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Juni 2018 - coolibri Dortmund

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KINO<br />

Spannung im Schraubstock<br />

Hereditary –Das Vermächtnis|Start:14.6.<br />

Foto: Splendid Film<br />

Erzähltwirdin„Hereditary“die<br />

Geschichte der<br />

FamilieGraham, diegerade<br />

ihre OmaElenunter<br />

dieErdegebracht hatund sich kurz darauf mit<br />

dentypischen unheimlichen Ereignissen des<br />

Horrorfilms konfrontiert sieht. Hier malneErscheinung,<br />

da malein seltsamesGeräusch. „Typisch“<br />

istdann allerdingsdas wirklich falsche<br />

Wort,umden Rest dieses Filmszubeschreiben.<br />

So ist„Hereditary“ nämlich zu großen Teilen ein<br />

Familiendrama, in dasdie unheimlichen Noten<br />

anfangs nurloseverwobensind, bissichdas<br />

Netz genEnde stramm zieht. Im ZentrumstehenmenschlicheProbleme,die<br />

alles andere als<br />

befremdlichsind, sonderndurch ihre Nachempfindbarkeitden<br />

emotionalenDraht zwischen<br />

Protagonistenund Zuschauern aufbauen.MutterAnnie,<br />

VaterSteve,Sohnemann Peterund die<br />

leicht merkwürdiganmutende TochterCharlie<br />

sind nichtdie typischenOpferfiguren im Horrorfilm.Sie<br />

sind Menschen,die stetsunter emotionalemund<br />

psychischemDruck stehen undso<br />

viel mehr GewichtindieserGeschichtebekommen.<br />

Wenn diePresseDinge wie „Der Höhepunktdes Horrorfilms derletzten50Jahre“<br />

über einenGruselstreifenschreibt, dannhorchtman als Genre-Enthusiast auf.Hat<br />

mansich dengemeinten Film „Hereditary“dannangeschaut,wünscht mansich,<br />

manhätte weggehört. Denn dieser Film drehtden Magen um, schnürt dieLuftab<br />

und entlässtseine Zuschauer mit anhaltenden Nachwirkungen ausdem Kinosaal.<br />

DieSpannung, um dieesjaimHorrorimmer<br />

geht, istdennoch da –und sielässt vonder erstenbis<br />

zurletzten Minute nichtlocker. Tatsächlich<br />

sind diebeklemmendenund unwohlen Gefühle<br />

nichtseltenschwerzuertragen. Man<br />

möchtediesemstellenweise tiefenverstörendenFilm<br />

vorwerfen,ersei perversinseinersadistischen<br />

Lust,den Zuschauerzuquälen.Dabeisindesnicht<br />

nurdie Bilder,Einstellungen<br />

undSchnitte, diehiermeisterlich Spannung kreierenund<br />

aufrecht erhalten,sondern vorallem<br />

dieGeräusche undKlänge,die teilweiseüber<br />

MinutenimHintergrund schwellenund dabei<br />

klammheimlich unterdie Haut fahren,umdort<br />

für konstantenervöse Unruhe zu sorgen.So<br />

wird dasSchauen von„Hereditary“ zur physischenErfahrung,die<br />

einemauch nach demKinobesuch<br />

noch in denKnochen steckt.Anders<br />

als in konventionellerenGenrevertreterngibtes<br />

hier zudemkeine kurzeAuflockerungoderAuflösungder<br />

Spannung,keine einzigeVerschnaufpause,<br />

keinenochso<br />

kurzeSequenz,die daran<br />

erinnert, dass es alles<br />

doch nurein Film ist, der<br />

auch Spaß machensoll. Dieser Horror hier ist<br />

gemeiner,ersaugt Zuschauerinseine dunkle,<br />

merkwürdigeWeltund lässt sienicht mehr los.<br />

123Minuten lang fühltman sich wieineinen<br />

Schraubstockgeklemmt,der immer fester zudrückt.<br />

Klingt fies?Ist es auch.Und dennoch<br />

will„Hereditary“ empfohlenwerden, denn es ist<br />

einfantastisch gutgemachter Film mitviel<br />

Substanz undwirklichstarken Schauspielern.<br />

Allen voranToniColette,die selbst diewahnwitzigstenSzenenmit<br />

einerzwar sehr aufgeriebenen,<br />

aber realen Performanceerdet.Wennnun<br />

alsodie Presse im Falle„Hereditary“ voneinem<br />

modernen Meisterwerk spricht, dann trifft sie<br />

damitden Schraubstockauf<br />

denKopf. LukasVering<br />

R: AriAster,D:ToniColette,<br />

Alex Wolff, GabrielByrne<br />

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