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Mauerpark<br />

Mauerpark<br />

David Wagner spaziert durch Berlin. Tagsüber, abends, nachts. Und er schreibt darüber Bücher.<br />

Zum Beispiel „Mauerpark“.<br />

Text: Carola Dorner | Fotos: Jens Schünemann<br />

„Ach Mauerpark, ick liebe dir. Obwohl du oft so hässlich<br />

bist. Obwohl in dir heute, Sonntag, sicher noch der<br />

Müll von gestern Abend liegt. Und obwohl da heute<br />

Abend sicher noch mehr Müll liegen wird und du wieder<br />

überfüllt sein wirst, ich mag dich, Mauerpark. Und bin<br />

damit nicht allein, Tausende mögen dich und strömen<br />

herbei, zum Flohmarkt, zum Mauerpark-Karaoke oder<br />

einfach bloß um im Gras zu liegen.“ So beginnt „Mauerpark“,<br />

ein Essay in der gleichnamigen Essaysammlung,<br />

die zum Teil 2001 schon einmal erschienen ist und später<br />

um eine Textfassung von 2013 ergänzt wurde. Der<br />

Text „Mauerpark“ hat keinen älteren Gegenpart, er ist<br />

der einzige Solitär im Buch und sticht deshalb besonders<br />

daraus hervor. Der Mauerpark steht nicht nur für<br />

sich. Mauerpark, so erzählt David Wagner, ist auch ein<br />

Text über die abwesende Mauer, die fast in allen Texten<br />

eine Rolle spielt. Das Berlin, das in vielen Facetten<br />

in den vielen Spaziergangs-Essays in unterschiedlichen<br />

Farben schimmert, erscheint wie ein Park, der sich um<br />

eine Mauer, die es nicht mehr gibt, herum entwickelt.<br />

Der Mauer-Park als Bild für ganz Berlin.<br />

Als wir David Wagner im Mauerpark treffen, ist weder<br />

Samstag, noch Sonntag, sondern Donnerstag Mittag.<br />

„Mauerpark, wochentags gefällst du mir noch besser,<br />

wochentags bist du so leer“, heißt es im Text. Und genau<br />

so ist es: leer. Die Fläche wirkt riesig mit den paar<br />

Spaziergängern. Ein paar Graffitisprüher verbessern ihr<br />

Werk an der Mauer zum Friedrich-Ludwig-Jahn-Sportpark,<br />

die Schaukeln oben am Hügel quietschen ein<br />

bisschen, ein paar Basketballspieler üben Körbe, hier<br />

und da macht jemand Mittagspause, wenige Mütter in<br />

der Elternzeit mit kleinen Kindern auf Picknickdecken,<br />

ein paar Krähen hüpfen träge über die Wiese, es riecht<br />

leicht nach Haschisch. Kein Flohmarkt, kein Karaoke<br />

und für den normalen Nachmittagsparkgänger ist es<br />

noch zu früh.<br />

Geschichte und Grillen<br />

Früher verlief hier die Mauer mit Todesstreifen. Nach<br />

dem Mauerfall wurde das ehemalige Militärgebiet den<br />

Menschen wieder zurückgegeben. Seitdem entwickelt<br />

sich die Fläche. Eigentlich ist der Park noch gar nicht<br />

richtig fertig. Laut einem Flächennutzungsplan müsste<br />

der Park erweitert werden. Stattdessen werden nun<br />

Teile am Rand des Mauerparks Richtung Gleimtunnel<br />

bebaut. Wohnungen unterschiedlicher Größe und<br />

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