18.09.2018 Aufrufe

Meinviertel September 2018

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

METROPOLITAN OPERA<br />

Jördis Triebel<br />

Außerdem dachte ich, dass ich in den verbleibenden<br />

drei Monaten verrückt werden würde, und hab’ angefangen,<br />

mich vorzubereiten. Ich hab’ meinen Führerschein<br />

gemacht, um im Film Moped zu fahren, und<br />

ein Praktikum auf einem Biobauernhof, um den Umgang<br />

mit Schweinen zu lernen. Das war eine wahnsinnige<br />

körperliche Anstrengung. Langsam wurde mir<br />

klar, wie sehr ich belohnt wurde für diese schwere<br />

Entscheidung, mein Engagement in Bremen zu kündigen.<br />

Auf einmal war es richtig, was vorher noch<br />

so falsch schien. Ich hab’ mir dann vorgenommen,<br />

mir dieses Gefühl fürs ganze Leben zu merken und<br />

selbst wenn ich an allem zweifle, daran zu glauben,<br />

dass es richtig ist, nicht zu viele Entscheidungen zugunsten<br />

von Sicherheiten zu treffen und sich nicht<br />

zu verkaufen.<br />

Ich halte mich eigentlich für einen sehr ängstlichen<br />

Menschen und habe mir seltsamerweise einen Beruf<br />

gesucht, in dem ich mich ständig meinen Ängsten<br />

stellen muss. Aber ich habe mit der Arbeit gelernt,<br />

dass es sich lohnt, manchmal Dinge zu tun, vor denen<br />

ich Angst habe.<br />

Dass irgendwann jemand kommt und zu mir sagt:<br />

„Du, Jördis, jetzt hab’ ich’s aber gemerkt. In Wirklichkeit<br />

kannst du’s gar nicht.“ Darauf warte ich bis heute.<br />

Manchmal steh’ ich hinter der Bühne und denke: Bin<br />

ich bescheuert, jetzt hier raus zu gehen? Ich kann das<br />

doch überhaupt nicht!<br />

Aber dann gibt es immer wieder Momente, in denen<br />

ich merke, ich bin das Material und alles, was ich erlebe,<br />

trägt mich zu dem, was ich auf der Bühne oder<br />

vor der Kamera wieder hergebe. Die Angst vor dem<br />

Auftritt, die Angst davor, eigentlich nicht zu können,<br />

was ich tue, hab’ ich immer noch. Aber jetzt hab’ ich<br />

verstanden, dass im Chaos, im Nichtwissen der wahre<br />

Zauber liegt. Der Zauber, etwas zu lernen, der Zauber,<br />

über seine Grenzen hinweg zu kommen, einfach<br />

der Zauber, aus dem Kunst entstehen kann. Dieser<br />

kreative Prozess hat was Göttliches. Das hat was von<br />

Kindheit: sich einfach wachsen zu lassen. Jetzt stehe<br />

ich hinter der Bühne und denke, ich kann’s nicht, aber<br />

ich versuch’s einfach trotzdem. Und wenn das Publikum<br />

mich blöd findet, egal. Ich mach’s, weil ich was<br />

rausfinden will.<br />

Zu lernen, so frei zu werden, hat damals mit der Kündigung<br />

angefangen.<br />

Ich bin dem Theater Bremen dankbar für die drei<br />

wichtigen Jahre, aus denen ich mich so schwer befreien<br />

musste. Wenn ich damals schon Kinder gehabt<br />

hätte, dann hätte ich sicher nicht so entschieden. Mit<br />

Kindern muss man andere Kompromisse machen.<br />

Aber meinen Zettel habe ich immer noch – und es<br />

sind neue Zettel dazu gekommen. <br />

■<br />

DIE NEUE SAISON <strong>2018</strong>/19<br />

06.10. VERDI – AIDA<br />

20.10. SAINT-SAËNS – SAMSON ET DALILA<br />

27.10. PUCCINI – LA FANCIULLA DEL WEST<br />

10.11. MUHLY – MARNIE<br />

Klassik-Momente für Zwei<br />

2x Kino, 2x Getränke, 2x Snacks<br />

nur 64 90 €<br />

mein/4<br />

cinestar.de<br />

47

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!