<br />

Eine trug das Augsburger Bekenntnis und die andere<br />

das Helvetische Bekenntnis in ihrem Namen. Weil<br />

diese Landeskirchen liberal geworden sind, gründete<br />

jener Pfarrer die ERKWB. Das Westminster Bekenntnis<br />

wurde ausgewählt, weil es die letzte umfassende<br />

reformierte Bekenntnisschrift ist. Daneben haben wir<br />

auch den Heidelberger Katechismus als verpflichtende<br />

Lehrschrift. Er ist im deutschsprachigen Raum (und<br />

darüber hinaus) der bekannteste Katechismus. Darum<br />

schulen wir die Gemeinde nicht nach den Westminster<br />

Katechismen.<br />

Sehr interessant. Für mich ist diese Fixierung auf<br />

bestimmte Bekenntnisse etwas befremdlich, aber<br />

nur weil ich anders aufgewachsen bin. Warum sind<br />

Bekenntnisse wichtig?<br />

Das Bekenntnis fasst (relativ) kurz zusammen, was wir<br />

glauben und wie wir die Bibel verstehen. Wir Pfarrer<br />

werden verpflichtet, die Gemeinden gemäß diesem Bekenntnis<br />

zu lehren. Wir wissen, dass die Auslegung der<br />

Schrift nicht mit uns und unserer Erkenntnis beginnt.<br />

Die Gottesmänner der Reformation rangen darum, die<br />

Wahrheit zu erkennen. Weil auch sie die wahre Lehre<br />

suchten und bis heute oft unübertroffen klar formulierten,<br />

bekennen wir sie mit ihnen. Das Bekenntnis ist<br />

damit ein guter Schutz gegen viele Arten von Irrlehren.<br />

Es dient der Einheit der Kirche, die nur in der Wahrheit<br />

zu finden ist.<br />

Ja, die massive Selbstzentriertheit und der Mangel<br />

an feststehenden Glaubenslehren sind sicherlich<br />

auch für den miserablen geistlichen Zustand vieler<br />

evangelikaler Gemeinden verantwortlich. Wie bewertest<br />

du den neuen „reformatorischen Geist“ im<br />

deutschsprachigen Raum? Vor allem junge Christen<br />

aus den verschiedensten Denominationen (Baptisten,<br />

Brüdergemeinden, Pfingstler, Landeskirche<br />

etc.) wenden sich immer öfter den reformatorischen<br />

Lehren zu.<br />

Das ist eine erfreuliche Entwicklung. Ich wünschte mir,<br />

dass diese Gruppen noch besser verknüpft wären und<br />

regelmäßig Kontakt miteinander pflegten.<br />

Ja, das wünschen wir uns als <strong>Magazin</strong> auch. Im<br />

„neuen“ Calvinismus findet man jedoch selten die<br />

ausgeprägte „klassische“ reformierte Ausrichtung,<br />

wie sie bei euch konsequent mit den Bekenntnissen<br />

praktiziert wird. Meiner Meinung nach sehen leider<br />

viele Reformierte die „Neuen Reformatorischen“ zu<br />

kritisch. Wie siehst du das?<br />

Obwohl ich mich selbst zur klassischen reformierten<br />

Richtung zähle, möchte ich dazu Folgendes sagen: Ich<br />

hoffe, dass „Calvinismus“ nicht zu einem hohen Ross<br />

verkommt, von dem man auf andere herabschaut. Die<br />

richtige Auslegung der Schrift – etwas, wofür Calvin<br />

vorrangig arbeitete – darf nicht bloß eine intellektuelle<br />

Auseinandersetzung sein. Die reformierte Lehre ist für<br />

die Seelsorge absolut notwendig. Wenn die Schrift inkorrekt<br />

ausgelegt wird, werden Menschen gezwungen,<br />

etwas zu tun, was sie nicht erreichen können. Ehrlich<br />

gesagt bedauere ich Christen, die sich mit irrenden<br />

theologischen Prinzipien abkämpfen. Gottes Barmherzigkeit<br />

gebietet, dass wir einander nicht verachten,<br />

