10-2018 HEINZ-MAGAZIN Bochum - Herne - Witten
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KINO | TIPP DES MONATS<br />
Magischer Bann<br />
Süße Dunkelheit Mit„Ava“ ist der französischenRegisseurin und Drehbuchschreiberin LéaMysiusein einzigartigerCoupgelungen.IhreGeschichteverbindet<br />
dieSüße einer sommerlichen Coming-of-Age-Geschichtemit<br />
einer enigmatischen Dunkelheit,die zusammen eine unwiderstehliche Mischung ergeben.<br />
Dazu kommen eine komplexe Hauptfigur,bildschöne Drehorteund tiefe Themen. Très formidable!<br />
Z<br />
wischen pittoresken Strandszenerien und verstörenden<br />
Albtraumsequenzen erlebt die 13-jährige Ava den vermutlich<br />
letzten Sommer,den sieauchsehen kann, raubt eineKrankheit<br />
ihr doch langsam aber sicher das Augenlicht. Die Ferien am<br />
Meer mit ihrer Mutter, kleinen Schwester und Ferienliebelei Matthias<br />
schlagen eine andere Richtung ein, als sie Juan kennenlernt, der<br />
mit seinem Hund ineinem verlassenen Strandbunker haust. „Ava“<br />
klingt nach einem typisch französischen Spielfilm, der im arte-<br />
Abendprogramm läuft, um ein bisschen Sommerstimmung in den<br />
deutschen Herbstzubringenund vomErwachsenwerden zu erzählen,<br />
nach nur zwanzig Minuten Spielzeit offenbart der Film aber eine<br />
ungeahnttiefeund dunkle Kehrseite,die Zuschaueranden Bildschirm<br />
zu fesseln vermag.<br />
Grund dafür ist die komplexe Hauptfigur Ava, die zwar wie jeder<br />
Teenie auf der Suche nach sich selbst und ihrer Zukunft ist, in der<br />
aber viel mehr Dunkelheit steckt, als der erste Blick offenbart –genauwie<br />
derFilmselbst.Ava isteigensinnigund wild,sie istbösartig<br />
und abgeklärt, verloren und verträumt. Sie ist erfüllt von der Wut<br />
der Jugend und inneren Tumulten. Inihr wohnt etwas Schlimmes.<br />
Die junge Darstellerin Noée Abita spielt dieses ungewöhnliche<br />
Mädchen mit intensiverKraft,mit stoischen Blickenund listigem Lächeln,<br />
aber in den richtigen Momenten auch mit zerbrechlicher<br />
Kindlichkeit.<br />
Regisseurin Léa Mysius inszeniert Avas Geschichte in einem Look,<br />
der aus dem französischen Indiekino weit vergangener Dekaden<br />
stammen könnte und nach sonnendurchtränkter Nostalgie<br />
schmeckt. Farben dürfen hier strahlend satt sein, Nachtszenen aber<br />
auch duster. Dazu setzt sie Licht und Schatten geschickt ein, um<br />
ganz eigene Stimmungen und Spannungen zuerschaffen. So lädt<br />
sie ihrenFilmmit einer dunklenPoesie auf,die es wie einmagischer<br />
52| <strong>HEINZ</strong> |<strong>10</strong>.<strong>2018</strong>