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November 2018 - coolibri Recklinghausen, Gelsenkirchen, Herne

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KUNST<br />

Computer Grrrls<br />

bevölkern<br />

Dortmunder U<br />

Dasfliegende Schwein der Pink-Floyd-Ausstellung istnicht<br />

die einzige großeAufblasfigur,die geradeimDortmunder<br />

Uzusehen ist. Während im sechsten Stock den alten, weißenMännern<br />

des Psychedelic Rock gehuldigt wird,stellt<br />

der HartwareMedienKunstVerein (HMKV)dreiStockwerke<br />

druntereine berechtigteFrage: Warumwerden Computertechnik<br />

und Digitalisierungeigentlichals Männerdomäne<br />

gesehen? DieAusstellung „ComputerGrrrls“ zeigt, dasses<br />

auchandersgeht–unter anderemmit zwei ungewöhnlichen<br />

Aufblasfiguren.<br />

Simone CNiquille, „The Fragility of Life“,<br />

VideoStill,2017<br />

46<br />

Um an ihr Themaheranzuführen, haben dieKuratorinnen<br />

Inke Arns undMarieLechner viel RecherchearbeitineineZeitliniegesteckt,<br />

dieden<br />

Besuchernauf elfMeternmit über 200Einträgendie<br />

Beziehungvon Frauen undRechenmaschinenbzw.Computertechnik<br />

vom18. Jahrhundert<br />

bisindie Gegenwartnäherbringt.Dort<br />

erfahren dieBesucher,dassRechnenamBeginn<br />

des20. Jahrhundertsals weiblicheTätigkeitgalt.<br />

Frauen berechnetenastronomische<br />

Daten,knacktenden Verschlüsselungscode der<br />

Nazisund kalkuliertenballistische Flugbahnen<br />

für dieArmee.Sie wurden„Bletchleygirls“, „ENI-<br />

AC girls“oder„kilo-girls“genannt. Dererste vollelektronischeComputerinden<br />

USAwurde von<br />

Frauen programmiert. „MeinLieblingsbild in der<br />

Timelineist dasder NASA-Programmiererin Margaret<br />

Hamiltonvor einemStapelPapier, derso<br />

groß istwie sieselbst“,sagtHMKV-Leiterin Inke<br />

Arns.„Das war ihr Code fürdie Mondlandung.<br />

Wenn ichsoein Bild malineinem Technik-Lehrbuch<br />

gesehenhätte…“<br />

Arns’Generationwuchsschon in derAnnahme<br />

auf, dass Informatik einvon MännerndominiertesGeschäftsei.Abden<br />

1960er-Jahrenentwickelte<br />

es sich tatsächlich dorthin.Die Einführung<br />

desPersonalComputerwurde 1985 als reinesMänner-Dingbeworben.Auch<br />

aus dieser<br />

Zeit zeigtdie Ausstellung historisches Marketing-Material:<br />

DenMann an Bildschirm undTastatur,<br />

dieFrauden Haushalt bestellend.<br />

Alleindie Auswahlder ausgestellten Werkeder<br />

Schau„Computer Grrrls“ist einstarkes Statement:Die<br />

26 Positionen stammen von22Frauen<br />

undeinem Mann.Eingeladenwaren nichtnur<br />

Künstlerinnen,sondern auch Hackerinnen,Makerinnen<br />

undForscherinnen,die daranarbeiten,<br />

Technologieanders zu denken,indem sieetwa<br />

genderspezifischeVorurteileinden Bereichen<br />

BigDataund KünstlicheIntelligenz hinterfragen.<br />

MitschönenGrüßen nach Silicon Valley<br />

BeiihrerBeschäftigungmit demThema istzum<br />

Beispieldas ironischeVideo „A TotalJizzfest“<br />

herausgekommen,das dieKünstlerin Jennifer<br />

Chan denausschließlichmännlichenGründern<br />

desSiliconValley widmet.Mit kitschiger Musik<br />

unterlegt, offenbartsie dieSelbstinszenierung<br />

derGeeks undNerds. Dieeingangserwähnten<br />

großen Aufblasfigurenstammen vonSimoneC.<br />

Niquille. Fürihre Arbeit„TheFragilityof Life (Die<br />

Foto: ©Simone CNiquille. ImRahmen der Ausstellung „Computer<br />

Grrrls“, HMKV im Dortmunder U,27.10.18 -24.02.19<br />

ElisabethCaravella,„Howto“,2014<br />

Zerbrechlichkeit desLebens)“ist sieanden<br />

3D-Datensatz einesHillary-Clinton-Doublesgekommen<br />

undhat sieanzweiverschiedeneHerstellervon<br />

Aufblas-Puppengeschickt.Die unterschiedlichen<br />

Ergebnisse zeigen,inwelch weiter<br />

SpanneMaschinen Körperdaten interpretieren<br />

können.<br />

In vielen Arbeiten geht es um dieNormierung<br />

undOptimierungdes menschlichen Körpers.EricaScourti<br />

hatfür „BodyScan“ zum Beispiel ihre<br />

eigenen Körperteile abfotografiert undinBildersuchen<br />

eingegeben. EinBefund: Wenn es um<br />

weiblicheBrüste geht,poppenals erstes Verbesserungsvorschlägeauf.<br />

So haben dieausgestellten 3D-Drucke, Videoinstallationen,<br />

Filmtutorials,Skulpturen, Poster,<br />

sezierte analogeRhythmusgeräte, einFriseursalon<br />

undein VirtualReality Set,ein Dokumentarfilm,einestereoskopische<br />

3D-Projektion, Fotografien,<br />

Figuren, Zeichnungenund Aquarelle<br />

vorallem eins gemein:einen kritischen Blick auf<br />

dasFeld vonComputertechnikund Digitalisierung.<br />

MaxFlorian Kühlem<br />

Computer Grrrls:27.10.-24.2.,Hartware Medien-<br />

KunstVerein, Dortmund; hmkv.de<br />

Foto: ©LeFresnoy, Studio National. Im Rahmen der Ausstellung<br />

„Computer Grrrls“, HMKV im Dortmunder U,27.10.18 -24.02.19

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