sondern einander aufhelfen. Wer sich auf das hohe<br />

Ross seiner vermeintlichen Erkenntnis gesetzt hat, kann<br />

diesen nötigen Liebesdienst nicht leisten.<br />

34


„Wir wissen, dass<br />

die Auslegung der<br />

Schrift nicht mit<br />

uns und unserer<br />

Erkenntnis beginnt.“


Zurück zu dir. Wie bist du zum Glauben gekommen?<br />

Und ab wann spielte die reformierte Glaubensrichtung<br />

eine entscheidende Rolle in deinem Leben?<br />

Ich bin in einem landeskirchlichen Elternhaus aufgewachsen<br />

und wurde zur Sonntagsschule geschickt. Von<br />

Anfang an liebte ich die biblischen Geschichten so,<br />

dass ich sie nicht mehr vergaß. Später besuchte ich die<br />

Jungschar (eine Jugendarbeit in der Schweiz, die mit<br />

christlichen Pfadfindern verglichen werden kann) einer<br />

Freikirche. Während einer evangelistischen Andacht,<br />

ich war erst elf Jahre alt, fiel es mir wie Schuppen von<br />

den Augen. Es wurde uns erzählt, dass Jesus am Kreuz<br />

für die Sünden der Menschen starb. Ich erinnere mich,<br />

als wäre es erst gestern passiert, wie ich dachte: Aha,<br />

darum drehen sich all die biblischen Geschichten, die<br />

ich so liebe.<br />

Nach meiner Konfirmation in der Landeskirche<br />

besuchte ich diese evangelikale Freikirche. An einem<br />

Sonntag gestalteten Studenten des Theologischen<br />

Seminars den Gottesdienst. Ich war begeistert von dem,<br />

was sie erzählten und wünschte mir, selbst Prediger zu<br />

werden. Dieser Wunsch, der zwischenzeitlich auch von<br />

anderen Dingen überdeckt wurde, wuchs schließlich<br />

so, dass ich mich, als ich bereits verheiratet war und<br />

zwei Kinder hatte, an jenem Theologischen Seminar<br />

anmeldete.<br />

Erst dort wurde ich herausgefordert, genauer über<br />

den Glauben nachzudenken. Die schnellen Antworten,<br />

die in der Gemeinde zu Fragen wie Erwählung gegeben<br />

wurden, hielten dem, was ich in der Bibel las, nicht<br />

mehr Stand. Schon im ersten Jahr meines Studiums<br />

kaufte ich mir die Institutio von Calvin. Sie ist das<br />

Hauptwerk des Reformators, in dem er die christliche<br />

Religion lehrt. Als ich darin las, war ich freudig<br />

erstaunt, wie schlicht und biblisch seine Ausführungen<br />

waren. Darauf habe ich mich im Lauf des Studiums<br />

immer mehr der reformierten Theologie zugewandt.<br />

Wie alt warst du zu diesem Zeitpunkt?<br />

Das Theologische Seminar besuchte ich, als ich zwischen<br />

26 und 30 Jahren alt war.<br />

Vielen Dank für diese interessanten Einblicke. Zum<br />

Abschluss unsere 10 „heißen“ Fragen. Welcher biblischen<br />

Person würdest du gerne welche Frage stellen?<br />

Ich würde gerne <strong>Timotheus</strong> fragen, wie er es schaffte,<br />

Älteste in den Gemeinden einzusetzen, die den Vorgaben<br />

entsprachen, die ihm Paulus gab.<br />

Schwierigste Bibelstelle?<br />

Ich weiß nicht, ob das wirklich die schwierigste Stelle<br />

ist. Ich habe lange über 1. Johannes 5,16 nachgedacht.<br />

Johannes schreibt von einer Sünde zum Tode und<br />

davon, dass man nicht für jemand bitten soll, der sie<br />

begeht. Obwohl ich die Stelle auslegen kann, bin ich<br />

mir immer noch nicht ganz sicher, ob ich sie richtig<br />

verstanden habe. Ich hoffe, meine Tochter, die das <strong>Magazin</strong><br />

