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Daylight & Architecture | Architektur-Magazin von VELUX, Ausgabe ...

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FOTO VON CHRISTOPH KOCH<br />

ließ ihn das Material in zahlreichen Wohnhäusern und öff entlichen<br />

Bauten einsetzen, die er während des 20. Jahrhunderts<br />

entwarf. In den Jahren zwischen den beiden Weltkriegen entwickelte<br />

sich die Begeisterung für Glas auf beiden Seiten des<br />

Atlantiks. Amerika wurde zum Geburtsort der Curtain Wall,<br />

die erstmals 1918 <strong>von</strong> William Jeff erson Polk am Hallidie Building<br />

in San Francisco eingesetzt wurde, und schon in den 30er<br />

Jahren griff en Architekten wie Fred Keck im amerikanischen<br />

mittleren Westen in ihren Entwürfen ein Th ema auf, das 40<br />

Jahre später virulent wurde: die energetisch optimierte, gläserne<br />

„Hochleistungsfassade“. Le Corbusier hatte das thermische Problem<br />

der Glasfassaden in seiner Cité de Réfuge in Paris 1931<br />

zu lösen versucht (dem gleichen Jahr übrigens, in dem eben-<br />

Unten Noch unbelastet <strong>von</strong><br />

gebäudeklimatischen Bedenken<br />

konstruierte Walter Gropius<br />

1926 die kleingliedrige, dreige -<br />

schossige Fassade des Bauhauses<br />

in Dessau aus Einscheibenglas.<br />

Mit „curtain walls” wie dieser<br />

ließ sich die Trennung <strong>von</strong> Tragwerk<br />

und Gebäudehaut, ein<br />

Ideal der klassischen Moderne,<br />

exemplarisch verwirklichen.<br />

12 D&A HERBST 2005 AUSGABE 01<br />

Gegenüber Die Möglichkeiten<br />

moderner Glastechnologie<br />

demonstriert die Installation<br />

„Dichroic Light Field“ des Ingenieurs<br />

James Carpenter in New<br />

York. Dichroitisch beschichtete<br />

Glasschwerter ragen aus der<br />

Fassade hervor. Die Lichtreflexe<br />

und Schlagschatten, die sie<br />

auf die Glasfläche projizieren,<br />

ändern ihre Farbe mit dem<br />

Sonnenstand.<br />

falls in Paris eines der großartigsten aller Glashäuser, Pierre<br />

Chareaus Maison de Verre, entstand), doch die Gebäudetechnik<br />

war noch nicht weit genug entwickelt, um dieses Experiment<br />

zu unterstützen.<br />

In einer Vorlesung an der Princeton University legte Frank<br />

Lloyd Wright 1930 das theoretische und ästhetische Problem<br />

<strong>von</strong> Glas in der <strong>Architektur</strong> aus seiner Sicht dar: „Glas besitzt<br />

heutzutage eine perfekte Durchsichtigkeit; dünne, kristallisierte<br />

Scheiben aus Luft halten Luftströmungen innerhalb oder außerhalb<br />

eines Gebäudes ... Die Tradition hat uns keine Ordnung<br />

hinterlassen, die dieses Material als Mittel perfekter Durchsichtigkeit<br />

beträfen.“ In seinem unnachahmlichen, individuellen<br />

und innovativen Stil entwarf er sechs Jahre später das Verwaltungsgebäude<br />

<strong>von</strong> Johnson Wax in Racine. Hier verwendete er<br />

eine Membran aus Borsilikatglas-Röhren, die der Fassade eine<br />

einzigartige und fast magische Transluzenz verlieht.<br />

In den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg hielt der Enthusiasmus<br />

für das Baumaterial Glas unvermindert an, insbesondere<br />

in den usa, der neuen Heimat vieler europäischer Emigranten<br />

wie Walter Gropius, Mies van der Rohe oder Eero Saarinen.<br />

Mit dem „Farnsworth House“ entwarf Mies van der Rohe 1946<br />

das wohl perfekteste Beispiel jener neuen <strong>Architektur</strong>, nach der<br />

schon Wright 1930 seinem eigenen Bekunden nach gesucht<br />

hatte: ein Haus ohne Wände. Die Nachkriegsarchitektur in<br />

den usa brachte weitere große Beispiele der Glasarchitektur<br />

hervor wie Eero Saarinens General Motors Technical Center in<br />

Detroit (1948–1956), ein Paradebeispiel für den technisch virtuosen<br />

Umgang mit Glas und eine der ersten Glasfassaden mit Neoprendichtung,<br />

sowie das Lever Building <strong>von</strong> som (1951) und das<br />

Seagram Building <strong>von</strong> Mies van der Rohe selbst (1954–1958).<br />

aufstieg und niedergang der vorhangfassade<br />

Es ist eine Tragik der Nachkriegsarchitektur, dass die geometrische<br />

Einfachheit dieser <strong>Architektur</strong> so leicht zu kopieren und zu<br />

banalisieren war. Die Technik, dünne, ästhetisch uninteressante<br />

und bauphysikalisch schlechte Gebäudehüllen zu konstruieren,<br />

die gigantische Aufwendungen zur künstlichen Klimatisierung<br />

nach sich zogen, wurde in alle Welt exportiert. Es entstand eine<br />

Generation entwerteter Glasarchitektur, die sich der in Massen<br />

produzierten Curtain-Wall-Fassade bediente und diese in der<br />

Folge zu einem der meistgehassten Elemente der Nachkriegs-

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