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LS_November

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54 Bestattungskultur<br />

Die letzte Ruhe finden<br />

Das Kolumbarium als besondere Bestattungsform<br />

Der Monat <strong>November</strong> ist traditionell<br />

der Monat des Gedenkens an die Toten.<br />

Stets findet am letzten Sonntag vor<br />

dem ersten Advent der Totensonntag<br />

statt, an dem nicht nur die Gläubigen<br />

der evangelischen Kirche ihrer Verstorbenen<br />

gedenken.<br />

Das tun die Menschen vor allen Dingen,<br />

indem sie die Gräber auf den Friedhöfen<br />

herbstlich schmücken. Doch<br />

in den vergangenen Jahrzehnten hat<br />

sich die Bestattungskultur gewandelt.<br />

Neben den klassischen Gräbern sind<br />

anonyme Bestattungen, aber auch die<br />

Bestattung der Verstorbenen in sogenannten<br />

Ruhe- oder Friedwäldern am<br />

Fuße eines Baumes hinzugekommen.<br />

Ein weiterer möglicher Bestattungsort,<br />

hierzulande weitgehend unbekannt, ist<br />

das Kolumbarium.<br />

Der lateinische begriff „Columbarium“<br />

war ursprünglich die Bezeichnung für<br />

einen Taubenschlag. Wegen der optischen<br />

Ähnlichkeit wurden dann auch<br />

altrömische Grabkammern, in denen<br />

reihenweise Urnen nach Feuerbestattungen<br />

übereinander angeordnet waren,<br />

so benannt.<br />

Heute wird ein meist oberirdisches<br />

Bauwerk, in dem Urnen aufbewahrt<br />

werden, als Kolumbarium bezeichnet.<br />

In Deutschland begann sich diese Art<br />

der Bestattung mit der Einführung der<br />

Feuerbestattung ab 1879 zu etablieren.<br />

So gab es das erste Kolumbarium ganz<br />

hier in der Nähe – auf dem Hauptfriedhof<br />

in Gotha. Hier wurde seinerzeit<br />

auch das erste Krematorium errichtet.<br />

Es folgten Kolumbarien hauptsächlich<br />

in Großstädten Deutschlands. Eine<br />

Renaissance erleben die Kolumbarien<br />

seit den 1990er Jahren. Oftmals werden<br />

in Kirchen oder nicht mehr genutzten<br />

Krematorien Kolumbarien eingerichtet.<br />

So auch in der Landeshauptstadt<br />

Erfurt, dort wurde im Jahre 2007 in der<br />

Allerheiligenkirche in der Stadtmitte<br />

ein Kolumbarium eingerichtet.<br />

In diesem Kirchenraum ist das Seitenschiff<br />

mit einer dezenten Glaswand<br />

abgetrennt, hier sind 15 Stelen aus<br />

Glas, Stahl und Muschelkalk in den<br />

Boden eingelassen. Hinter den milchigen<br />

Glasscheiben zeichnen sich die<br />

verschwommenen Umrisse der Urnen<br />

ab. An den Stelen sind Schilder mit<br />

Namen mit Geburts- und Sterbetag<br />

angebracht. Hier und da haben Angehörige<br />

Blumensträuße abgestellt. Der<br />

Raum des Kolumbariums ist nur für<br />

Angehörige und Kirchenmitarbeiter<br />

zugänglich. Nur mit einer speziellen<br />

Chipkarte kann man durch die gläserne<br />

Eingangstür gelangen.<br />

Vom Kolumbarium hat man dank der<br />

Glasscheiben auch den Blick in das<br />

südliche Kirchenschiff frei. Hier können<br />

auch Trauerfeiern abgehalten werden.<br />

Eingerichtet und betrieben wird das<br />

Erfurter Kolumbarium von der Katholischen<br />

Kirche, gleichwohl können sich<br />

Bürger aller Glaubensrichtungen oder<br />

ohne Konfession bestatten lassen.<br />

„Hier ist Ruhestätte von katholischen<br />

und evangelischen Christen und auch<br />

konfessionslosen Menschen“, erklärt<br />

Domvikar Bernhard Drapatz. Derzeit<br />

sind ca. ein Viertel aller Plätze in den<br />

Stelen belegt, schon zu Lebzeiten kann<br />

man hier seinen Urnenplatz erwerben.<br />

Der kostet pro Urne etwa 1100 Euro, die<br />

Liegezeit beträgt wie üblich auf den<br />

Friedhöfen 20 Jahre und kann auch<br />

verlängert werden.<br />

In der Allerheiligenkirche sind insgesamt<br />

630 Urnenplätze – sechs Etagen<br />

hat eine Stele, in jeder Etage ist Platz<br />

für sieben Urnen – als Einzelplätze<br />

oder Familiengrabstätten.<br />

Das Interesse an dieser Bestattungsform<br />

ist seit Anfang an sehr groß. So<br />

hat die Katholische Kirche in Erfurt ein<br />

weiteres Kolumbarium in der nahegelegen<br />

Magdalenenkapelle eingerichtet,<br />

in dem 420 Urnen von Verstorbenen<br />

Platz finden. Die Allerheiligenkirche<br />

Erfurt wurde 1117 gegründet, fiel 1222<br />

einem Stadtbrand zum Opfer und wurde<br />

im 14. Jahrhundert im gotischen Stil<br />

wieder aufgebaut. Man passte den Bau<br />

dem Straßenverlauf an, dadurch ist<br />

der Kircheninnenraum nicht rechteckig<br />

sondern verbreiter sich gen Osten. Die<br />

Kirche liegt direkt an der Via Regia, einem<br />

bedeutenden Handelsweg im Mittelalter.<br />

Text/Fotos: Silvia Rost

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