liest, der ich erst vor kurzem diese Stelle erklärt<br />

habe, ist nun nicht allzu sehr enttäuscht.<br />

Bevorzugte Bibelübersetzung?<br />

Für das persönliche Bibelstudium verwende ich die<br />

Schlachter 2000 und in der Gemeinde Luther 1984.<br />

Allfällige Schwächen der Übersetzungen können<br />

leicht behoben werden, wenn der Abschnitt jeweils im<br />

Grundtext studiert wird. Das ist der Vorteil, wenn man<br />

in seinem Leben Zeit bekam, Griechisch und Hebräisch<br />

zu studieren.<br />

Mit welcher Person der Bibel kannst du dich am<br />

ehesten identifizieren?<br />

Mit dem Vater des besessenen Knaben, der zu Jesus<br />

schrie: „Ich glaube; hilf meinem Unglauben!“ – Markus<br />

9,24<br />

Welche Person der Kirchengeschichte würdest du<br />

gerne einmal treffen?<br />

Um nicht die üblichen reformierten <strong>Helden</strong> zu nennen,<br />

sage ich Polykarp von Smyrna. Er wurde vor seiner<br />

Hinrichtung in der Arena vom römischen Konsul aufgefordert,<br />

seinen Glauben an Christus zu verleugnen.<br />

Statt das zu tun, hat der Kirchenvater ihm angeboten,<br />

ihm den Glauben an seinen Herrn genauer zu erklären,<br />

wenn er ihm die Möglichkeit dazu gäbe. Ich würde<br />

gerne den Mann kennenlernen, der nicht trotzig an<br />

36


„Ich hoffe, dass<br />

‚Calvinismus‘ nicht<br />

zu einem hohen<br />

Ross verkommt, von<br />

dem man auf andere<br />

herabschaut. Die<br />

richtige Auslegung<br />

der Schrift – etwas,<br />

wofür Calvin<br />

vorrangig arbeitete<br />

– darf nicht bloß<br />

eine intellektuelle<br />

Auseinandersetzung<br />

sein. Die reformierte<br />

Lehre ist für die<br />

Seelsorge absolut<br />

notwendig.“<br />

seinem Glauben festhielt, sondern sich selbst vor dem<br />

Tod um eine verlorene Seele sorgte.<br />

Was war das letzte Buch, das du gelesen hast?<br />

Dangerous Calling von Paul Tripp.<br />

Welches Buch wolltest du schon immer einmal<br />

lesen?<br />

Das klingt jetzt vielleicht seltsam. Ich würde gerne die<br />

Institutio von Calvin im Zusammenhang lesen. Bisher<br />

habe ich bloß einzelne Abschnitte, aber noch nie das<br />

ganze Werk gelesen.<br />

Was bedeutet für dich „Reformation“?<br />

Die Reformation ist zuerst der Zeitabschnitt in der Kirchengeschichte,<br />

in dem die Kirche reformiert wurde.<br />

Die Reformatoren wollten eine Kirche, die sich an der<br />

Bibel orientierte. Heute ist diese Arbeit nicht abgeschlossen.<br />

Kirchen und Gemeinden müssen sich immer<br />

neu auf die Schrift zurückbesinnen, statt gedankenlos<br />

Traditionen zu pflegen.<br />

Reformiert hat für mich auch eine persönliche Ebene.<br />

Ich selbst will meinen Glauben und mein Leben so<br />

erneuern lassen, dass sie mehr und mehr dem entsprechen,<br />

was ich in der Schrift erkenne.<br />

Bestes Zitat?<br />

Ich habe kein Zitat, das ich anderen bevorzuge. Als<br />

Prediger erinnere ich immer wieder gerne an Worte von<br />

John Wesley. Er soll ungefähr Folgendes geschrieben<br />

haben: „Ich habe heute zweimal gepredigt. Die zweite<br />

Predigt war gesegneter. Sie war ein größeres Ärgernis.“<br />

Was bedeutet Jesus für dich?<br />

Jesus ist mein Herr und Erlöser. Er ist mir von meinem<br />

himmlischen Vater gegeben worden, damit ich alles in<br />

ihm finde, was ich zum Heil und Leben nötig habe:<br />

die vollständige Vergebung all meiner Sünden, die<br />

vollkommene Gerechtigkeit und die Hoffnung auf die<br />

ungetrübte Herrlichkeit.<br />

Vielen Dank für die Einblicke und deine Zeit!<br />

Gern geschehen.<br />

37


IM STUDIERZIMMER<br />

Das Interview über<br />

christliche Literatur.


