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GIG Mai 2019

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26<br />

MUSIK<br />

14,0mm<br />

15,6mm<br />

Fat White Family<br />

Serfs Up!<br />

CDS VINYL & MP3<br />

Diese Londoner<br />

Band gilt<br />

nicht als geschmacksneutral.<br />

Auf dem<br />

Vorgänger<br />

„Songs For Our<br />

Mothers“ dominierte drogengeschwängerte<br />

Düsternis, der lockere<br />

Umgang mit Schandtätern in<br />

„Duce“ und „Goodbye Goebbels“<br />

war problematisch. Wie durch ein<br />

Wunder kriegt die von den britischirisch-algerischen<br />

Brüdern Lias und<br />

Nathan Saoudi angeführte Sippe<br />

jetzt die Kurve. Geholfen hat ihr die<br />

Flucht nach Sheffield, von ihr zeugt<br />

der an The Human League und Cabaret<br />

Voltaire angelehnte Drive in<br />

„I Believe In Something Better“.<br />

„Feet“ geht ganz schön in die Beine,<br />

und „Fringe Runner“ erinnert<br />

an frühen HipHop aus „White Lines“-<br />

Zeiten. „Vagina Dentata“ basiert<br />

auf einem Mythos von Sigmund<br />

Freud, der Sound lagert mit Saxofon<br />

und French-Soundtrack-Atmo in<br />

lasziven Lagen. Im weiteren Verlauf<br />

wird das Album politischer, gerade<br />

in „Tastes Good With The Money“.<br />

Es erfreuen nach und nach mittelalterlicher<br />

Geigenschrei, Glam-<br />

Rock, Dub und ein Gruß an Alan<br />

Vega. Die Familie experimentiert<br />

immerzu und trifft den Ton besser.<br />

So kommt sie weiter.<br />

Thomas Weiland<br />

Domino / Goodtogo;<br />

www.fatwhitefamilymusic.com<br />

Editors<br />

The Blanck Mass Sessions<br />

Die Editors aus der oftmals etwas<br />

verkannten zweitgrößten Stadt<br />

Englands - Birmingham - haben sich<br />

nochmals ihres letzten Top-Ten-<br />

Albums „Violence“ aus dem letzten<br />

Jahr angenommen, das ganz<br />

typisch durch Tom Smiths sonore<br />

Stimme und ganz viel düster-maschinellen<br />

New-New-Wave mit viel<br />

Keyboard aufgefallen war. Die von<br />

Benjamin John Power a.k.a. Blanck<br />

Mass und Leo Abrahams fusionierten<br />

„Sessions“ sind nunmehr noch<br />

elektronischer, pulsierender und<br />

damit auch härter geworden. Es<br />

knallt mächtig, dunkel und pathetisch,<br />

die „Blade Runner“-Version<br />

sozusagen. Zu den sieben bombastischen<br />

Versionen<br />

gesellt sich<br />

der hymnische<br />

neue Song „Barricades“,<br />

der<br />

hier und als Singleauskopplung<br />

anlässlich des Record Store Day mitgeschenkt<br />

wird. Einfach mal wieder<br />

in den Plattenladen deines Vertrauens<br />

streunen und nicht nur die Editors<br />

anhören. Gute Idee.<br />

Christoph Jacke<br />

PIAS / Rough Trade;<br />

www.editors-official.com<br />

Lee Fields &<br />

The Expressions<br />

It Rains Love<br />

Seit 2009 hat Lee Fields durchweg<br />

sympathische Alben vorgelegt, war<br />

damit aber nie so erfolgreich wie<br />

Charles Bradley oder Sharon Jones<br />

mit ihren wuchtigen Werken. Und<br />

anders als seine beiden verstorbenen<br />

Kollegen kann der Soul-Survivor,<br />

der seit 50 Jahren verheiratet<br />

ist und als Soul-Man Disco und Hip-<br />

Hop in den 1980/90ern überstanden<br />

hat, auch keine außergewöhnliche<br />

Lifestory vorweisen. Dafür gefiel<br />

Fields immer<br />

mit seiner eleganten,<br />

subtilen<br />

Gesangstechnik.<br />

Auch in<br />

den rauchigen<br />

Balladen und<br />

mittelschnellen Tanztiteln von „It<br />

Rains Love“ formuliert er damit<br />

keine leidvollen Schmerzerfahrungen,<br />

sondern eher positive Gefühle.<br />

Die meisten der zehn solide arrangierten<br />

Soul-Stücke sind aus<br />

vollem Herzen gesungene Liebesbriefe.<br />

Aber es gibt nicht nur Blumen<br />

und Champagner. In zornigen<br />

Funk-Fegern wie „Wake Up“ oder<br />

