Wenn Mama durcheinander ist... - Psychiatrie aktuell
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Schwerpunktthema<br />
Kinder psychisch<br />
kranker Eltern:<br />
Ursache,<br />
Krankheitsverlauf,<br />
Therapie<br />
4<br />
Faszination Seele – IV/2004<br />
<strong>Wenn</strong> <strong>Mama</strong><br />
<strong>durcheinander</strong> <strong>ist</strong>...<br />
In Deutschland begeben sich im Verlauf eines<br />
Jahres etwa 1,6 Millionen psychisch kranke<br />
erwachsene Menschen in psychiatrische Behandlung<br />
(Deger-Erlenmaier u.a., 1997), das<br />
entspricht etwa drei Prozent der Gesamtbevölkerung<br />
über 21 Jahre.<br />
BIERMANN VERLAG (2)<br />
Eine psychische Erkrankung hat immer<br />
Auswirkungen auf die gesamte Familie, die<br />
Angehörigen – Eltern, Partner – sind stets<br />
mitbetroffen. Mittlerweile haben sich die<br />
Angehörigen selbst organisiert und nicht<br />
zuletzt dadurch auf ihre leidvolle Lebenssituation<br />
aufmerksam gemacht. Die Erfahrung,<br />
dass Angehörige nicht Täter, sondern<br />
Opfer einer oft alle Beteiligten krankmachenden<br />
Dynamik sind und dass psychische<br />
Krankheit oft Verhältnisse schafft, die zu<br />
Extrembelastungen der Umgebung führen,<br />
hat in der <strong>Psychiatrie</strong> zu einem neuen Umgang<br />
mit den Angehörigen geführt. Damit<br />
verbunden <strong>ist</strong> auch der Anspruch auf ganz<br />
individuelle Hilfestellung für die Familien.<br />
Davon profitieren bisher die Kinder psychisch<br />
Kranker nicht. Sie werden in die Angehörigenarbeit<br />
oft nicht einbezogen, sondern<br />
geradezu bewusst ausgegrenzt.<br />
Nach konservativen Schätzungen haben<br />
ca. 500000 minderjährige Kinder und Jugendliche<br />
mindestens einen psychisch<br />
kranken Elternteil. Sie haben ein erhöhtes<br />
Risiko, selbst psychische Probleme zu bekommen;<br />
dies <strong>ist</strong> durch Studien (High-Risk-<br />
Forschung, genetische Studien) belegt. Sowohl<br />
bei schizophrenen wie auch bei affektiven<br />
Psychosen konnte eine genetische<br />
Komponente nachgewiesen werden.<br />
Während das Lebenszeitrisiko, an einer<br />
Schizophrenie zu erkranken, bei einem Prozent<br />
liegt, <strong>ist</strong> die Wahrscheinlichkeit für<br />
Kinder mit einem schizophrenen Elternteil<br />
mehr als verzehnfacht. Sind beide Eltern<br />
schizophren erkrankt, liegt die Wahrscheinlichkeit<br />
sogar bei 40 Prozent. Dies bedeutet<br />
aber auch, dass mehr als die Hälfte der betroffenen<br />
Kinder keine entsprechenden<br />
Symptome entwickeln.<br />
Dazu kommen häufig psychosoziale Belastungen,<br />
d.h. sie wachsen oft unter Lebensbedingungen<br />
auf, die in mancherlei<br />
Hinsicht schwieriger sind als bei vielen anderen<br />
Kindern.