MÜNCHEN<br />

Matthias<br />

Lohmann<br />

Interview von Peter Voth<br />

Das Evangelium Jesu Christi ist das Thema von Pastor Matthias<br />

Lohmann aus München. Was erstmal wie eine Plattitüde klingt,<br />

zeigt er allerdings in Wort und Tat. Vor allem durch das Netzwerk<br />

Evangelium21, das er mitgründete, wird seine Begeisterung für das<br />

Evangelium deutlich. Doch wie fing seine „Reise“ mit Gott an? Das<br />

und vieles mehr hat er uns im Interview erzählt.<br />

© Foto: Simon Arnold<br />

39


Viele unserer Leser werden dich bereits kennen,<br />

könntest du uns trotzdem verraten, wie alt du bist,<br />

wie dein Familienstand und was deine derzeitige<br />

Tätigkeit ist?<br />

Ich bin 44 Jahre alt, verheiratet mit Sarah und habe<br />

zwei Töchter. Seit 2008 bin ich Pastor der FEG München-Mitte.<br />

Nebenbei mache ich noch einige andere<br />

Dinge, so z.B. die Leitung von Evangelium21. Ich bin<br />

zudem einer der Leiter und Dozenten am MBS München<br />

und so weiter.<br />

Sehr schön, vielen Dank. In welchem Alter wurdest<br />

du Christ und wie sah dein Leben vor deiner Bekehrung<br />

aus?<br />

Ich war bereits 26 Jahre alt, als ich durch Gottes große<br />

Gnade bekehrt wurde. Davor war ich ein typischer<br />

junger Mann in der Welt. Ich habe sehr viel Sport<br />

gemacht (v.a. Fußball & Tennis), war bei jeder Party<br />

dabei, mit allem was dazu gehört (Trinken, Mädels).<br />

Ich war schon immer sehr ambitioniert. Das zeigte sich<br />

im Sport, wie auch im Studium (Politikwissenschaften,<br />

VWL und Neuere Geschichte) und überhaupt in fast<br />

allen Lebensbereichen.<br />

Haben sich diese „Ambitionen“ sofort auch in der<br />

Nachfolge bemerkbar gemacht? Oder anders gefragt,<br />

was ist der größte Unterschied zwischen „weltlicher“<br />

und „christlicher“ Ambition?<br />

Ja – mein Umfeld hätte mich vorher sicher als extrem<br />

und gleichzeitig einen netten Kerl beschrieben. Ich<br />

hoffe, dass beides auch heute noch zutrifft. Aber meine<br />

Freunde haben alle sofort eine ziemlich radikale Veränderung<br />

erlebt, auch wenn manche Dinge sich natürlich<br />

nicht über Nacht verändert haben. Ich habe einfach<br />

seit meiner Bekehrung (mal mehr und mal weniger) ein<br />

großes Verlangen, den Rest meines Lebens für Christus<br />

zu leben. Philipper 1,21 ist mir da ein Leitvers.<br />

Du giltst als ein ausgesprochener Verfechter der<br />

Gnadenlehren. Wie bist du zu einem reformatorischen<br />

Verständnis des Glaubens gekommen?<br />

Einfach durch das Lesen der Bibel, durch gute Predigten<br />

et cetera. Ich wusste lange gar nicht, dass dies nicht<br />

das ist, was alle Christen glauben. Ich wurde als junger<br />

Christ mal gefragt, ob ich reformiert wäre und habe<br />

die Frage gar nicht verstanden. Später kamen dann<br />

Prediger und Bücher hinzu, die mich da weiter zugerüstet<br />

haben. Das war dann schon auch eine bewusste<br />

Entscheidung, mich in der Erkenntnis zu stärken, die<br />

ich bereits hatte.<br />

Für viele sind diese „Labels“ ein Dorn im Auge.<br />

Ich kann verstehen warum. Wie können wir diese<br />

biblischen Lehren Menschen nahe bringen, die z.B.<br />

nicht von der vollkommenen Souveränität Gottes<br />

überzeugt sind?<br />

Ich denke, was wir wollen, ist, dass Leute in Ihrer Liebe<br />

zu Gott, zu den Geschwistern und zu den Verlorenen<br />

wachsen. Von daher sollten wir liebevoll auftreten und<br />

die Bibel lehren. Labels sind da oft eher hinderlich, da<br />

sie unnötig trennend wirken können, ohne dass die<br />

Inhalte überhaupt verstanden werden. Da, wo Gottes<br />

Wort klar verkündigt wird und Gottes Geist wirkt,<br />

wachsen wir in der Erkenntnis und Liebe. Ein Nebenprodukt<br />

ist es dann auch, dass unsere Theologie immer<br />

