o7_Pruem_September18
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Bestatter Nikolaus Simon vom Bestattungshaus Elsen<br />
in Prüm bittet auf Wunsch der Hinterbliebenen auch<br />
schon mal einen dafür ausgebildeten Laien im Kirchendienst,<br />
den Wortgottesdienst zu halten. Ein Priester<br />
ist dafür nicht nötig.<br />
Pfarrer Gebhard Lück in Niederehe weiß, dass es für ihn<br />
und die Kollegen in den Pfarreiengemeinschaften der<br />
Region nicht einfacher wird: In Einzelgesprächen mit den<br />
Hinterbliebenen versucht er zu verstehen, warum ein Verstorbener<br />
keinen Geistlichen bei der Beerdigung dabei<br />
haben möchte.<br />
oder die Hinterbliebenen des Verstorbenen<br />
wollen einfach individuelle Akzente<br />
setzen. Ohne Priester ist da vieles<br />
möglich – denn die geistliche Begleitung<br />
samt dem uralten, kaum modifizierten<br />
Ritus ist nur eine Option, aber keine<br />
Pflicht! „Vorgeschrieben sind Totenschein<br />
mit Todesursache durch den Arzt, sowie<br />
Sterbeurkunde und Bestattungsgenehmigung<br />
durch das Standesamt“, so Matthias<br />
Michels, Bestatter aus Wallersheim.<br />
Die Kirche ist, wenn es ums Beisetzen<br />
geht, salopp gesprochen, erst einmal aus<br />
dem Spiel. So war es eigentlich schon<br />
immer. Heute wird diese Freiheit in glaubensferneren<br />
Zeiten nur immer häufiger<br />
auch genutzt. Früher waren stattdessen<br />
Amtspersonen bei der Beisetzung verpflichtend,<br />
etwa der Bürgermeister oder<br />
der Polizist. Auch wenn geistliche Begleitung<br />
auf dem Weg zum Grab also ganz<br />
nüchtern betrachtet nur eine Glaubensfrage<br />
ist, stimmungsvoll kann eine Beisetzung<br />
ohne Priester deshalb trotzdem sein.<br />
An der Phantasie der Bestattungsunternehmen<br />
wird es nicht scheitern.<br />
Matthias Michels in Wallersheim hat<br />
im vergangenen Jahr neun Bestattungen<br />
ohne Priester ausgerichtet. Die Angehörigen<br />
buchten ihn auch als Trauerredner.<br />
Dass die Beisetzungen dann trotzdem<br />
auf den Friedhöfen, in der Regel bei den<br />
Pfarrkirchen, stattfinden konnten, hat einen<br />
einfachen Grund: Entweder gehören<br />
die Friedhöfe ohnehin den Gemeinden,<br />
oder die haben das Gelände von der<br />
Kirche gepachtet.<br />
Nikolaus Simon, Inhaber des Bestattungshauses<br />
Elsen in Prüm, lenkt den Blick auf<br />
etwas anderes, das zum zunehmenden<br />
„Nicht-dabei-sein” eines Priesters führt:<br />
Liegt eine Genehmigung des Bistums vor,<br />
kann auch ein Diakon statt einer Trauermesse<br />
einen Wortgottesdienst abhalten.<br />
Laien im Kirchendienst müssen zuvor einen<br />
Pastoralkurs absolviert haben. Dann<br />
können sie den Geistlichen ersetzen.<br />
Auch ein Angebot aus der Not: Stich-<br />
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wort Priestermangel. Wer zu Lebzeiten<br />
testamentarisch klar gemacht hat, dass<br />
er keinen Priester möchte, ist deshalb<br />
natürlich nicht zwingend ein „Ungläubiger“.<br />
„Gott gläubig sind die Meisten<br />
dennoch gewesen“, so Matthias Michels.<br />
Aber ob sie immer mit der katholischen<br />
Kirche einverstanden waren? Das ist<br />
schon mit Blick auf die Austrittszahlen<br />
längst nicht mehr überall so und führt<br />
zum Grundsätzlichen. Michels kennt<br />
aus seiner Arbeit die unterschiedlichsten<br />
Motive: Mal ist es ein Konflikt mit dem<br />
Ortspfarrer gewesen, der zu Lebzeiten<br />
des Verstorben unversöhnlich blieb. Mal<br />
ist es eine allgemeine Ablehnung der<br />
Amtskirche, mal die so ganz weltliche<br />
Verschwendungssucht des ehemaligen<br />
Limburger Bischofs Franz-Peter Tebartzvan<br />
Elst.<br />
In Summe wird eine Institution abgelehnt,<br />
die sich für diese Verstorbenen zu sehr<br />
von ihren Gläubigen entfernt hat. Wenn<br />
statt dieser immer noch stattfindenden<br />
Auseinandersetzung von Menschen, ob<br />
sie noch in ihrer Kirche sind, oder nicht,<br />
aber Gleichgültigkeit das Motiv ist, dann<br />
wird es für die Amtskirche wirklich ernst.<br />
Die anstehende Neustrukturierung der<br />
Pfarreien im Bistum Trier sorgt bei vielen<br />
Gläubigen in der Region für weitere Verunsicherung.<br />
Sie fragen sich schon jetzt,<br />
wo denn wann und wie „ihr Pfarrer“<br />
erreichbar ist. „Der Zweifel ist da“, so<br />
Nikolaus Simon. Kommt dann noch der<br />
anhaltende Priestermangel dazu, der von<br />
den Geistlichen vor Ort die Flexibilität<br />
und die Arbeitstagtaktung eines Außendienstlers<br />
verlangt, wird in Summe die<br />
Bindung der Gläubigen an ihre Kirche<br />
immer dünner: Warum soll der Priester<br />
ausgerechnet zur Beerdigung kommen,<br />
wenn er sonst gefehlt hat?<br />
All dies ist der Amtskirche natürlich bestens<br />
bekannt und führte auf Anfrage zu<br />
einer sorgfältigen Stellungnahme seitens<br />
der Pressestelle des Bistums Trier. Doch<br />
davor ein Besuch im idyllischen barocken<br />
Pfarrhaus von Pfarrer Gebhard Lück<br />
in Niederehe. Also an der „Front“.<br />
Der 52-Jährige ist im kommenden<br />
November fünf Jahre der geistliche Chef<br />
für 2800 Gläubige in 17 Wohnorten<br />
mit 16 Kirchen und Kapellen. 30 bis 40<br />
Bestattungen führt Lück jährlich durch, es<br />
können bis zu zwei pro Tag sein, wenn<br />
es besonders dicke kommt. Natürlich<br />
kennt er in seinem Sprengel das Thema<br />
„Bestattungen ohne Priester“. Dann sucht<br />
er trotzdem zuvor das Gespräch mit den<br />
Hinterbliebenen.<br />
Unterschiede, ob der oder die Verstorbene<br />
in der Kirche war, oder ausgetreten ist,<br />
macht er dabei nicht. „Wir gehen doch<br />
auf die Menschen zu!“ Das ist seine<br />
Überzeugung schon als normaler Christenmensch.<br />
Und „ein Verstorbener, der<br />
aus der Kirche ausgetreten war, kann