SuchtMagazin Nr. 2|2013 (Vol. 39)

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Dossier: sucht im Alter Einnahme von Medikamenten mit Abhängigkeitspotenzial häufi g ist, was mit dem Auftreten verschiedener chronischer Erkrankungen sowie Symptomen wie Schlafl osigkeit erklärt werden kann. 13 Allerdings gibt ein nicht-vernachlässigbarer Teil der über 59-Jährigen (15,7%) an, an Tagen, an denen sie Medikamente einnehmen, immer oder fast immer auch Alkohol zu konsumieren, und setzt sich so Nebenwirkungen von Medikamenten oder einer Wirkungsverstärkung der Alkoholeffekte aus. 14 Die Ergebnisse der vorliegenden Studie zeigen Ansatzpunkte für Interventionen im Bereich psychotroper Substanzen bei SeniorInnen auf. Dabei legen Alters- und Geschlechtsunterschiede nahe, dass diese spezifi sch auf die unterschiedlichen Gruppenprofi le ausgerichtet werden sollten, um wirksam zu sein.. Literatur Anderson, P./Scafato, E. (2010): Alcohol and older people: A public health perspective. Report for the Vintage Project. Rome: Istituto Superiore di Sanità. Babor, T.F./Caetano, R./Casswell, S./Edwards, G./Giesbrecht, N./Graham, K./Grube, J.W./Hill, L./Holder, H.D./Homel, R./Livingston, M./ Österberg, E./Rehm, J./Room, R./Rossow, I. (2010): Alcohol: No ordinary commodity: Research and public policy. Oxford: Oxford University Press. Buclin, T./Biollaz, J. (2000): Les abus de médicaments des personnes âgées. S. 131-144 in: E. Maffl i (Hrsg.), L'abus de médicaments en Suisse. Etat des lieux et pistes pratiques. Lausanne: SFA-ISPA- Press. Fagerström, K. (2002): The epidemiology of smoking: Health consequences and benefi ts of cessation. Drugs 62(Suppl 2): 1-9. Gmel, G./Kuendig, H./Maffl i, E./Notari, L./Wicki, M./Georges, A./Grisel- Staub, E./Müller, M./Dubois-Arber, F./Gervasoni, J.-P./Lucia, S./ Jeannin, A./Uchtenhagen, A./Schaub, M. (2012): Suchtmonitoring Schweiz/Jahresbericht – Daten 2011. Bern: Bundesamt für Gesundheit (BAG). www.tinyurl.com/cbpeo7u, Zugriff 19.03.2013. Moore, A.A./Whiteman, E.J./Ward, K.T. (2007): Risks of combined alcohol/medication use in older adults. American Journal of Geriatric Pharmacotherapy 5(1): 64-74. Notari, L./Delgrande Jordan, M. (2012): La santé des personnes âgées de 60 ans et plus vivant dans les ménages privés. Une analyse des données de l’Enquête suisse sur la santé 2007. Lausanne: Addiction Suisse. Offerhaus, L. (Hrsg.) (1997): Drugs for the elderly. Copenhagen: World Health Organization Regional Offi ce for Europe. Woolcott, J.C./Richardson, K.J./Wiens, M.O./Patel, B./Marin, J./ Khan, K.M./Marra, C.A. (2009): Meta-analysis of the impact of 9 medication classes on falls in elderly persons. Archives of Internal Medicine 169(21): 1952-1960. Endnoten 1 Vgl. Babor et al. 2010; Fagerström 2002; Buclin/Biollaz 2000. 2 Vgl. Anderson/Scafato 2010. 3 Vgl. Buclin/Biollaz 2000. 4 Vgl. Woolcott et al. 2009. 5 Vgl. Moore et al. 2007. 6 www.suchtmonitoring.ch 7 Vgl. Gmel et al. 2012. 8 Vgl. auch Notari/Delgrande 2012. 9 Quellen: Suchtmonitoring Schweiz 2011; Gmel et al. 2012; eigene Berechnungen. 10 Vgl. ebd. 11 Vgl. ebd. 12 Vgl. Notari/Delgrande 2012. 13 Vgl. Offerhaus 1997. 14 Vgl. Moore et al. 2009.