biblischer wird. Aber natürlich sollten wir auch bereit<br />

sein, unbiblische Theologie zu hinterfragen oder wenn<br />

nötig auch direkt zu kritisieren. Menschen-zentriertes<br />

Denken ist sehr weit verbreitet und oftmals sind Leute<br />

so geprägt und dann überrascht, wenn wir eine andere<br />

Theologie vertreten. Da gilt es, sehr geduldig, liebevoll<br />

und von der Bibel her zu argumentieren und gegebenenfalls<br />

auch mal zu akzeptieren, dass es Christen gibt,<br />

die an dieser Stelle im Moment nicht nachdenken oder<br />

daran arbeiten wollen. Wir sollten niemandem eine<br />

Diskussion aufdrängen oder sie verurteilen, weil sie<br />

Dinge anders oder noch gar nicht verstehen. Letztendlich<br />

sollten gerade die Vertreter der Gnadenlehren gnädig,<br />

demütig und geduldig sein und anerkennen, dass<br />

unsere Erkenntnis nicht unser Verdienst ist – denn alle<br />

Erkenntnis kommt von Gott – und auch nur Stückwerk<br />

ist. Da können wir sicher noch viel lernen und in<br />

der Liebe wachsen. Ich glaube, dass, wenn wir so auf<br />

Leute zugehen, sie uns auch mehr zuhören. Außerdem<br />

sollten wir nicht nur theologische Phrasen und Schriftbelege<br />

kennen, sondern wirklich gute Kenner der Bibel<br />

sein. Meine Empfehlung wäre da, eher mit jemandem<br />

die Bibel zu lesen, als ein theologisches Buch.<br />

Gleiches gilt für Predigten – keine theologischen<br />

Exkurse über Tulip (Anm. d. Red.: Englische Abkürzung<br />

für die fünf Punkte des Calvinismus), sondern<br />

einfach treu das vertreten, was der Text sagt. Wenn die<br />

Gnadenlehren biblisch sind – wovon ich zutiefst überzeugt<br />

bin - sollten wir sie allein durch das sorgfältige<br />

Studium der Schrift erkennen können. In allem sollten<br />

wir aber immer zuerst darauf bedacht sein, dass wir<br />

Menschen für Christus und für konsequente Nachfolge<br />

gewinnen und nicht primär für ein theologisches<br />

System.<br />

Vielen Dank für diesen Appell. Treue Schriftauslegung<br />

und ein wahrhaftiger Wandel sind hier gefragt.<br />

Seit einigen Jahren setzt du dich mit deiner Tätigkeit<br />

für Evangelium21 auch für das Evangelium deutschlandweit<br />

ein. Was ist Evangelium21 und was willst<br />

du mit dieser Initiative erreichen?<br />

E21 ist im Kern ein Netzwerk ähnlich gesinnter<br />

Theologen und Pastoren. Wir sind Freunde, die sich<br />

dafür einsetzen, dass das Evangelium immer mehr<br />

Raum in Gemeinden einnimmt. Wir wollen junge<br />

Leute für das Wort Gottes begeistern und sie zurüsten,<br />

damit wir wieder mehr starke, lebendige Gemeinden<br />

sehen können. Im Detail ist das auf unserer Webseite<br />

evangelium21.net beschrieben. Von 1998-2008 war<br />

ich mit einigen Unterbrechungen in Washington DC<br />

und durfte dort das Entstehen von 9Marks Ministries,<br />

der Pastorenkonferenz Together for the Gospel aber auch<br />

der Gospel Coalition miterleben. Das hat mich geprägt<br />

und in mir die Sehnsucht nach etwas Ähnlichem in<br />

Deutschland wachsen lassen. Wir wollen Gemeinden<br />

keine Konkurrenz machen, sondern diesen letztendlich<br />

dienen, indem wir Impulse setzen. Und wir beten<br />

40


dafür, dass Gott eine neue Generation von Predigern<br />

erweckt und beruft, die mutig und klar sein Wort verkünden,<br />

so dass viele Menschen zum Glauben kommen<br />

und die Heiligen im Glauben wachsen können.<br />

Warum ist es so wichtig, das Evangelium in das Zentrum<br />

eines jeden Gottesdienstes zu stellen?<br />

Weil das die Gute Nachricht ist, die Leben gibt und<br />

Leben verändert. Ohne Evangelium führt uns jeder<br />

Aufruf der Schrift in die Verzweiflung, weil wir ohne<br />

Gnade den Ansprüchen des Heiligen Gottes niemals<br />

gewachsen sind.<br />

Warum ist es dann für so viele Christen und noch<br />

