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Dirscherl, Das ostbayerische Grenzgebirge als Standraum der ...

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Pressglas-Korrespondenz 2012-4<br />

stoffgebundene Glasindustrie an sich, um so mehr <strong>als</strong><br />

unter <strong>der</strong> Braunkohle vorzüglicher Quarzsand geschürft<br />

wurde. Diese idealen <strong>Standraum</strong>bedingungen<br />

hatten eine mächtige Entwicklung <strong>der</strong> Glasindustrie<br />

zur Folge, die nun (um 1930) 21.000 Arbeiter beschäftigt.<br />

Die bedeutendsten Mittelpunkte sind Weißwasser,<br />

Penzig [Pieńsk, Polen] und Rauscha [Ruszów, Polen],<br />

die vor allem weißes Massenhohlglas liefern. Nur die<br />

Kunstglaserzeugung, die an den in Jahrhun<strong>der</strong>ten gebildeten<br />

Arbeiterraum gebunden ist, hat ihren Sitz im<br />

eigentlichen Bergland beibehalten. Bekannt sind die<br />

Hohlglashütten in Schreiberhau (Josefinenhütte),<br />

Petersdorf und Seitenberg bei Landeck. Der Wettbewerb<br />

<strong>der</strong> tschechoslowakischen Glasindustrie wird<br />

<strong>als</strong> sehr drückend empfunden.<br />

[6] Olbricht, Schlesien, S. 81.<br />

Partsch, Schlesien.<br />

Im Fichtelgebirge [7].<br />

Im Fichtelgebirge sollen schon im 10. Jahrhun<strong>der</strong>t<br />

Glashütten tätig gewesen sein. Die ältesten Glasmacher<br />

werden <strong>als</strong> W<strong>als</strong>chen, Wahlen, Venetianer bezeichnet.<br />

Wenn diese Glasmacher wirklich Venetianer<br />

gewesen sind, dann ist die Brücke zwischen <strong>der</strong> viel<br />

älteren Glasmacherei Venedigs und <strong>der</strong> <strong>der</strong> deutschen<br />

Mittelgebirge gefunden. Zuerst wurden im Fichtelgebirge<br />

Glasperlen hergestellt, später auch Hohlglas.<br />

Brennholz und Pottasche waren ursprünglich hinreichend<br />

vorhanden. Bekannt sind die Glashütten zu Bischofsgrün,<br />

Warmensteinach und Fichtelberg geworden.<br />

Unter dem Wettbewerb <strong>der</strong> böhmischen Gläser<br />

und <strong>der</strong> Erzeugnisse des <strong>ostbayerische</strong>n <strong>Grenzgebirge</strong>s<br />

konnten sich die Glashütten des Fichtelgebirges nicht<br />

recht ausdehnen. Lediglich die bemalten Fichtelberger<br />

Gläser waren einige Zeit begehrt. Zu allen Zeiten hat<br />

jedoch die Glasperlenherstellung <strong>als</strong> Son<strong>der</strong>gebiet eine<br />

starke Stellung gehabt. Als Rohstoff werden dabei auch<br />

farbige, schmelzbare Steine [Proterobas] verwendet<br />

Die farbigen Perlen gehen <strong>als</strong> Schmuck in die ganze<br />

Welt.<br />

[7] Vopelius, S. 81 ff.<br />

In Ost- und Westpreußen, Pommern.<br />

Eine auffallende Entwicklung <strong>der</strong> Glasindustrie vollzog<br />

sich in den großen Waldgebieten Norddeutschlands.<br />

Die Entstehung von Glashütten in diesen Brennstoffräumen<br />

geht meist auf merkantilistische Regungen<br />

<strong>der</strong> Landesfürsten zurück, die wohl den Erfolg <strong>der</strong><br />

Glasindustrien einiger Mittelgebirge im Auge hatten.<br />

Sie sind alle spät entstanden; <strong>der</strong> große Bedarf des<br />

Auslandsmarktes brachte auch diesen Glashütten eine<br />

vorübergehende Blütezeit im 19. Jahrhun<strong>der</strong>t. Die<br />

Zahl <strong>der</strong> Glashütten ist in dieser Zeit stark gewachsen:<br />

1849 1861 1906 [8]<br />

Ost- und Westpreußen 12 21 4<br />

Pommern 8 15 7<br />

Mit <strong>der</strong> Einführung <strong>der</strong> Kohlenfeuerung verschwanden<br />

