16.12.2012 Aufrufe

Dirscherl, Das ostbayerische Grenzgebirge als Standraum der ...

Dirscherl, Das ostbayerische Grenzgebirge als Standraum der ...

Dirscherl, Das ostbayerische Grenzgebirge als Standraum der ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Pressglas-Korrespondenz 2012-4<br />

Hilz wie<strong>der</strong> in den kurfürstlichen Waldungen Aschen<br />

brennen; er stützt sich dabei auf einen Erbrechtsbrief,<br />

<strong>der</strong> ihm das Recht zum Aschenbrennen in den kurfürstlichen<br />

Wäl<strong>der</strong>n verleiht. Schließlich darf er nur mehr<br />

das Holz nehmen, das <strong>der</strong> kurfürstliche Förster zum<br />

Aschenbrennen freigegeben hat. Im Jahre 1800 meldet<br />

dann <strong>der</strong> Förster, dass er zum Aschenbrennen taugliches<br />

Holz nicht mehr auftreiben könne. Gegen Ende des 18.<br />

Jahrhun<strong>der</strong>ts wurde im <strong>ostbayerische</strong>n <strong>Grenzgebirge</strong> das<br />

Aschenbrennen wegen Holzmangel ganz eingestellt.<br />

Die benötigte Pottasche wurde zum Teil von den bäuerlichen<br />

Feuerungsstätten <strong>der</strong> Umgebung aufgekauft, zum<br />

größten Teil aber aus Ungarn und Böhmen eingeführt,<br />

wie an früherer Stelle schon einmal erwähnt wurde. Es<br />

entsteht <strong>der</strong> Berufsstand <strong>der</strong> Aschenhändler, dem sieh<br />

vor allem auch böhmische Juden widmen, die zum<br />

Beginn des 19. Jahrhun<strong>der</strong>ts auch von dieser Seite in die<br />

Glasindustrie des <strong>ostbayerische</strong>n <strong>Grenzgebirge</strong>s eindringen<br />

[43].<br />

Im Jahre 1809 werden die ersten Versuche durch Dr. A.<br />

Gehlen in <strong>der</strong> Porzellanmanufaktur Nymphenburg-<br />

München, auf <strong>der</strong> Lambacher Hütte und auf verschiedenen<br />

an<strong>der</strong>en Glashütten unseres Gebietes gemacht,<br />

die teuere und schwer zu beschaffende Pottasche durch<br />

Glaubersalz o<strong>der</strong> Soda zu ersetzen [44]. Die Glashütte<br />

im sog. Reichsforst bei Wunsiedel im Fichtelgebirge<br />

wendet <strong>als</strong> erste im Jahre 1816 Glaubersalz aus <strong>der</strong><br />

eigenen Fabrik zur Glasherstellung an. Die Glashütte ist<br />

im Besitz <strong>der</strong> chemischen Fabrik H. W. Fickentscher,<br />

Redwitz, die in <strong>der</strong> Folgezeit auch <strong>als</strong> Hauptlieferant<br />

für Glaubersalz für die Glashütten des <strong>ostbayerische</strong>n<br />

<strong>Grenzgebirge</strong>s auftritt. Der Preis für gereinigtes, calciniertes<br />

Glaubersalz beträgt 8 fl je Zentner, während<br />

inzwischen <strong>der</strong> Preis für böhmische Pottasche auf 17<br />

3/4 fl und für ungarische Pottasche auf 18 1/4 fl je<br />

Zentner gestiegen ist. <strong>Das</strong> Anwendungsverhältnis für<br />

Pottasche und Glaubersalz, bzw. Soda war ungefähr<br />

das gleiche. Die neu errichtete Glashütte des Freiherrn<br />

von Völ<strong>der</strong>ndorff zu Waradein nächst Furth im<br />

Walde, verwendet ab 1818 Glaubersalz. 1832 benützen<br />

bereits 8 Glashütten anstelle von Pottasche Glaubersalz;<br />

darunter befinden sich die Riedlhütte, die Hilzenhütte<br />

zu Oberzwieselau, die Frauenauer Alt- und<br />

Neuhütte [45]. Bei Fensterglas und gewöhnlichem<br />

Hohlglas kann Pottasche bereits ganz entbehrt werden,<br />

bei grünen Spiegelgläsern werden bedeutende Zusätze<br />

an Glaubersalz gemacht. Die Silberhütte in <strong>der</strong> Oberpfalz<br />

bezieht 1832 und die Charlottenhütte 1836<br />

Glaubersalz aus Preußen [46]. Einzelne Glashüttenmeister<br />

(z.B. von Poschinger auf Frauenau) berichten<br />

allerdings, dass sie Pottasche nicht ganz entbehren können<br />

mit Rücksicht auf die Güte des Glases; sie verwenden<br />

aus diesem Grunde nur wenig Glaubersalz.<br />

Im ganzen hat sich doch aus Rohstoffmangel ein Ersatzstoff<br />

chemischen Ursprungs durchgesetzt, wie wir dies<br />

so häufig in <strong>der</strong> Wirtschaft feststellen können. Eine<br />

<strong>Standraum</strong>kraft des Waldgebirges hat damit ihre Bedeutung<br />

verloren. Der erste Schritt zur Bodenentfremdung<br />

<strong>der</strong> Glasindustrie ist getan [47].<br />

Um diese Zeit beginnen auch technische Verbesserungen<br />

im Ofenbau, Än<strong>der</strong>ungen im Herstellungsver-<br />

fahren, in den Absatzverhältnissen nach Beendigung<br />

<strong>der</strong> Kontinent<strong>als</strong>perre und ein verschärfter Wettbewerb<br />