schlimmer für viele Pastoren so uninteressant geworden?<br />

Das würde ich keinem Christen unterstellen wollen.<br />

Ich denke, dass oftmals das Evangelium einfach als<br />

bekannt vorausgesetzt wird und natürlich hat Satan ein<br />

Interesse daran, dass das Evangelium nicht gepredigt<br />

wird. So versucht er uns. Es entsteht Scheu, das „alte“<br />

Evangelium zu predigen oder wir verlieren es einfach<br />

aus dem Blick.<br />

Ein anderes Thema. Das deutsche Christentum ist<br />

zersplittert wie nie. Wie siehst du den Zustand und<br />

die Zukunft des Christentums in Deutschlands?<br />

Historisch kann ich das nicht beurteilen. Ich sehe<br />

das auch gar nicht so. Mir kommt es eher so vor, als<br />

sortieren sich manche Dinge neu. Ich denke, dass manche<br />

ältere Strömungen und Allianzen eventuell bald<br />

zerbrechen werden, da es eigentlich immer ein Gesetz<br />

zunehmender Fragmentierung in „Bünden“ gibt. Dann<br />

bilden sich halt neue Allianzen. E21 ist da eine solche<br />

Gruppe und ich bin ermutigt über gute Kooperation<br />

mit anderen Gruppen, wie dem EBTC, dem Bibelbund<br />

und so weiter. Ich kann die nähere Zukunft letztendlich<br />

nicht vorhersagen, aber die langfristige Prognose ist<br />

überragend (siehe Offenbarung).<br />

Das ist natürlich richtig (lacht). Vielleicht bin ich<br />

da zu pessimistisch. Wie siehst du den Zustand des<br />

Christentums, wenn du den Blick mal weg vom<br />

Evangelikalismus und hin zum „christlichen Mainstream“<br />

in Deutschland richtest?<br />

Das klingt jetzt sicher sehr provokant, aber „Mainstream“<br />

und „christlich“ schließt sich meines Erachtens<br />

aus. Ich sehe viele unbiblische Tendenzen, die leider<br />

auch teilweise die Freikirchen erreichen. Hier wird sich<br />

die Spreu vom Weizen trennen. Da mag es dann eben<br />

auch Zerbruch von alten Bünden geben. Das wird<br />

schmerzhaft werden, wird aber letztendlich helfen,<br />

denn dann werden sich Menschen klar entscheiden<br />

müssen, ob sie in allen Dingen Christus nachfolgen<br />

oder letztendlich weltlich mit „christlichem“ Anstrich<br />

leben wollen. Möge Gott es schenken, dass viele den<br />

schmalen Weg wählen, der zum ewigen Leben führt.<br />

Auch unter Christen wird diese Frage teilweise kontrovers<br />

besprochen. Welche Stellung sollten wir als<br />

Nachfolger Jesu hier einnehmen?<br />

Wir sollten selbstlos lieben und tun, was wir können!<br />

Vielen Dank. Welcher biblischen Person würdest du<br />

gerne welche Frage stellen?<br />

Ich bin Realist, von daher passt die Frage nicht so gut<br />

für mich (lacht).<br />

Schwierigste Bibelstelle?<br />

Hebräer 6,4-6 und Offenbarung 20.<br />

Bevorzugte Bibelübersetzung?<br />

Ich habe keinen echten Favorit. Ich predige aus<br />

Luther1984, lese auch gern Schlachter 2000 und viel in<br />

englischen Übersetzungen wie NIV 1984 und ESV.<br />

Mit welcher Person der Bibel kannst du dich am<br />

ehesten identifizieren?<br />

Hoffentlich immer mehr mit Jesus. Paulus ist ein<br />

Vorbild. Doch oft identifiziere ich mich auch mit dem<br />

Schwachen der Bibel.<br />

Welche Person der Kirchengeschichte würdest du<br />

gerne einmal treffen?<br />

Martin Luther.<br />

Was war das letzte Buch, das du gelesen hast?<br />

Ich bin gerade im Sabbatical und lese ganz viel. Offenbarung<br />

in der Bibel und dazu „More Than Conquerors:<br />

An Interpretation of the Book of Revelation“ von<br />

William Hendriksen, David Helms Buch zu textauslegendem<br />

Predigen, das wir (E21) in Kooperation mit<br />

dem 3L Verlag kürzlich auf Deutsch herausgebracht<br />

haben, Francis Chans „Crazy Love“, „The Pastor &<br />

Counseling“ Deepak Reju und Ed Welchs neues Buch<br />

„Side By Side“.<br />

Welches Buch wolltest du schon immer einmal<br />

lesen?<br />