„Two Faces“ pocht Fields, genervt<br />

vom Fake-News-Gerede in der Politik,<br />

darauf, im zwischenmenschlichen<br />

Bereich die Wahrheit zu sagen.<br />

Musikalisch erinnert er hier<br />

an Curtis Mayfield, woanders sind<br />

Bezüge zum frühen Philly-Sound zu<br />

erkennen, und zu den goldenen<br />

Klängen von Motown und Stax<br />

sowieso. Ein Soul-Man alter Schule<br />

auf dem Zenit seiner Kunst.<br />

Andreas Dewald<br />

Big Crown / Cargo;<br />

www.leefields.com<br />

tragisch leicht daneben ganz ordentlich stark Meilenstein<br />

26,0mm<br />

ALBUM<br />

DES MONATS<br />

Weyes Blood Titanic Rising<br />

Natalie Mering erreichte unter dem Namen Weyes<br />

Blood nicht auf direktem Weg das heutige hohe<br />

Niveau. Angefangen hat es bei ihr mit experimenteller<br />

Musik und Noise-Rock in verschiedenen<br />

Projekten, danach arbeitete sie mit Ariel Pink,<br />

Perfume Genius und Drugdealer. Auf ihrem vierten<br />

Album holt sie an der Seite von Co-Produzent Jonathan<br />

Rado (Foxygen) alles aus sich heraus. Gefühlvoll<br />

windet Natalie ihre in Gospel- und Madrigalchören<br />

geschulte Stimme um ein Arrangement, in<br />

dem Ausläufer von Kammermusik und elektronische Elemente harmonisch<br />

ineinandergreifen. Ein Gitarrensolo kann hier schonmal in Richtung Soft-<br />

Rock tendieren, Jazz kommt auch vor. In „Andromeda“ changiert alles<br />

zwischen einer Country-Ranch und fernen Sphären. Rado ist der Zeremonienmeister,<br />

Streicher ziehen ihre Bahnen, eine Pedal Steel mischt sich<br />

ein, und Natalie lässt sich forttreiben. „Everyday“ hört sich wie eine gedachte<br />

Verabredung von Karen Carpenter und Dusty Springfield an. Nie<br />

klingt es bombastisch, immer perfekt geschichtet, gefühlvoll intoniert,<br />

majestätisch zelebriert. Dieses Album ist kein Untergang. Es ist Segen.<br />

Thomas Weiland<br />

Sub Pop / Cargo; www.weyesblood.com<br />

Vampire Weekend<br />

Father Of The Bride<br />

Am Ende war<br />

ihr letztes Album<br />

„Modern<br />

Vampires Of<br />

The City“ nicht<br />

der erhoffte<br />

Treffer, dazu<br />

kam vor drei Jahren der Ausstieg<br />

von Multiinstrumentalist Rostam<br />

Batmanglij. Die New Yorker Kultband<br />

reagiert darauf mit einem<br />

Doppelalbum, das ursprünglich<br />

„Mitsubishi Macchiato“ heißen sollte.<br />

Am Ende hat man dem Titel eines<br />

Films mit Steve Martin aus dem<br />

Jahr 1991 den Vorzug gegeben, weil<br />

es im Leben und auf dieser Platte<br />

oft um Beziehungskisten geht. Auffälliger<br />

sind neue Nuancen im<br />

Klangbild. Durch „Harmony Hall“<br />

zieht sich ein Pianoloop wie im Chicago<br />

House, „Sympathy“ ziert spanisches<br />

Flair, „Sunflower“ erinnert<br />

an The Police, und in „2021“ steckt<br />

ein Sample von Haruomi Hosono<br />

(Yellow Magic Orchestra). Eine stärkere<br />

Vorliebe für Country-Sounds<br />

17,0mm<br />

macht sich gerade in „Married In<br />

A Gold Rush“, einem Duett mit<br />

Danielle Haim, bemerkbar. Auf<br />

den gelegentlichen Autotune-<br />

Einsatz hätte die Band verzichten<br />

können. Am Ende ist man<br />

aber trotzdem froh über das Resultat.<br />

Vampire Weekend stehen<br />

für Anspruch, Agilität und Abwechslung.<br />

Sie sind ein Paradebeispiel<br />

für schlaue Pop-Musik.<br />

Thomas Weiland<br />

Columbia / Sony Music<br />

www.vampireweekend.com<br />

Káryyn<br />

The Quanta Series<br />

3,2mm<br />

Die syrisch-armenisch-amerikanische<br />

Sängerin und<br />

Komponistin<br />

Káryyn reiste<br />

von Los Angeles<br />

ins Cherry Valley in die Einöde.<br />

Sie erlebte ferner im von den<br />

Kriegsunruhen nun schon seit Jahren<br />

zerrütteten Aleppo eine Men-

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