Giesserei6-2017
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AKTUELLES<br />
Podiumsdiskussionen auf der Terratec<br />
Podiumsdiskussion zum Thema Altsanddeponien im Rahmen der Umweltmesse Terratec<br />
in Leipzig.<br />
> ALTSAND-DEPONIEKAPAZITÄTEN:<br />
Auf der Umweltmesse Terratec in Leipzig<br />
im April hat das Thema Verknappung von<br />
Deponieraum eine wichtige Rolle gespielt.<br />
„Angesichts der zunehmenden Klagen von<br />
Unternehmen verschiedener Branchen,<br />
dass die Entsorgung mineralischer Abfälle<br />
auf Deponien schwieriger und deutlich<br />
teurer wird, kann die Politik vor dieser<br />
Problematik nicht länger die Augen verschließen“,<br />
betonte Elke Radtke, die Umwelt-<br />
und Arbeitsschutzreferentin des<br />
Bundesverbandes der Deutschen Gießerei-Industrie<br />
e. V. (BDG), die an einer Podiumsdiskussion<br />
zu diesem Thema auf der<br />
Messe teilnahm.<br />
Zwar solle die sogenannte Mantelverordnung,<br />
in deren Rahmen auch die Verwertung<br />
mineralischer Abfälle als Ersatzbaustoffe<br />
geregelt wird, Abhilfe bei der<br />
Problematik schaffen. Allerdings dürfte<br />
eher das Gegenteil der Fall sein. Denn die<br />
sehr strengen Vorgaben zum Schutz von<br />
Boden und Grundwasser würden dazu<br />
führen, dass nicht mehr, sondern wesentlich<br />
weniger geeignete Abfälle zu sekundären<br />
Baustoffen verarbeitet und verbaut<br />
werden könnten. Bislang tue sich der Gesetzgeber<br />
schwer, diesen Zielkonflikt von<br />
Ressourcenschutz und Naturschutz zu<br />
lösen.<br />
Nach wie vor werde auf politischer<br />
Ebene die Schließung von Stoffkreisläufen<br />
angestrebt, in deren Konsequenz gar keine<br />
Ablagerung von Abfällen mehr stattfinden<br />
solle. Dem stehe die Notwendigkeit<br />
gegenüber, dass insbesondere schadstoffbelastete<br />
Materialien auch zukünftig<br />
umweltgerecht entsorgt bzw. beseitigt<br />
werden müssten, ergänzte Radtke.<br />
Dieses Spannungsfeld hatte die Interessengemeinschaft<br />
Deutsche Deponiebetreiber<br />
(InwesD) zum Anlass genommen,<br />
ihr traditionelles „Deponiefrühstück“<br />
auf der Terratec unter den Titel<br />
„Deponien – ein Auslaufmodell?“ zu stellen.<br />
Im Rahmen einer Podiumsdiskussion<br />
diskutierten die Teilnehmer – Dr. Bernd<br />
Engelmann vom Umweltbundesamt, Prof.<br />
Dr. Klaus Fricke von der TU Braunschweig,<br />
Elke Radtke vom BDG und Hartmut<br />
Haeming von InwesD – über Möglichkeiten<br />
der Abfallvermeidung, Verwertungsstrategien<br />
und die Nutzung von Deponien<br />
als Langzeitdepots für Rohstoffe.<br />
Die zum Teil sehr kontrovers geführte<br />
Debatte lockte viele Zuhörer an. Denn eines<br />
wurde deutlich: die auf politischer<br />
und wissenschaftlicher Ebene gepflegte<br />
Vorstellung von der kompletten Verwertung<br />
aller Abfälle steht in krassem Widerspruch<br />
zur Realität. Für viele Abfallfraktionen<br />
existieren heute noch keine Verfahren,<br />
mit deren Hilfe die Rest- in<br />
Wertstoffe umgewandelt werden können.<br />
Darüber hinaus enthalten viele Abfälle<br />
Stoffe, die umwelt- oder gesundheitsschädlich<br />
sind. Um diese Hürden zu nehmen,<br />
bedarf es weiterer Anstrengungen<br />
aller Beteiligten zur Entwicklung nachhaltiger<br />
Verwertungsmöglichkeiten.<br />
Als Industrievertreterin betonte Elke<br />
Radtke, dass die Unternehmen schon aus<br />
Kostengründen daran interessiert seien,<br />
die Menge und Schadstoffbelastung der<br />
Abfälle so gering wie möglich zu halten.<br />
Allerdings seien dennoch Initiativen gefragt,<br />
Konzepte zur weiteren Reduktion<br />
zu entwickeln. Nicht ganz zu Unrecht hatte<br />
Prof. Fricke der Industrie vorgeworfen,<br />
dass die seit vielen Jahren verfügbaren<br />
günstigen Deponiepreise dazu beigetragen<br />
hätten, technologische Innovationen<br />
zur Abfallminimierung bzw. -verwertung<br />
nur halbherzig voranzutreiben.<br />
Heftigen Widerspruch indes erntete<br />
Dr. Engelmann vom UBA für seine Aussage,<br />
dass in Deutschland im Durchschnitt<br />
für 14 Jahre Deponiekapazitäten zur Verfügung<br />
stünden. Dass dem nicht so ist,<br />
belegen Datenerhebungen sowohl von<br />
InwesD als auch vom BDG. Aus diesen<br />
geht eindeutig hervor, dass viele Regionen<br />
von tatsächlichen Engpässen betroffen<br />
sind, weil die Laufzeiten bestehender Ablagerungskapazitäten<br />
unter fünf Jahren<br />
liegen. Insbesondere im nordöstlichen<br />
Niedersachsen zeichnet sich ein echter<br />
Deponienotstand ab. Gleichzeitig werden<br />
jedoch keine neuen Kapazitäten geschaffen<br />
– vielmehr werden bereits geplante<br />
und sogar genehmigte Vorhaben beklagt<br />
und so zum Stillstand gebracht.<br />
Auf diese Situation hat die deutsche<br />
Wirtschaft reagiert und unter dem Schirm<br />
des Bundesverbandes der Deutschen Industrie<br />
(BDI) ein Diskussionspapier erarbeitet,<br />
welches die Knappheit an Deponiekapazitäten<br />
und mögliche Lösungsmöglichkeiten<br />
adressiert.<br />
Dieses Papier wurde in einer weiteren<br />
Podiumsdiskussion vorgestellt. Ziel der<br />
Ausarbeitung ist es, die politischen Entscheidungsträger<br />
auf die Problematik<br />
aufmerksam zu machen und die Gewährleistung<br />
einer Entsorgungssicherheit als<br />
wichtigen Standortfaktor zu begreifen.<br />
Der BDI schlägt deshalb unter anderem<br />
vor, die Entscheidung über die<br />
Schaffung von Deponiekapazitäten auf<br />
einer höheren politischen Ebene anzusiedeln.<br />
Bislang befinden Kommunalpolitiker<br />
über die Realisierung von Deponiestandorten.<br />
Zunehmend fällt deren<br />
Votum allerdings negativ aus und trägt<br />
damit dem Widerstand in der Gesellschaft<br />
gegen abfallwirtschaftliche Projekte<br />
Rechnung. Nach Ansicht des BDI<br />
sollten die Interessen sorgsam abgewogen<br />
und im Sinne eines unabhängigen,<br />
objektiven Handelns von der lokalen Ebene<br />
auf Landes- oder sogar Bundesebene<br />
gehoben werden.<br />
www.bdguss.de<br />
FOTO: INWESD<br />
20 GIESSEREI 104 06/<strong>2017</strong>