Dobiniher_KarlOswald
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LIEBE KINDER!<br />
Schauet auf und lernt von eurem Vater,<br />
wie schwer man das tägliche Brot verdienen muss.<br />
Der Familie Temmel aus Pistorf verdanken wir diesen Brief ihres Urgroßvaters, des<br />
Herrn Franz Heinrich (1817-1902), an seine Kinder. Herr Heinrich war ein sehr<br />
gläubiger Mann, wurde erst im Alter von 56 Jahren zum ersten Mal Vater, hatte<br />
aber in Summe vier Kinder. Im hohen Alter dokumentierte er in diesem Brief<br />
an seine Kinder einen Teil seiner Lebensgeschichte.<br />
In meinem 12. Lebensjahr, das war im Jahre 1829,<br />
musste ich in den Dienst zum Simihansl in Haiholz<br />
als Ochsenknecht. Ich wurde sehr geplagt, musste im<br />
Herbst früh und spät in der Nacht Äpfel und Birnen<br />
pressen (bis 11 Uhr), außerdem musste ich oft bei drei<br />
Uhr in der Früh Korn dreschen. Habe durch zwei Jahre<br />
hindurch gedient. Von 1833 bis 1835 war ich beim Pauli<br />
in St. Josef als Kuhbub, wurde zur Arbeit stark herangezogen<br />
und hatte einen jährlichen Lohn von 20 Gulden<br />
in Scheinen oder 8 Gulden Konventionsmünzen<br />
(Konventionsgulden ist der süddeutsche Name des<br />
halben Konventionstalers). Daraufhin kam ich für ein<br />
Jahr zum Schwinzerl nach Wuschan als Hausknecht.<br />
Jährlicher Lohn: 12 Gulden. Die Kleidung musste man<br />
von Leinwand tragen, werktags schwarze Hosen aus<br />
Leinwand und sonntags blaue Leinwandhosen. In der<br />
Kirche mussten sonntags im Sommer alle in bloßen<br />
Füßen gehen, im Winter und werktags auf Holzbodenschuhen.<br />
Im Winter 1836 kam ich als Geischütz (Bezeichnung<br />
für einen Bäcker, der seine Ware mit einer<br />
Kippe auf dem Rücken selbst austrägt) zum Neupöck<br />
nach Preding mit dem jährlichen Lohn von 10 Gulden<br />
Konventionsmünzen. 1837 wurde ich Hausknecht und<br />
musste zugleich 40 Ochsen füttern. Wegen der Befreiung<br />
von den Soldaten musste man sich alles auch<br />
noch im Jahre 1838 gefallen lassen. Durch drei Jahre<br />
gedient. Im Jahre 1839 bekam ich den Pass (gemeint<br />
ist ein Dienstpass, der mit dem Erreichen der Volljährigkeit<br />
ausgegeben wurde) und begab mich nach Kalsdorf<br />
ins Gasthaus „Zum Ertl“ als Nachtwächter bei den<br />
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