25.11.2011_6014_48_2011-11-24_22.29.21.pdf ... - Strip Academy
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Aktuell<br />
Ohne Mutters Fahrdienste geht heute nichts mehr<br />
Das Mama-Taxi<br />
Von der Schule zum Sport, zum Flötenunterricht,<br />
zur Geburtstagsparty. Mütter sind ständig<br />
in Fahrbereitschaft. Muss das wirklich sein?<br />
Birgit (46) wohnt am Stadtrand<br />
von Hamburg, eine<br />
halbe Autostunde von der<br />
City entfernt. Ihr Mann ist beruflich<br />
viel unterwegs, sie haben<br />
zwei Töchter, Charlotte (10) und<br />
Caroline (8). Für die Kinder spielt<br />
Mama Birgit den Privatchauffeur:<br />
jeden Tag die zwei zur Schule<br />
bringen. Erst Charlotte ins<br />
Gymnasium, dann die Kleine in<br />
die Grundschule. Normalerweise<br />
holt sie beide gegen 13.30 Uhr<br />
wieder ab. Wenn Caroline früher<br />
frei hat, wartet sie in der Grundschulbetreuung.<br />
„Um 13.45 Uhr sind wir daheim,<br />
gegen 14.15 Uhr haben wir gegessen,<br />
ab 15 Uhr warten die nächsten<br />
Termine. An manchen Tagen<br />
gibt es nur noch Druck – los beeil<br />
dich, jetzt aber schnell!“<br />
„Mit den Kleinen die Selbstständigkeit üben“<br />
Hannelore Kerlan,<br />
Deutsche Verkehrswacht:<br />
„Schon in der Grundschule können<br />
Kinder alleine oder mit Freunden zur<br />
Schule gehen. Sicher kommt es auf<br />
die Gegend an, in der die Kinder aufwachsen,<br />
aber das klappt, wenn die<br />
Mutter mit ihrem Kind den sichersten<br />
Schulweg ein paar Mal übt und<br />
mit ihm die Verkehrszeichen bespricht.<br />
❱ Im Rollentausch („Heute führst du<br />
mich mal zur Schule“) kann die Mut-<br />
42 BILD der FRAU <strong>48</strong> /<strong>20<strong>11</strong></strong><br />
Zum Spielen<br />
Bis nachher, ihr zwei! Die zahlreichen<br />
Spiel und Sportverabredungen<br />
halten die Mutter auf trab<br />
Zum Sport<br />
Birgits Nachmittags-Fahrplan<br />
Montag: „Charlotte hat bis um<br />
16 Uhr Schule. Eigentlich hätte sie<br />
nachmittags Hockey, aber das<br />
schaffen wir meistens nicht.“<br />
Dienstag: „Die Kinder treffen<br />
sich mit Freundinnen<br />
zum Spielen.<br />
Meistens bringe ich<br />
sie hin.“<br />
Mittwoch: „Charlotte hat von<br />
16 bis 16.30 Uhr Flöte, Caroline<br />
von 15 bis 16 Uhr Hockey. Das wird<br />
immer knapp.“<br />
Donnerstag: „Caroline spielt<br />
um 15 Uhr Hockey, Charlotte um<br />
16 Uhr. Die Termine liegen leider<br />
so eng wegen der komplizierten<br />
ter sehen, ob ihr Kind alles verstanden<br />
hat<br />
❱ Der kürzeste Weg ist längst nicht<br />
immer der sicherste. Deshalb lieber<br />
auch einen kurzen Umweg in Kauf<br />
nehmen.<br />
❱ Schüler sollten nicht vor Abschluss<br />
der Radfahrausbildung in der<br />
4. Klasse mit dem Fahrrad allein zur<br />
Schule fahren<br />
❱ Ganz wichtig: frühzeitig losgehen!<br />
Wer unter Zeitdruck steht, achtet<br />
weniger auf den Verkehr.<br />
Am Wochenende<br />
wird es ganz eng<br />
Zur Schule<br />
Charlotte (l.) und Caroline<br />
werden immer von Mama Birgit<br />
zum unterricht gefahren<br />
Hallen-Belegung.“<br />
Freitag: „Bisher frei. Aber neuerdings<br />
geht Charlotte gerne<br />
reiten.“<br />
Samstag: „Charlotte spielt von<br />
12 bis 13 Uhr Tennis.“<br />
Für all diese Termine<br />
steht Birgit ständig<br />
bereit oder organisiert<br />
mit anderen<br />
Müttern den Fahrdienst.<br />
Und warum können die Kinder<br />
nicht mal allein mit der Bahn oder<br />
dem Rad fahren? „Oft fehlt einfach<br />
die Zeit, da sind wir mit dem<br />
Auto schneller.“ Nächstes Wochenende<br />
wird es ganz eng. Birgit:<br />
„Da haben beide Mädchen<br />
kurz hintereinander Hockey-<br />
Punktspiele. Hinfahrt, Spiel, zurück,<br />
das macht drei Stunden.<br />
Und dann will Caroline um 15 Uhr<br />
noch zu einem Geburtstag.“ Etwas<br />
Entlastung ist für das Mama-<br />
Taxi in Sicht. Ab Frühjahr wird<br />
Charlotte mit dem Fahrrad und<br />
der S-Bahn zur Schule fahren.<br />
Birgit: „Ich wollte, dass meine<br />
Kinder im Grünen aufwachsen,<br />
dass sie auf der Straße spielen<br />
können, und ich selbst wollte ein<br />
Stück Garten haben. Aber manchmal<br />
denke ich abends schon: Wo<br />
ist nur der Tag geblieben?“<br />
Margot DaNKWErtH<br />
„Kinder nicht verhätscheln“<br />
Raafat Matar,<br />
Sozialpädagoge und<br />
Erziehungsberater<br />
beim Arbeitskreis neue<br />
Erziehung (Berlin):<br />
„Es ist eine regelrechte Unsitte geworden,<br />
dass Kinder dauernd von<br />
ihren Eltern begleitet werden.<br />
Manchmal sehe ich Zwölfjährige,<br />
die noch von ihrer Mutter zur Schule<br />
gebracht werden und nicht mal<br />
ihren Ranzen selber tragen. Ich<br />
stelle fest, dass viele Eltern sich<br />
heute schwer damit tun, ihren Kindern<br />
zu vertrauen. Ich kann nur<br />
appellieren: Verhätschelt eure Kinder<br />
nicht so! Ab acht Jahren sind<br />
Kinder eigentlich in der Lage, selbst<br />
mit öffentlichen Verkehrsmitteln<br />
zur Schule, zu Freunden, zum Sport<br />
oder anderen Terminen zu fahren.<br />
Das müssen die Eltern natürlich mit<br />
ihnen üben. Meistens sind die Kinder<br />
sehr stolz, wenn sie es dann<br />
das erste Mal allein geschafft haben.<br />
Diese Selbstständigkeit ist ungeheuer<br />
wichtig für die Entwicklung.<br />
Es ist etwas ganz anderes,<br />
sich mit einem Freund oder auch<br />
allein in der Stadt zu bewegen und<br />
dabei eigene Erfahrungen zu machen,<br />
anstatt immer von der Mama<br />
mit dem Auto bis vor die Tür chauffiert<br />
zu werden.“<br />
Fotos: Karin Costanzo (3)