Weiß ich nicht. So manches dicke Buch, für das ich<br />

dann keine Zeit fand, vor allem Biographien.<br />

Was bedeutet für dich „Reformation“?<br />

Sich von Gottes Wort und seinem Geist immer neu<br />

verändern zu lassen im Sinne von Römer 12,1-2 – persönlich<br />

und als Gemeinde.<br />

Was bedeutet Jesus für dich?<br />

Jesus ist mein Retter, mein Herr, mein großer Bruder,<br />

mein Ziel.<br />

Vielen Dank für das Gespräch. Möge Gott dir viel<br />

Gnade und Kraft als Ehemann, Familienvater und in<br />

deinen Tätigkeiten im Reich Gottes schenken.<br />

Danke, Peter!<br />

Die letzte Frage, bevor wir zu unseren abschließenden<br />

10 „heißen“ Fragen kommen. Aktuell wird die<br />

Frage der Flüchtlinge in den Medien diskutiert.<br />

41


NEUHEITEN & SONDERANGEBOTE JETZT ONLINE BESTELLEN<br />

CBUCH.DE<br />

Der<br />

vergessene<br />

Auftrag<br />

THOMAS LANGE<br />

EIN WECKRUF ZUR<br />

ERFÜLLUNG DES<br />

MISSIONSBEFEHLS<br />

Genau zwei Dinge<br />

können wir im Himmel<br />

nicht mehr tun:<br />

Erstens gegen Gottes<br />

Maßstäbe verstoßen<br />

und zweitens die Erlösungstat<br />

von Jesus<br />

Christus verbreiten.<br />

Zu Letzterem hat<br />

uns Gott definitiv berufen. Es ist der große Auftrag.<br />

Doch wie sieht die Realität aus? Ein Großteil der<br />

Gläubigen befindet sich in einem Dornröschenschlaf,<br />

nimmt den Missionsbefehl nicht mehr ernst und verkümmert<br />

diesbezüglich in Lethargie und Beliebigkeit.<br />

Es gilt die Devise „Reden ist Silber und Schweigen ist<br />

Gold“. Lähmung und Stagnation ist das traurige Ergebnis.<br />

Dieses Buch ist ein Plädoyer für die Verbreitung<br />

der Guten Nachricht und ein leidenschaftlicher Aufruf<br />

an alle Nachfolger Jesu, aufzuwachen und den großen<br />

Auftrag auszuführen.<br />

253179 – PAPERBACK, 104 SEITEN – € 6,50<br />

Katharina<br />

ELEONORE<br />

DEHNERDT<br />

DIE STARKE FRAU AN<br />

LUTHERS SEITE<br />

Mit 24 Jahren flieht<br />

Katharina zusammen<br />

mit mehreren anderen<br />

Nonnen aus dem<br />

Kloster. Sie will mit<br />

dem neuen Gottesbild<br />

der Reformation in<br />

das Leben aufbrechen.<br />

Katharina lernt das<br />

Kinderhüten, Schweinezüchten und Bierbrauen, erlebt<br />

die erste Liebe und meistert alles mit bewundernswerter<br />

Eigenständigkeit. Schließlich will sie den Reformator<br />

Martin Luther selbst heiraten. Zunächst lacht dieser darüber,<br />

doch schon bald wird sie sein „Morgenstern“ …<br />

114274 – TASCHENBUCH, 208 SEITEN – € 12,99<br />

Gute Nacht,<br />

gute Nacht,<br />

Gott gebe<br />

Gnade!<br />

HRSG. GEORG<br />

WALTER<br />

DIE FROHE<br />

GLAUBENS-<br />

ZUVERSICHT DER<br />

MÄRTYRER DER<br />

TÄUFERBEWEGUNG.<br />

Zeugnisse aus dem<br />

Märtyrerspiegel von<br />

Thielemann Jantz van<br />

Braght – zusammengetragen<br />

von Georg<br />

Walter. Der Holländer Thielemann Jantz van Braght<br />

(1625-1664) ist Autor des Märtyrerspiegels, einer detaillierten<br />

Geschichte der christlichen Märtyrer von der<br />

Zeit der Urchristen bis ins 16. Jahrhundert. Besonderen<br />

Schwerpunkt legt der Märtyrerspiegel auf die Geschichte<br />

der Wiedertäufer.<br />

336161 – PAPERBACK, 183 SEITEN – € 8,90<br />

Die Kraft der<br />

Evangeliumsbotschaft<br />

PAUL WASHER<br />

Die Vorrangstellung<br />

des Evangeliums<br />

kann unmöglich<br />

überbetont oder<br />

überbewertet werden.<br />

Dementsprechend<br />

ist es also die eine<br />

Botschaft, an der<br />

wir beharrlich<br />

festhalten müssen.<br />

Wenn schon die geringfügigste Abweichung von<br />

der biblischen Wahrheit gefährlich ist, können wir<br />

dennoch viele Dinge falsch verstehen, ohne dabei<br />

unser ewiges Schicksal aufs Spiel zu setzen. Dem<br />

Evangelium keinen Vorrang zu geben, bedeutet es<br />

