11.07.2018 Aufrufe

CliniCum urologie 03/2018

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

verträglicheren, vorbeschichteten skrotalen Silikonport,<br />

der es erlaubt, das Implantat schneller und ohne zusätzlichen<br />

inguinale Inzision zu implantieren. Der zentrale Teil,<br />

das Kompressionskissen, wurde über die Jahre nicht verändert,<br />

wodurch Ergebnisse der Patienten über den gesamten<br />

Zeitraum miteinander verglichen werden können.<br />

Komplikationen. Postoperativ kann es zu Infektionen,<br />

Harnverhalten, Hämatomen, Implantatdefekten sowie persistierenden<br />

Schmerzen (bedingt durch das Lateralisieren<br />

des neurovaskulären Bündels inkl. der hinteren Skrotalnerven)<br />

kommen. Bei einer ATOMS-Infektion ist frühzeitig und<br />

rasch komplett zu explantieren, um ausgedehnte, manchmal<br />

fulminant verlaufende, entzündliche Prozesse im Skrotalbereich<br />

zu verhindern. Frühe Infektionen entstehen<br />

durch inadäquate perioperative Infektionsprophylaxe,<br />

während späte Infektionen (länger als 30 Tage postoperativ)<br />

hauptsächlich durch Wundheilungsstörungen und metabolische<br />

Erkrankungen bedingt sind. 6<br />

Postoperative Betreuung. Die erste Adjustierung sollte frühestens<br />

zwei Wochen nach der OP erfolgen, danach halbjährlich<br />

oder je nach Kontinenzstatus, wenn notwendig. 6<br />

Weitere Untersuchungen im Rahmen der postoperativen<br />

Betreuung sind Uroflowmetrie und Restharnmessungen.<br />

Aktuelle Studiendaten<br />

Dadurch, dass die männliche Belastungsharninkontinenz<br />

in der Literatur verschieden definiert wird, es für sie unterschiedliche<br />

Messmethoden gibt und auch die möglichen<br />

Therapien sehr differieren, ist die vorhandene Literatur<br />

prinzipiell schwer vergleichbar. Die Patientenkollektive<br />

sind in den meisten Studien sehr heterogen, auch wurden<br />

die Daten retrospektiv erhoben und nicht randomisiert. Je<br />

nach chirurgischer Expertise und Lernkurve des behandelnden<br />

Zentrums variieren auch die Ergebnisse.<br />

Erste Erfahrungsberichte und frühe Ergebnisse zeigten eine<br />

Trockenheitsrate (= null bis eine Sicherheitsvorlage pro<br />

Tag) von 60 bis 63 Prozent sowie eine Verbesserung (= um<br />

mehr als 50 Prozent zum vorherigen Zustand bzw. ein bis<br />

zwei Vorlagen pro Tag) in 23 bis 32 Prozent der Fälle. 7<br />

Die 2016 präsentierte erste Langzeit-Follow-up-Studie von<br />

Friedl et al. mit der bisher größten Patientenserie (n=287,<br />

mittlerer Beobachtungszeitraum 31 Monate), zeigte eine<br />

allgemeine Erfolgsrate von 90 Prozent, die Trockenheitsrate<br />

lag bei 64 Prozent. Durchschnittlich waren im Verlauf zwei<br />

bis vier Adjustierungen postoperativ notwendig. Es gab keine<br />

intraoperativen Komplikationen. In einem Zeitraum von<br />

sieben Jahren funktionierten noch 80 Prozent der Implantate,<br />

20 Prozent mussten explantiert werden, hauptsächlich<br />

aufgrund lokaler Titanintoleranz im Portbereich (41 Prozent)<br />

bzw. einem Implantatdefekt (30 Prozent). Von den<br />

explantierten Patienten erhielten 52 Prozent wieder ein<br />

ATOMS-Implantat, vier Prozent einen artifiziellen Sphinkter,<br />

frühestens sechs Monate nach Explantation. Für die<br />

früheren Generationen von Ports (Inguinalport, einfacher<br />

Skrotalport) zeigten sich Erfolgsraten von 61 bis 63 Prozent<br />

sowie Revisionsraten von fünf bis 16 Prozent.<br />

Komplikationen waren in dieser Serie Frühinfektionen,<br />

Harnverhalte sowie Hämatome (jeweils zwei, drei und zwei<br />

Prozent). Hauptgründe für Explantation waren eine lokale<br />

Titanintoleranz (41 Prozent), ein Leck oder Implantatdefekt<br />

(30 Prozent) und Infektionen (jeweils elf Prozent für frühe<br />

und späte Infektionen). 6<br />

Diese Studie zeigt ähnliche Outcome-Daten bzgl. der Kontinenzsituation<br />

wie die ersten Studien 7,8 als auch der Studien<br />

mit kleinen Patientenzahlen 9,10 , die damals bereits<br />

Erfolgsraten von 84 bis 92 Prozent und Trockenheitsraten<br />

