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Dirscherl, Das ostbayerische Grenzgebirge als Standraum der ...

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Pressglas-Korrespondenz 2012-4<br />

Die Großunternehmer.<br />

Zu den ältesten Glasmacherfamilien zählt die Familie<br />

von Poschinger. Seit dem 10. Juli 1568, an welchem<br />

Tage <strong>der</strong> Pfleger Joachim Poschinger die Zwieselauer<br />

Glashütte käuflich erwarb, sind die Herren von Poschinger<br />

in <strong>der</strong> Gegend von Frauenau und Zwiesel<br />

ununterbrochen bis auf den heutigen Tag in <strong>der</strong> Glaserzeugung<br />

<strong>als</strong> Unternehmer tätig. Gegenwärtig betreiben<br />

die Herren von Poschinger noch die Frauenauer und die<br />

Theresientaler Glashütte. Die Familie Hi1z, die in ihrer<br />

höchsten Blütezeit von 1739-1742 58.000 Tagwerk<br />

Wald ihr eigen nannte, ist bereits im ersten Drittel des<br />

19. Jahrhun<strong>der</strong>ts aus <strong>der</strong> Glasmacherei des <strong>ostbayerische</strong>n<br />

<strong>Grenzgebirge</strong>s ausgeschieden. Die von Hafenbräd1<br />

haben im 18. Jahrhun<strong>der</strong>t gleichzeitig 7 Glashütten<br />

betrieben; auch sie sind zu Beginn des 19. Jahrhun<strong>der</strong>ts<br />

durch die Ungunst <strong>der</strong> Verhältnisse zur Aufgabe<br />

<strong>der</strong> Glasmacherei gezwungen worden. Zu den ältesten<br />

Glasmachergeschlechtern zählt auch die Familie<br />

Riedl, an die nur mehr <strong>der</strong> Name Riedlhütte (ehemalige<br />

Reichenberger Hütte) und die Flurnamen Riedlhüttenwald,<br />

Riedlhüttenforst in <strong>der</strong> Klingenbrunner Flur erinnern.<br />

Große Bedeutung hatten einst die Frisch im Arbergebiet<br />

und die Hobelsberger in <strong>der</strong> Umgebung von<br />

Freyung. In den vergangenen 50 Jahren sind die Familien<br />

Schrenk, Frank, Herrmann und Bauer zu großer<br />

Bedeutung gelangt. Ihre Glashütten lagen vor allem am<br />

Arberstock und im Lamer Winkel. Einige sind heute<br />

noch führend in <strong>der</strong> Glasindustrie des <strong>ostbayerische</strong>n<br />

<strong>Grenzgebirge</strong>s tätig. Die meisten adeligen Großgrundbesitzer<br />

im Waldraum des <strong>Standraum</strong>es haben sich zu<br />

irgend einer Zeit mit <strong>der</strong> Glaserzeugung befasst und im<br />

Bereiche ihrer Waldungen eigene Glashütten errichtet.<br />

Es mögen nur erwähnt werden die von Voitenberg, von<br />

Kießling, von Baa<strong>der</strong>, von Schmauß, von Weinbach<br />

zu Gröblitz und Geigant, von Schedl.<br />

Alle Glashütten sind längst über die Stufe des Handwerks<br />

hinausgewachsen; die heute noch tätigen Glashütten<br />

sind ausschließlich Großbetriebe. Ein glasindustrielles<br />

Hausgewerbe, wie es sich in manchen Teilen<br />

des Thüringer Waldes gebildet hat, fehlt im <strong>ostbayerische</strong>n<br />

<strong>Grenzgebirge</strong> vollkommen. Bei den<br />

Hohlglashütten herrscht noch das persönliche Unternehmertum<br />

vor, während die Tafelglashütten in <strong>der</strong><br />

Form von Kapitalgesellschaften mit ziemlich starker<br />

wirtschaftlicher Verflechtung mit <strong>der</strong> in- und ausländischen<br />

Glasindustrie betrieben werden.<br />

e) Einzeluntersuchungen über Wan<strong>der</strong>ung und<br />

Besitzwechsel einiger wichtiger Glashütten.<br />

Die große Zahl <strong>der</strong> im Laufe <strong>der</strong> Jahrhun<strong>der</strong>te im <strong>ostbayerische</strong>n<br />

<strong>Grenzgebirge</strong> erfolgten Glashüttengründungen<br />

und die häufige Standortsverlegung innerhalb<br />

des <strong>Standraum</strong>es weisen trotz <strong>der</strong> auftretenden Mannigfaltigkeit<br />

viele gemeinsame Züge auf, räumlich bedingte<br />

wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklungsäußerungen,<br />

die sich wie ein roter Faden durch die Vielzahl<br />

<strong>der</strong> Einzeldaten hindurch ziehen. Diese gemeinsamen<br />

Züge, die in den Einzeldarstellungen über den Hüttenbesitz<br />

<strong>der</strong> Familien von Poschinger, Hilz u. a. ihre<br />

Bestätigung finden sollen, sind im wesentlichen folgende:<br />

1. Die erste Anlage <strong>der</strong> Glashütten geschieht in den<br />

überhaupt nicht o<strong>der</strong> kaum besiedelten höchsten Teilen<br />

des <strong>ostbayerische</strong>n <strong>Grenzgebirge</strong>s. Damit werden die<br />

