Meinviertel 02-18_Web
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Eine Sache des Glaubens<br />
Kiez-Kloster in Prenzlauer Berg<br />
Laut ist es auf der Greifswalder Straße. Die Trams poltern im Minutentakt durch die Straße, der<br />
Strom aus Autos und Fahrrädern scheint nie zu enden. Aber es gibt ein Entrinnen. Hinein geht es<br />
durch die Toreinfahrt der Greifswalder Straße <strong>18</strong> A auf den großen Hof und schon verklingt der<br />
Alltagslärm.<br />
Text und Fotos: Christiane Kürschner<br />
An einem sonnigen Tag im April laden die vier Patres<br />
des Herz-Jesu-Klosters Berlin zum „Offenen Tag der<br />
Klöster“ ein. Es ist eine der Gelegenheiten, mehr über<br />
den aktiven Männerorden zu erfahren, der sich mitten<br />
in Prenzlauer Berg positioniert hat, um Stadtmenschen<br />
mit Glaubensfragen zu konfrontieren.<br />
An diesem Tag finden etwa 100 Menschen den Weg in<br />
den Hinterhof. Darunter befinden sich auch viele ältere<br />
Menschen, die hier ihre Kindheit oder Jugend verbrachten.<br />
Ende des 19. Jahrhunderts entstand an dieser Stelle<br />
der Katharinenstift der Dominikanerinnen, in dem<br />
Waisenkinder in Kriegszeiten ein Zuhause fanden. Zum<br />
Offenen Tag der Klöster sind ehemalige Dominikanerinnen<br />
zu Besuch. Im Saal packen sie brüchige Fotopapiere<br />
aus, die die Geschichte des Hauses erzählen. Wie eine<br />
Zuflucht muss der heute denkmalgeschützte Komplex<br />
auf die Schwestern und ihre Schützlinge gewirkt haben,<br />
als an dieser Stelle mitten im zweiten Weltkrieg alle zusammenkamen.<br />
Heute gehört ein Großteil des Backstein-Komplexes<br />
zum „Katholischen Schulzentrum Edith Stein“, das<br />
hier seit 1995 beheimatet ist und junge Erwachsene in<br />
sozialen Berufen ausbildet. Nebenan ist aber weiterhin<br />
das christliche Leben. Pünktlich um 7 Uhr lädt Pater<br />
Ryszard Krupa jeden Tag zum Morgengebet in die ehemalige<br />
Hauskapelle „Mater dolorosa“ ein. Nur montags<br />
könne er ein wenig länger schlafen, dann finden die Laude<br />
um 8 Uhr statt, so Krupa. Er ist einer der vier Patres,<br />
die sich in und um Prenzlauer Berg engagieren.<br />
Pater Tarcisío Darrós Feldhaus lebt seit 2012 in Berlin<br />
und ist unter anderem Seelsorger der portugiesisch-sprachigen<br />
Gemeinde. Pater Jacinto Weizenmann<br />
leitet die Pfarrei Corpus Christi.<br />
Die Herz-Jesu-Priester sind seit 1908 in Deutschland<br />
aktiv. Heute gibt es sechs deutsche Standorte – in<br />
Berlin, Freiburg im Breisgau, im Emsland, Eifel und<br />
in Neustadt an der Weinstraße, an denen mehr als 50<br />
Priester aus dem In- und Ausland tätig sind. Der Orden<br />
wurde <strong>18</strong>78 von dem Franzosen Leo Dehon gegründet,<br />
weshalb er auch unter dem Namen „Dehonianer“ bekannt<br />
ist.<br />
Ungläubige Zeiten<br />
Die Mission des Ordens: Hinausgehen in die Welt,<br />
Hoffnung säen, Gutes tun und den Glauben auch an<br />
kirchenferne Menschen herantragen. Mit genau diesem<br />
Gedanken wurden die Herz-Jesu-Priester mitten in der<br />
Hauptstadt ansässig.<br />
„In Berlin sind die meisten Menschen nicht konfessionsgebunden“,<br />
weiß Krupa. Ende 2017 veröffentlichte<br />
die Tageszeitung „neues deutschland“ konkrete Zahlen:<br />
24,96 Prozent der Berliner gehören der evangelischen<br />
oder katholischen Kirche an. Das ergab die<br />
Antwort der Justizsenatsverwaltung auf eine Anfrage<br />
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