Teilhabe und Unterstützung für Menschen mit Behinderung - v ...
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konkreten Lebensumfeld bieten. Da stehen die positiven Entwicklungen des Rechts auf vielfache Weise in Spannung<br />
zum wachsenden Kostendruck in der Eingliederungshilfe. Die Umsetzungsprozesse werden Jahre andauern, so dass<br />
die Auswirkungen noch nicht abschließend beurteilt werden können.<br />
So sind auch die politisch gewollten Entwicklungen von Hilfeansätzen, die auf das Individuum bezogen sind <strong>und</strong> Institutionen<br />
so weit wie möglich abbauen sollen, nur zu begrüßen; dazu gehören die individuelle Hilfeplanung, das persönliche<br />
Budget <strong>und</strong> die Stärkung des Vorrangs ambulanter Hilfen. Nicht immer zielen diese Aktivitäten jedoch auf<br />
eine tatsächliche Weiterentwicklung von <strong>Unterstützung</strong>s- <strong>und</strong> Assistenzarrangements <strong>für</strong> <strong>Menschen</strong> <strong>mit</strong> <strong>Behinderung</strong>.<br />
Vielfach dominiert das Interesse an Kosteneinsparungen. Dadurch werden sinnvolle <strong>und</strong> notwendige Entwicklungen<br />
entwertet <strong>und</strong> behindert.<br />
Dieser Widerspruch kennzeichnet die gegenwärtige Situation.<br />
Finanzielle Rahmenbedingungen<br />
Die Rehabilitations- <strong>und</strong> <strong>Teilhabe</strong>leistungen <strong>für</strong> <strong>Menschen</strong> <strong>mit</strong> <strong>Behinderung</strong> finden kostenmäßig ihren deutlichsten<br />
Niederschlag in der sozialhilfebasierten Eingliederungshilfe. Vor allem die demographische Entwicklung unserer<br />
Gesellschaft <strong>und</strong> die positiven Auswirkungen des medizinisch-technischen Fortschrittes, die eine spürbar höhere<br />
Lebenserwartung <strong>für</strong> <strong>Menschen</strong> <strong>mit</strong> <strong>Behinderung</strong> bewirken, führen bis auf Weiteres zu einem deutlichen Anstieg der<br />
Zahl der <strong>Menschen</strong> <strong>mit</strong> <strong>Behinderung</strong>, die auf <strong>Unterstützung</strong> angewiesen sind. Zum ersten Mal in der Geschichte der<br />
B<strong>und</strong>esrepublik wird nach den Krankentötungen im Dritten Reich die Population der behinderten <strong>Menschen</strong> vollständig<br />
sein <strong>und</strong> erreicht da<strong>mit</strong> zahlenmäßig ihren Höhepunkt. Danach wird sie einhergehend <strong>mit</strong> dem Sinken der gesamtgesellschaftlichen<br />
Bevölkerungszahl abnehmen 3 .<br />
Die langfristig katastrophale Lage der kommunalen Haushalte schlägt auf die Finanzierung von notwendigen<br />
Leistungen <strong>für</strong> <strong>Menschen</strong> <strong>mit</strong> <strong>Behinderung</strong> durch: sowohl Bausteine der kommunalen Daseins<strong>für</strong>sorge, wie beispielsweise<br />
die <strong>Unterstützung</strong> <strong>für</strong> Selbsthilfeinitiativen oder Beratungs- <strong>und</strong> Begegnungsstellen <strong>und</strong> ebenso klassische<br />
Leistungen der Eingliederungshilfe, unterliegen einem blockierenden Spardiktat. Gründe liegen vor allem in der unausgewogenen<br />
Verteilung von Versorgungspflichten zwischen den staatlichen Ebenen <strong>und</strong> ihrer finanziellen Ausstattung<br />
im Rahmen der B<strong>und</strong>-/Länder- <strong>und</strong> Gemeindefinanzierung. Der Abbau dieser niedrigschwelligen, gemeinde-integrierten<br />
<strong>Unterstützung</strong>ssysteme (z.B. auch kirchlicher!) birgt die Gefahr, eine weitere umfassende Integration <strong>und</strong> <strong>Teilhabe</strong><br />
<strong>für</strong> <strong>Menschen</strong> <strong>mit</strong> <strong>Behinderung</strong> zu erschweren oder zu verhindern.<br />
Die primären Sozialleistungssysteme wie Kranken-, Arbeitslosen-, Renten- <strong>und</strong> Pflegeversicherung geraten ihrerseits in<br />
Finanzierungskrisen.<br />
Die <strong>für</strong> die Eingliederungshilfe zuständigen Sozialhilfeträger suchen erkennbar nach Steuerungs- <strong>und</strong> Begrenzungsmöglichkeiten<br />
im Blick auf den erheblichen Anstieg der Sozialhilfeausgaben <strong>für</strong> die Eingliederungshilfe. Eine Verschiebung<br />
von auf Sozialhilfe basierenden Versorgungslasten von der Eingliederungshilfe in die vorgelagerten Systeme ist<br />
weitgehend ausgeschlossen. Vielmehr ist <strong>mit</strong> einer Rückverweisung oder Aufhebung von bislang dort verankerten<br />
Sonderleistungen <strong>für</strong> <strong>Menschen</strong> <strong>mit</strong> <strong>Behinderung</strong> zu rechnen.<br />
Aktuell ist folgende Entwicklung zu beobachten:<br />
• erheblicher Rationalisierungsdruck auf die Träger der Einrichtungen <strong>und</strong> Dienste,<br />
• verschärfter Wettbewerb zwischen den Anbietern,<br />
• nachhaltige Bestrebungen zu Standardabsenkungen <strong>und</strong> Leistungsabbau.<br />
Dieser Trend wird sich in Zukunft noch verstärken.<br />
Der politische Druck auf die Eingliederungshilfe steigt <strong>und</strong> die Behindertenhilfe wird schon lange nicht mehr als eine<br />
Aufgabe behandelt, die die Gesellschaft um der <strong>Menschen</strong>würde willen wahrnimmt <strong>und</strong> finanziert <strong>und</strong> deshalb nicht<br />
ernsthaft in Frage stellt, sondern wie ein betriebswirtschaftlicher Kostentreiber <strong>mit</strong> zum Teil verzichtbaren Leistungen.<br />
Immer differenziertere Abrechnungen, immer mehr Statistiken, immer umfangreichere Berichte <strong>und</strong> fragwürdige<br />
3 Zu Beginn des Jahres 2002 befanden sich r<strong>und</strong> 162.000 behinderte <strong>Menschen</strong> in stationärer Betreuung. Bis 2007 wird sich diese Zahl auf 190.000 erhöht haben. Dies<br />
entspricht einer Steigerung um 17 %. Bis zum Ende des Jahres 2002 erhielten rd. 40.000 behinderte <strong>Menschen</strong> ambulante Hilfen in betreuten Wohnformen. Bis 2007<br />
wird <strong>mit</strong> einer Erhöhung auf 54.000 Personen gerechnet, was einer Steigerung um 35 % entspricht. Diese Schätzungen gehen zurück auf Angaben der überörtlichen<br />
Sozialhilfeträger.<br />
Die Kosten <strong>für</strong> Eingliederungshilfe werden sich bis 2007 noch einmal um annähernd ein Drittel erhöhen, sofern alle Neuzugänge stationär betreut würden.<br />
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