Glashütten zum wichtigen Siedlungsträger im menschenfeindlichen,<br />

unberührten Bergwald an <strong>der</strong> Grenze.<br />

Über die erste Tätigkeit dieser Glashütten liegen allerdings<br />

wenig Zeugnisse vor.<br />

Nach einer Urkunde vom Kloster Rinchnach wurde die<br />

Kirche „Zu unserer lieben Frauen Au“ im Jahre 1331<br />

errichtet. Die Urbarmachung des Waldes um Frauenau<br />

begann 1345. Die erste Erwähnung <strong>der</strong> Frauenauer<br />

Glashütte geht auf das Jahr 1450 zurück; in diesem<br />

Jahre wird sie bereits <strong>als</strong> Spiegelhütte bezeichnet,<br />

Zwieselau und Rabenstein dagegen <strong>als</strong> Glashütten. Es<br />

ist schon denkbar, dass die von einer bereits bestehenden<br />

Glashütte angerichtete Waldverwüstung den Gang<br />

<strong>der</strong> um 1345 einsetzenden Rodung vorgezeichnet hat.<br />

Auch beim Erwerb <strong>der</strong> Glashütte Zwieselau, die einige<br />

Zeit öde gelegen hatte, musste Joachim Poschinger<br />

zunächst den umgebenden Wald zur Wie<strong>der</strong>aufrichtung<br />

<strong>der</strong> Hüttengebäude und zur Schaffung von Glasmacherwohnungen<br />

roden. Der Kauftag <strong>der</strong> Glashütte, <strong>der</strong><br />

10. Juli 1568, ist gleichzeitig <strong>der</strong> Tag, an dem die Poschinger<br />

erstm<strong>als</strong>, wahrscheinlich von <strong>der</strong> Donau (Maria-Posching,<br />

Stephansposching bei Passau) kommend,<br />

in <strong>der</strong> Zwieseler Gegend erscheinen.<br />

Sogar bei <strong>der</strong> erst 1831 durch den Herrschaftsrichter<br />

Gareis erbauten Glashütte Schönbach musste <strong>der</strong><br />

Standplatz zunächst gerodet und durch Sprengen von<br />

Felsen für den Hüttenbau hergerichtet werden.<br />

Auch von <strong>der</strong> 1828 errichteten Glashütte Ludwigstal<br />

wissen wir, dass sie in einer „öden Waldgegend“ am<br />

Kalbersbache zu stehen kam.<br />

Viele hochgelegene Siedlungen im Zuge des Rachel-<br />

Lusen, des Arber-Kaitersberges, des Ossergebirges<br />

gehen in ihrem Ursprung auf Glashütten zurück o<strong>der</strong><br />

haben doch durch Glashütten eine erhebliche Vergrößerung<br />

erfahren. Von SO nach NW folgen Duschlberg,<br />

Hobelsberg, Schönbrunn, Neuhütte (nördl. Freyung),<br />

Neuschönau, Altschönau, Grafenhütte westl. Grafenau,<br />

Riedlhütte, Spiegelau, Klingenbrunn, Klingenbrunner<br />

Neuhütte, Klingenbrunner Althütte, Flanitzhütte, Altposchingerhütte,<br />

Glaserhäuser, Frauenau, Regenhütte (bei<br />

Zwiesel), Buchenau, Jungmaierhütte, Spiegelhütte,<br />

Ludwigstal, Rabenstein, Althütte, Schachtenbach, Regenhütte,<br />

Seebachhütte, Arberhütte, Neuhütte, Grafhütte,<br />

Mooshütte; Breitenau am Breitenauriegel; zwischen<br />

Bodenmais und Kötzting Schönbach und Altposchingerhütte<br />

bei Draxelsried; im Lamer Tal Sommerau,<br />

Altlohberghütte, Lohberghütte, Schrenkental, Hütten,<br />

Lambach; zwischen Furth im Wald und Waldmünchen<br />

Waradein, Voithenberghütte, Althütte, Bucher (auf <strong>der</strong><br />

Ortstafel steht richtig „Pucher“), Unterhütte, Herzogau<br />

und Lenkenhütte. Weiter nördlich folgen noch Charlottental,<br />

Frankenreut-Waidhaus, Altglashütte und Silberhütte<br />

bei Bärnau. Im ganzen könnten mindestens 50<br />

Siedlungen, die entwe<strong>der</strong> unmittelbar in ihrer Entstehung<br />

auf Glashütten zurückgehen o<strong>der</strong> doch durch<br />

Seite 32 von 61 Seiten PK 2012-4/11 Stand 07.11.2012

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