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Meinviertel 02-18_Web

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Mauerpark<br />

Bestimmung entstehen hier. Knapp vor der Baustelle<br />

steht trotzig und ein bisschen unpassend ein kleines<br />

Taubenhaus. Es war schon immer hier und wird es wohl<br />

und hoffentlich für immer bleiben. So ist es mit vielen<br />

Elementen, aus denen sich das Gesamtmosaik Mauerpark<br />

zusammensetzt. Jedes steht für sich ein bisschen<br />

alleine und gemeinsam ergeben sie eine reizvolle Mischung.<br />

Der Sportpark, die Schaukeln, der Spielplatz<br />

und die Jugendfarm Moritzhof, der Mauersegler, das<br />

Amphitheater, der holprige Weg, der den Mauerverlauf<br />

nachzeichnet. Der Ort ist geschichtsträchtig und<br />

drängt sich gleichzeitig nicht auf. Da wird ein Fluchttunnel<br />

gefunden oder Panzersperren, der Park grenzt<br />

an die Gedenkstätte Berliner Mauer an der Bernauerstraße.<br />

Ein Park voll deutsch-deutscher Geschichte,<br />

die der Parkbesucher beim Grillen aber einfach auch<br />

vergessen kann.<br />

„Ach Mauerpark, mir gefällt, dass die Mauer hier<br />

nicht mehr steht, kein einziger Meter, was manche<br />

Besucher verwirrt. Sie fragen nach ihr oder halten<br />

das Stück Hinterlandmauer oben auf dem Stadionhügel<br />

für Mauer.“ An den Menschen, die nach der<br />

Mauer fragen, wird deutlich, wie viele weitgereiste<br />

Berlinbesucher den Mauerpark ganz oben auf ihre<br />

Sightseeing-Liste setzen. Dann stehen sie hier im<br />

Niemandsland mit ihrem Stadtführer und wundern<br />

sich, dass es eigentlich nichts zu sehen gibt. Zumindest<br />

Montag bis Freitag tagsüber ist der Charme des<br />

Mauerparks eher ein versteckter. Samstags kommen<br />

die Griller, die Musiker, die Trommler und Sonntags<br />

verwandelt sich der Park in einen riesigen Flohmarkt<br />

mit Festivalcharakter. Bands, Solomusiker, Seifenblasenmänner,<br />

Feuerschlucker, Touristen, Einheimische,<br />

Kleinhändler mit Kuchen und Getränken. Und natürlich<br />

das große Mauerpark-Karaoke von Joe Hatchiban,<br />

wo jeder vor dem wohlwollenden Publikum, das die<br />

Ränge des Amphitheaters füllt, seine fünf Minuten<br />

Ruhm bekommt.<br />

Der Mauerpark verändert sich immer wieder und das tut<br />

er seit es ihn gibt. Auch das teilt der Park mit der Stadt,<br />

die David Wagner nun schon seit 27 Jahren durchquert.<br />

Meistens zu Fuß, manchmal mit der Bahn, dann aber<br />

gerne um zur Endstation zu fahren und vor dort aus<br />

zurückzulaufen, ins Stadtinnere, durch die Kieze und<br />

in sein heutiges Zuhause in der Oderberger Straße, die<br />

kurz vor dem Eingang des Mauerparks endet. David<br />

hat nicht immer in Prenzlauer Berg gewohnt. „Lange<br />

war ich überzeugter Westberliner. Prenzlauer Berg bedeutete<br />

Kohle schleppen, kein Telefon haben und stundenlang<br />

nach Dahlem an die Uni brauchen.“ Er lebte<br />

kurz in Dahlem, in Schöneberg, Charlottenburg, in<br />

Kreuzberg und heute in der Oderberger Straße. Über<br />

alle seine Stationen und Wege hat er Geschichten und<br />

Kapitel und Essays geschrieben. „In Berlin“ erzählt aus<br />

den 90er Jahren, „Welche Farbe hat Berlin“ umfasst die<br />

zehn Jahre danach, „Mauerpark“ erzählt, was sich in<br />

den Jahren zwischen den Entstehungszeiten der Texte<br />

geändert hat, „Spricht das Kind“ nimmt die Perspektive<br />

der Eltern kleiner Kinder mit auf, gerade entsteht ein<br />

Buch über die Jahre bis 2<strong>02</strong>0.<br />

Der Stadtspaziergänger<br />

Dass der Stoff ihm eines Tages ausgehen würde befürchtet<br />

David nicht. „Das ist das Schöne an Berlin,<br />

Park im Wandel<br />

Wenn sich Montags die Putztrupps einmal durch den<br />

Park gearbeitet haben, sieht die Wiese aus, als sei eine<br />

Herde Büffel darüber weggegangen. Fünf bis sechs<br />

Tage hat der Boden, um sich zu erholen. Dann geht<br />

alles von vorne los. An einem Donnerstag Mittag sieht<br />

die Wiese schon fast wieder grün aus. Hier und da zeigen<br />

sich lila Blüten, die ein wenig aussehen wie Lavendel,<br />

beim Schnuppern aber enttäuschen und leider, wie<br />

David erklärt, handelt es sich nur um eine Salbei-Art,<br />

die zwar hübsch aussieht, aber nicht duftet wie Seife<br />

aus der Provence.<br />

mein/4<br />

Der Autor David Wagner<br />

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