Dossier: sucht im Alter Sucht im Alter: Projekte auf nationaler Ebene Problematische Konsummuster können auch bei älteren Menschen die Lebensqualität beeinträchtigen. Verschiedene Projekte auf nationaler Ebene erleichtern einerseits älteren Menschen den Zugang zu Informationen darüber, was beim Konsum im Alter zu beachten ist. Andererseits erhalten Fachpersonen, z. B. durch Weiterbildung, Unterstützung in der Betreuung von älteren Menschen mit einer Suchtgefährdung oder Suchtproblematik. Regula Hälg Lic. phil., wissenschaftliche Mitarbeiterin Infodrog, Eigerplatz 5, Postfach 460, CH-3000 Bern 14, r.haelg@infodrog.ch, www.infodrog.ch Schlagwörter: Alter | Alkoholkonsum | Früherkennung | Frühintervention | Hausarzt | Sucht im Alter Problematische Konsumgewohnheiten sind bei älteren – wie bei jüngeren – Menschen eine Realität. Der Konsum von Alkohol ist weit verbreitet und gesellschaftlich akzeptiert. Personen in substitutionsgestützter Behandlung werden zunehmend älter. 1 Die Einnahme von Medikamenten zur Linderung von Beschwerden ist insbesondere bei älteren Menschen häufi g. 2 Die Übergänge, die von einem risikoarmen zu einem problematischen Konsum oder gar zu einer Abhängigkeit führen, sind jedoch oft fl iessend. Aufgrund der demographischen Entwicklung 3 wird von einer Zunahme von älteren Menschen mit einer Suchtgefährdung oder einer Suchtproblematik ausgegangen. 4 Dies stellt nicht nur die Prävention und die Suchthilfe vor neue Herausforderungen, sondern auch Fachpersonen in den Bereichen Alter, Betreuung und Pfl ege. Entsprechend ist «Sucht im Alter» insbesondere in den letzten beiden Jahren sowohl in den Medien als auch in den betroffenen Bereichen zu einem aktuellen Thema geworden. 5 Suchtprobleme bei älteren Personen sollen nicht tabuisiert oder banalisiert werden. Sie haben ein Anrecht auf Informationen und Unterstützung ohne Vorurteile und ohne Vorwürfe. Vielfältige Herausforderungen Trotz verschiedenen Ansätzen zur Theoretisierung von «Alter» soll betont werden, dass Alter keine fi xe Kategorie ist. 6 Aufgrund der Heterogenität der Gruppe der älteren Menschen sind auch die Herausforderungen für den Fachbereich in Bezug auf Sucht im Alter vielfältig. So braucht es auf ältere Menschen zugeschnittene Ansätze für die Prävention von Suchtmittelproblemen. Hierzu leistet u. a. das Projekt Via – Best Practice Gesundheitsförderung im Alter 7 einen Beitrag. In den Institutionen des Altersbereichs (Alterszentren, Pfl egeheime, Spitex-Organisationen etc.) wird zunehmend die Wichtigkeit zur Erarbeitung von Konzepten der Früherkennung und Frühintervention erkannt. Dies ermöglicht einer Institution das Entwickeln einer gemeinsamen Haltung bezüglich des Konsums von Alkohol und weiteren psychoaktiven Substan- zen, das frühzeitige Erkennen von Suchtgefährdungen und -problemen und bietet den Leitenden wie auch den Mitarbeitenden Handlungssicherheit. Verschiedene Suchtfachstellen sowie die Zürcher Fachstelle zur Prävention des Alkohol- und Medikamentenmissbrauchs ZüFAM bieten dazu eine Begleitung und Beratung bei der Konzepterarbeitung an. Bei einer manifest gewordenen Suchtproblematik scheint es aufgrund der unterschiedlichen Ursachen und Auswirkungen für die Behandlung und Betreuung sinnvoll, zwischen einem frühen (early-onset) und einem späten Beginn (lateonset) der Abhängigkeit, resp. der Problemmanifestation zu unterscheiden. 8 Konzepte und entsprechende Angebote sind daher auch für älter werdende suchtmittelabhängige Personen notwendig, wie z. B. niederschwellige Angebote für alkoholabhängige Menschen oder geeignete Wohnangebote für in der Mobilität eingeschränkte Personen in substitutionsgestützter Behandlung. 9 Schliesslich stellt auch die Diversität der älteren Menschen (wie auch generell der KlientInnen und PatientInnen) die Suchtfachleute wie auch die ÄrztInnen vor (zunehmend) komplexe Herausforderungen. Aspekte der Diversität sind z. B. Lebensalter, Geschlecht/Gender, Migrationshintergrund, psychische, somatische und soziale Komorbidität, Behinderung, sozioökonomischer Status, Religion, Persönlichkeit. Für die Handhabung dieser Vielfalt ist es wichtig, zum einen Institutionen im Altersbereich für die einzelnen Diversitätsaspekte sowie die entsprechenden spezifi schen Interventionsansätze zu sensibilisieren, zum andern eine ganzheitliche Sicht- und Arbeitsweise zu fördern, in denen die verschiedenen Aspekte integral berücksichtigt werden. 10 Projekte auf nationaler Ebene Die verschiedenen bereits aufgebauten und entstehenden Projekte auf lokaler, regionaler und kantonaler Ebene im Bereich Sucht im Alter sind bis anhin wenig koordiniert. Vereinzelte Aktivitäten auf nationaler Ebene sind im Rahmen des Nationalen Programms Alkohol NPA entstanden, wie z. B. zwei Studien, 11 die im Auftrag des BAG erarbeitet wurden, sowie die Website Sucht und Alter (siehe unten). Zudem sind im Rahmen des Suchtmonitorings Bestrebungen im Gange, eine verbesserte Datengrundlage zu schaffen. 12 Unter dem Thema Diversität, wozu auch der Aspekt «Lebensalter» zu zählen ist, sollen zukünftig im Bereich Sucht im Alter vermehrt koordinierende Aktivitäten auf nationaler Ebene angestrebt werden. Sie <strong>SuchtMagazin</strong> <strong>2|2013</strong> 17
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