SuchtMagazin Nr. 2|2013 (Vol. 39)
Erreichtes und offene Fragen | Aktives Altern | Substanzkonsum der älteren Bevölkerung | Nationale Projekte | Alkohol im Alter: Erfahrungen und Good Practices | Projekt Via: Erreichbarkeit in der Gesundheitsförderung | Projekt Sensor: Frühintervention | Prävention im Alterszentrum und in der Spitex | Diagnostik und Beratung
Erreichtes und offene Fragen | Aktives Altern | Substanzkonsum der älteren Bevölkerung | Nationale Projekte | Alkohol im Alter: Erfahrungen und Good Practices | Projekt Via: Erreichbarkeit in der Gesundheitsförderung | Projekt Sensor: Frühintervention | Prävention im Alterszentrum und in der Spitex | Diagnostik und Beratung
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Dossier: sucht im Alter<br />
Substanzkonsum<br />
der älteren Bevölkerung<br />
der Schweiz<br />
Das Suchtmonitoring Schweiz weist für das Jahr 2011 Unterschiede beim<br />
starken Alkoholkonsum, beim Tabakkonsum und bei der Medikamenteneinnahme<br />
zwischen den 45- bis 64-Jährigen und den über 64-Jährigen auf.<br />
Während der Anteil an Rauschtrinkenden und täglich Rauchenden zurückgeht,<br />
steigen die Anteile der Personen, die chronisch stark trinken und die täglich<br />
psychoaktive Medikamente einnehmen. Der gleichzeitige Gebrauch von<br />
Medikamenten und Alkohol am selben Tag ist keine Seltenheit.<br />
Luca Notari<br />
Lic. sc. po., Sucht Schweiz, Forschung, Postfach 870, CH-1001 Lausanne,<br />
Tel. +41 (0)21 321 29 55, lnotari@addictionsuisse.ch<br />
Marina Delgrande Jordan<br />
MAS, Sucht Schweiz, Forschung, Tel. +41 (0)21 321 29 96,<br />
mdelgrande@addictionsuisse.ch<br />
Gerhard Gmel<br />
Prof. PHD, Sucht Schweiz, Forschung, Tel. +41 (0)21 321 29 59,<br />
ggmel@suchtschweiz.ch<br />
Schlagwörter:<br />
Alter | Alkohol | Tabak | Medikamente | Risikokonsum |<br />
Einführung<br />
Herausforderungen durch die zunehmende<br />
Lebenserwartung<br />
Der Anstieg der Lebenserwartung stellt eine Reihe neuer<br />
Anforderungen an die westlichen Industrienationen. Die demographische<br />
Alterung und damit einhergehend die Zunahme<br />
des Anteils älterer Personen, die von chronischen Krankheiten<br />
oder funktionellen Einschränkungen betroffen sind, stellt Anforderungen<br />
an die therapeutische Versorgung und psychosoziale<br />
Betreuung. Es müssen Strategien entwickelt werden, die<br />
ein Älterwerden in guter Gesundheit sicherstellen. Dazu gehört<br />
u. a. die Prävention bestimmter Verhaltensweisen wie des<br />
Substanzgebrauchs, die an der Entwicklung oder Zuspitzung<br />
chronischer Krankheiten beteiligt sein können. Es ist bekannt,<br />
dass der Konsum von Alkohol und Tabak oder die Einnahme<br />
von Medikamenten negative Auswirkungen auf die Gesundheit<br />
haben können, 1 wobei sich ein Grossteil davon erst nach<br />
längerem Konsum einstellen.<br />
Stärkere Effekte des Substanzkonsums im Alter<br />
Die Studie von Anderson und Scafato 2 deutet darauf hin,<br />
dass SeniorInnen aufgrund altersbedingter biologischer Veränderungen<br />
empfi ndlicher gegenüber den Effekten des Alkoholkonsums<br />
sind als jüngere Erwachsene. SeniorInnen scheinen<br />
auch eine gesteigerte Sensibilität gegenüber der Wirkung<br />
von Medikamenten zu haben, insbesondere wegen der verringerten<br />
Fähigkeit, pharmakologische Substanzen im Körper abzubauen.<br />
3 Die Einnahme von Schlaf- und Beruhigungsmitteln<br />
kann zu Stürzen und anderen Unfällen führen. 4 Ausserdem<br />
kann die gleichzeitige Einnahme von Medikamenten und Alkohol<br />
eine Reihe negativer Folgen haben: Z. B. können bestimmte<br />
Medikamente die Wirkung von Alkohol verstärken, wobei dieser<br />
wiederum die Wirksamkeit von Medikamenten reduzieren<br />
kann. 5<br />
Das Suchtmonitoring Schweiz<br />
Der übermässige Konsum psychoaktiver Substanzen, ob<br />
erst kürzlich begonnen oder schon länger dauernd, kann einen<br />
schädlichen Einfl uss auf die Gesundheit und die Selbständigkeit<br />
von SeniorInnen haben. Das vom Bundesamt für Gesundheit<br />
fi nanzierte Suchtmonitoring Schweiz 6 befasst sich<br />
in einem Teil mit Fragen des Substanzgebrauchs bei älteren<br />
Personen und liefert wesentliche Anhaltspunkte für die Prävention<br />
dieser vermeidbaren Ursache von Morbidität und Mortalität.<br />
Teil des Suchtmonitorings ist eine repräsentative Telefonbefragung<br />
von etwa 11‘000 Personen der ständigen Schweizer<br />
Wohnbevölkerung ab 15 Jahren. Ziel dieser Repräsentativbefragung<br />
ist die Beobachtung der Entwicklung des Konsums<br />
psychoaktiver Substanzen wie Alkohol, Tabak, Cannabis oder<br />
von Medikamenten.<br />
Methode und Grenzen der Aussagekraft<br />
Die Ergebnisse der vorliegenden Studie sind im Wesentlichen<br />
dem Jahresbericht 2011 des Suchtmonitorings Schweiz<br />
entnommen 7 und wurden ergänzt durch detaillierte Analysen<br />
nach Alter und Geschlecht.<br />
Betrachtet wird der Konsum legaler Substanzen, also Alkohol,<br />
Tabak und Medikamente. Besonderer Bezug wird auf den<br />
risikoreichen Gebrauch bei den SeniorInnen (65- bis 74-Jährige<br />
und über 74-Jährige) gelegt. Zum Vergleich werden die<br />
Ergebnisse bei jüngeren Altersgruppen (45- bis 54-Jährige und<br />
55- bis 64-Jährige) herangezogen. Illegale Substanzen wie Cannabis<br />
werden nicht betrachtet, da deren Prävalenzraten in der<br />
Altersgruppe der über 64-Jährigen gegen Null tendieren.<br />
Bei der Interpretation der Ergebnisse sollte folgenden zwei<br />
Punkten Rechnung getragen werden: 8 Erstens werden über die<br />
Repräsentativbefragung des Suchtmonitorings per Telefon nur<br />
Personen in Privathaushalten befragt. Personen, die sich zur<br />
<strong>SuchtMagazin</strong> <strong>2|2013</strong> 13