diese Glashütten fast plötzlich, da brauchbare<br />

Kohlenfel<strong>der</strong> nicht in erreichbarer Nähe waren. Die<br />

Verkehrslage war zudem ungünstig. Gerade die um-<br />

gekehrte Entwicklung beobachten wir in den Kohlengebieten.<br />

[8, 9] Großmann, Die technische Entwicklung<br />

<strong>der</strong> Glasindustrie.<br />

In den Kohlengebieten:<br />

In den Kohlengebieten waren in Deutschland vor dem<br />

19. Jahrhun<strong>der</strong>t kaum Glashütten vorhanden. Mit <strong>der</strong><br />

technischen Einführung <strong>der</strong> Kohlenfeuerung auf den<br />

Glashütten entstanden auf den Kohlenfel<strong>der</strong>n sogleich<br />

Glashüttengroßbetriebe, die den noch bestehenden<br />

älteren Glashütten in den deutschen Mittelgebirgen an<br />

Erzeugungsfähigkeit bedeutend überlegen waren.<br />

Sprunghaft reißen sie den Großteil des Marktes in<br />

Massenglaswaren (Fensterglas, gewöhnliches Flaschenglas,<br />

Pressglas, Konservengläser usw.) an sich.<br />

Sachsen hatte nach <strong>der</strong> Darstellung von Großmann [9]<br />

1861 erst 7 Glashütten, 1906 waren es <strong>der</strong>en 40! Im<br />

Rheinland wurde 1793 die erste Glashütte errichtet;<br />

gegenwärtig arbeiten dort 20 Glashüttenunternehmungen.<br />

Im Ruhrgebiet wurde in den 1860-er Jahren die<br />

erste Glashütte errichtet Heute sind dort in 7 Glashütten<br />

etwa 4.000 Arbeiter beschäftigt. Da bei <strong>der</strong> technischen<br />

Entwicklung <strong>der</strong> Glashüttengroßberiebe in den<br />

letzten 10 Jahren we<strong>der</strong> die Arbeiterzahl noch die Zahl<br />

<strong>der</strong> Betriebe eine genügende Vorstellung von <strong>der</strong> Erzeugungskraft<br />

gibt, seien noch die Erzeugungsmengen<br />

einiger Großglashütten angeführt: Die Deutsche Libbey-Owens-Gesellschaft<br />

für maschinelle Glasherstellung<br />

in Gelsenkirchen fertigt mit 1.000 Arbeitern<br />

jährlich 9 Millionen qm Fensterglas und 200 000 qm<br />

Spiegelglas. Die Glaswerke Ruhr-A.-G. in Essen-<br />

Karnap erzeugt in einem Jahre 20.000 Tonnen Massenhohlglas,<br />

Pressglas, Konservengläser usw. Wenige<br />

Zahlen aus alter und neuer Zeit aus dem <strong>ostbayerische</strong>n<br />

<strong>Grenzgebirge</strong> mögen das Bild ergänzen. Um 1830 herum<br />

belief sich <strong>der</strong> Erzeugungswert <strong>der</strong> Frauenauer<br />

Neuhütte, eine <strong>der</strong> größten Glashütten <strong>der</strong> damaligen<br />

Zeit, auf 38.000 fl bei Beschäftigung von 16 Glasmachern<br />

und 16 Gehilfen (ohne Hilfskräfte). Die Kristallglasfabrik<br />

J. Gistl in Frauenau erreicht mit einer<br />

Belegschaft von etwa 400 Mann heute [1938] einen<br />

jährlichen Erzeugungswert von rund RM 250 000,-.<br />

Die Einführung <strong>der</strong> Kohlenfeuerung und <strong>der</strong> technische<br />

Fortschritt in <strong>der</strong> Glasindustrie haben <strong>als</strong>o am<br />

schärfsten eingegriffen:<br />

Alle Waldräume, die nicht gleichzeitig in Reichweite<br />

von brauchbaren Kohlenvorkommen liegen,<br />

verlieren die von ihnen bisher Jahrhun<strong>der</strong>te lang genährte<br />

Industrie.<br />

Die Kohlenlager Deutschlands ziehen dagegen die<br />

Glasindustrie an sich; insbeson<strong>der</strong>e die Erzeugung<br />

von Massenglaswaren, wie Fensterglas, Spiegelglas,<br />

Pressglas und Massenhohlglas wan<strong>der</strong>t bis<br />

auf geringe Reste zu den Kohlenfel<strong>der</strong>n ab.<br />

Nur jene Mittelgebirge, die gleichzeitig für die<br />

Glasindustrie verwertbare Kohle in <strong>der</strong> Nähe haben,<br />

bleiben <strong>Standraum</strong> <strong>der</strong> Glasindustrie. Die in den<br />

Waldgebieten zurückgebliebenen Glasindustrien<br />

Seite 50 von 61 Seiten PK 2012-4/11 Stand 07.11.2012

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