des Auslandes. Dem Ansturm <strong>der</strong> neuen Zeit<br />

gegenüber, <strong>der</strong> größere Weitsicht, kaufmännischen<br />

Unternehmungsgeist und nun auch den Einsatz von<br />

größeren Kapitalien erfor<strong>der</strong>t, befinden sich die alten<br />

Glasmachergeschlechter mit ihren handwerklichaltväterlichen<br />

Herstellungsverfahren in schwieriger<br />

Lage. Von <strong>der</strong> sich anbahnenden Technisierung auf<br />

dem Gebiete <strong>der</strong> Glasherstellung waren naturgemäß die<br />

Flachglashütten, die bisher schon auf die Massenerzeugung<br />

eingestellt waren, beson<strong>der</strong>s betroffen. Zwar<br />

fehlt es bei den Glashüttenbesitzern des <strong>ostbayerische</strong>n<br />

<strong>Grenzgebirge</strong>s durchaus nicht an <strong>der</strong> Erkenntnis <strong>der</strong><br />

drohenden Gefahr. Ihre Kräfte waren aber doch zu<br />

schwach, um den in diesem Zweig <strong>der</strong> Glasindustrie<br />

langsam ungünstig werdenden <strong>Standraum</strong>bedingungen<br />

Neues entgegensetzen zu können. Schlaglichtartig wird<br />

die Lage <strong>der</strong> Flachglasindustrie, die sich Ende des J8.<br />

Jahrhun<strong>der</strong>ts und im 19. Jahrhun<strong>der</strong>t nach und nach<br />

<strong>als</strong> selbständiger Zweig abgeglie<strong>der</strong>t hatte, zum Beginn<br />

<strong>der</strong> neuen Jahrhun<strong>der</strong>ts durch die großen Anstrengungen<br />

bedeuten<strong>der</strong> Glashüttenmeister im Zwiesel-Eisensteiner<br />

Gebiet beleuchtet.<br />

[42] Staatsarchiv Landshut, Rep. 113 / 3, Fasc. 260, Nr.<br />

118.<br />

[43] Staatsarchiv Landshut, Rep. 27d, Verz. 15, Fasc.<br />

150, Nr. 698.<br />

[44] Dr. F. A. Gehlen, Beiträge zur wissenschaftlichen<br />

Begründung <strong>der</strong> Glasmacherkunst, Kunst und Gewerbe,<br />

1809 / 10. -<br />

Dr. F. A. Gehlen, über die Bereitung des Glases<br />

ohne Pottasche..., München, 1815.<br />

[45] von Rudhart, S. 31 ff.<br />

[46] Schmitz, S. 74 ff.<br />

[47] Creutzburg, Die Lokalisationsphänomene <strong>der</strong> Industrien.<br />

[48] Staatsarchiv Landshut, Rep. 27d, Verz. 15, Fasc.<br />

150, Nr. 720.<br />

[49] Staatsarchiv Landshut, Rep. 27d, Verz. 15, Fasc.<br />

150, Nr. 737.<br />

Amtlichen Schriftstücken entnehmen wir folgendes: In<br />

den Jahren 1822-1825 versuchten die Glashüttengutsbesitzer<br />

Benedikt von Poschinger zu Oberzwieselau und<br />

Wolfgang von Kießling zu Rabenstein zusammen mit<br />

Georg Christoph Abele aus Böhmen (<strong>der</strong> mit <strong>der</strong> Familie<br />

von Poschinger durch Heirat verwandt war) zum<br />

ersten Mal in <strong>der</strong> Geschichte <strong>der</strong> Glasindustrie dieses<br />

<strong>Standraum</strong>es die Gemeinschaftsgründung einer Glashütte<br />

[48]. Aus dem Gesuch an die Regierung geht<br />

hervor, dass die klare Erkenntnis über die ungenügende<br />

Kapitalkraft des einzelnen und <strong>der</strong> Wunsch nach Einführung<br />

einer neuen Technik sie geleitet hat. Da Abele<br />

bereits in Deffernik und Neuhurkental in Böhmen<br />

Gussglas erzeugte, ist anzunehmen, dass an <strong>der</strong> vorgesehenen<br />

Baustelle am Kolbersbach im Revier Zwiesler<br />

Waldhaus (heute Ludwigstal) eine Gussglashütte erstehen<br />

sollte. Noch 1822 wurde <strong>der</strong> Plan durch einen<br />

königlichen Erlass genehmigt. <strong>Das</strong> Vorhaben gelangte<br />

aber nicht zur Ausführung. 1825 wurde die Genehmi-<br />

Stand 07.11.2012 PK 2012-4/11 Seite 11 von 61 Seiten

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!