MS Hamburg längst nach Greenwich gewandert ist. Noch heute liegt ein Hauch von Weltende über „El Tranquilo“, wie das Mini-Eiland genannt wird. Die Bilder sind arkadisch: Auf der Hochebene grasen Rinder in der gespenstischen Stille des Passatnebels. Anderswo verbeugen sich komisch verdrehte Wacholderbäume vor dem ständigen Wind. Die grüne Insel Auch La Palma mit ihren steilen Küsten wirkt auf den ersten Blick abweisend, doch beim Landgang wird deutlich, dass dies ein üppiger Garten Eden ist. Nicht ohne Grund wird La Palma „Isla Verde“, die grüne Insel genannt. Im Nordosten wachsen die schönsten Lorbeerwälder der Welt, Weinberge und Obstgärten blühen im Aridane-Tal bei Los Llanos im Westen, und im Süden laufen lichte Kiefernwälder bis zum Meer. Ein Meer von Blumen, duftende Pinien und kühle Quellen machen den Nationalpark Caldera de Tabu riente, der sich um einen der größten Erosions krater der Erde erstreckt, zum Naturparadies. Wild und romantisch Auf La Gomera kommt man ebenfalls schnell mit den Leuten ins Gespräch. Dabei wird man dann vielleicht erfahren, dass Kolumbus bei seiner ersten Entdeckungsfahrt hier vor Anker ging, um Wasser und Verpflegung aufzunehmen. Während dieser Landgang historisch belegt ist, konnte nicht zweifelsfrei nachgewiesen werden, ob Kolumbus auf La Gomera eine Affäre mit Beatriz de Bobadilla hatte. Was soll’s: Die Gomeros sind fest davon überzeugt, dass der Entdecker erst die hübsche Hofdame und dann die Neue Welt eroberte. Mit seinen Märchenwäldern, tiefen Tälern und ein wenig Strand ist La Gomera ja auch zum Verlieben. Und vor allem in den 1970er Jahren gingen sinnkriselnde Nordlichter auf der Suche nach Selbstfindung eine Liason mit der wildesten Kanareninsel ein. Inmitten schöner Natur zeigten sie der Welt, wie man fernab von Computer und Terminbuch im weiß getünchten Häuschen happy sein kann. Insel des ewigen Frühlings Ein Aufenthalt auf Teneriffa gilt seit jeher als Therapie gegen Burnout und Zivilisationskrankheiten aller Art. „Kein Ort der Welt scheint mir geeigneter, die Schwermut zu bannen und einem schmerzlich ergriffenen Gemüte den Frieden wiederzugeben“, schrieb bereits Naturforscher Alexander von Humboldt, als er 1799 auf dem Weg nach Südamerika einen Zwischenstopp auf Teneriffa einlegte. Das sprach sich herum, und um die Jahrhundertwende stieg die Insel des ewigen Frühlings zum bevorzugten Winterquartier betuchter Europäer auf. Heute wie damals zieht es die meisten sonnen hungrigen Urlauber an die Küsten, doch der wahre Zauber der größten Kanareninsel erschließt sich im stillen Hinterland. Und über allem wacht der Pico del Teide, mit 3.718 Metern Spaniens höchster Berg. Mehr als Fels und Schotter „Caramba! Kein Gold, nur ödes Vulkangestein.“ Als Juan Rejón am 24. Juni 1478 auf Gran Canaria landete, sträubten sich dem Konquistador vor Entsetzen die Nackenhaare. Doch der Mann hätte mal einen Blick ins Hinterland werfen sollen, denn dort breitet sich eine kontrastreiche Landschaft mit 14 Klimazonen aus. Auch Freunde gepflegter Stadtkultur kommen beim Landgang auf Gran Canaria auf ihre Kosten. Also auf zum Citybummel nach Las Palmas und hinein in Botanik Im Kaktusgarten César Manrique schuf auf Lanzarote einen sehenswerten Kaktusgarten, den er in einem alten Steinbruch zwischen Guatiza und Mala auf Lanzarote terrassenförmig anlegen ließ. Hier findet man 1.420 Kakteenarten aus Amerika, Afrika und den Kanarischen Inseln. die historische Altstadt Vegueta, wo Las Palmas mit Kopfsteinpflaster, Patios und stillen Plätzen den Charme früher Jahre über die Zeit gerettet hat. AuSSerirdische Kunstlandschaft Natur mit Kultur ist auf Lanzarote angesagt. 300 Vulkanhügel, rotbraune Wüsten und pechschwarze Strände verleihen der Insel eine nahezu mystische Ausstrahlung. Besonders deutlich wird dies im Timanfayo Nationalpark, den man auch auf dem Rücken von Dromedaren erkunden kann. Von der kargen Schönheit Lanzarotes ließen sich Künstler immer gern inspirieren. Der Schriftsteller José Saramago verlor sein Herz an die Insel, Hollywood-Regisseure begeisterte die außerirdische Landschaft und César Manrique machte Lanzarote zu einem Gesamtkunstwerk. Überall hinterließ der Maler, Architekt und Landschaftsplaner seine Spuren. So befindet sich am Ortsrand von Tahiche das extravagante Haus des Künstlers. Manrique ließ sein Domizil auf einem erkalteten Lavastrom errichten. Maurische Märchen MS Hamburg verabschiedet sich von den mystischen Landschaften der Kanaren und steuert schon die nächsten Regionen an, die einen nicht minder magischen Zauber ausstrahlen. Zedernwälder und verschneite Gipfel im Atlasgebirge, goldgelbe Sandstrände am Atlantik, Palmenoasen und rostrote Lehmburgen in der Sahara, vier Königsstädte und über allem das anregende Flair von 1001 Nacht und der Duft exotischer Gewürze: Mit Marokko kommt ein Land in Sicht, das man ebenfalls mit allen Sinnen genießen kann. Feuerschlucker und Schlangenbeschwörer Der Zauber des Orients ist vor allem in der alten Königsstadt Marrakesch allgegenwärtig. Besonders authentisch ist die Atmosphäre auf dem Gauklerplatz Djema El Fna, dem Reich der Märchenerzähler, Wunderheiler, Schlangenbeschwörer, Feuerschlucker und Händler, die feilschen, bis sich die Balken biegen. Es gibt so viel zu sehen: Die Medina zählt mit ihren uralten Prachtbauten und orienta lischen Zaubergärten zu den schönsten Alt- Fotos: shutterstock.com, shutterstock.com/danm12 24 <strong>ADAC</strong> <strong>Reisewelt</strong> 1/<strong>2018</strong>
Überragend. Der Pico del Teide auf Teneriffa ist Spaniens höchster Berg. Überaus fotogen. Maurische Architektur in Casablanca. Überzeugend. Handwerker in einem marokkanischen Souk. 1/<strong>2018</strong> <strong>ADAC</strong> <strong>Reisewelt</strong> 25