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Bestatter Nikolaus Simon vom Bestattungshaus Elsen<br />

in Prüm bittet auf Wunsch der Hinterbliebenen auch<br />

schon mal einen dafür ausgebildeten Laien im Kirchendienst,<br />

den Wortgottesdienst zu halten. Ein Priester<br />

ist dafür nicht nötig.<br />

Pfarrer Gebhard Lück in Niederehe weiß, dass es für ihn<br />

und die Kollegen in den Pfarreiengemeinschaften der<br />

Region nicht einfacher wird: In Einzelgesprächen mit den<br />

Hinterbliebenen versucht er zu verstehen, warum ein Verstorbener<br />

keinen Geistlichen bei der Beerdigung dabei<br />

haben möchte.<br />

oder die Hinterbliebenen des Verstorbenen<br />

wollen einfach individuelle Akzente<br />

setzen. Ohne Priester ist da vieles<br />

möglich – denn die geistliche Begleitung<br />

samt dem uralten, kaum modifizierten<br />

Ritus ist nur eine Option, aber keine<br />

Pflicht! „Vorgeschrieben sind Totenschein<br />

mit Todesursache durch den Arzt, sowie<br />

Sterbeurkunde und Bestattungsgenehmigung<br />

durch das Standesamt“, so Matthias<br />

Michels, Bestatter aus Wallersheim.<br />

Die Kirche ist, wenn es ums Beisetzen<br />

geht, salopp gesprochen, erst einmal aus<br />

dem Spiel. So war es eigentlich schon<br />

immer. Heute wird diese Freiheit in glaubensferneren<br />

Zeiten nur immer häufiger<br />

auch genutzt. Früher waren stattdessen<br />

Amtspersonen bei der Beisetzung verpflichtend,<br />

etwa der Bürgermeister oder<br />

der Polizist. Auch wenn geistliche Begleitung<br />

auf dem Weg zum Grab also ganz<br />

nüchtern betrachtet nur eine Glaubensfrage<br />

ist, stimmungsvoll kann eine Beisetzung<br />

ohne Priester deshalb trotzdem sein.<br />

An der Phantasie der Bestattungsunternehmen<br />

wird es nicht scheitern.<br />

Matthias Michels in Wallersheim hat<br />

im vergangenen Jahr neun Bestattungen<br />

ohne Priester ausgerichtet. Die Angehörigen<br />

buchten ihn auch als Trauerredner.<br />

Dass die Beisetzungen dann trotzdem<br />

auf den Friedhöfen, in der Regel bei den<br />

Pfarrkirchen, stattfinden konnten, hat einen<br />

einfachen Grund: Entweder gehören<br />

die Friedhöfe ohnehin den Gemeinden,<br />

oder die haben das Gelände von der<br />

Kirche gepachtet.<br />

Nikolaus Simon, Inhaber des Bestattungshauses<br />

Elsen in Prüm, lenkt den Blick auf<br />

etwas anderes, das zum zunehmenden<br />

„Nicht-dabei-sein” eines Priesters führt:<br />

Liegt eine Genehmigung des Bistums vor,<br />

kann auch ein Diakon statt einer Trauermesse<br />

einen Wortgottesdienst abhalten.<br />

Laien im Kirchendienst müssen zuvor einen<br />

Pastoralkurs absolviert haben. Dann<br />

können sie den Geistlichen ersetzen.<br />

Auch ein Angebot aus der Not: Stich-<br />

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wort Priestermangel. Wer zu Lebzeiten<br />

testamentarisch klar gemacht hat, dass<br />

er keinen Priester möchte, ist deshalb<br />

natürlich nicht zwingend ein „Ungläubiger“.<br />

„Gott gläubig sind die Meisten<br />

dennoch gewesen“, so Matthias Michels.<br />

Aber ob sie immer mit der katholischen<br />

Kirche einverstanden waren? Das ist<br />

schon mit Blick auf die Austrittszahlen<br />

längst nicht mehr überall so und führt<br />

zum Grundsätzlichen. Michels kennt<br />

aus seiner Arbeit die unterschiedlichsten<br />

Motive: Mal ist es ein Konflikt mit dem<br />

Ortspfarrer gewesen, der zu Lebzeiten<br />

des Verstorben unversöhnlich blieb. Mal<br />

ist es eine allgemeine Ablehnung der<br />

Amtskirche, mal die so ganz weltliche<br />

Verschwendungssucht des ehemaligen<br />

Limburger Bischofs Franz-Peter Tebartzvan<br />

Elst.<br />

In Summe wird eine Institution abgelehnt,<br />

die sich für diese Verstorbenen zu sehr<br />

von ihren Gläubigen entfernt hat. Wenn<br />

statt dieser immer noch stattfindenden<br />

Auseinandersetzung von Menschen, ob<br />

sie noch in ihrer Kirche sind, oder nicht,<br />

aber Gleichgültigkeit das Motiv ist, dann<br />

wird es für die Amtskirche wirklich ernst.<br />

Die anstehende Neustrukturierung der<br />

Pfarreien im Bistum Trier sorgt bei vielen<br />

Gläubigen in der Region für weitere Verunsicherung.<br />

Sie fragen sich schon jetzt,<br />

wo denn wann und wie „ihr Pfarrer“<br />

erreichbar ist. „Der Zweifel ist da“, so<br />

Nikolaus Simon. Kommt dann noch der<br />

anhaltende Priestermangel dazu, der von<br />

den Geistlichen vor Ort die Flexibilität<br />

und die Arbeitstagtaktung eines Außendienstlers<br />

verlangt, wird in Summe die<br />

Bindung der Gläubigen an ihre Kirche<br />

immer dünner: Warum soll der Priester<br />

ausgerechnet zur Beerdigung kommen,<br />

wenn er sonst gefehlt hat?<br />

All dies ist der Amtskirche natürlich bestens<br />

bekannt und führte auf Anfrage zu<br />

einer sorgfältigen Stellungnahme seitens<br />

der Pressestelle des Bistums Trier. Doch<br />

davor ein Besuch im idyllischen barocken<br />

Pfarrhaus von Pfarrer Gebhard Lück<br />

in Niederehe. Also an der „Front“.<br />

Der 52-Jährige ist im kommenden<br />

November fünf Jahre der geistliche Chef<br />

für 2800 Gläubige in 17 Wohnorten<br />

mit 16 Kirchen und Kapellen. 30 bis 40<br />

Bestattungen führt Lück jährlich durch, es<br />

können bis zu zwei pro Tag sein, wenn<br />

es besonders dicke kommt. Natürlich<br />

kennt er in seinem Sprengel das Thema<br />

„Bestattungen ohne Priester“. Dann sucht<br />

er trotzdem zuvor das Gespräch mit den<br />

Hinterbliebenen.<br />

Unterschiede, ob der oder die Verstorbene<br />

in der Kirche war, oder ausgetreten ist,<br />

macht er dabei nicht. „Wir gehen doch<br />

auf die Menschen zu!“ Das ist seine<br />

Überzeugung schon als normaler Christenmensch.<br />

Und „ein Verstorbener, der<br />

aus der Kirche ausgetreten war, kann

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