von 61 bis 63 Prozent aufwiesen.<br />

Als High-risk-Patienten sind solche mit schlechtem klinischem<br />

Performance-Status, einer Bestrahlung in der Anamnese<br />

oder mit bereits durchgeführten Inkontinenz-OPs<br />

(ATOMS oder andere Devices) zu betrachten. Bei diesen<br />

Patienten sollte die eventuell geringere Erfolgs- bzw. höhere<br />

Komplikationsrate Teil der Aufklärung sein.<br />

Vergleich mit anderen Devices<br />

Gegenüber einem artifiziellen Sphinkter hat ATOMS den<br />

Vorteil, dass die Miktion vollkommen frei, ohne Betätigung<br />

einer mechanischen Pumpe, möglich ist. Das System ist daher<br />

auch für manuell eingeschränkte bzw. demente Patienten<br />

geeignet. ATOMS ist also für alle Patienten, egal welchen<br />

Alters oder Kognitionsstatus, eine Therapieoption. 9,11<br />

Ein Benefit von ATOMS liegt auch in der hoch standardisierten<br />

OP-Methode 7,8 und in der im weiteren Verlauf langfristigen<br />

Adjustierbarkeit, die auch in der Ordination jederzeit<br />

durchführbar ist, was verantwortlich für die Langzeiterfolgsraten<br />

ist. Perioperativ ist auf eine große hygienische Sorgfalt<br />

zu achten, um Implantatinfektionen möglichst zu vermeiden;<br />

eine doppelte Antibiotikaprophylaxe und Betaisodona-<br />

Waschungen werden empfohlen. 6<br />

Sollte eine Explantation<br />

aufgrund einer Infektion notwendig werden, ist diese leicht<br />

durchführbar – es werden lediglich die Mesh-Arme vom Kissen<br />

geschnitten und nicht komplett entfernt, da Infektionen<br />

immer um den Port oder um das Kissen auftreten, und der<br />

Port durch den perinealen Zugang entfernt. 6<br />

Das ATOMS-Implantat ist universell einsetzbar, da es auch<br />

für Patienten nach Bestrahlung oder bereits stattgehabten<br />

inkontinenzchirurgischen Eingriffen geeignet ist. 9,12<br />

Weiters konnte gezeigt werden, dass sich die sexuelle und<br />

erektile Funktion von mit ATOMS behandelten Männer (gemessen<br />

am IIEF-5) sechs Monate nach Implantation deutlich<br />

verbesserte, wobei diese auf weniger Harnverlust (auch<br />

während der sexuellen Aktivität) zurückgeführt wird. 13<br />

Die Hospitalisierungsdauer ist kurz (durchschnittlich drei<br />

bis vier Tage), die Liegedauer des intraoperativ gesetzten<br />

Katheters ebenfalls (ein Tag). Drei Prozent der Patienten<br />

weisen nach Dauerkatheterentfernung eine Retention auf,<br />

welche leicht durch Ablassen des Kissens behebbar ist.<br />

Einzig Patienten mit einer totalen Harninkontinenz ohne<br />

Restfunktion des eigenen Sphinkter sollten einer artifiziellen<br />

Sphinkter-Implantation zugeführt werden.<br />

Mit der nun dritten Port-Generation (Silikon-überzogener<br />

Skrotalport) reduzierten sich die Unverträglichkeiten und<br />

damit die Explantationsraten. Diese Generation ist auch<br />

bezüglich OP-Zeit, Kontinenzraten und Adjustierbarkeit<br />

besser als die Vorgänger 6 , zudem ist ATOMS mittels Singleincision<br />

implantierbar.<br />

❙<br />

1 Lucas MG et al., Eur Urol 2012; 62:1118–29; 2 Ajay D et al., J Urol 2015;<br />

194:1<strong>03</strong>8–42; 3 Liu JS et al., Urology 2016; 87:95–9; 4 Kim JC & Cho KJ,<br />

Korean J Urol 2012; 53:511–18; 5 Welk BK & Herschorn S, BJU Int 2012;<br />

109:328–44; 6 Friedl A et al., BJU Int 2016; 119:785–92; 7 Seweryn J et<br />

al., J Urol 2012; 187:956–61; 8 Hoda MR et al., BJU Int 2013; 111:296–<br />

3<strong>03</strong>; 9 Friedl A et al., Urology 2016; 90:189–94; 10 González SP et al.,<br />

Cent European J Urol 2014; 67:387–91;11 Chung E et al., Neurourol<br />

Urodyn 2016; 35:482–6; 12 Torrey R et al., Urology 2013; 82:713–7;<br />

13 Friedl A et al., Arch Ital Urol Androl 2016; 87:306–11<br />

Prim. Univ.-Doz.<br />

Dr. Clemens<br />

Brössner, FEBU<br />

(Foto)<br />

Ass. Mag. Dr.<br />

Kathrin Stangl<br />

Abteilung für<br />

Urologie,<br />

Krankenhaus der<br />

Barmherzigen<br />

Schwestern, Wien<br />

3/18 CC<br />

<strong>urologie</strong><br />

11

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!