im Ganzen falsch zu verstehen. Wir haben aus dem<br />

Evangelium eine vereinfachte und leicht verständliche<br />

Darlegung des Glaubens gemacht, die viel von der<br />

ursprünglichen Schönheit des Evangeliums wegnimmt<br />

und wenig Herrlichkeit zurücklässt, die bewundert<br />

oder weitgehend erforscht werden kann.<br />

863932 – PAPERBACK, 408 SEITEN – € 14,50<br />

ERSCHEINT IM OKTOBER 2015!<br />

42


TEL 05237-899090 EMAIL INFO@BETANIEN.DE<br />

ONLINE CBUCH.DE VERLAGSINFO BETANIEN.DE<br />

Streitfall Millenium<br />

KIM RIDDLEBARGER<br />

WIRD ES GOTTES REICH AUF ERDEN GEBEN?<br />

Was ist mit den „tausend Jahren“ aus Offenbarung 20<br />

gemeint? Für eine Antwort müssen die ganze Bibel und<br />

das Thema Prophetie systematisch untersucht werden.<br />

Viel Einleuchtendes über Israel, Drangsal, Entrückung<br />

und Endzeitzeichen wird dabei deutlich. Der Autor<br />

erklärt diese und andere Themenbereiche biblisch-systematisch<br />

und verteidigt dabei die klassische reformierte<br />

Position, den Amillennialismus. Besonders in der<br />

heutigen Zeit, wo Missverständnisse über das Reich<br />

Gottes oft zu einem fragwürdigen Christentum führen,<br />

ist diese tief gegründete biblische Lehre heilsam und<br />

wohltuend, damit Christen mit den richtigen Einstellungen<br />

und Erwartungen Gott treu dienen.<br />

Anmerkung: Du hast eine andere Auffassung über das<br />

Tausendjährige Reich? Das ist völlig ok – dieses Buch<br />

ist keine Kampfansage, sondern eine Einladung, die<br />

Argumente dieser Sichtweise kennenzulernen. Der<br />

Herausgeber schätzt Gläubige mit anderen Endzeit-Ansichten<br />

uneingeschränkt als Geschwister und hofft, dass<br />

das auch umgekehrt gilt.<br />

176310 – PAPERBACK, 347 SEITEN – € 15,90<br />

Himmel, Hölle,<br />

Engel und<br />

Dämonen<br />

R.C. SPROUL<br />

DIE UNSICHTBARE<br />

WELT<br />

Die meisten Christen<br />

akzeptieren das<br />

biblische Bekenntnis,<br />

dass es einen Gott<br />

gibt, der im Himmel<br />

und auf Erden regiert.<br />

Dennoch sind wir<br />

uns bezüglich anderer<br />

geistlicher Wahrheiten nicht so sicher. Dazu gehören:<br />

Himmel und Hölle, Engel und Dämonen und der<br />

Satan. Diese werden in der Schrift genauso als Realität<br />

beschrieben wie Gott selbst. Im Zentrum des christlichen<br />

Weltbildes steht das Übernatürliche und wir<br />

dürfen nicht zulassen, dass der weltliche Skeptizismus<br />

unsere Glaubensgrundlagen beeinflusst. Die kurze Tour<br />

durch die biblischen Lehren in diesem Buch bezüglich<br />

der unsichtbaren Welt wird Ihren Glauben an die Lehren<br />

des Übernatürlichen, stärken.<br />

863959 – PAPERBACK, 144 SEITEN – € 11,50<br />

Taufe – Impuls<br />

PETER GÜTHLER<br />

WIE IRRTÜMER<br />

ÜBER DEN HEILIGEN<br />

GEIST DEN GLAUBEN<br />

BEDROHEN<br />

Hast du dich<br />

schon einmal mit<br />

dem Thema Taufe<br />

beschäftigt? Möchtest<br />

du wissen, was die<br />

Bibel dazu sagt?<br />

Denkst du vielleicht<br />

sogar darüber nach,<br />

dich taufen zu lassen?<br />

Dann solltest du unbedingt diesen Kurs machen. In<br />

drei Lektionen erarbeitest du die Bedeutung der Taufe<br />

im Neuen Testament, ihre Veränderung im Laufe<br />

der Kirchengeschichte und ihre Herausforderung<br />

für dich persönlich. Du kannst diesen Kurs allein, in<br />

einer Gruppe oder zusammen mit einem erfahrenen<br />

Gläubigen studieren. Finde heraus, was Gott von dir<br />

möchte, und tu es! Das ist der erste Band in der neuen<br />

Impuls-Reihe von rigatio. Diese Reihe bringt Themen<br />

kurz und klar auf den Punkt.<br />

682019 – BROSCHIERT, 64 SEITEN – € 7,95<br />

43


„Wir sollten in allen Bibelteilen<br />

nach Christus Ausschau halten.“<br />

William MacDonald

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!